9769/J XXIV. GP

Eingelangt am 15.11.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

Gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR

 

des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Causa General Entacher

Am 4. Februar 2011 brachte die FPÖ einen Antrag auf Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos ein. Dieser Antrag war wie folgt begründet:

Bundesminister Darabos hat den Chef des Generalstabes, General Entacher, am 24.1.2011 abberufen. Dieser Abberufung ist ein medialer Aufruf einer Boulevardzei- tung unmittelbar voraus gegangen. Offiziell wurde diese Maßnahme mit dem Ver- trauensverlust des Ministers begründet, zumal sich der General in einem Interview für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen hat. Der OTS259 vom 24.Jänner 2011 war unter dem Titel Presseerklärung von Verteidigungsminister Norbert Darabos“ zu entnehmen: (...) Durch diese öffentlichen Aussagen und den dadurch entstandenen Vertrauensverlust sah ich mich heute, Montag, im dienstlichen Interesse veranlasst, den Generalstabschef abzuberufen. (...)“.

Diese Vorgehensweise ist offenkundig gesetzeswidrig: Das Beamten- Dienstrechtsgesetz normiert in § 40, dass die Abberufung eines Beamten von seiner bisherigen Verwendung einer Versetzung gleichzuhalten ist, wenn die neue Verwen- dung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder dem Be- amten keine neue Verwendung zugewiesen wird.

Da es für den Generalstabschef keine gleichwertige Position in die er versetzt wer- den könnte gibt, erweist sich die von BM Darabos gewählte Vorgehensweise schon aus diesem Grund als gesetzeswidrig, zumal die gesetzlichen Voraussetzungen ei- ner Versetzung nicht gegeben sind:

Gemäß § 38 Beamten-Dienstrechtsgesetz ist eine Versetzung von Amts wegen nur zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor bei Änderungen der Verwaltungsorga- nisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Be- werber vorhanden sind, wenn der Beamte die für diesen Arbeitsplatz erforderliche Ausbildung und Eignung aufweist, oder wenn der Beamte nach § 81 Abs. 1 Z 3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

 

Dass diese Voraussetzungen im konkreten Fall erfüllt seien wurde von BM Darabos bis dato nicht einmal ansatzweise behauptet. Davon abgesehen erweist sich die Ab- berufung des General Entacher auch als völlig unverhältnismäßig. General Entacher weist eine tadellose Offizierslaufbahn auf. Die ihm zur Last gelegte Handlung, näm- lich sich in einem Interview für die verfassungsrechtlich normierte immerwährende Neutralität der Republik Österreich und für die Beibehaltung der allgemeinen Wehr- pflicht ausgesprochen zu haben, ist offenkundig vom verfassungsrechtlich einge- räumten Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Daraus nachteilige Rechtsfol- gen abzuleiten ist verfehlt, zumal es die Aufgabe des Heeres, wie der Beamtenschaft im Allgemeinen ist, die bestehende Verfassungsordnung zu schützen.“

Dieser Antrag fand lediglich aus Gründen der Koalitionsräson keine Mehrheit.

Die Ausfertigung des Versetzungsbescheides wider General Entacher wurde am 24. August 2011 zugestellt.

Am 7. November 2011 war einer OTS (OTS171) des Bundesministeriums für Lan- desverteidigung und Sport zu entnehmen, dass die Berufungskommission beim Bun- deskanzleramt, im Verfahren des General Edmund Entacher gegen den Verset- zungsbescheid des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport, für den Ge- neral entschieden hat.

Wortwörtlich steht in dieser Aussendung:

Die Gründe, die nach Auffassung des Dienstgebers den Vertrauensverlust gegen- über dem Leiter der Behörde, Bundesminister Darabos, untermauern, wurden von der Berufungskommission nicht anerkannt. Der angefochtene Bescheid, so das Ur- teil, wird ersatzlos behoben. Damit ist die Versetzung von General Entacher rechtlich nicht möglich.“

In diesem Zusammenhang ergeht an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport folgende

Dringliche Anfrage

1.              Welche Gründe waren für die Versetzung von General Entacher maßgeblich?

2.      Wann und in welcher Form wurde General Entacher von Ihnen über seine Versetzung informiert?

3.      Haben ressortfremde Personen wie zum Beispiel Bundeskanzler Faymann oder die Abgeordnete zum Nationalrat Rudas die Abberufung und Versetzung von General Entacher mit beeinflusst?

4.    Wenn ja, in welcher Form?


5.      Wie lautete die wesentliche Begründung des rechtswidrigen Versetzungsbe- scheides?

6.      Wann wurde dieser Bescheid erlassen?

7.      Wie lange dauerte das Ermittlungsverfahren?

8.      Haben Sie den rechtswidrigen Versetzungsbescheid persönlich genehmigt?

9.      Wenn ja, welche persönlichen Konsequenzen ziehen Sie daraus?

10.  Wie lautet die wesentliche Begründung des Berufungsbescheides mit dem der Berufung General Entachers statt gegeben wurde?

11.            In wie ferne war Ihre Nationalratsrede vom 20. Mai 2010 für die Entscheidung der Berufungskommission relevant?

12.  Wie beurteilen Sie diesen Bescheid in rechtlicher und in politischer Hinsicht?

13.  Wie hoch sind die zusätzlichen Personalkosten, die durch die rechtswidrige Versetzung des General Entacher entstanden sind?

14.  In welcher Form haben Sie den Dienstantritt von General Entacher entgegen genommen?

15.Ist es richtig, dass Sie eine Organisationsänderung planen um Kompetenzen vom Generalstab auf andere Organisationseinheiten zu verlagern?

16. Welche Organisationsänderungen sind in Aussicht genommen?

17.Welche Pilotprojekte zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht planen Sie?

18.  Welche Standorte werden davon betroffen sein?

19.  Was ist die Rechtsgrundlage für diese Pilotprojekte?

20.  Bekennen Sie sich zu dem in der Verfassung verankerten Prinzip der allge- meinen Wehrpflicht?

21.  Wenn nein, wie ist Ihr Verhältnis zur Rechtstreue im Allgemeinen und zum Le- galitätsprinzip im Besonderen?

22.  Sind die Pilotprojekte zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht Teil des Regierungsübereinkommens oder in anderer Art und Weise mit ihrem Regie- rungspartner akkordiert?

23.  Was bedeutet die Einschätzung des Präsidenten der ÖOG, dass die Armee jedes Vertrauen in Sie verloren hat?

24.Ist Ihnen bekannt, wie der Oberbefehlshaber Ihre Leistungen“ beurteilt?

25. Wenn ja, wie?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.