8742/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.06.2011
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Finanzen

 

betreffend Ausgliederungen, außerbudgetäre Schulden und damit verbundene Tricksereien

 

Vor den Hintergrund der budgetären Notifikation vom 31. März  2011 hat Statistik Austria der Berechnung des Maastricht-Defizits und der Maastricht-Schulden eine Reihe von Revisionen durchgeführt. Diese in Teilen von den Grünen seit langem geforderten Revisionen waren überfällig und brachten einen weiteren Schritt in Richtung erhöhter Budgetehrlichkeit und Budgettransparenz.

 

Was die Zurechnung ausgegliederter Einheiten und derer Schulden zum Sektor Staat betrifft, bestehen allerdings weiterhin Intransparenz und offene Fragen. Diese betreffen die ÖBB-Infrastruktur-AG, die KA-Finanz AG, die Hypo-Alpe-Adria bis hin zu den Zweckgesellschaften von Ländern und Gemeinden.

 

Die zuletzt von Statistik Austria durchgeführte Revision war kein Einzelfall. Im Gegenteil, es fällt auf, dass die österreichischen Daten zum Sektor Staat, allen voran das Maastricht-Defizit und die Maastricht-Schulden, regelmäßig revidiert werden müssen, da Statistik Austria verspätet die „Tricksereien“ von Bund, Ländern und Gemeinden bemerkt. Kein anderer Mitgliedstaat der EU führt so häufig Revisionen durch wie Österreich.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.    Was werden Sie tun, um die Tricksereien in der öffentlichen Haushaltsführung auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene unmöglich zu machen oder zumindest einzudämmen?

  1. Bei der jüngsten Maastricht-Revision wurde nur ein Teil der Schulden der ÖBB-Infrastruktur-AG reklassifiziert. Der größere Teil der Schulden der ÖBB-Infrastruktur-AG (nämlich rund 7-8 Mrd €) ist immer noch nicht Teil der Staatsschulden. Warum werden die Schulden der ÖBB-Infrastruktur-AG nicht zur Gänze dem Staat zugerechnet, wo doch der Bund die Verpflichtung hat, alle Schulden der ÖBB-Infrastruktur-AG zu finanzieren hat und dies durch die jährlichen ÖBB-Zuschüsse in der Tat auch passiert?

 

  1. Werden die Geldmittel, die die ÖBB-Infrastruktur-AG benötigt, in Zukunft weiterhin direkt über den Kapitalmarkt geholt oder wird dies aus Vorteilsgründen zukünftig über die ÖBFA oder den Bundeshaushalt erfolgen?

 

  1. Wenn nicht über die ÖBFA oder Bundeshaushalt, warum nicht?

 

  1. Eurostat hat allgemeine Richtlinien für die Behandlung von Bad-Banks veröffentlicht. Demnach wäre die KA-Finanz als Bad-Bank zu betrachten, wo doch ihre Hauptaufgabe in der Abwicklung problematischer „Assets“ besteht.

a)    Warum wird die KA-Finanz AG nicht zum Sektor Staat gezählt?

b)    Wie lautet die genaue Begründung von Eurostat für die Nicht-Reklassifizierung der KA-Finanz AG?

c)    Gemäß Statistik Austria handelt es sich eine vorläufige Entscheidung. Rechnen Sie damit, dass sich diese Entscheidung ändern wird und dass die KA-Finanz AG zum Sektor Staat zu zählen sein wird? Was wird unternommen, dass dies nicht sein muss?

 

6.    Warum wurde der Besserungsschein für die KA-Finanz AG begeben?

 

7.    Wann ist der Besserungsschein fällig? Wurde dies im Bundesfinanzrahmengesetz 2012-2015 berücksichtigt?

 

8.    Wann wurde der Hauptausschuss des Nationalrates über den Besserungsschein informiert?

 

9.    Zur Finanzierung und Errichtung von Investitionen wurden in den letzten 10 Jahren auf Gemeindeebene zahlreiche Zweckgesellschaften errichtet, z.B. für die Finanzierung und Errichtung von Schulbauten, Straßen und Brücken, Feuerwehrhallen, Kindergärten etc. Laut einer Studie des Staatsschuldenausschusses sind diese Investitionen und Schulden nicht im Sektor Staat enthalten.

a)    Werden Sie Statistik Austria mit der statistischen Erfassung der Ausgaben, Einnahmen und Schulden dieser Zweckgesellschaften beauftragen?

b)    Werden Sie die rechtlichen Grundlagen schaffen, so dass diese Zweckgesellschaften mit ihren Ausgaben, Einnahmen, Abgängen und Schulden statistisch erfasst werden müssen und endlich mehr Transparenz in diesem Bereich geben wird?

c)    Bis wann wird dies erfolgen?

 

10. Die Wohnbau Burgenland GmbH (WBG) wird nunmehr dem Sektor Staat zugerechnet. Die Bundesländer haben in den letzten 10 Jahren erhebliche Wohnbauförderungsdarlehen „verkauft“ und dabei eigene Zweckgesellschaften gegründet, die ähnlich organisiert sind wie die Wohnbau Burgenland GmbH und über welche der „Verkauf“ abgewickelt wurde.

a)    Warum werden nicht all diese Gesellschaften dem Sektor Staat zugerechnet?

b)    Wie viele Wohnbaudarlehen haben die Bundesländer seit 2000 „verkauft“ und wie hoch waren die erzielten Einnahmen?