8418/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.05.2011
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend Interventionen des libyschen Volksbüros

 

 

Angesichts der derzeitigen internationalen Sanktionen gegen das libysche Unrechtsregime gerät oft in Vergessenheit, dass auch Österreich in der Vergangenheit hervorragende Beziehungen zu Vertretern der „Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahirija“ pflegte.

 

 

Wie ein unmittelbarer Zeuge der Vorgänge schildert, wurden durch das libysche Volksbüro, also die Botschaft, in Wien, wiederholt österreichischen Beamten Geldbeträge im Zusammenhang mit Amtshandlungen übergeben.

 

Dazu lautet ein Zitat in einem vorliegenden Gedächtnisprotokoll:

 

„Es ist auch immer viel Geld geflossen, damit Personen an Libyen ausgeliefert werden. Siehe zB das beiliegende Schreiben („Verbalnote“ vom 8.8.1996). Wer diese Personen in diesem Schreiben waren, weiß ich nicht. Das Geld ist in solchen Fällen an die befassten Beamten im Außenministerium geflossen.“

Eine weitere Passage dieses Protokolls lautet:

 

„An die Justiz ist auch viel Geld geflossen. Das haben wir öfters gebraucht, weil befreundete Libyer usw. dauernd etwas angestellt haben.  Siehe zB das Schreiben vom 26.5.1998: Da ist ein Chauffeur der Botschaft dem N. B. über die Zehen gefahren. Das Verfahren wurde dann ohne Strafverhandlung abgeklärt, N. B. hat Geld erhalten. Dieser Fahrer war jedenfalls kein Diplomat und daher nicht immun.“

Die beiden bezughabenden Schreiben lauten wie folgt:


 


 

 

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

1.       Wie viele Personen wurden von 1995 bis 2010 aus Österreich nach Libyen ausgeliefert?

2.       Waren nach der Einschätzung Ihres Ressorts in diesem Zeitraum die rechtsstaatlichen Voraussetzungen in Libyen gegeben, um den ausgelieferten Personen die Wahrung der Menschenrechte und der sich aus der MRK ergebenden verfahrensrechtlichen Grundrechte zu garantieren?

3.       Ist Ihnen bekannt, ob Personen die von 1995 bis 2010 nach Libyen ausgeliefert wurden, in Libyen Folter oder der Todesstrafe unterzogen wurden?

4.       Können Sie ausschließen, dass es im Zusammenhang mit Auslieferungen von Personen nach Libyen zur Zahlung von Geldbeträgen an BeamtInnen Ihres Ressorts gekommen ist?

5.       Hat es diesbezüglich jemals interne Untersuchungen gegeben?

6.       In wie vielen Fällen ist es in den Jahren 1995 bis 2010 zu Ermittlungen wegen möglicher Straftaten bzw. Verwaltungsstrafdelikten von Angehörigen oder Mitarbeitern der libyschen Botschaft in Wien gekommen, in welche das Außenministerium eingebunden war?

7.       In wie vielen dieser Fälle kam es zu einer Einstellung der Verfahren wegen diplomatischer Immunität?

8.       In wie vielen dieser Fälle kam es zu einer Einstellung der Verfahren, obwohl keine diplomatische Immunität gegeben war?

9.       In wie vielen dieser Fälle kam es zu einer Bestrafung?

10.    Können Sie ausschließen, dass es im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen möglicher Straftaten bzw. Verwaltungsstrafdelikten durch Angehörige oder Mitarbeiter der libyschen Botschaft zur Zahlung von Geldbeträgen an BeamtInnen Ihres Ressorts gekommen ist?