9930/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.11.2011
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Venier

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 

betreffend das Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen

 

 

Im Rechnungshofbericht, Reihe Bund 2011/4, Vorlage vom 20. April 2011, wird u.a. über die Prüfung der finanziellen Lage des Pensionsinstituts der Linz AG sowie des Pensionsinstituts für Verkehr und öffentliche Einrichtungen (kurz PI Wien) berichtet.

Dabei wurde festgestellt, dass das 1898 gegründete und nach § 479 ASVG eingerichtete PI Wien eine Sonderstellung im System der Pensionsvorsorge  einnehme und hinsichtlich des Beitrags- und Leistungsrechts, der organisations- und aufsichtsrechtlichen  Bestimmungen sowie der Rechnungslegung gesetzlich unzureichend geregelt sei.

So bestimmte das PI Wien in Selbstverwaltung die Höhe der Beiträge und Leistungen in einer Satzung eigenständig. Dabei hatte es großen Ermessensspielraum, weil gesetzliche Regelungen zum Beitrags- und Leistungsrecht fehlten. Die Zusatzpensionen mussten aber (wie bei Pensionskassen) bei Unterdeckung gekürzt werden: Überschritt der Abgang in den versicherungstechnischen Bilanzen (VT–Bilanzen) das zulässige Ausmaß (2009: 10 % der Bilanzsumme), musste das PI Leistungen kürzen oder Beiträge erhöhen. Bei der Beschlussfassung in den Gremien waren zudem nicht alle Betroffenen einbezogen (z.B. Pensionisten).

Seit 1990 für Pensionskassen geltende organisations– und aufsichtsrechtliche Bestimmungen waren für das PI Wien allerdings trotz vergleichbarer Aufgaben und Risiken nicht anwendbar.  Das PI musste die Rechnungsvorschriften für die Sozialversicherung anzuwenden, die jedoch ungeeignet waren (vgl: Pensionsverpflichtungen durften nicht bilanziert werden, Wertpapiere waren mit Anschaffungswerten dargestellt).

Festgestellt wurde weiters, dass das PI Wien trotz einer Finanzspritze des Bundes über ca. 67 Mio. Euro im Jahr 1999 zehn Jahre später wieder einen Abgang von ca. 84 Mio. Euro aufwies. Dies verwundert insofern, als das PI Wien, das rd. 4.800 Personen betreute, etwa im Jahr 2009 Beitragszahlungen von 9,44 Mio. Euro erhielt, denen aber Leistungen von nur 6,16 Mill. Euro gegenüberstanden.

Bemerkenswert ist, dass die vom PI Wien ausbezahlten Zusatzpensionen im Durchschnitt nur zwischen 129 Euro (Hinterbliebenenpension) und 395 Euro (Alterspension) betrugen, jedoch Höchstpensionen von über 8.000 Euro/Monat (als Zusatzpension!) ausbezahlt wurden.


Schon die VT–Bilanzen 2001 bis 2006 wichen von Berechnungsgrundlagen des Geschäftsplans ab, die finanzielle Lage wurde besser dargestellt als es dem Geschäftsplan entsprach.  Maßnahmen wurden jedoch erst im Oktober 2008 gesetzt, darunter Leistungskürzungen von durchschnittlich rd. 38 %, die im Jahr 2009 auf zwei Satzungsänderungen aufgeteilt wurden. Die Zustimmung des BMASK erfolgte jedoch bis zum Prüfzeitpunkt nur für die erste Kürzungs-Tranche über 15%. Zudem kürzte das PI Wien für die nach 2000 erstmals versicherten Personen (Neusystem) trotz eines Kürzungsbedarfs von ca. 20 % bis 36 % die Leistungen nur um 15 %.

Es wurde sodann ein Sanierungskonzept erstellt.

