6508/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.09.2010
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Werner Neubauer und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten.

 

betreffend Südtiroler Selbstbestimmungsrecht

 

Im § 1 jedes der beiden Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen, die 1976 in Kraft getreten sind, ist das Selbstbestimmungsrecht ausdrücklich festgeschrieben worden, und zwar als ius cogens, das heißt, als zwingendes Recht, erstmals in der Geschichte der Völker, des Völkerrechts und der Menschenrechte.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

 

Anfrage:

1.   Da nahezu alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen diesen beiden Menschenrechtspakten beigetreten sind; trifft es zu, dass auch die Republik Österreich diesen beiden Pakten beigetreten ist und damit das Selbstbestimmungsrecht als zwingendes Recht implizite anerkannt und sich entsprechend verpflichtet hat?

1.    Trifft es zu, dass das Selbstbestimmungsrecht nicht nur unverzichtbar ist, sondern auch nicht verjähren kann?

2.  Ist Ihnen bekannt, dass der seinerzeitige italienische Staatspräsident Francesco Cossiga während der letztvergangenen Jahre dreimal Anträge im Senat in Rom eingebracht hat, in denen die Frage aufgeworfen wurde, wie es möglich sein könne, dass dem Südtiroler Volk jenes Selbstbestimmungsrecht verweigert werde, das die Letten, die Esten, die Litauer, die Slowenen, die Kroaten, die Kosovoalbaner und andere mehr in jüngerer Vergangenheit für sich in Anspruch genommen und auch durchgesetzt haben?


3.   Ist Ihnen bekannt, dass nach seiner, des italienischen Staatspräsidenten Ansicht, dieses Recht auch den Südtirolern und den Südtirolerinnen zustehe?

4.  Ist Ihnen bekannt, dass er diesbezüglich eine Volksabstimmung vorschlägt?

5.  Welche Schritte in Richtung auf die Durchsetzung des zwingenden, unverzichtbaren und unverjährbaren Rechtes auf Selbstbestimmung für Südtirol, gedenkt Österreich in die Wege zu leiten?

6.  Welchen zeitlichen Horizont haben Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, in diesem Zusammenhang ins Auge gefasst?

7.  Wäre es nicht eine entscheidende Etappe auf dem Weg zur Ausübung des unverzichtbaren und unverjährbaren Rechtes auf Selbstbestimmung durch die Südtiroler und die Südtirolerinnen, die Rechte, die jeder österreichische Staatsbürger als solcher genießt, per Gesetz auch jedem Südtiroler und jeder Südtirolerin - und jedem Kanaltaler sowie jeder Kanaltalerin – einzuräumen?

8.  Wann gedenken Sie den Schritt einzuleiten, dass die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft - zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft - an alle Südtiroler und Südtirolerinnen per österreichisches Gesetz veranlasst wird, so wie dies Italien mit Istrien/ Triest bzw. Ausland-Italienern handhabt?

9.  Gibt es Österreicher mit doppelter Staatsbürgerschaft? 

10. Wenn ja , seit wann bzw. für wen?

 

11.  Erscheinen die Schritte geeignet - zunächst die Verleihung der Rechte, die jeder österreichische Staatsbürger genießt, an die Südtiroler und Südtirolerinnen, dann Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zusätzlich zur italienischen Staatsbürgerschaft -, die Durchsetzung und Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes durch die Südtiroler und Südtirolerinnen sicherzustellen und entsprechend vorzubereiten?

 

12.  Ist es für die österreichische Bundesregierung unverantwortlich, noch länger damit zu zögern, alles zu unternehmen, die Südtiroler und Südtirolerinnen in die Lage zu versetzen, das ihnen zustehende zwingende Recht auf Selbstbestimmung, auf das man nicht verzichten kann und das auch nicht verjähren kann, tatsächlich auszuüben ?

 

13.  Wie soll die Republik Österreich, wie sollen die im Rahmen derselben Verantwortlichen, eine weitere Säumnis in diesem Zusammenhang gegenüber der Jugend Südtirols einerseits bzw. vor der Zukunft andererseits rechtfertigen?

 

14.  Wie steht der Südtiroler Landeshauptmann, mit dem Sie in engem Kontakt stehen, zu den Fragen einer "zweiten - österreichischen Staatsbürgerschaft" und die Anwendung des Selbstbestimmungsrechtes?


 

15.  Ist nach aktueller Beurteilung der Rechtslage des Selbstbestimmungsrechts nur über den Weg einer Volksabstimmung, oder aber auch durch einen Beschluss des Landtages zu realisieren?

 

16.  Woher leitet die Republik Österreich die Schutzmacht-Rolle gegenüber Südtirol ab?

 

17.  Welche Verpflichtungen Österreichs ergeben sich durch die Schutzmachtfunktion gegenüber Südtirol und die österreichische Minderheit in Südtirol?

 

18.  Ist das Engagement Österreichs in Bezug auf Südtirol vertretbar, oder liegt bei Fragen zur Südtirol-Frage eine sogenannte „innneritaliensiche Angelegenheit“ vor, wenn ja, bei welchen Fragen ist das der Fall?

 

19.  Wäre die Verankerung der Schutzrolle gegenüber Südtirol in der österreichischen Verfassung ein Eingriff Österreichs in die inner-italienischen Angelegenheiten, wenn nein, worauf stützt sich diese Rechtsansicht?

 

20.  Wen eigentlich vertritt Österreich in Ausübung der Schutzmachtrolle?

 

21.  Werden die deutschsprachigen Südtiroler/innen von Österreich als österreichische Minderheit als Schutzmacht vertreten?