6038/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.07.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend 138-PS-Feuerstuhl als Hauptpreis eines BMVIT-Verkehrssicherheits(!)wettbewerbs

 

 

Bisher waren die im Segment Motorrad mit seinem dramatischen Blutzoll besonders dringlichen Bemühungen um mehr Verkehrssicherheit nicht gerade von durchschlagenden Erfolgen belohnt: So ist zB 2009 im Vergleich zu 2008 zwar die Zahl der Getöteten geringfügig gesunken, im Gegenzug jedoch die Zahl der oft lebenslang schwer gezeichneten Verletzten gestiegen. 2010 sieht die Bilanz in den ersten Monaten des Jahres schlechtwetterbedingt besser aus, mit der Wetterbesserung der letzten Wochen sind aber auch die Opferzahlen wieder angestiegen, teilweise über das Vorjahresniveau.

 

Bundesministerin Doris Bures sucht derzeit gemeinsam mit dem „Motorrad Magazin“ und dem ÖAMTC nach dem „Sichersten Motorradfahrer 2010“. Zwar heißt die Aktion offiziell nur „Motorradfahrer 2010“ und die BMVIT-Partner sind bei ebendieser Aktion auf der Suche nach dem „besten“ und nicht dem „sichersten“ Motorradfahrer 2010“, aber solange die im wesentlichen aus Fahrtechniktrainings bestehende Aktion trotz widersprüchlicher Benennung und öffentlicher Vermarktung ihren Zweck erfüllt, ist ihre Betitelung zweitrangig.

 

Ein in Sachen Verkehrssicherheit sehr fragwürdiges Signal ist allerdings die für „den Gesamtsieger“ (so die Aussendung von BM Bures, die BMVIT-Spitze erwartet offenbar einen männlichen Kandidaten auf dem obersten Stockerl) vorgesehene Prämierung: Eine  „brandneue“ Kawasaki Z1000.

 

Über diese ausgelobte Maschine wussten aktuelle Testberichte beispielsweise zu berichten: „Kein rundgelutschtes Hustenzuckerl … Schlichtweg ein Biest mit rotzfrechem Sound in Formel-1-Manier … Aggressivität in ihrer schönsten Form. Selten macht ein Motorrad von Beginn an klar, dass hier nur Piloten aufsteigen, die bereits mit dem Messer zwischen den Zähnen das Licht der Welt erblickten. … die schiere Power des 110 Newtonmeter Drehmoment starken Triebwerks wird mit 138 PS angegeben und liefert in jedem Gang, aus jeder Drehzahl beachtlichen Vortrieb … Ab 6.000 Umdrehungen brüllt die Z1000 lüstern und heiser. Anhand des orkanartigen Vortriebs und der Formel 1 ähnlichen Geräuschkulisse wird ohnehin schnell klar was Sache ist. … Das beflügelt zu wahren Schräglagenorgien in nahezu jeder Kurve … Kurzum, aus dem weichgespülten Vorgängermodell ist wieder ein Biest geworden.“

 

Der Hersteller bewirbt sein Produkt in Österreich unter anderem so: „Die neue Z1000 hinterlässt den Eindruck eines gefährlichen Raubtiers, das sich schlafend stellt – und dennoch bereit ist, ohne zu zögern loszuschnellen. … Mitreißendes Ansauggeräusch dank neuem Cool-Air-System. Durch die Anordnung der Kanäle näher am Fahrer ist der Klang des Ansauggeräuschs beim Beschleunigen besser hörbar. … Der neue Lenker sieht kompromisslos und stark aus, was dem Erscheinungsbild der Z1000 einen Touch von Bad-Boy-Image hinzufügt. … Respekteinflößend, geduckt und voller Sprungkraft steht sie da. Wie ein angriffslustiges Raubtier …“

 

 

Nicht nur diese Charakterisierungen machen klar, worum es bei diesem Motorrad wirklich geht, sondern auch die Schwerpunkte, die bei Vergleichstests gesetzt werden: „Wer hat Angst vorm bösen Wolf … Mit dem Wolf ist nicht zu spaßen. Die Z1000 … zeigt der Konkurrenz die Zähne … spiegelt sich auch in den Durchzugswerten wider, wo die Kawa mit 8,2 Sekunden von 0 bis 150 km/h den Konkurrentinnen zwischen 0,8 und 2,3 Sekunden aufbrennt.“ oder „Konkret leistet der 4-Zylinder mit 1043 Kubik 138 PS bei 9.600 U/min und drückt Herausforderern mit 110 Nm die Faust ins Gesicht.“

 

Als Höchstgeschwindigkeit wird übrigens vom Hersteller 240 km/h angegeben, die Beschleunigungswerte betragen 3,3 sek. für  0-100 km/h und 9,9 (10,6) sek für 0-200 km/h. Als Kraftstoffverbrauch werden 5,5-6,5 Liter je 100 km angegeben, was einem CO2-Ausstoß von etwa 129-153 g/km entspricht.

