6220/J XXIV. GP
Eingelangt am 09.07.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und GenossInnen
an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung
betreffend Aufnahmestopp für Psychologie an der Universität Klagenfurt
Am 8. Juli
2010 wurde über die Medien bekannt, dass der Rektor der Universität
Klagenfurt plant, einen Aufnahmestopp für das Bachelorstudium Psychologie
zu
verhängen.
Er begründet dies mit dem schlechten Verhältnis zwischen der Anzahl
der
Studierenden und der der Vortragenden und plant diese Maßnahme für
vorerst für zwei
Jahre.
Nach seinen Angaben gebe es 1600 Studierende. Für das Studium Psychologie
an
der
Universität Klagenfurt existieren Zugangsbeschränkungen; nach Angaben
des
Rektors nehme die Psychologie rund 230 StudienanfängerInnen jährlich
auf, was seiner
Meinung
nach zu viel sei.
Gemäß
§ 124b UG besteht unter anderem für das Studium der Psychologie die
Möglichkeit Zugangsbeschränkungen zu verhängen, was von der
zuständigen
Bundesministerin
und ihrem Vorgänger bisher als das erforderliche Mittel dargestellt
wurde, für dieses Studium eine angemessene Betreuungsrelation
herbeizuführen. Zur
Verhängung
seines „Aufnahmestopps" will sich der Rektor der Universität
Klagenfurt
nach
den Medienberichten eines juristischen Tricks bedienen, indem er
vorübergehend
das
Bachelorstudium Psychologie ganz auflässt. Es ist offenkundig, dass das
Universitätsgesetz
einen Aufnahmestopp nicht vorsieht, sodass die beabsichtigte
Vorgangsweise
des Rektors als Umgehung zu qualifizieren ist. Die
unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für
Wissenschaft
und Forschung folgende
Anfrage
1. Gemäß §
7 Abs. 1 UG ergibt sich der Wirkungsbereich unter anderem der
Universität
Klagenfurt aus den am Tag vor dem „In-Kraft-Treten" eingerichteten
Studien-
und Forschungseinrichtungen. Änderungen der Wirkungsbereiche der
Universitäten
sind gemäß § 7 Abs. 3 UG nur im Wege der
Leistungsvereinbarungen
gemäß § 13 UG oder durch Verordnung der
Bundesregierung
gemäß § 8 UG zulässig. Erlaubt es diese Bestimmung
den
Universitäten, willkürlich oder zumindest nach Belieben Studien
einzurichten
oder abzuschaffen?
2. Gemäß §
13 Abs. 2 lit. c UG sind in der Leistungsvereinbarung zwischen der
einzelnen
Universität und dem Bund unter anderem die Studien, die an der
Universität anzubieten sind, festzulegen. In der Leistungsvereinbarung der
Universität
Klagenfurt fehlt das Bachelorstudium Psychologie. Dies führt zu
folgenden
Fragen:
a)
Warum ist das Bachelorstudium Psychologie nicht angeführt?
Ist dies Absicht
oder
Zufall?
b)
Steht es im
Belieben der Universität,
Studien, die nicht in der
Leistungsvereinbarung angeführt sind,
anzubieten und damit die
Finanzierung der in der Leistungsvereinbarung genannten Studien zu
schmälern?
c)
Steht es im Belieben einer Universität, auch in der
Leistungsvereinbarung
genannte Studien abzuschaffen? Wenn nein: Warum haben Sie bzw. Ihr
Vorgänger das Bachelorstudium Psychologie nicht in die
Leistungsvereinbarung
aufgenommen?
d)
Nach welchen Kriterien werden jeweils an der Universität
Klagenfurt und an
den anderen Universitäten
(im Falle von Unterschieden gegliedert nach
Universitäten) Studien in die Leistungsvereinbarung aufgenommen oder
weggelassen?
e)
Welche weiteren Studien, die an der Universität Klagenfurt
und an den
anderen
Universitäten angeboten werden, sind nicht in der jeweiligen
Leistungsvereinbarung
enthalten (konkrete Auflistung gegliedert nach
Universitäten)? Können alle diese
Studien nach Belieben von der Universität
abgeschafft werden?
f)
Sollte das Bachelorstudium der Psychologie das einzige nicht in der
Leistungsvereinbarung enthaltene Studium an der Universität Klagenfurt
sein:
Warum ist gerade dieses nicht enthalten?
