7221/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.12.2010
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Doppler

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Ticketverkauf in Regionalzügen / Missstände in der ÖBB

 

 

 

Laut Presseinformation der ÖBB soll mit der Umstellung auf den Winterfahrplan der Erwerb von Fahrkarten beim Zugbegleiter im Nah- und Regionalverkehr nicht mehr möglich sein. Beim Zusteigen ohne gültigen Fahrausweis werde eine Gebühr von 65 Euro fällig. Sollte der Fahrgast diesen Betrag nicht sofort bezahlen können, müsse er per Zahlschein sogar 95 Euro inklusive einer Bearbeitungsgebühr berappen.

Fahrkarten können also nur noch am Schalter der  ÖBB,  sofern dieser noch besetzt ist und zu einem höheren Ticketpreis, an einem Fahrscheinautomaten, via Internet oder mittels SMS gekauft werden.

Für Sehbehinderte und –schwache Menschen, ist ein Ticketerwerb also nur noch an Bahnhöfen mit herkömmlichen Schaltern oder von zu Hause aus via Internet möglich. Ältere Mitbürger haben oft Probleme im Umgang mit Automaten, nicht jeder verfügt über einen Internetanschluss und viele möchten ihre Kreditkartennummer (sofern sie eine haben) oder ihre Kontodaten nicht über das World Wide Web bekanntgeben. Körperlich und geistig Behinderte werden ohne Hilfe von ÖBB-Personal (sofern vorhanden) oft nicht mehr in der Lage sein Fahrscheine zu erwerben.

Laut Rechnungshofbericht Zl. 110.023/003-S4-3/09, welcher unter anderem die Einkommen in der öffentlich Wirtschaft des Bundes behandelt, ist nachzulesen, dass 2008 die Österreichische Bundesbahnen-Holding AG drei Vorstände mit jeweils durchschnittlich € 502.700,-- p.a., die ÖBB-Dienstleistungs-Gesellschaft mbH einen Vorstand mit € 460.000,-- p.a., die ÖBB-Infrastruktur Bau AG drei Vorstände mit jeweils durchschnittlich € 401.200,-- p.a., die ÖBB-Personenverkehr AG drei Vorstände mit jeweils durchschnittlich € 414.400,-- p.a., die ÖBB-Technische Services-Gesellschaft mbH einen Vorstand mit € 350.500,-- p.a., die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG zwei Vorstände mit jeweils durchschnittlich € 294.700,-- p.a. und die Rail Cargo Austria AG drei Vorstände mit jeweils durchschnittlich € 352.800,-- p.a. unterhielt, um nur einige Unternehmungen der ÖBB-Unternehmensgruppe zu nennen.

Die "OÖ Nachrichten – nachrichten.at" veröffentlichte am 8. Oktober 2010 unter dem Titel "Höherer Verlust im ÖBB-Güterverkehr" folgenden Artikel:

" WIEN. Der Verlust der ÖBB-Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria (RCA) wird heuer noch höher ausfallen als bisher angenommen. Er dürfte gegen 200 Millionen Euro betragen. Bisher waren 124 Millionen erwartet worden. „Ein  Einser vor dem dreistelligen Minus“ werde sich aber wohl ausgehen,  sagte  ÖBB-Vorstandschef Christian Kern in zwei Zeitungsinterviews.

In Österreich hat der Güterverkehr in den ersten sieben Monaten des Jahres operativ 54 Millionen Euro Verlust geschrieben. Die Ungarn-Tochter  Rail  Cargo Hungaria dürfte heuer ein Minus von 33 Millionen Euro erwirtschaften. Sollte  die ungarische Regierung tatsächlich Gebührenerhöhungen einführen, könnte der Verlust noch größer werden. Die geplante Kündigung von 460 Mitarbeitern  in  Ungarn ist laut Kern „alternativlos“ und ein „erster Schritt“.

Die RCA habe schon 650 Millionen Euro an Kapital verbraucht,  sagte Kern. Zum einen wegen den Verlusten, zum anderen wegen Abwertungen. Wertminderungen von Güterwagen und Logistikzentrum hätten 2008 60 Millionen Euro und im Vorjahr 5,2 Millionen Euro gekostet. (...)

Bei drei ehemaligen ÖBB-Managern hat es Hausdurchsuchungen gegeben. Es geht um den Kauf der ungarischen MAV Cargo Ende 2008. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen des  Verdachts der Bestechung und der Untreue gegen zwei Manager und „unbekannt“ eingeleitet. Eine ungarische  Beratungsagentur soll Schmiergeld bekommen haben. ÖBB-Verantwortliche könnten ohne Wissen des Vorstands und des Aufsichtsrats den Konzern geschädigt haben, heißt es.

Das ungarische Unternehmen Geuronet habe für die Beratung von  Juli bis  Ende 2007 monatlich 10.000 Euro Honorar bekommen, das sich im Jänner  2008 – nach Zuschlagserteilung – halbiert haben soll.  Geuronet habe bei einem Kaufpreis  von  407 Millionen Euro gut sieben  Millionen  Euro Erfolgsprämie bekommen, heißt es. Danach soll es zu komplizierten Geldflüssen gekommen sein. Es gilt die Unschuldsvermutung."

Diesem Artikel, den enormen Verlusten bei diversen Spekulationen, dem Stilllegen von Bahnverbindungen wie Linz-Graz, dem Einsparen an Personal in  Zügen  und dem nicht mehr Besetzen von Bahnschaltern, dem Einstellen des Ticketverkaufs in Regionalzügen und den unaufhörlichen Berichten über Misswirtschaft  in der ÖBB, stehen diese im Rechnungshofbericht erwähnten  horrenden  Generalsgehälter gegenüber.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Bahnhöfe und Haltestellen der ÖBB gibt es Österreich? (Aufgegliedert auf Bundesländer)

2.    Wie viele davon sind derzeit mit Fahrscheinautomaten ausgestattet?  (Aufgegliedert auf Bundesländer)

3.    Wie viele davon sind mit Ticketverkaufspersonal besetzt? (Aufgegliedert auf Bundesländer und zeitliche Besetzung des Verkaufsschalters)

4.    Wie viele Bahnhöfe und Haltestellen waren 2005 mit Ticketverkaufspersonal besetzt? (Aufgegliedert auf Bundesländer)

5.    Wie hoch waren die Verluste der ÖBB in den letzten fünf Jahren? (Aufgegliedert auf Jahre)

6.    Warum wird der Ticketverkauf in Regionalzügen eingestellt?

7.    Ist der Kauf von Fahrkarten via Internet, SMS oder am Automaten bestimmten Personengruppen, wie älteren oder behinderten Menschen, zumutbar?

8.    Rechnen Sie mit einem Rückgang der Fahrgastzahl durch das Verbot des Fahrscheinerwerbs in Zügen des Nah- und Regionalverkehrs?

9.    Was gedenken Sie zu tun um älteren oder behinderten Menschen den Ticketerwerb zu erleichtern bzw. zu ermöglichen?

10. Die ÖBB-Personenverkehr AG hatte 2008 3.228 Beschäftigte. Wie viele waren es 2009, 2010 und wie viele werden 2011 und 2012 sein?

11. Wie rechtfertigen Sie angesichts der unaufhörlichen Negativschlagzeilen der ÖBB und des  massiven  Abbaus  fleißiger Bahnbediensteter die Gehälter und die Anzahl der Vorstände in der ÖBB-Unternehmensgruppe?