8097/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.03.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

DRINGLICHE ANFRAGE

gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Ewald Stadler
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundeskanzler
betreffend Genug gezahlt für Pleitestaaten – von der Europhorie zur Eurosklerose

Nachdem Sie als Bundeskanzler es nicht der Mühe wert finden, eine Erklärung vor dem Nationalrat abzugeben, wenn Sie wenige Tage zuvor im Namen der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, zusätzlich zu den bereits zu leistenden 2,29 Mrd. Euro weitere 2,2 Mrd. Euro an Bargeldzahlungen für den Eurorettungsschirm zusagen, sehen wir uns gezwungen, Sie auf diese Weise zu den Beschlüssen des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2011 und ihren Auswirkungen auf Österreich zu befragen. Dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen im Rahmen der heutigen Aktuellen Stunde, in der Sie die Mehrbelastung der österreichischen Steuerzahler mit keinem Wort erwähnten, aber eine Zustimmung zu der von den Österreicherinnen und Österreichern abgelehnten zentralisierten EU-Wirtschaftsregierung sowie einer „Angleichung“ der unterschiedlichen Bedingungen in den Euro-Ländern in den nächsten Monaten angekündigt haben, was nur ein Absinken der österreichischen Standards im Bereich sozialer Absicherung und der Löhne bedeuten kann.

Zur Erinnerung: Mit diesen 4,5 Mrd. Euro könnte der Koralmtunnel fast zur Gänze finanziert werden, oder es könnten zwei namhafte Steuerreformen umgesetzt werden oder die österreichische Bildungsmisere wäre Geschichte.

So aber wird dieser Betrag für die vermeintliche Rettung des Euro verwendet und kommt in Wahrheit überwiegend ausländischen Banken und Spekulanten zugute, die sonst zweifelhafte Staatsanleihen in ihren Bilanzen abschreiben müssten.

Das Projekt einer gemeinsamen Währung startete zunächst viel versprechend. Das System des EWS, das alle europäischen Währungen mit stabilen Wechselkursen verband, wirkte so wie es sich alle Beteiligten gewünscht hatten. Die strengen Konvergenzkriterien wurden von allen Ländern eingehalten. Die Weichwährungsländer stabilisierten ihre Haushalte und Wechselkurse und die Drohung von Sanktionen durch die Kommission schien ihre Wirkung nicht zu verfehlen. So wurde der Euro im Jahr 1999 zunächst als Buchgeld und 2002 als Bargeld eingeführt. Und tatsächlich ging am Anfang alles gut. Der Wechselkurs gegenüber dem Dollar stieg nach einer kurzen Phase der Verunsicherung auf den Märkten, und die ursprünglich als Ziel angenommene Parität gegenüber dem Dollar wurde bei weitem übertroffen.

Die Probleme des Euro beginnen mit dem Nichtgreifen des Sanktionsmechanismus gegen Frankreich und Deutschland in den Jahren 2002/2003. Dieses Signal war verhängnisvoll, verhinderten doch die beiden „Kernstaaten“ der Eurozone gleich am Anfang der gemeinsamen Währung die wirkungsvolle Kontrolle der Einhaltung der Stabilitätskriterien. Damit wurden die Dämme für zukünftige Schuldensünder gebrochen.


Die Fehlentscheidung, Griechenland in die Eurozone aufzunehmen, hat mit beigetragen zu den Schwierigkeiten, in die der Euro geraten ist. Die Idee, dass es nur wenig Rolle spielt, ein Land wie Griechenland, das – wie jedem bewusst war – zwar die Maastrichtkriterien nicht erfüllt, aber nur 2,6 Prozent der Wirtschaftsleistung der EU erbringt, in die Eurozone aufzunehmen, erwies sich als verhängnisvoll. Dabei gab es schon damals genug Erfahrung mit den berüchtigten "Greek Statistics".

