9489/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.10.2011
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DRINGLICHE ANFRAGE

 

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Harald Walser, Daniela Musiol, Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

 

an den Bundeskanzler

 

 

betreffend budgetäre Vorkehrungen der Bundesregierung für Reformen im Bildungsbereich

 

BEGRÜNDUNG

 

Die Bundesregierung hat sich mit dem Regierungsprogramm aus dem Jahr 2008 auf Reformen im Bildungsbereich geeinigt. Die medialen Ankündigungen in der Folge gingen zum Teil noch weiter. Einige große wie eine Vielzahl kleinerer Vorhaben sind aber weiterhin offen.

 

So hat etwa Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek Anfang Februar 2010 in der APA noch einheitliche Standards und ein Bundesrahmengesetz für die Kindergärten gefordert. Insbesondere sollten die Öffnungszeiten ausgeweitet und die Zahl der Schließtage reduziert werden. Am 6. März 2010 ging ihre Forderung noch weiter: Heinisch-Hosek verlangte in der ORF-Pressestunde einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung.

 

Noch vor etwas mehr als einem halben Jahr war auch die Ausbildung der KindergartenpädagogInnen an den Pädagogischen Hochschulen ausgemachte Sache: So war der APA am 14. März 2011 zu entnehmen: „Auch wenn in der Vorbereitungsgruppe zur neuen Lehrerausbildung noch immer über Details diskutiert wird, sind einige Eckpunkte bereits fixiert. Ziel ist ein `Upgrade für alle`, deshalb soll künftig jeder Pädagoge - vom Kindergarten bis zur Schule mit Maturaabschluss - verpflichtend ein Masterstudium abschließen“, so der Leiter der von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SP) und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (VP) eingesetzten Gruppe, Ex-VP-Bundesrat Andreas Schnider. Der Bachelor soll dabei vier Jahre dauern. „Alle pädagogischen Berufe müssen das gleiche wissenschaftliche Niveau haben", betonte Schnider gegenüber der APA.

 


Am 14. Dezember 2010 hat Bundeskanzler Werner Faymann im Pressefoyer nach einer Ministerratssitzung 2011 zum „Jahr der Bildung“ erklärt. Als Schwerpunkte nannte er die vorschulische Kinderbetreuung, die Neue Mittelschule, die Universitäten sowie die Ganztagsschule. Der Homepage des Bundeskanzlers war zu entnehmen: „Das kommende Jahr werde, so der Bundeskanzler weiter, ganz im Zeichen der Bildung stehen. Dabei gebe es vier Schwerpunkte: Die vorschulische Kinderbetreuung, die Neue Mittelschule, die Universitäten sowie die Ganztagsschule. Bei der Kinderbetreuung sei sich die Koalition einig, dass diese quantitativ ausgebaut und qualitativ weiter entwickelt werden müsse, vor allem was die Förderung von Kreativität betreffe. Dazu gehöre auch die von Finanzminister Josef Pröll eingeforderte Sprachförderung. Über die Neue Mittelschule seien noch Gespräche zu führen. Das gelte auch für die Universitäten, bei denen es auch um eine Einigung über die Studienplatzfinanzierung gehen müsse. "Man kann natürlich über Verbesserungen im Stipendiensystem diskutieren. Der freie Zugang zu den Universitäten bleibt aber ein zentraler Grundsatz für die Sozialdemokratie. Hier halte ich an meiner Meinung fest", stellte Bundeskanzler Faymann noch einmal fest. Handlungsbedarf bestehe auch bei der Ganztagsschule.

 

Am 12. November 2010 proklamierten Bundesministerin Claudia Schmied und Bundesministerin Beatrix Karl via OTS: „Ziel ist der Start des ersten Jahrgangs der LehrerInnenbildung NEU noch in dieser Legislaturperiode. "Die Qualität und Chancengerechtigkeit des österreichischen Bildungssystems stehen im Zentrum unserer politischen und gesellschaftlichen Überlegungen. Es geht um die Umsetzung der Bildungsreformen. Noch in dieser Legislaturperiode soll die LehrerInnenbildung NEU starten, an der wir intensiv arbeiten", betonten Bildungsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl abschließend.

