6841/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.11.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler,

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Flugunfall des Ing. Gerhard Mugrauer

 

 

Der Pilot Ing. Gerhard Mugrauer wurde bei einem Unfall am 20.09.2007 mit einem Luftfahrzeug des Types Diamond DA 42 Twin Star schwerst verletzt und ist seitdem querschnittsgelähmt. Zu diesem Unfall ist ein Verfahren vor dem Landesgericht St. Pölten mit dem Aktenzeichen GZ 2 Cg 172/2009 v und eines mit dem Aktenzeichen GZ 3 Cg 191/09 w anhängig.

 

Der Anwalt des Verletzten brachte am 7.1.2010 einen vorbereitenden Schriftsatz beim zuständigen Gericht ein, indem er auf Verzögerungen und Informationsdefizite hinwies. So führte er an, dass der vorläufige Bericht der Flugunfallkommission dem zuständigen Ministeriums noch immer nicht erstattet wurde.

 

Nach dem gegenständlichen Unfall wurde das Fluggerät gesichert und das rechte Triebwerk am 8.10.2007 im Beisein eines Sachverständigen und eines Mitarbeiters der Flugunfallkommission ausgebaut, verpackt und verplombt in das Herstellerwerk transportiert. Dort wurde es am 29. bzw. 30.10.2007 im Beisein von Angehörigen der österreichischen und deutschen Flugunfallkommission sowie Mitarbeitern der "DIAMOND-Gruppe" am Prüfstand montiert und mit der Fehlersuche begonnen. Dabei stellte sich heraus, dass ein technischer Defekt aufgetreten war, der dazu führte, dass der Treibstoffdruck in der Leitung zu gering wurde und die Versuche des Piloten, dieses Triebwerk wieder anzulassen, vergeblich waren. Das Fehlen des erforderlichen Treibstoffdruckes ist auf einen zweimaligen Kurzschluss bei der elektronischen Treibstoffsteuerung zurückzuführen.

Drei Monate vor dem gegenständlichen Unfall wurden beide Triebwerke ausgetauscht bzw. durch neue ersetzt. Bei diesem Umbau wurde diverses vom Hersteller nicht genehmigtes Material verwendet, wobei insbesondere die "Stecker" davon betroffen gewesen sein sollen.

Zu diesen noch immer spärlichen Informationen konnte der Anwalt des Ing. Mugrauer nur deshalb gelangen, weil bei der Besichtigung in Deutschland ein Mitarbeiter der Haftpflichtversicherung des Fluggerätes anwesend war und ihm dies mitteilte.

 

Anlässlich der Streitverhandlung vom 19.1.2010 wurde der Sachverständige DI Dr. Reisinger  mit Befund- und Gutachtenerstellung beauftragt. Nachdem bis Mai 2010 keine Kontaktaufnahme seitens des Sachverständigen mit dem Anwalt von Ing. Mugrauer erfolgte, nahm der Anwalt Kontakt mit der Verhandlungsrichterin auf. Diese teilte ihm mit, dass der  Akt der Flugunfallkommission noch nicht an den Sachverständigen zugemittelt worden sei.  Das Gutachten sei trotz mehrfacher Anforderungen noch nicht beim Bundesministerium für Inneres eingelangt und selbst eine Beantwortung der Aktenanforderung seitens der bezughabenden Dienststelle sei noch nicht durchgeführt worden.


DI Dr. Reisinger hält in seinem vorläufigen Gutachten fest, dass ihm weder der Unfallmotor samt Elektrik zur Ansicht gegeben noch ihm Einblick in die Befundaufnahme der Unfallkommission gestattet wurde. Er könne daher keine Frage des Gerichts sachverständlich beurteilen, weshalb er eben nur ein vorläufiges Gutachten erstellt habe.

 

Erst am 1.9.2010 bequemten sich die Sachbearbeiter Ing. Martin Müller und der Leiter der Untersuchungsstelle Peter Urbanek, mit dem Gericht in Kontakt zu treten, um auf die Anfragen vom 26.1.2010 und 11.3.2010 Bezug zu nehmen. Die Hinweise im Schreiben vom 1.9.2010 der Unfalluntersuchungsstelle-Luftfahrt, wonach das Untersuchungsverfahren nicht öffentlich sei und Untersuchungen nicht darauf abzielen dürfen, die Schuld- und Haftungsfrage zu klären, sind völlig überflüssige Anmerkungen. Denn weder durch Ing. Mugrauer noch durch das  Landesgericht St. Pölten wurden Anfragen an die Unfalluntersuchungsstelle bezüglich Haftungsfragen oder Verschuldensfragen gestellt, sondern lediglich die Untersuchungsergebnisse zur Kenntnisnahme angefordert. Haftungs- und Verschuldensfragen sind im übrigen vom zuständigen Gericht zu klären.

