7412/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.01.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend drohende Entgleisung des Konjunkturpakets durch möglicherweise verfassungswidrige Eisenbahngesetznovelle 2006

 

 

Unter dem Titel „Bures: Konjunkturpaket Bahn voll auf Schiene: 80 Einzelprojekte sind in Bau - Utl.: Positive Halbzeitbilanz des Konjunkturpakets“ wurde zwar ausnahmsweise keine aufwendige Inseratenlawine in befreundeten Medien geschaltet, aber dennoch wieder Steuergelder für eine bezahlte APA-Aussendung verbraucht. Wörtlich wurde darin unter anderem ausgeführt: „Bures: ‚Die Grundsätze des Pakets sind: Rasche Umsetzung, mit regionaler Beschäftigungs- und Verkehrswirkung sowie möglichst großer Kundennutzen.‘“

 

Die BMVIT-Spitze übersieht dabei in dieser Aussendung „OTS0047 2011-01-04“, dass einer derzeit vom VfGH behandelten Beschwerde gute Chancen eingeräumt werden. Damit steht eine erst 2006 geschaffene wesentliche Bestimmung des Eisenbahngesetzes zur eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung - § 31a - auf der Kippe. Im nicht unwahrscheinlichen Fall ihrer Aufhebung stehen die unter Bezugnahme darauf bewilligten Baustellen natürlich vor ihrer Einstellung.

 

Bereits bisher sind der Allgemeinheit durch die Verwaltungspraxis des BMVIT im Bahn-Bereich beträchtliche Schäden entstanden. Serienweise aufgehobene Baugenehmigungen vom Lainzer Tunnel über Koralmbahn bis zuletzt im Gasteinertal haben zu Baustopps etc. geführt, wobei die entstandenen Mehrkosten im Wege der ÖBB bzw. früher auch HL-AG von den SteuerzahlerInnen zu berappen waren und die nötige rechtliche „Sanierung“ die Kapazitäten im BMVIT weiter an der Befassung mit wichtigen Themen wie etwa der seit Jahrzehnten ungelösten Eisenbahnkreuzungs-Problematik hinderten.

 

Im Bereich der Zuständigkeit der Länder für Eisenbahnen - die Länder sind für den größten Teil des Schienennetzes zuständig - sind derartige Zustände nicht bekannt.

 

Die Problematik des § 31a Eisenbahngesetz ist hinreichend bekannt, vergleichbare Bestimmungen der Bauordnung für Wien wurden nicht nur vom VfGH gerügt, es gibt auch (leider) mehr als genug Literatur über die Probleme, die beim Abladen von Behördenaufgaben auf Sachverständige („Quasi-Beleihung“) entstehen.

(Siehe dazu zB auch Österr. Juristenzeitung, Heft 14-15, 5. August 2002, Prof. Dr. Bernd-Christian Funk/Mag. Gerda Marx, Wien: „Ziviltechnikerurkunden im Verwaltungsverfahren“).

 

Seitens der Eisenbahnaufsicht wurde von Anfang an versucht, den Prüfaufwand auf eine rein formelle Prüfung herunterzuschrauben und sich so jeder Verantwortung für Entscheidungen zu entziehen. (Vergleiche zB Catharin / Gürtlich, „Eisenbahngesetz“, Wien 2006, Anm. 3 zu § 31a Eisenbahngesetz, S. 326: „Die Behörde braucht daher nach dem Einlangen des Antrages samt Gutachten zunächst nur eine formelle Prüfung vorzunehmen.“).

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass neben der Verantwortung auch der ganze technische Begutachtungsaufwand (nur noch externe Sachverständige) abgeschoben wurde.

 

Aufgrund dieser politisch offenbar geduldeten (oder gar gewünschten?) Verantwortungsabschiebung zwecks Arbeitsreduktion einzelner Stellen im BMVIT drohen nun wichtige Genehmigungsverfahren im Eisenbahnbereich zu platzen. Die auch nach 2006 unter geänderter politischer Zuständigkeit unverändert fortgesetzte BMVIT-Praxis der Aufgabenabschiebung zwecks Verantwortungs-Vermeidung und Arbeitsreduktion gefährdet damit genau die „rasche Umsetzung“, „regionale Beschäftigungs- und Verkehrswirkung“ sowie den „möglichst großen Kundennutzen“, den die BMVIT-Spitze in Jubel-Aussendungen wie am 4.1.2011 betont.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.    Haben Ihnen Ihre Beamten über die gegenständliche Problematik Bericht erstattet?

2.    Können Sie verbindlich ausschließen, dass § 31a Eisenbahngesetz verfassungswidrig ist?

3.    Falls Sie nicht verbindlich ausschließen können, dass § 31a Eisenbahngesetz verfassungswidrig ist: Was haben Sie bzw. Ihr Stab bereits zur Prüfung veranlasst?

4.    Wurden zur Prüfung externe Berater/Experten herangezogen, wenn ja welche und zu welchen Kosten?

5.    Falls Sie bzw. Ihr Stab noch nichts veranlasst haben: Bis wann können Sie das prüfen lassen?

6.    Falls das Verfahren vor dem VfGH und/oder Ihre evtl. hausinterne Prüfung negativ ausgehen sollte: Bis wann werden Sie eine Novelle zur Korrektur des § 31a Eisenbahngesetz zur Begutachtung aussenden?

7.    Wie viele Baustellen auf Hauptbahnen wären möglicherweise betroffen?

8.    Welche sind die größten möglicherweise betroffenen Baustellen?

9.    Die ÖBB planen, den Wienerwaldtunnel, den Lainzer Tunnel und sonstige in Bau befindliche Abschnitte der Westbahn bis 2013 in Betrieb zu nehmen. Können Sie verbindlich bestätigen, dass dieser Zeitplan trotz der VfGH-Beschwerde hält?

10.  Wie viele Baustellen auf Nebenbahnen wären möglicherweise betroffen?

11.  Wie viele Arbeitsplätze wären durch Einstellung von Baustellen auf Haupt- und Nebenbahnen bedroht?

12.  Wie hoch wären diesmal die Zusatzkosten durch die problematische Verwaltungspraxis des BMVIT für die SteuerzahlerInnen?

13.  Werden Sie im Falle eines neuerlichen eisenbahnrechtlichen Scheiterns Ihres Ressorts - in Form einer Aufhebung von § 31a Eisenbahngesetz durch den VfGH - auch dies und die Folgen der Öffentlichkeit durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit bekannt machen, um den Eindruck einseitiger Darstellung und Schönfärberei zu vermeiden?