Im Jahr 2009 war es wieder einmal soweit, und die Behörde EUROSTAT entdeckte im Zuge eines Defizitverfahrens gegen Griechenland Schwindeleien der griechischen Regierung. Letztlich mussten die Griechen zugeben, dass ihr Budgetdefizit statt der gemeldeten 3,9 Prozent rund 12 Prozent beträgt. Letztendlich waren es nach genauer Prüfung sogar 13,6 Prozent! Damit setzte eine folgenschwere Entwicklung ein, deren Ende noch gar nicht absehbar ist.

Mit den Beschlüssen zur Finanzhilfe für Griechenland hat die EU – bzw. haben die Staats- und Regierungschefs – den nächsten folgeschweren Sündenfall begangen.

In einer Nacht- und Nebelaktion haben die Finanzminister der Eurozone am 2. Mai 2010 für ganz Europa folgenschwere Maßnahmen in Form „finanzieller Unterstützung für Griechenland zur Sicherung der finanziellen Stabilität des Euro-Währungsgebiets“, wie es sinngemäß in einer entsprechenden Presseerklärung des Ratspräsidenten van Rompuy heißt, beschlossen.

„Finanzielle Unterstützung“ in diesem Zusammenhang bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die stattliche Summe von 80 Mrd. Euro, die von den Eurostaaten in Form von Krediten an Griechenland überwiesen wird. Weitere 30 Mrd. Euro werden vom IWF ausbezahlt.

Dazu kommt, dass diese Beschlüsse eindeutig gegen den Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des Vertrages von Lissabon verstoßen, der die so genannte No-Bail-Out-Klausel aus gutem Grund festschreibt.

Auf Europäischer Ebene wird weiterhin Realitätsverweigerung betrieben und Österreich macht mit!

Ein Beweis dafür ist die Tatsache, dass der Finanzminister brav österreichisches Steuergeld in der Höhe von mittlerweile fast 800 Mio. Euro an Griechenland überwiesen hat. In Summe muss der Steuerzahler bis zu 2,290 Mrd. Euro in das marode Griechenland pumpen. Damit nicht genug stimmte Bundeskanzler Faymann nunmehr einer Laufzeitverlängerung für die Griechenland gewährten Darlehen von derzeit 4 auf 7,5 Jahre sowie einer Zinssatzsenkung von rund 5 Prozent um 1 Prozentpunkt auf 4 Prozent zu.

Wem das noch zuwenig ist, der darf „beruhigt“ auf die – selbstverständlich wieder mit uneingeschränkter Zustimmung des Bundeskanzlers – beim Europäischen Rat am 24. und 25. März 2011 verabschiedeten Schlussfolgerungen blicken.

Denn allein diese Zustimmung kostet die Österreicherinnen und Österreicher weitere 2,783 Mrd. Euro, die wohlgemerkt in bar als finanzielle Beiträge zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), dem künftigen ständigen Rettungsschirm, zu zahlen sind.

Darüber hinaus sind seitens Österreich Haftungszusagen im Ausmaß von 17,3 Mrd. Euro zu bewerkstelligen. Sollte diese Haftung schlagend werden, dann hat der österreichische Steuerzahler über 22 Mrd. Euro für den Eurorettungsschirm bezahlt, d. s. rund 5.500 Euro pro Erwerbstätigen bzw. rund 15.700 Euro pro Steuerzahler.

Das Schlagendwerden dieser Forderung ist sehr wahrscheinlich, so warnte etwa der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, jüngst davor, dass Griechenland trotz milliardenschwerer Hilfen in die Pleite rutschen könnte.

Dass Griechenland weit davon entfernt ist, sich bereits am Wege der „ökonomischen Genesung“ zu befinden, belegen jüngste Zahlen, wonach die Wirtschaft Griechenlands weiter schrumpft. Das BIP sank im vierten Quartal um 1,4 Prozent im Vergleich zum Sommer 2010. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sank das BIP gar um 6,6 Prozent. Damit wurden die bereits pessimistischen Prognosen der Experten mit einem Minus von 4,8 Prozent noch einmal stark übertroffen.