 

Das moderne Dienst- und Besoldungsrecht für neu eintretende LehrerInnen rückt inzwischen in eine immer fernere Zukunft, während die Gesetzgebungsperiode sich dem Ende zuneigt. Gleichzeitig steht eine Pensionierungswelle bevor, die etwa 50.000 LehrerInnen in den kommenden 15 Jahren betrifft. Die Einigung zwischen dem Unterrichtsministerium und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst über das neue Dienst- und Besoldungsrecht sollte vor dem Sommer 2011 vorgelegt werden. Im September wurde die Aufschiebung auf Ende des Jahres verkündet. Am 12. Oktober 2011 kündigte Unterrichtsministerin Claudia Schmied an, dass eine Einigung frühestens im Sommer 2012 vorliegen werde.

 

Der gesamte Bereich der Verwaltungsreform im Schulbereich wurde noch nicht in Angriff genommen. Im Regierungsprogramm ist klar die Einrichtung von Bildungsdirektionen vereinbart. Ebenso die Abschaffung der Bezirksschulräte, die Streichung der (politisch besetzten) Kollegien an den Landesschulräten und eine Flexibilisierung der Schulsprengel. Am 30. März 2011 kündigte Unterrichtsministerin Schmied in einer Pressekonferenz ihre Vorhaben für das Bildungsjahr 2011 an. Darin rückt sie von einer umfassenden Verwaltungsreform ab. Nur noch von einer Schulaufsicht „NEU“ war die Rede, Kernstück darin die Bildungsstandards.

 


Das ursprüngliche Ziel, die Schullaufbahnentscheidung an das Ende der 8. Schulstufe zu verschieben, wurde aufgegeben. Zwar werden alle Hauptschulen schrittweise auf Neue Mittelschulen umgestellt, die AHS-Unterstufen bleiben jedoch in der bestehenden Form erhalten. Im Rahmen eines Chats mit dem Online-Standard sprach sich Bundesministerin Claudia Schmied am 5. Oktober 2011 „natürlich für die Beibehaltung der AHS-Unterstufe“ aus.

 

Die Universitäten benötigen dringend die angekündigte Uni-Milliarde, und zwar ohne Junktimierung, damit der versprochene Zwei Prozent-Pfad noch annähernd erreichbar ist. Am 4. März 2010 wähnte sich die damalige Wissenschaftsministerin Beatrix Karl im Interview mit den Salzburger Nachrichten noch auf einem guten Weg: „Wir bewegen uns im Moment in Richtung zwei Prozent des BIP.“ Heute kann keine Rede mehr davon sein.

 

Karrieren in Forschung und Entwicklung sollten gefördert werden, doch fehlen auch hier die Mittel. Eine innovationsorientierte Hochschul- und Forschungspolitik für die Schaffung weiterer qualifizierter Arbeitsplätze sowie die massive Erhöhung des FWF- Budgets lassen weiterhin auf sich warten.

 

Selbst Studiengebühren sind wieder im Gespräch, obwohl die Beseitigung der Hürden und der verbesserte Zugang zu Studien notwendig wären, um die AkademikerInnenquote in Österreich anzuheben.

 

Das Bundesfinanzgesetz 2012 wird heute und morgen im Nationalrat diskutiert und in den kommenden Wochen verhandelt. Damit die zwischen den Koalitionspartnern vereinbarten Reformvorhaben umgesetzt werden können, müssen entsprechende Vorkehrungen im Budget für die Jahre 2012 und 2013 vorgesehen werden.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

DRINGLICHE  ANFRAGE

 

 

 

1.    Wann plant die Bundesregierung  die Ausbildung der  KindergartenpädagogInnen  an den Pädagogischen Hochschulen bis zu Bachelor-Studiengängen durchzuführen, um den Beruf deutlich aufzuwerten und entsprechend höhere Gehälter durchzusetzen?

