5908/J XXIV. GP

Eingelangt am 29.06.2010
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Kunasek

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Rolle der Justiz im Manipulationsskandal FH Joanneum Graz

 

Gegen den Leiter des Studienganges „Journalismus und Public Relations“ an der FH Joanneum in Graz, FH-Prof. Mag. Dr. Heinz M. Fischer, gibt es seit geraumer Zeit schwerwiegende Manipulationsvorwürfe. Ihm wird vorgeworfen, jahrelang Eingangsprüfungen manipuliert, Studienplatzbewerber bevorzugt behandelt und zugleich andere Bewerber benachteiligt zu haben. Da an dem Studiengang vieles im Argen liegt, haben sich vier Mitarbeiter im Jahr 2009 darüber beschwert. Zwei dieser Mitarbeiter wurden aufgrund ihrer Beschwerden gemobbt und dann gekündigt.

 

Aufgrund dringlicher Verdachtsmomente kam es am 30.10.2009 zur Beschlagnahmung von umfangreichen Unterlagen des Aufnahmeverfahrens am Journalismus-Studiengang durch die Interne Revision der Fachhochschule. Diese erstellte einen Revisionsbericht, der bis heute von allen an einer Vertuschung Interessierten geheim gehalten wird. In einem Gerichtsverfahren wurde zum Beispiel dem (Noch-)Leiter (bis 30.06.2010) der Internen Revision per Weisung durch die Geschäftsführung der FH Joanneum verboten, dem Gericht Auskünfte zu den Inhalten dieses Berichts geben.

 

Die Revisionsabteilung wird wegen des Revisionsberichts zum Journalismus-Studiengang zum 30.06.2010 geschlossen (die „Kleine Zeitung“ berichtete). Es besteht daher große Gefahr, dass der Revisionsbericht ab dem 01.07.2010 schnellstmöglich von den daran Interessierten zum Verschwinden gebracht wird.

 

Die Zeitung „Die Presse“ berichtete am 20.06.2010: „Nachdem die Akte [zur Anzeige gegen Herrn Fischer] zunächst an die Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien gegangen war, wurde sie von dort nach nur sechs Stunden wieder zurück nach Graz beordert. Der zuständige Staatsanwalt ging auf Urlaub, der Oberstaatsanwalt zog den Fall persönlich an sich – und soll bis heute dem Rechtsanwalt, der die anonyme Anzeige gegen die FH einbrachte, die Akteneinsicht verweigern. Auch Medienauskünfte werden nicht mehr erteilt.“


Im Zusammenhang mit der lähmenden Untätigkeit der Staatsanwaltschaft Graz springt ins Auge, dass der zuständige Oberstaatsanwalt Thomas Mühlbacher in zumindest einem Verein dem FH-Aufsichtsratsvorsitzenden Friedrich Möstl in Zusammenarbeit eng verbunden ist.

 

Im Hinblick auf die Vorgänge am Journalismus-Studiengang und im Hinblick auf die Anzeige gegen Herrn Fischer bzw. in Hinblick auf die Geheimhaltung des Revisionsberichts erscheint es offensichtlich, dass hier eine großangelegte Vertuschungsaktion vorliegt.

 

Seit kurzem ermittelt auch die Anti-Korruptionseinheit der EU (OLAF) in dieser Angelegenheit.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz

nachstehende

 

Anfrage

 

  1. Warum ist trotz erdrückender Verdachtslage die Staatsanwaltschaft bisher so gut wie nicht tätig geworden?
  2. Stimmt es, dass Herr Fischer beziehungsweise der Verteidiger von Herrn Fischer, Herr Dr. Neger, der gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrats der FH Joanneum ist, gegenüber der Staatsanwaltschaft Graz bereits Manipulationen im Aufnahmeverfahren eingeräumt haben?
  3. Beurteilen Sie das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Graz in dieser Korruptionsangelegenheit als angemessen und gesetzeskonform?
  4. Gehört die Auskunftssperre gegenüber Medien, von der die „Presse“ am 20.06.2010 berichtet hat, mit zu der großangelegten Vertuschungsaktion in dieser gesamten Angelegenheit?
  5. Können Sie ausschließen, dass die Staatsanwaltschaft Graz im Gerhorsam gegenüber der Frau Landesrätin Grossmann in dieser Sache sich so untätig verhält, weil die Frau Landesrätin Grossmann in der Zeitung „Österreich“ am 21.04.2010 folgend zitiert wird: „Im [Revisions-]Bericht sind keine Verfehlungen erkennbar. Die Korruption wird nicht bestätigt“?
  6. Werden Sie, falls die Staatsanwaltschaft den Revisionsbericht noch nicht gegriffen haben sollte, diese anweisen, dies vor dem 30.06.2010 zu tun?
  7. Falls nein, warum nicht?
  8. Welche Schritte setzen Sie, um den Fall voranzutreiben?
  9. Welche Schritte setzen Sie, um den Imageschaden, welcher neben der FH Joanneum auch der Staatsanwaltschaft durch die bisherige Untätigkeit entstanden ist, zu beheben?
  10. Wird Ihrer Meinung nach das Vertrauen der Bevölkerung in die Strafverfolgungsbehörden durch das bisherige Vorgehen der Staatsanwaltschaft Graz erschüttert?
  11. Wenn nein, warum nicht?

12. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um OLAF beim Kampf gegen die Korruption in bestmöglicher Weise zu unterstützen?