6357/J XXIV. GP

Eingelangt am 13.09.2010
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Genossinnen und Genossen,

an die Bundesministerin für Justiz, Mag. Claudia Bandion-Ortner,

betreffend

Verschleppung der Neonazi-Verfahren gegen NVP und "Bunte"

Die „Nationale Volkspartei" (NVP), deren Parteiprogramm teilweise wörtlich aus einem Schulungstext der SS stammt, versuchte 2009 bei der Landtagswahl in Oberösterreich und bei der Gemeinderatswahl in Enns zu kandidieren. Die Liste „Die Bunten“ von Ludwig Reinthaler wollte in Wels antreten. Bei Reinthaler, der einem Urteil des Landesgerichtes Linz zufolge als „Brauner" bezeichnet werden darf, wurde schon zuvor NS-Propaganda von Hitler bis Honsik beschlagnahmt. Medienberichten zufolge sorgten einige KandidatInnen der Liste u.a. auch mit Nazi-T-Shirts in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und mit dem Hitlergruß für Aufsehen. Sowohl die NVP als auch die "Bunten" wurden durch die zuständigen Wahlbehörden von Wahlen ausgeschlossen und wegen des Verdachts der NS- Wiederbetätigung angezeigt. Der VfGH bestätigte den Wahlausschluss beider Gruppierungen.

Von vielen Seiten - u.a. auch vom Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) als der Vertretung der Mauthausen-Überlebenden - wird öffentlich kritisiert, dass die Staatsanwaltschaften Linz und Wels trotz der Anzeigen und des massiven Belastungsmaterials bisher nur sehr zögerlich tätig geworden sind. Mehr als ein Jahr nach den Anzeigen gibt es noch immer keinerlei strafrechtliche Konsequenzen. Doch gerade verschleppte Ermittlungen können einen ermutigenden Effekt auf die rechtsextreme und neonazistische Szene haben. NS- Wiederbetätigung ist kein Bagatelldelikt, sondern stellt eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus dar. Sie gefährdet den Rechtsstaat und die Menschenrechte. Ein zügiges Vorgehen der Strafjustiz in diesen Fällen ist unbedingt erforderlich. Die unterzeichnenden Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz folgende

Anfrage

1)  Welche Schritte wurden bisher in den Ermittlungsverfahren gegen die NVP und die "Bunten" gesetzt?

2)      Wie lässt sich angesichts der weitgehend geklärten Sachlage der Ermittlungszeitraum von mehr als einem Jahr rechtfertigen?

3)      In Ihrer Funktion als Justizministerin wurden Sie über den zögerlichen Fortgang der beiden Verfahren von der SPÖ Oberösterreich Anfang April dieses Jahres schriftlich in Kenntnis gesetzt und um Aktivität ersucht. Welche Maßnahmen wurden nach diesem Ersuchen gesetzt?

4)      Wie viele Anzeigen nach dem NS-Verbotsgesetz gab es im Jahr 2009?

5)      Ist ein Anstieg gegenüber den Vorjahren zu verzeichnen? Bitte um Aufschlüsselung der Zahlen für die Jahre 2000 bis 2008!

6)      Liegt die Entwicklung für 2010 über oder unter dem Durchschnitt der Vorjahre?

7)      Wie wurden die im Jahr 2009 erstatteten Strafanzeigen nach dem NS-Verbotsgesetz erledigt (wie viele Einstellungen, Anklagen, Zurücklegungen)?

8)      Zu wie vielen Verurteilungen ist es nach dem NS-Verbotsgesetz gekommen? Bitte um Aufschlüsselung der Zahlen für die Jahre 2000 bis 2009!

9)      Wie lange ist die durchschnittliche Ermittlungsdauer bei Anzeigen nach dem NS- Verbotsgesetz?

10)  Welche Maßnahmen haben Sie bzw. das Justizministerium gesetzt, um eine effektive Strafverfolgung bei Anzeigen nach dem NS-Verbotsgesetz zu ermöglichen?

11)  Welche Maßnahmen halten Sie diesbezüglich für die Zukunft für sinnvoll und welche werden sie setzen?

12)  Gibt es Initiativen zur Sensibilisierung der Staatsanwaltschaften für die besondere Brisanz dieser Materie und für die damit verbundene gesellschaftspolitische Verantwortung?

13)  Welche weiteren Schritte planen Sie, damit Strafverfahren nach dem NS-Verbotsgesetz zügiger vorangehen?

14)  Welche   sonstigen  Maßnahmen  setzt  die   Justiz   bei  der  Verfolgung  gegen Rechtsextremismus und Neonazismus?