 

Bisher sind unter anderem folgende Zwischenfälle beim Betrieb von Flugzeugen des Typs DA-42 Twin Star, die im Übrigen noch immer für den  Flugverkehr zugelassen sind,  dokumentiert:

 

- Am 6.6.2007 stürzte eine DA-42 auf dem Weg von Aachen nach Valenzia über Frankreich ab. Dies führte zum Tod von drei Personen.

 

- Anfang September 2007 blieben bei einer DA-42 in Deutschland kurz nach dem Start beide Motoren stehen und das Flugzeug erlitt einen Totalschaden.

 

- Mitte September 2007 hatte eine DA-42 in Oberösterreich einen Motorschaden und stürzte nahe Vöcklabruck ab. Drei Insassen wurden schwerverletzt.

 

- Am 25. September 2007 stürzte eine österreichische Maschine vom Typ DA-42 Kennzeichen OE-FCD, welche einer Diamond Tochterfirma gehörte, in Rumänien ab. Drei Personen wurden getötet.

 

 

Vor dem Hintergrund dieses Sachverhaltes stellen die unterzeichnenden Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

Anfrage

 

 

1.

Weshalb ist der vorläufige Untersuchungsbericht den Beteiligten bzw. insbesondere dem verletzten und geschädigten Piloten Herrn Ing. Mugrauer bislang nicht zur Verfügung gestellt worden?

 

2.

Was sind die Gründe, weshalb die Unfalluntersuchungsstelle-Luftfahrt im Schreiben vom 1.9.2010 ankündigt, dass mit der Fertigstellung und Veröffentlichung des abschließenden Untersuchungsberichtes nicht vor dem vierten Quartal zu rechnen ist?

 

3.

Kann die Untersuchungsstelle-Luftfahrt einen Tätigkeitsbericht vorlegen, aus dem die Aktivitäten der Unfalluntersuchungsstelle nachvollzogen werden können? Wenn ja, sind in diesem sämtliche technische Erkenntnisse und Unterlagen betreffend den gegenständlichen Flugunfall enthalten? Wann ist mit diesem Bericht endlich zu rechnen?


4.

Welche weiteren Erkenntnisse und Unterlagen liegen der Untersuchungsstelle-Luftfahrt im konkreten Fall vor?

 

5.

Wurden die Erkenntnissen aus den technischen Untersuchungsergebnissen des Fluggeräts "Diamond DA 42" dem Hersteller, der Servicestelle oder den Handelsunternehmen (Vertrieb) des gegenständlichen Fluggerätes zur Kenntnis gebracht?

a.) Wenn ja, wann?

b.) Warum werden diese nicht auch dem Geschädigten zugestellt?

6.

Sind durch den unverständlich langen Zeitraum zwischen Flugunfall und den bei der Besichtigung und Untersuchung der Flugmotoren des gegenständlichen Fluggerätes Erkenntnis gewonnen  worden, die dem dort anwesenden Sachverständigen anderweitig  zur Kenntnis gelangt sind, nämlich dass ein Einbau nicht typengenehmigter Teile in Zusammenhang mit der Kraftstoffleitung des Fluggerätes erfolgte?

 

7.

Hat man durch Untätigwerden in Kauf genommen, dass die noch im Verkehr befindlichen Geräte  dieses Types mit nicht vom Hersteller genehmigten Teilen ausgeliefert bzw. weiter verwendet werden und, wenn ja, wie lange?

 

8.

Wann wurde die Befundaufnahme seitens der Untersuchungsstelle-Luftfahrt abgeschlossen?

 

9.

Weshalb ist nach abgeschlossener Befundaufnahme noch eine Zeitspanne von mindestens vier Monaten bis zur Veröffentlichung des vorläufigen Berichts erforderlich?

 

10.

Wie erklären Sie sich die lange Dauer  der Befundaufnahme und der Veröffentlichung des Untersuchungsberichtes?

 

11.

Ist der Eindruck richtig, dass hier vorsätzlich extrem langsam gearbeitet wurde?

 

12.

Welche Maßnahmen werden sie setzen, um solche Zustände in Zukunft zu vermeiden?

 

13.

Wie werten Sie den Umstand, dass einem gerichtlich bestellten Sachverständigen gezielt Untersuchungsergebnisse vorenthalten werden?

 

14. Was werden Sie veranlassen, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige endlich zu den ihm auszuhändigenden Unterlagen aus Ihrem Ressort gelangt?