5911/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.06.2010
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Gesundheit

 

Alois Stöger

 

betreffend Stigmatisierung bzw. Diskriminierung von homosexuellen Männern beim Blut - und Plasmaspenden

 

 

Will ein homosexueller Mann in Österreich Blut spenden, wird dieser beim Beratungsgespräch abgewiesen, da beim auszufüllenden Fragenkatalog eindeutig auf die sexuelle Orientierung Bezug genommen wird: Wird die Frage „Hatten Sie als Mann Sex mit einem anderen Mann?” mit „Ja” beantwortet, wird der potentielle Spender automatisch als Risikogruppe eingestuft und als Spender nicht akzeptiert.

 

Die wesentlichen Bestimmungen finden sich in der Blutspendeverordnung, des BMSG, grundsätzliche Bestimmungen auch im Blutsicherheitsgesetz. Die Blutspendeverordnung normiert

-      § 2: dass vor der Spende eine Anamnese durch einen Arzt durchzuführen ist

-      § 5: bestimmte Ausschlussgründe (darunter Alter über 65, bestimmte Erkrankungen wie Autoimmunerkrankungen, Lepra, Epilepsie, Malaria, HIV)

-      § 6: zeitliche Ausschlussgründe (darunter 12 Monate Ausschluss nach einem Piercing, wenn es nicht durch einen Mediziner durchgeführt wurde, 12 Monate Ausschluss nach einer Tätowierung, 12 Monate Ausschluss nach Aussetzung eines HIV-Risikos (z.B. ungeschützer Sexualverkehr)


-      § 12: dass das gespendete Blut bzw. Plasma einer Laboruntersuchung zu unterziehen ist

Aus den geltenden Gesetzen und Verordnungen ergibt sich kein zwingender Ausschlussgrund von Schwulen vom Blut/ Plasmaspenden. In Österreich gibt es einen verpflichtenden Neopterintest für alle Spenden: ca. 2% aller Spenden werden deshalb ausgeschieden, unter anderem – aber nicht nur – auf Grund einer HIV-Infektion. Auch weitere Tests werden eingesetzt (HIV-ELISA 3. Generation, PCR-Test). Das diagnostische Fenster konnte so auf 20 Stunden reduziert werden. Das Restrisiko wird mit etwa 1:7.000.000 geschätzt, das heißt dass es in Österreich in 14 Jahren 1 Infektion mit HIV durch Transfusionen geben dürfte.

Ausschlaggebend soll risikoreiches Sexualverhalten sein statt sexueller Orientierung sowie eine flächendeckende Untersuchung des gespendeten Blutes/ Plasma. Tatsache ist, dass der Generalverdacht nicht zu einer Minimierung des Risikos geführt hat, sondern dazu, dass Schwule beim Blut/ Plasmaspenden eher ihre Sexualität verbergen. Schwule nehmen in einem höheren Maße als Heterosexuelle – wenn auch im Sinne der Prophylaxe nie ausreichend – die Möglichkeit der HIV –  Testung der AIDS-Hilfen in Anspruch.

Die Vorgehensweise der Blutspende- Organisationen gegenüber schwulen Männern stellt eine eindeutige Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung dar, zumal die Statistiken zu HIV/Aids Ansteckungen zeigen, dass über 40% aller Neuinfektionen mit der Immunschwächekrankheit HIV/Aids auf heterosexuelle zurückzuführen sind und nur ca. 20% auf homosexuelle Kontakte.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.Vertritt das Gesundheitsministerium die Meinung, dass Schwule automatisch aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zur Risikogruppe gehören?

2. Wenn ja, auf welcher fachlichen Grundlage werden Schwule beim Blut- und Plasmaspenden unter einen Generalverdacht gestellt?


3. Wie stehen Sie zum Umstand, dass die großen Blutspendeorganisationen (z.B. Rotes Kreuz, Samariter Bund) homosexuelle Männer generell als Risikogruppe einstufen, unabhängig davon, ob ein Risikoverhalten einer möglichen Ansteckung mit HIV/Aids vorliegt?

4. Vertritt das Gesundheitsministerium die Meinung, dass das Ausschließungsverfahren schwuler Männer eine, auf einem Vorurteil basierende Diskriminierung darstellt?

5. Wenn nicht, mit welcher Begründung?

6. In der Blutspendeverordnung von 1999 ist lediglich von Risikoverhalten die Rede. Wie kann sichergestellt werden, dass nicht aufgrund von Vorurteilen bestimmte Bevölkerungsgruppen ohne fachliche Deckung zu Risikogruppen erklärt und damit stigmatisiert werden?

7. Halten sie eine Vereinheitlichung der Fragebögen anhand von Vorgaben des Gesundheitsministeriums für sinnvoll?

8. Wenn ja, welche Maßnahmen werden hierzu getroffen?

9. Wenn nein, wieso nicht?

10. Wäre es für das Gesundheitsministerium eine Option die „Schweizer Lösung“ zu übernehmen, wonach Personen, die in den letzten 6 Monaten eine/n neue/n SexualpartnerIn hatten, ausgeschlossen werden - ungeachtet dessen ob homo- oder heterosexuell?

11. Wenn nicht, wieso nicht?

12. Wie will das Gesundheitsministerium gewährleisten, dass es aufgrund der Angaben (bspw. Schriftverkehr um Gesundheitsdaten wie HIV zwischen AMS und Wr. Gebietskrankenkasse) nicht zur Datenschutzverletzungen kommt?

13. Wie soll die Sicherheit beim Blut- und Plasmaspenden gewährleistet werden, ohne dass es hier zu unnötigen Diskriminierungen kommt?