3. Gemäß §
13 Abs. 2 UG 1 m ist unter anderem in der Leistungsvereinbarung für die Universität
Klagenfurt im Studium Psychologie eine Anzahl von Studienplätzen festzulegen, „sodass sichergestellt
ist, dass bis zum Wintersemester 2015/16 bis zu 2300 Studienanfängerinnen
und - anfängern die Aufnahme des Studiums möglich ist; bei der Aufteilung der Studierenden zwischen den
Universitäten sind die bisherigen Studierendenzahlen zu
berücksichtigen." Warum widerspricht die
Leistungsvereinbarung
der Universität Klagenfurt eindeutig dieser Vorschrift?
Sind
auch die Leistungsvereinbarungen der anderen in dieser Vorschrift
genannten
Universitäten insofern gesetzwidrig? Wie stellen Sie die Erreichung
der
Studienplatzanzahl bis 2015/16 sicher? Müssen die anderen
Universitäten
entsprechend
mehr Studienplätze zur Verfügung stellen? Ist bei der Aufteilung
im
Sinne des letzten Halbsatzes der lit. m von den Studierendenzahlen nach
Auflassung
des Studiums durch den Rektor der Universität Klagenfurt oder vor
der Auflassung auszugehen?
4.
Wie verhindern Sie generell, dass eine Universität zu Lasten
der anderen
Universitäten
vorgeht?
5.
Gemäß § 141 UG erhalten die Universitäten ihr Budget
vom Bund. Steht es den
Universitäten
frei, durch die Auflassung von Studien dieses Budget nach Belieben
zu
verwenden?
6.
Gemäß § 141 Abs. 8 UG erhalten die Universitäten einen
Ersatz für den Entfall
von
Studienbeiträgen, die im Wesentlichen nach dem Einnahmenentfall im
Sommersemester
2009 sowie im Verhältnis der Gesamtzahl der tatsächlich
Studierenden
im Kalendervorjahr berechnet wird. Wird die Universität
Klagenfurt
die volle Refundierung erhalten, obwohl sie dieses Studium gar nicht
mehr
anbietet?
7.
Gemäß § 124 UG bleiben die an den Universitäten am 1.
Oktober 2003
eingerichteten
Diplom-, Bakkalaureats-, Magister- und Doktoratsstudien an
diesen
Universitäten eingerichtet, „solange keine entgegenstehenden
Entscheidungen
gemäß § 54 dieses Gesetzes getroffen werden". § 54 UG
sieht
nun die Entscheidung durch den Senat vor. § 22 Abs. 1 Z 12 UG sieht die
Zuständigkeit des Rektorats für die Einrichtung und Auflassung von
Studien nur
dann
vor, wenn diese dem Entwicklungsplan widersprechen oder wenn diese
nicht
bedeckbar sind. Lägen diese Voraussetzungen im Falle der Auflassung des
Bachelorstudiums
Psychologie durch das Rektorat der Universität Klagenfurt
vor?
Wenn nein: Was werden Sie unternehmen, wenn das Rektorat dieses
Studium trotzdem auflässt?
8.
Der Gesetzgeber hat gerade für das Studium der Psychologie die
Möglichkeit der
Zugangsbeschränkung
vorgesehen, von der die Universität Klagenfurt auch
Gebrauch
gemacht hat, damit ein angemessenes Betreuungsverhältnis erreicht
wird.
Halten Sie es mit dieser Zielsetzung des Gesetzgebers vereinbar, ein
Studium ganz aufzulassen? Wenn
ja: Mit der Abschaffung welcher weiteren
Studien
ist zu rechnen? Sollten Sie dies der Autonomie der Universitäten
überlassen:
wofür sind die von Ihnen ständig geforderten
Zugangsbeschränkungen
noch erforderlich, wenn die Universitäten ohnedies
sogar bei Zugangsbeschränkungen ganze Studien auflassen?
9. Wie werden Sie generell ermöglichen, dass die Universitäten eine dem Bedarf der Studierenden entsprechende Anzahl an Studienplätzen für die jeweiligen Studienrichtungen bereitstellen?