9864/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.11.2011
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und anderer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 

betreffend Lehrlinge im Tourismus

 

Der Ausbildungsmarkt im Tourismus ist durch ein strukturelles Problem gekennzeichnet. Trotz einer allgemeinen Lehrstellenknappheit gibt es in dieser Branche ausreichend offene Lehrstellen und auch viele interessierte Bewerber. Dass beide Seiten trotzdem nicht zueinander finden, hat eine Reihe von Gründen. Von den Lehrlingen wird häufig beanstandet, dass sie einfach nichts lernen, ein Ausbildner nur selten vor Ort ist, es keine Ausbildungsstruktur gibt und sie schlicht als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden. Neben ausbildungsfremden Arbeiten gibt es ausufernde Überstunden, zu wenig Urlaub und gesundheitsgefährdende Tätigkeiten. Es wird auch immer wieder über Mobbing und sexuelle Belästigung berichtet. Im Hotel- und Gastgewerbe zeigt sich immer mehr ein Rückgang bei abgeschlossenen Lehrverträgen. Seit dem Jahr 2006 hat die Zahl der männlichen Lehranfänger um 21,3% (-528) und die der weiblichen Lehranfänger um 17,6% (-453) abgenommen.

(…)

Lehrlinge merken meist schon in den ersten Tagen, dass sie in der Firmenhierarchie ganz unten stehen und von den Vorgesetzten gleich doppelt abhängig sind: Sie wollen einen Beruf erlernen und nach ihrer Ausbildung übernommen werden. Diese Lage nützen manche Lehrberechtigte schamlos aus. Die Arbeiterkammer Wien hat für die Jahre 2008 und 2009 die Arten der vorzeitigen Lehrvertragsauflösungen für Wien ermittelt:

·      mehr als 1/5 der Lehrverträge (2008: 24,3% und 2009: 21,9%) wurden vor der Zeit aufgelöst, wobei dies bei den Hotel- und GastgewerbeassistentInnen in geringerem Ausmaß erfolgte (2008: 18,2% bzw 2009: 12,9%) als in den anderen Lehrberufen des Hotel- und Gastgewerbes

·      Lösung in der dreimonatigen Probezeit wurde als häufigste Lösungsart genannt (2008: 44,1% bzw 2009: 37,3%)

·      gefolgt von der Lösung durch den Lehrling mit 16,4% (2008) bzw 17,2% (2009)

·      an dritter Stelle steht die einvernehmliche Lösung mit 12,3% (2008) und 10,2% (2009)

·      bei 14,9% (2008) bzw 14,0% (2009) wurde keine Lösungsart angegeben

(…)

Im Zuge der Lehrlingsumfrage 2008, gaben 75 % der Lehrlinge unter 18 an, jeden Monat Überstunden zu leisten, obwohl das gesetzlich nicht zulässig ist. Auch die Einhaltung der Nachtruhe wird häufig missachtet. Bereits bei den unter 16-Jährigen muss beinahe ein Drittel fallweise länger als bis 23 Uhr arbeiten, obwohl Lehrlinge dieser Altersgruppe laut KJBG (Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen) bis maximal 20 Uhr im Einsatz sein dürfen. Mit zunehmendem Alter der Lehrlinge steigt die Übertretung der Schutzbestimmungen durch die Hotel- und Gastgewerbebetriebe weiter an. Das Arbeitsklima wird von 42 Prozent der Jugendlichen als nicht befriedigend oder schlecht eingestuft, die Höhe der Lehrlingsentschädigung beurteilen beinahe zwei Drittel als nicht ausreichend.

 

(Quelle: Bericht „Tourismus in Österreich 2011“; Vida und AK Wien)

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nachfolgende

 

Anfrage

1.  Wie kann die Ausbildungssituation für Lehrlinge verbessert werden?

2.  Wie häufig finden  Kontrollen betreffend die Ausbildungsverhältnisse von Lehrlingen statt?

3.  Wie sehen derartige Kontrollen aus?

4.  Welche Konsequenzen haben Übertretungen der gesetzlichen Arbeitszeitbeschränkungen bei Ausbildungsverhältnissen?

5.  Wie häufig wurden solche im letzten Jahr im Hotel- und Gastgewerbe festgestellt?

6.  Wie kann den Übertretungen der Schutzbestimmungen entgegengewirkt werden?

7.  Worin sehen Sie die Ursache für den Rückgang der abgeschlossenen Lehr-Verträge seit dem Jahr 2006?

8.  Was kann dagegen unternommen werden?

9.  Wie kann das Arbeitsklima in Lehr und Ausbildungsverhältnissen verbessert werden?

10. Wie viele Fälle von Mobbing oder sexueller Belästigung wurden im letzten Jahr im Zuge von Lehr- und Ausbildungsverhältnissen im Hotel- und Gastgewerbe verzeichnet?