So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Zinssatz für die griechischen Rettungskredite um einen Prozentpunkt gesenkt und die Laufzeit verlängert wurde, weil sich abzeichnet, dass Griechenland die Zahlungsmodalitäten nicht einhalten kann.

Trotz des harten Sparprogramms wächst der Schuldenberg Griechenlands weiter an. In den kommenden Jahren werden die Schulden auf 160 Prozent des BIPs anwachsen. Damit führt sich der Rettungsschirm selbst ad absurdum, und es wäre viel besser, jetzt schon den so genannten „haircut“ vorzunehmen und die Kreditgeber Griechenlands, die bisher hohe Zinsen für ihr höheres Risiko erhalten haben, statt der unschuldigen Steuerzahler zahlen zu lassen.

Die Idee expansiver Fiskalpolitik und Globalsteuerung mittels öffentlicher Ausgaben ist gescheitert. Vor allem die Praxis des Schuldenmachens, Schulden in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zur Überwindung der Konjunkturkrise zu machen, diese aber in wirtschaftlich guten Zeiten nicht zurück zu bezahlen, sondern weitere Schulden aufzunehmen, hat europaweit zu Schulden in gigantischem Ausmaß geführt. Die Gesamtschulden der EU belaufen sich auf 12,5 Billiarden Dollar, das entspricht rund 26 Prozent der Weltschulden. Problematisch dabei ist der Umstand, dass der Anteil an den Weltschulden höher ist als der Anteil der EU an der Weltwirtschaftleistung.

Nur die generelle Rückkehr zu mehr Haushaltsdisziplin kann mittelfristig zu einer Umkehr dieser Entwicklung führen. Diese Rückkehr wird mit Einschnitten für die Bevölkerung verbunden sein, wenn sie nicht durch Strukturreformen auch innerhalb der Euro-Länder wettgemacht wird und ist nur dann gerecht, wenn alle Mitgliedstaaten der EU an einem Strang ziehen. Keinesfalls wird eine Transferunion funktionieren, in der manche Staaten ihren Haushalt in Ordnung bringen und die undisziplinierten Staaten, die das nicht tun, finanziell unterstützen. Das Ende einer solchen Entwicklung wären unweigerlich höhere Schulden und ein weicher Euro.

Derzeit kommt es aber zu zahlreichen Fehlentwicklungen, so kam Ifo-Chef Hans Werner Sinn zum Schluss, dass durch das Hilfspaket für Griechenland nicht der Euro oder die Griechen – wie vom BZÖ schon im Mai 2010 prognostiziert –, sondern die französischen und deutschen Banken gerettet wurden. Diese Banken werden also indirekt auch mit österreichischem Steuergeld vor dem Zusammenbruch gerettet. Dafür zahlen die Banken aus den mittlerweile wieder eingefahrenen Gewinnen aber keinen Cent.

Derzeit ergibt sich allerdings folgende völlig unhaltbare Situation: Die Banken borgen Geld um ein Prozent von der EZB und kaufen damit griechische Staatspapiere, die mit fünf Prozent verzinst und von den anderen Euroländern garantiert sind. Hans-Olaf Henkel spricht in diesem Zusammenhang von einer Quasi-Lizenz zum Gelddrucken. Davon können österreichische Sparer, die derzeit mit Nettoverlusten leben müssen, nur träumen.

Es werden also vor allem ausländische Banken mit österreichischem Steuergeld gerettet, die mit den Anleihen der in Schwierigkeiten geratenen Länder spekuliert haben, und gleichzeitig werden die in Schwierigkeiten geratenen Länder ebenfalls gerettet, egal von welcher Seite aus betrachtet, der österreichische Steuerzahler ist jedenfalls immer der Dumme.

Die jüngste Tagung des Europäischen Rates, die am 24. und 25. März 2011 statt fand, hat nicht nur keine Antworten auf diese Fehlentwicklung gefunden, sondern vielmehr den Weg in die Sackgasse fortgeschrieben.

