8855/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.06.2011
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Winter

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Lobbyisten in Österreich 2

 

 

Das Europäische Parlament führt bereits seit dem Jahr 1996 ein Lobbyisten-Register, das seit 2003 auch auf der Website des Parlaments abrufbar ist. Dieses Register beruht auf einer freiwilligen Akkreditierung von Interessenvertretern, die mittels einer Lobbyisten-Karte vereinfachten Zugang zu den Parlamentsgebäuden bekommen, um zum Beispiel die öffentlichen Ausschusssitzungen zu besuchen oder um Abgeordnete zu treffen.

 

Aktuell sind 3979 Organisationen in diesem Register akkreditiert. Diese Zahl stellt unstrittig nur die Spitze des Eisbergs dar. Hingegen schwanken seriöse Schätzungen der Anzahl der Brüsseler Lobbyisten zwischen 15.000 und 20.000.

 

Da es wohl nicht anzunehmen ist, dass Lobbying zwar ein europäisches Phänomen ist, Österreich hingegen als weißer Fleck auf der Lobbying-Landkarte gilt, hat die erneut anfragende Abgeordnete Susanne Winter bereits im August des Vorjahres eine parlamentarische Anfrage betreffend Lobbying an alle Ministerien in Österreich gestellt.

 

Ein Teil dieser Anfrage waren folgende Fragen: Wie viele Aufträge gehen in Ihrem Wirkungsbereich auf die Tätigkeit von Lobbyisten zurück? Wie viele Aufträge wurden durch Lobbyisten, welche in der EU-Datenbank für Lobbyisten erfasst sind, indiziert?

 

Diese Fragen wurden wie in einer Abschreibübung von an allen Ministern folgendermaßen beantwortet:

 

In meinem Wirkungsbereich gehen keine „Aufträge auf die Tätigkeit von Lobbyisten“ zurück.

 

Lediglich der Sozialminister Hundstorfer hat sich zumindest mit der Definition von Lobbyismus befasst und folgendermaßen geantwortet:

 


Die Begriffe „Lobbying“ beziehungsweise „Lobbyist“ sind nicht klar definiert. Bei der

Beantwortung dieser Anfrage wird davon ausgegangen, dass sich die Fragen nicht

auf die Tätigkeit von gesetzlichen Interessensvertretungen (Kammern) oder von

gemeinnützigen Vereinen (z.B. ÖGB, Verein für Konsumenteninformation bzw.

Vereine zur Vertretung der Interessen von Menschen mit Behinderungen) beziehen,

sondern primär Personen oder Einrichtungen angesprochen sind, die gegen Entgelt

„Lobbying“ als Dienstleistung anbieten.

 

Man muss jedoch anmerken, dass dieses Bemühen alleine wohl nicht genügt, denn wenn man die Fragestellung, die ausdrücklich auf die EU-Datenbank verweist, wirklich beantworten möchte, sollte man einen Blick in diese Datenbank riskieren.

 

Denn so finden sich in der erwähnten Datenbank beispielsweise folgende Einträge:

10405322962-08 - Wirtschaftskammer Österreich

75637235471-23 - Wiener Börse AG

22044375915-04 - Österreichische Generika Verband

89093924456-06 - Industriellenvereinigung

43246044354-41 - Österreichischer Gewerkschaftsbund

 

Es bleibt jedoch zu hoffen, dass sich 3 Monate nach dem Bekanntwerden von Strassers "Of course I’m a lobbyist" sämtliche Ministerien zu einer korrekten Anfragebeantwortung, welche dem Interpellationsrecht gerecht wird, bewegen lassen.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigenden Abgeordneten an den Bundesminister für für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

 

 

Anfrage:

 

1.  Wie viele Aufträge gehen in Ihrem Wirkungsbereich auf die Tätigkeit von Lobbyisten zurück?

2.  Um welche Aufträge handelt es sich hierbei?

3.  Wie hoch war das Volumen dieser Aufträge, aufgegliedert nach den jeweiligen Aufträgen?

4.  Wie viele Aufträge wurden durch Lobbyisten, welche in der EU-Datenbank für Lobbyisten erfasst sind, indiziert?

5.  Wie viele Aufträge wurden durch Lobbyisten, welche nicht in der EU-Datenbank für Lobbyisten erfasst sind, indiziert?

6.  Werden Interventionen von Lobbyisten, welche in der EU-Datenbank für Lobbyisten erfasst sind, gegenüber nicht registrierten Lobbyisten bevorzugt behandelt?

7.  Werden Sie sich nach Ihren Möglichkeiten für die Schaffung einer Datenbank, welche die Lobbyisten in Österreich erfasst, einsetzen?

8.  Wenn nein, warum nicht?

9.  Werden Sie sich nach Ihren Möglichkeiten für die Akkreditierung von Lobbyisten in Ihrem Ministerium einsetzen?

10. Wenn nein, warum nicht?

11. Was werden Sie tun, um die Privatwirtschaftsverwaltung Ihres Ressorts transparenter zu gestalten?

12. Was werden Sie tun, um die Beeinflussung von hoheitlichen Akten durch Lobbyisten zu verhindern?