10900/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.03.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Railjet-Vorspannlok-Rätsel

 

Beim Bahnbetrieb im Winter kommt der verlässlichen Schnee- und Bahnräumung durch das voranfahrende Triebfahrzeug (Lok) bzw. den bei Triebwagengarnituren/Wendezügen womöglich voranfahrenden Steuerwagen hohe Bedeutung für die Sicherheit der Fahrgäste und Bediensteten zu.

Einer ÖBB-internen Arbeitsanweisung zufolge war bis vor wenigen Wochen Triebwagen- und Wendezügen, also auch dem Railjet, bei Fahrt mit dem Steuerwagen voraus im Winter ab „Gefahrenstufe 2“ jeweils eine Vorspann-Lokomotive mit fest montiertem Schneepflug voranzustellen. Der Hintergrund: Alle Wendezug-Steuerwagen und Triebzugs-Triebköpfe haben eine wesentlich geringere Leer-Masse als eine derzeit übliche Lokomotive (86 Tonnen), teilweise weniger als 50% davon.

Ende Jänner 2012 soll nun aufgrund einer „Neubetrachtung“ des Railjet-Steuerwagens diese Arbeitsanweisung dahingehend geändert worden sein, dass der Railjet künftig auch bei Fahrt mit dem Steuerwagen voraus im Winter ohne Vorspannlok fahren darf. Begründet wird dies mit einer „Neubetrachtung“ des Railjet-Steuerwagens, wonach dieser erstens eine Leer-Masse von etwa 55 Tonnen habe, gegenüber zB nur 38 Tonnen beim City-Shuttle-Steuerwagen, und zweitens mit der besseren Ausführung und Positionierung des Schnee- und des Bahnräumers beim Railjet-Steuerwagen im Vergleich zu zB City-Shuttle- oder Doppelstockzug-Steuerwagen.

Falls Ausführung und Positionierung von Schnee- und Bahnräumer beim Railjet seit Auslieferung unverändert blieb und falls es sich der offiziellen Begründung entsprechend nicht um eine der Sicherheit abträgliche Einsparung handelt, wurden dem Railjet demnach mindestens drei Winter lang unnötige Vorspannlokomotiven beigegeben.

Neben dem beträchtlichen Manipulationsaufwand dieser „Beigabe“ wurden damit bei jedem betroffenen Zug zig Tonnen zusätzlicher Masse offenbar unnötig über weite Strecken mitgeführt. Die Folgen vom zusätzlichen Energieverbrauch bis zum zusätzlichen Verschleiß an Fahrzeug und - über das beim Railjet ohnedies generell zu verzeichnende hohe Ausmaß hinaus – Infrastruktur liegen auf der Hand. Mindestens die unnötige Infrastruktur-Abnutzung bildet sich über weitere Erhöhung der vom Railjet ohnedies bereits erhöhten Erhaltungsinvestitionen direkt im Bundesbudget ab.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Blieb Ausführung – zB verwendetes Material o.ä. – und Positionierung von Schnee- und Bahnräumer beim Railjet-Steuerwagen seit Auslieferung unverändert? Falls nein: Was wurde wann verändert?

2)    Welche Leer-Masse (ggf. Dienstmasse) in Tonnen haben a) Triebzugs-Kopf bei ICE 4011, b) Steuerwagen City Shuttle 80-73, c) Dosto-Steuerwagen 80-33, d) Dosto-Steuerwagen 86-33, e) Railjet-Steuerwagen?

3)    Können Sie ausschließen, dass es sich beim künftigen Entfall der Verpflichtung des Railjet zu einer Vorspannlok im Winterdienst ab Gefahrenstufe 2 bei den ÖBB um eine betriebswirtschaftlich motivierte Sparmaßnahme auf Kosten der Sicherheit der Fahrgäste und Bediensteten handelt?

4)    Wo und seit wann war die Arbeitsanweisung, im Winterdienst ab Gefahrenstufe 2 Wendezügen mit Steuerwagen voraus Vorspann-Triebfahrzeuge beizugeben, bei den ÖBB für den Railjet in Anwendung?

5)    Wie viele derartige Vorspann-Vorgänge erfolgten in dieser Zeit etwa?

6)    Welche Mehrkosten sind durch diese nach der neuen Arbeitsanweisung von Ende Jänner 2012 offenbar unnötige Beigabe von Railjet-Winter-Vorspannlokomotiven a) im Hinblick auf den zusätzlichen Energieverbrauch, b) im Hinblick auf die zusätzliche Fahrzeugabnutzung, c) im Hinblick auf die zusätzliche Infrastrukturabnutzung, d) insgesamt entstanden?

7)    Können Sie ausschließen, dass die offenbar unnötige Beigabe von Railjet-Winter-Vorspannlokomotiven der Rechtfertigung bisheriger (und womöglicher weiterer) überdimensionierter Beschaffungs-Aufträge beim Railjet- und Lokomotiven-Lieferanten der ÖBB dienen sollte?

8)    Können Sie ausschließen, dass die offenbar unnötige Beigabe von Railjet-Winter-Vorspannlokomotiven samt zusätzlichem Energieverbrauch der Rechtfertigung geplanter, aus Natur- und Alpenschutzgründen sehr umstrittener Kraftwerksprojekte der ÖBB im alpinen Raum dienen sollte?

9)    Können Sie in der Herbeiführung mutwilliger Mehrabnutzung an Rollmaterial und Bahn-Infrastruktur irgendeinen Vorteil in betrieblicher Hinsicht oder für den Steuerzahler als Bezahler der Infrastruktur-Erhaltung erkennen?

10) Welche Konsequenzen werden Sie insbesondere im Hinblick auf die Zahlungen des Bundes für Bahn-Infrastruktur bis wann konkret ziehen?

11) Wie hoch sind die dem Railjet und seinem wenig infrastrukturschonenden Antriebskonzept zuzurechnenden zusätzlichen Schäden an der Schienen-Infrastruktur pro Jahr?