Statt im Hinblick auf Griechenland den befürchteten „haircut“ proaktiv selbst in die Wege zu leiten und den Euroländern ein Korsett zu verpassen, damit die Konvergenzkriterien eingehalten werden, wurden die Konvergenzkriterien quasi aufgeweicht. Es ist plötzlich nicht mehr von der 60-%-Grenze der Staatsverschuldung die Rede, sondern lediglich von einem langfristig tragbaren Niveau.

Auch der „Euro-Plus-Pakt“ ist ein Schritt in die falsche Richtung. Zwar wird die Verantwortung auf die nationale Ebene gelegt, aber die geforderten Maßnahmen der Mitgliedsstaaten sind die ersten Schritte hin zu einer gemeinsamen Lohn- und Fiskalpolitik. Das bedeutet für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Sicherheit einen deutlich dämpfenden Eingriff in die Lohnabschlüsse, was auch schon von ÖGB und AK kritisiert wird. „Wenn es das Ziel der EU ist, die Löhne zu drücken, sind die auf dem Holzweg“, sagte Foglar. „Der Pakt geht in die völlig falsche Richtung.“ Weiters befürchtet


Foglar „immense Auswirkungen auf die Lohnpolitik, vor allem für jene Länder, die die Krise am besten bewältigt haben – Deutschland und Österreich.“ Im Übrigen sind dies auch jene Länder, in denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch eine besonders zurückhaltende Lohnpolitik in den vergangenen Jahren bereits ihren Anteil zur Bewältigung der Krise beigetragen haben.

Weiters umfasst der Pakt auch die Idee die Besteuerung von Arbeit zu senken, bei gleich bleibendem Steueraufkommen. Die Antwort auf die Frage, wie diese Steuersenkung im Detail gegenfinanziert werden soll, bleibt offen.

Insgesamt stellen die Ergebnisse dieses Gipfels einmal mehr eine Ansammlung von Absichtserklärungen dar, ohne im Konkreten einen Ablaufplan – mit Maßnahmen und Sanktionen – festzulegen, um einen Konsolidierungskurs im Hinblick auf mehr Haushaltsdisziplin zu bewerkstelligen.

In der Berichterstattung über diesen Gipfel ist jedenfalls nirgends zu lesen, dass der österreichische Bundeskanzler eine starke Stimme für eine Rückkehr zur strengen Einhaltung der Konvergenzkriterien gewesen wäre. Vielmehr ist der Eindruck entstanden, dass der Bundeskanzler den Irrweg des Eurorettungsschirms mit großer Begeisterung beschritten hat. Bezahlen muss ohnehin der Steuerzahler.

Welcher Irrweg hier beschlossen wurde, zeigt sich an dem Umstand, dass auch Staaten erhebliche Beträge zu jenem Schutzschirm beitragen sollen, der für sie geschaffen worden ist, weil sie in derartige Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, dass auch Staatskonkurse nicht mehr auszuschließen waren. So soll Griechenland mit 2,3 Mrd. Euro um 100 Mio. Euro mehr bezahlen als Österreich! Spanien soll insgesamt sogar 9,4 Mrd. Euro zahlen. Damit führt sich das beschlossene Abkommen ad absurdum, weil schon heute klar ist, dass diese Zahlungen nicht geleistet werden können.

Derartige Ratsbeschlüsse sind jedenfalls nicht dazu angetan, das Vertrauen der Bevölkerung in die heimische oder europäische Politik zu stärken. Im Gegenteil: Es macht sich ein breitflächiges Unbehagen breit. Immer höhere Zahlungen an Pleitestaaten, während in Österreich Geld für Bildung, Forschung und Infrastrukturinvestitionen fehlt. So wird die EU für viele Bürgerinnen und Bürger immer mehr zum Feindbild.

Auf der anderen Seite muss festgestellt werden, dass diese Bundesregierung ihre Hausaufgaben im Hinblick auf die Neuordnung der Finanzmärkte in Österreich nicht erledigt. So ist Österreich das einzige Land in Europa, das die Transparenzrichtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat. Bis heute gibt es keine „angemessene Kontrolle durch die zuständige Behörde des Herkunftsstaats“ ([23] der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG).