Zudem wurden einige fragwürdige Feststellungen getroffen:

Personen mit Einkommen über der Höchstbeitragsgrundlage und frühem Pensionsantritt erhielten deutlich höhere Leistungen, als es die geleisteten Beiträge waren. Noch aktive Anwartschaftsberechtigte im PI Wien zahlten dagegen seit der Systemumstellung um mehr als 30 % höhere Beiträge ein, als für ihre künftigen Leistungen notwendig wäre. Dies machte für einzelne Personen mehrere 100.000 Euro pro Person aus, wovon auch ehemalige Funktionäre und Mitarbeiter profitierten. Ein ehemaliger leitender Angestellter des PI Wien erhielt rd. 1,1 Mio. Euro an Leistungen, obwohl nur rund ein Viertel davon durch die für ihn geleisteten Beiträge gedeckt war.

Der Personalaufwand für drei (!) Vollzeitäquivalente betrug im Jahr 2009 rd. 298.000 Euro, wobei das Gehalt des leitenden Angestellten etwas über dem Endbezug des leitenden Angestellten der PVA mit ca. 6.140 Mitarbeitern lag.

Außerdem waren die Mieterträge der Immobilien des PI Wien sehr niedrig, wobei einige Wohnungen an Verwandte von Mitarbeitern zu den gesetzlich geregelten, aber sehr günstigen Mieten vergeben wurden.

 

Zusammenfassend gab der Rechnungshof eine Reihe von Empfehlungen ab.

So sollte das BMASK über die von den Pensionsinstituten beschlossenen Maßnahmen ohne unnötigen Aufschub, jedenfalls aber in der gesetzlichen Frist, entscheiden. Die Rechtsgrundlagen der Pensionsinstitute wären zu evaluieren und

in Zukunft wäre darauf hinzuwirken, dass die Pensionsinstitute die erforderlichen beitrags– und leistungsseitigen Maßnahmen rechtzeitig treffen.

Zudem wurden Empfehlungen für das Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen erstattet, insbesondere hinsichtlich des Leistungs- und Beitragswesens aber auch zum Verwaltungsaufwand. Es wären auch keine Mietverträge mit Personen mit Naheverhältnis des Pensionsinstituts abzuschließen und optimale Erträge für das in der verwalteten Immobile gebundene Kapital anzustreben.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

 

Anfrage

 

  1. In welchem Umfang wurde seitens des BMASK den Empfehlungen des Rechnungshofes in gegenständlicher Angelegenheit bisher entsprochen?

 

  1. Welche Ursachen hatten die neuerlichen Finanzprobleme des PI Wien nach 1999?

 

  1. Wurden die im RH-Bericht angeführten günstigen Mietverträge mit Angehörigen von Mitarbeitern im Hinblick auf eine straf- oder zivilrechtliche Haftung überprüft?

 

  1. Welche finanziellen Mehreinnahmen hätten bei Ausnutzung des rechtlichen Spielraums bei der Mietzinsgestaltung erzielt werden können?

 

  1. Auf welcher Rechtsgrundlage basiert das Gehalt des leitenden Angestellten des PI Wien und wodurch rechtfertigt sich die Höhe dieses Bezuges?

 

  1. Ist es rechtlich zulässig, dass Personen mit Einkommen über der Höchstbeitragsgrundlage und frühem Pensionsantritt deutlich höhere Leistungen, als es die geleisteten Beiträge waren, erhalten, während noch aktive Anwartschaftsberechtigte seit der Systemumstellung um mehr als 30 % höhere Beiträge einzahlen, als für ihre künftigen Leistungen notwendig wäre?

 

  1. Falls ja, wie lässt sich dieser Umstand rechtfertigen?

 

  1. Wie rechtfertigt die Führung des PI Wien die Tatsache, dass erforderliche Anpassungen  der Beitragshöhe bzw. des Leistungsspektrums erst im Jahr 2008 und zudem  hinsichtlich der Betroffenen des „Neusystems“ in deutlich zu geringem Umfang durchgeführt wurden?

 

  1. Ergibt sich aus den in Pkt. 8 angeführten Sachverhalten ein straf- oder zivilrechtlicher Haftungsanspruch gegen die Entscheidungsträger?

 

  1. Wenn ja, wurden die entsprechenden Maßnahmen zur Geltendmachung einer solchen Haftung bereits getroffen? 

 

  1. Warum hat das BMASK die seitens des PI Wien 2008 beschlossenen Anpassungen der Leistungshöhe nicht unverzüglich genehmigt?