 

Obwohl die Anmeldefrist für die Verkehrssicherheits-Aktion, bei der dieser Feuerstuhl als Hauptpreis fungiert, ausgerechnet auf den 1. April 2010 gelegt wurde, handelte es sich bei der Auswahl des Preises offensichtlich um keinen Aprilscherz.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Halten Sie es beim wichtigen Anliegen von mehr Einspurigen-Verkehrssicherheit für ein zielführendes Signal, ausgerechnet ein extrem leistungsstarkes Motorrad als Hauptpreis einer Sicherheits-Aktion auszuloben?

 

  1. In welcher Weise tragen Motorräder mit 138 PS, ca. 240 km/h Spitze und für Raser besonders attraktiven Beschleunigungswerten („0-200 in 9,9 Sekunden“, „orkanartige Vortriebswerte“ u.dgl.) zur Verkehrssicherheit bei?

 

  1. Welchen Mehrwert für die Einspurigen-Verkehrssicherheit erwarten Sie sich von einem extrem leistungsstarken Motorrad als Hauptpreis, das von Hersteller und Importeur als gefährliches bzw. angriffslustiges Raubtier“ mit einem „Touch von Bad-Boy-Image“ sowie mit „aus dem weichgespülten Vorgängermodell ist wieder ein Biest geworden“ beworben wird?

 

  1. Welchen Mehrwert für die Motorrad-Unfallbilanz speziell an den kurvenreichen Motorrad-Strecken versprechen Sie sich davon, als Sicherheits-Hauptpreis ein Motorrad auszuloben, das „zu wahren Schräglagenorgien in nahezu jeder Kurve beflügelt“?

 

  1. Entspricht es ihrer Vorstellung von einem sicheren bzw. zumindest weniger unsicheren Miteinander im österreichischen Straßenverkehr, bei einer Verkehrssicherheitsaktion einen Hauptpreis auszuloben, der sowohl von Hersteller und Importeur als auch in Testberichten als aggressiv, angriffslustig, gefährlich, Angst, nicht zu spaßen, Faust ins Gesicht der KonkurrentInnen (um Beschleunigungsbestwerte) und dergleichen im Markt und in der Zielgruppe platziert wird und auf das „nur Piloten aufsteigen, die bereits mit dem Messer zwischen den Zähnen das Licht der Welt erblickten“?

 

  1. Liegen Ihnen bzw. Ihren ExpertInnen Statistiken oder Studien vor, die die Unfallbilanz mit Motorrad-Beteiligung a) auf Unfallursachen wie Schnellfahren etc., b) auf Leistungs-Kategorien der beteiligten Motorräder aufgliedern? Wenn ja, welche Ergebnisse zeigen diese?

 

  1. Halten Sie Verbrauchswerte von 5,5 bis 6,5 Litern auf 100 km, also CO2-Ausstöße von 129-153 g/km, für den Transport zumeist einer Person und überwiegend zu Freizeitgestaltungs-Zwecken für beispielgebend für die Zukunft der Mobilität?

 

  1. Welche Aktivitäten werden Sie im Einklang mit Ihren PR-Aussagen zur Elektromobilität und zu Konjunkturfragen setzen, um - statt wie hier einen echten Spritfresser zu promoten – den demnächst serienmäßig verfügbaren elektrisch betriebenen Motorrädern aus heimischer Fertigung den Weg zu ebnen?

 

  1. Entspricht es Ihren Zielsetzungen in Sachen Verkehrslärm, ein extrem leistungsstarkes Motorrad mit betont aggressiver Lärmkulisse („rotzfrechem Sound in Formel-1-Manier“, „brüllt die Z1000 lüstern und heiser“, „ Formel 1 ähnliche Geräuschkulisse“, „Klang des Ansauggeräuschs beim Beschleunigen besser hörbar“) als Hauptpreis eines Wettbewerbs auszuloben?

 

  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie seit Ihrem Amtsantritt gegen Motorradlärm in Österreich gesetzt?

 

  1. Welche konkreten Maßnahmen für mehr Motorradsicherheit werden Sie im Verkehrssicherheitsprogramm 2011-2020 vorsehen?