Auch auf dem Gebiet der Neuregelung von Bankpleiten ist keinerlei Regung seitens der Bundesregierung festzustellen. Keine einzige Gesetzesinitiative ist von dieser Bundesregierung ausgegangen, alles ist geblieben wie es vor der Finanzkrise war. So wird eine nicht auszuschließende neue Krise der Finanzmärkte Österreich wieder ungebremst treffen.

Seit Jahresbeginn 2011 ist der Spritpreis an den Tankstellen regelrecht explodiert und um rund 11 Prozent gestiegen. Die gewaltigen Preissteigerungen haben ihre Ursachen sicherlich auch in der Preisentwicklung an den internationalen Rohölbörsen, wo bedingt durch die unsichere Entwicklung im Nahen Osten, der Preis für ein Barrel Öl gestiegen ist, er hat aber auch einen großen Anteil, der durch die Politik dieser Bundesregierung verursacht wird. Der ARBÖ hat herausgearbeitet, dass der enorme Preisantrieb bei Diesel zu 62 Prozent international bedingt und zu 38 Prozent hausgemacht ist. Bei Eurosuper 95 sind 57 Prozent auf den generellen Preisanstieg zurückzuführen und 43 Prozent hausgemacht.

Zusätzlich zur Erhöhung der Mineralölsteuer, wird auf diese noch zusätzlich 20 Prozent Umsatzsteuer verrechnet. In Österreich ergibt sich auch noch die Situation, dass sich der größte Spritanbieter zu 31,5 Prozent in öffentlichen Besitz befindet.

Die Bundesregierung hält also beim Autofahrer gleich mehrfach die Hand auf: Einerseits bei der Mineralölsteuer, dann bei der Umsatzsteuer und nicht zuletzt durch die Dividendenzahlungen der OMV. Gerade im Hinblick auf die schwierige wirtschaftliche Lage und dem langsamen Anspringen der Konjunktur, wäre es aber notwendig, dass die Bundesregierung Stärke zeigt im Hinblick auf Kontrolle und Transparenz der Spritpreise.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler folgende

Dringliche Anfrage:

  1. Warum sehen Sie sich nicht verpflichtet, dem Nationalrat angesichts der gigantischen Dimensionen und weitreichenden Auswirkungen und Folgen für die österreichischen Steuerzahler über die von Ihnen mitgetragenen Beschlüsse des letzten Europäischen Rates zu berichten?
  2. Wie rechtfertigen Sie eine Zustimmung zu einem enormen Zentralisierungsschub in Richtung Brüssel, der die soziale Absicherung und das Lohnniveau der Österreicher verschlechtern wird und von diesen auch abgelehnt wird?
  3. Wie stehen Sie zur Problematik der nicht eingehaltenen No-Bail-Out-Klausel?
  4. Finden Sie es richtig, dass hier bestehendes Vertragsrecht wenn nicht gebrochen, so doch sehr extensiv interpretiert wurde? Falls nein, warum haben Sie seitens der Republik Österreich geschwiegen und nicht entschieden auf diesen Umstand hingewiesen?

5.       Haben Sie oder andere Vertreter Österreichs bei den Verhandlungen um die Griechenland-Rettung und den Rettungsschirm sich jemals dafür eingesetzt, entsprechend dem Grundgedanken des Euro und der No-Bail-Out-Klausel überschuldete Staaten insolvent werden zu lassen, statt ihnen auf Kosten der eigenen Bevölkerung, aber allein zum Nutzen der Stabilitätssünder und Spekulanten zu „helfen“? Wenn nein, warum nicht?

