7710/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.02.2011
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz

und weiterer Abgeordneter

 

an die Frau Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend Gesamtschüler kaum besser als Hauptschüler der dritten Leistungsgruppe

 

 

Was ist die „Kooperative Mittelschule“ (KMS)? Der emeritierte Pädagogikprofessor der Universität Wien Richard Olechowski definiert die KMS folgendermaßen:

 

"- Es soll nicht die AHS-Unterstufe oder die HS verdrängt werden.
Die „Kooperative Mittelschule“ ist ein dritter Schultyp, der für den Altersbereich der 10- bis 14jährigen angeboten wird, und mit den anderen beiden Schultypen – wie die Bezeichnung es ausdrückt – kooperiert.

Das Modell „Kooperative Mittelschule“ stellt einen Versuch dar,
der Polarisierung in den Ballungsräumen (Wien, Graz...) – dem immer stärker werdenden Schüleransturm in die AHS einerseits und dem zunehmenden Schülerschwund in der Hauptschule andererseits – gegen zu steuern.

- Die „Kooperative Mittelschule“ ist keine „Gesamtschule“. Sie stellt keinen „Totalitätsanspruch“ (wie z.B. die öffentliche Volksschule), weil sie keine Monopolschule für alle Kinder der Altersstufe der 10- bis 14jährigen sein will. Zudem ist sie ein Schultyp mit reicher innerer Differenzierung, geeignet für eine Begabungs adäquate Förderung aller Schülerinnen und Schüler."

(http://homepage.univie.ac.at/richard.olechowski/statements/kooperative.html, 8. Feb. 2011; eigene Hervorhebung in Fettdruck)


Die KMS entspricht daher in allen wesentlichen Merkmalen dem von der SPÖ propagierten Schulversuch der Neuen Mittelschule (NMS) mit dem einzigen Unterscheidungskriterium, dass die KMS nicht den Anspruch erhebt, der einzige Schultyp in der Altersgruppe der 10- bis 14jährigen zu sein, sondern neben der Hauptschule und AHS koexistiert.

 

Umso erstaunlicher mutet daher ein Zeitungsbericht der Tageszeitung "Presse" an, wonach laut Leistungstests des Bundesinstituts für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) das Leistungsniveau von KMS-Schülern jenem von Hauptschülern der dritten Leistungsgruppe entspricht. (Vgl. "Presse" vom 8. Feb. 2011, S. 3)

 

 

Leistungsgruppen werden im Schulorganisationsgesetz (SchOG) und Schulunterrichtsgesetz (SchUG) u. a. wie folgt definiert:

 

"Für den Unterricht in Deutsch, Mathematik und Lebender Fremdsprache sind drei Leistungsgruppen vorzusehen. Die Anforderungen der höchsten Leistungsgruppe haben jenen der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schule zu entsprechen."

(§ 16 Abs. 2 Z 2 SchOG; eigene Hervorhebung in Fettdruck)

 

"Ein Schüler einer allgemeinbildenden höheren Schule, der in eine Hauptschule übertritt, ist hinsichtlich der Einstufung in die Leistungsgruppe so zu behandeln, wie wenn er bisher in der jeweils höchsten Leistungsgruppe eingestuft gewesen wäre."

(§ 29 Abs. 2 SchUG)

 

Ein Satz, der vom BMUKK so interpretiert wird:

 

"Das heißt: Bei einem Übertritt in die Hauptschule sind AHS- Schüler/innen trotz 'Nicht genügend' in Deutsch, Mathematik bzw. Lebender Fremdsprache zum Aufsteigen berechtigt und werden in die zweite Leistungsgruppe eingestuft."

(http://www.bmukk.gv.at/schulen/service/schulinfo/aufnahme_hs.xml, 8. Feb. 2011; eigene Hervorhebung in Fettdruck)

 

Von diesen Fakten unbeirrt sprechen Sie im zitierten Zeitungsartikel jedoch weiterhin von der NMS als "Leistungsschule".


In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur die folgende

 

Anfrage

 

 

1.     Auf welchen Studien fußt Ihre Behauptung in der Broschüre "Die Neue Mittelschule" (http://www.neuemittelschule.at/fileadmin/user_upload/pdfs/folder.pdf, 8. Feb. 2011), die NMS habe sich als "international als beste Antwort auf die neuen Anforderungen an unsere Lebens- und Arbeitswelt" erwiesen?

2.     Sind dem BMUKK die nach Bundesländern differenzierten Ergebnisse der PISA-Studie 2009 für Deutschland bekannt?

3.     Falls ja, welche Schlüsse zieht das BMUKK aus diesen Studien?

4.     Warum sollte in einem Schultyp, der alle Leistungsniveaus, vom AHS bis zur Sonderschule, umfasst, die Ausbildung besser sein, als in einem differenzierten Schulsystem?

5.     Wie erklären Sie sich den erwarteten qualitativen Quantensprung vom derzeitigen differenzierten Schulsystem zur Gesamtschule angesichts der o. g. Testergebnisse in der KMS?