 

2.    Welche budgetären Vorkehrungen wird die Bundesregierung für den kontinuierlichen Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen für unter Dreijährige in den Jahren 2012 und 2013 vorsehen? Wie viel Betreuungsplätze sollen zusätzlich errichtet werden?


3.    Wann wird die Bundesregierung bundesweit einheitliche Standards für die Öffnungszeiten, Schließtage und Betreuungsverhältnisse zur Qualitätssicherung in den Kindergärten vorlegen?

 

4.    Welche Pläne gibt es seitens der Bundesregierung, die Gehälter der KindergartenpädagogInnen spürbar zu erhöhen und bundesweit zu vereinheitlichen?

 

5.    Welche Maßnahmen werden seitens der Bundesregierung gesetzt, um das Ziel des flächendeckenden Ausbaus ganztägiger Schulformen mit verschränktem Unterricht voranzutreiben?

 

6.    Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Schullaufbahnentscheidung an das Ende der Sekundarstufe I zu verschieben und dem Ziel einer Gemeinsamen Schule näher zu kommen?

 

7.    Wann wird die Bundesregierung dem Parlament eine Novelle des Dienst- und Besoldungsrechts für neu eintretende LehrerInnen vorlegen, das den Anforderungen eines modernen, leistungsgerechten Schulbetriebes gerecht wird?

 

8.    Welche Maßnahmen werden seitens der Bundesregierung ergriffen, um die Ausbildung aller PädagogInnen vom Kindergarten bis zu den Universitäten in einem gemeinsamen Modell zusammenzuführen?

 

9.    Wann wird die Bundesregierung die Entwürfe zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine verstärkte Autonomie der Schulen hinsichtlich Personalauswahl und Standortentwicklung dem Parlament vorlegen?

 

10. Weshalb wurde vom Regierungsvorhaben der Einrichtung von Bildungsdirektionen, der Abschaffung der Landesschulräte, der Beseitigung von Doppelstrukturen und der Abschaffung politisch besetzter Kollegien Abstand genommen?

 

11. Welche budgetären Mittel wird die Bundesregierung zur Verfügung stellen, um die intensive Kooperation zwischen Schulen auf der Sekundarstufe II und tertiären Bildungseinrichtungen zu finanzieren?

 

12. Welche budgetären Vorkehrungen  wird die Bundesregierung in den Jahren 2012 und 2013 treffen, um das geplante Ziel zwei Prozent des BIP für den tertiären Sektor zu erreichen?

 

13. Wie steht die Bundesregierung zur neuerlichen Einführung von Studiengebühren?


14. Welche budgetären Mittel wird die Bundesregierung bereitstellen, um die Zahl der Studierenden und AbsolventInnen an Hochschulen und Universitäten in den Jahren 2012 und 2013  anzuheben? In welchem Ausmaß soll die Zahl an AbsolventInnen angehoben werden?

 

15. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung setzen, um die soziale Absicherung von Studierenden zu verbessern, die Zahl und Höhe der Stipendien deutlich zu erhöhen und eine Grundsicherung für Studierende einzuführen?

 

16. Welche Mittel stellt die Bundesregierung für die Optimierung der Betreuungsrelation Lehrende-Studierende nach internationalen Standards in den Jahren 2012 und 2013 zur Verfügung?

 

17. Wie weit sind die Pläne der Bundesregierung zur Entwicklung neuer Karrieremodelle in Wissenschaft und Forschung gediehen? Welche budgetären Mittel stehen für universitäre Forschung und Entwicklung in den Jahren 2012 und 2013 den Universitäten und dem Fonds der Förderung der wissenschaftlichen Forschung zusätzlich zur Verfügung?

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs.2 GOG verlangt.