  1. Wie rechtfertigen Sie, dass Sie den Österreicherinnen und Österreichern Sparpakete auferlegen, um den Haushalt im Griff zu behalten, während Sie gleichzeitig fast 4,5 Mrd. Euro in den Euro-Rettungsschirm einzahlen und 17,3 Mrd. Euro an Haftungen übernehmen, die letztlich nur Stabilitätssünder und Spekulanten zugute kommen?
  2. Wann werden Sie die Mehrbelastungen der österreichischen Steuerzahler durch eine Verwaltungsreform ausgleichen, die laut Rechnungshof rund 7 Mrd. Euro jährlich bringen könnte?
  3. Welche konkreten Umstände bringen Sie zur Überzeugung, dass Griechenland die aus dem Titel des Eurorettungsschirms erhaltenen Mittel jemals zurückzahlen wird?

9.       Wie hoch ist der Gesamtanteil jedes steuerzahlenden Österreichers und jeder steuerzahlenden Österreicherin an der Griechenland-Rettung und dem Euro-Rettungsschirm einerseits unter der Annahme, dass die bisher vereinbarten Zahlungen und Haftungen reichen, andererseits unter der Annahme, dass alle vereinbarten Zahlungen fällig und Haftungen schlagend werden?

  1. Sind Sie der Meinung, dass so eine Umsetzung Ihres Versprechens aussieht, dass für die Krise nicht die Falschen bezahlen sollen?

11.   Halten Sie es nicht strategisch für vernünftiger, unter diesen neuen Rahmenbedingungen alles Geld in die zukunftssichernden Bereiche Bildung, Forschung und Infrastruktur zu stecken statt es für einen Rettungsschirm für Stabilitätssünder und Spekulanten zu verwenden?

  1. Welche Anreize bestehen für überschuldete Länder, zum Stabilitätspakt zurück zu kehren, wenn sie auch die Möglichkeit haben, sich günstiger aus dem Eurorettungsschirm zu refinanzieren als über den freien Kapitalmarkt?

13.   Wie liegt Österreich derzeit bei den Stabilitätskriterien? Wann wird aus derzeitiger Sicht Österreich jeweils die einzelnen Stabilitätskriterien wieder erreichen?

14.   Wie werden Sie sicherstellen, dass Österreich als noch zahlungsfähiger Staat nicht mangels Einhaltung der Stabilitätskriterien auch noch Strafzahlungen auf sich nehmen muss, während andere Staaten sich auf unsere Kosten sanieren?

  1. Der „Euro-Plus-Pakt“, dem Sie zugestimmt haben, sieht vor, dass auch die Lohnpolitik auf europäische Ebene gehoben wird.
    1. Welche konkreten Maßnahmen kündigen Sie der EU gegenüber an, die Sie in den kommenden zwölf Monaten innerstaatlich umsetzen werden?

    1. Sind Sie auch der Meinung, dass dieser Pakt in Hinkunft dämpfend auf die heimischen Lohnabschlüsse wirken wird?

                                                               i.      Falls ja, wie können Sie Ihre Zustimmung zu diesem Pakt rechtfertigen?

                                                             ii.      Falls nein, welchen Sinn haben derartige Pakte, wenn sie keine Auswirkungen haben?

    1. Der Pakt schreibt auch fest, dass es zu einer Senkung der Besteuerung des Faktors Arbeit kommen soll, bei gleichzeitiger Wahrung des Gesamtsteueraufkommens.

                                                               i.      In welchem Ausmaß werden Sie die Besteuerung des Faktors Arbeit senken?

                                                             ii.      Wann werden Sie diese Steuersenkung vornehmen?

                                                            iii.      Wie soll diese Steuersenkung des Faktors Arbeit in Österreich gegenfinanziert werden?

                                                           iv.      Können Sie ausschließen, dass die Gegenfinanzierung ohne Erhöhung von Massensteuern erfolgt?

  1. Wie sehen Sie den Umstand, dass sich Banken derzeit zu 1 % Verzinsung Geld von der EZB ausborgen, um damit durch den Rettungsschirm quasi garantierte, hoch verzinste Staatsanleihen zu erwerben und trotzdem nicht verpflichtet werden, die Kosten des Rettungsschirms mit zu tragen?
  2. Sind Sie der Meinung, dass Länder wie etwa Griechenland mit 2,3 Mrd. Euro, Irland mit 2,2 Mrd. Euro oder Spanien mit 9,4 Mrd. Euro ihre Anteile am Rettungsschirm bezahlen werden können, zumal zumindest Griechenland schon jetzt eine Stundung der Rückzahlung seiner erst vor einem dreiviertel Jahr eingegangenen Schulden benötigt?
    1. Falls ja, wieso sind diese Länder in derartigen Zahlungsschwierigkeiten, wenn sie in der Lage sind derartige Beträge zu bezahlen?
    2. Falls nein, warum werden diese Länder überhaupt in die Aufteilung aufgenommen, wenn schon zum Zeitpunkt des Abschlusses klar ist, dass die anderen Länder einmal mehr finanziell aushelfen werden müssen?
    3. Kann durch den Ausfall von Zahlungen der am ESM beteiligten Länder eine zusätzliche Zahlungsverpflichtung für Österreich entstehen?
  3. Österreich ist im Hinblick auf die vollständige Umsetzung der Transparenzrichtlinie säumig, bis heute gibt es daher keine ausreichenden Möglichkeiten der Finanzmarktaufsicht als Bilanzpolizei tätig zu werden – Österreich ist damit das einzige Land in Europa, das diese Richtlinie zum Schutz der Anleger noch nicht umgesetzt hat. Sind Sie bereit, dem Nationalrat eine entsprechende Regierungsvorlage vorzulegen?
    1. Falls ja, bis wann werden Sie dies erledigen?
    2. Falls nein, wie gehen Sie mit dem diesbezüglichen Widerspruch zu Ihrem Staatssekretär Andreas Schieder um, der dieses schon seit 2009 fordert?
    3. Ist tatsächlich geplant, dass die Rolle der Bilanzpolizei einem von den zu Prüfenden eigens gegründeten Verein übernommen werden soll, und wie beurteilen Sie diese Selbstkontrolle gerade im Finanzbereich?
  4. Werden Sie sich dafür einsetzen, in Österreich ein eigenes Bankeninsolvenzrecht zu schaffen, um Belastungen von Steuerzahlern durch als spekulierende Investmentbanken tätig werdende Bankinstitute künftig zu vermeiden?
    1. Falls ja, bis wann werden Sie dem Parlament eine entsprechende Gesetzesinitiative vorlegen?
    2. Falls nein, wie gehen Sie mit dem diesbezüglichen Widerspruch zu Ihrem Staatssekretär Andreas Schieder um, der dieses schon seit 2009 fordert?

  1. Wie sehen Sie die Entwicklung der Inflation in den vergangenen Monaten?
    1. Welche Ursachen sind für Sie für den Preisauftrieb verantwortlich?
    2. Welche Maßnahmen halten Sie für zielführend um diesen zu dämpfen?
    3. Wo sehen Sie die Obergrenze der Inflation für die kommenden Monate?

21.   Sind Sie bereit dem Nationalrat Gesetzesvorlagen nach dem Luxemburger Modell zu präsentieren, die sicherstellen, dass der Endpreis der Treibstoffe für die Verbraucher in Österreich auch bei steigenden Rohstoffpreisen nicht steigt?

    1. Falls ja, bis wann werden Sie die Gesetzesinitiative vorlegen?
    2. Falls nein, warum wollen Sie die Österreicherinnen und Österreicher weiter zur Kasse bitten?
  1. Sind Sie bereit zumindest die überplanmäßigen Einnahmen aus der Mehrwertsteuer auf die gestiegenen Treibstoffpreise steuerlich auszugleichen?
  2. Welche konkreten Textvorschläge für die Schlussfolgerungen haben Sie beim letzten Europäischen Rat eingebracht?
  3. Welche konkreten Forderungen haben Sie im Gegenzug zur Mehrbelastung der österreichischen Steuerzahler bei den Verhandlungen in Brüssel erhoben und welche Zusagen wurden Ihnen gemacht?

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.