10908/J XXIV. GP

Eingelangt am 02.03.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Harald Walser, Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend der Traditionspflege des Bundesheeres in der Krypta im Heldentor

BEGRÜNDUNG

 

Als es rund um den 8.Mai 2011 großes mediales Aufsehen um das „Totengedenken“ der deutsch-nationalen Burschenschafter vor der Krypta am Heldentor gab, wurde ein Punkt in den Vordergrund gestellt: Der angekündigte Redner, der auch Klubobmann einer Partei dieses Hauses ist und war, sprang kurzfristig ab. Der eigentliche Kern blieb unverhandelt, nämlich dass die Krypta im Burgtor sich überhaupt als Gedenkort für Ewiggestrige eignet.

In einer 2011 von der „Republik Österreich/Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport“ herausgegebenen Broschüre wird der Bezug des Bundesheeres zum „Österreichische Heldendenkmal“ herausgearbeitet: Unter den Lettern „In Erfüllung ihres Auftrages ließen sie ihr Leben“ wird dort „allen Soldaten“ gedacht. Es handelt sich auch tatsächlich um alle Soldaten, denn „in neun Büchern mit den Daten der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges“ sind tausende Soldaten der Wehrmacht und (Waffen-)SS aufgelistet, die – so die Bundesheer-Broschüre – täglich umgeschlagen werden, sodass jeder Name immer wieder an oberster Stelle zu liegen kommt und die Vermerkten somit symbolisch nie vergessen werden.“

„Nie vergessen“ – Das erinnert uns als AntifaschistInnen vorrangig an das „Niemals vergessen“. Und tatsächlich ist es unsere Maxime, die Taten und Verbrechen der Wehrmacht und (Waffen-)SS nicht zu vergessen. Ein Gedenken im „Österreichische Heldendenkmal“ aber eben für diese Gruppe scheint uns hingegen nicht mit den Zielen der Republik und des Bundesheeres vereinbar.


In der Pressestunde vom 29.01.2012 kam das würdige Andenken an die Deserteure aus der Wehrmacht zur Sprache, was Heinz-Christian Strache mit einem Vergleich von Bundesheer und Wehrmacht beantwortete. In einer Aussendung des Kabinetts des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport wurde dieser Vergleich am 30.Jän 2012 zurückgewiesen und einige allgemeine Aussagen zur Traditionspflege des Bundesheeres getroffen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Sie bezeichnen es in einer Presseaussendung des Kabinetts des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport vom 30.Jän 2012 als eine "Beleidigung für unsere Soldaten", wenn in Bezug auf die Desertion der „Vergleich von Wehrmacht und Bundesheer“ gezogen wird. Wie verhält sich dies beim Gedenken und warum wird durch die Bundesregierung und Sie selbst die Pflichterfüllung von Soldaten des Bundesheeres mit der Pflichterfüllung von Soldaten der Wehrmacht gleichgesetzt, indem in der Krypta diesen unterschiedslos gedacht wird?

2)    In der Krypta befindet sich neun Totenbücher mit den Namen von „Pflichterfüllern“ in Wehrmacht und (Waffen-)SS. Diese werden „täglich umgeschlagen“, „sodass jeder Name immer wieder an oberster Stelle zu liegen kommt und die Vermerkten somit symbolisch nie vergessen werden.“ Ist es aus Sicht des Bundesministeriums angemessen dass so unterschiedslos allen Mitgliedern der Wehrmacht und (Waffen-)SS ein Andenken gestiftet wird?

3)    Sie meinen weiters in derselben Aussendung, dass Wehrmachts-Deserteure "Achtung und Respekt" verdienten würden, da sie nicht "Handlanger des NS-Regimes" sein wollten, alles andere wären „politisches Manöver" in Richtung des "rechten Randes". Wie zollt das Bundesheer und/oder das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport dieser Gruppe "Achtung und Respekt"?

4)    Das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport hat mehreren Offizieren, etwa Carl Szokoll und Karl Biedermann, ein Andenken gestiftet. Sind die Aktionen, die Carl Szokoll und Karl Biedermann gesetzt haben oder zu setzen geplant haben, als Widerstand zu werten? Sind die Aktionen, die Carl Szokoll und Karl Biedermann gesetzt haben oder zu setzen geplant haben, als Desertion zu werten?

5)    Haben Carl Szokoll und Karl Biedermann auch „Aktionen gesetzt“ „die letztlich auf Kosten ihrer Kameraden, die da nicht überlebt haben“, wie das Heinz-Christian Strache gegen Deserteure äußert?

6)    Teilen sie die Einschätzung, dass Angehörige der Wehrmacht ,,Für Österreich" gefallen sind, wie das in der Broschüre, die in der von Ihrem Ministerium mitherausgebenen Broschüre steht und trifft das auch für die Angehörigen der (Waffen-)SS zu?

7)    Heinz-Christian Strache gab in besagter Pressestunde zur Frage, ob solche Akte der Entziehung würdigens- oder verachtenswert waren zu Protokoll: „Man muss auch hier wirklich von Fall zu Fall auch jeden Fall auch beurteilen.“ Wie stellt sich aus Sicht des BM.LVS dieser Sachverhalt dar: Muss im Fall einer Desertion, Sabotage an der Wehrmacht, Selbstverstümmelung zur Entziehung, Wehrdienstverweigerung oder anderen Formen jeder Fall einzeln geprüft werden?

8)    Weiters gab Heinz-Christian Strache an, dass es „Deserteure [gab], die letztlich auf Kosten ihrer Kameraden, die da nicht überlebt haben, Aktionen gesetzt haben, die man auch anders bewerten muss“ und schlägt so den Bogen zu den „Kameradenmördern“ des ehem. Abg. zum Bundesrat Siegfried Kampl. Wie stellt sich aus Sicht des BM.LVS dieser Sachverhalt dar: Waren die, die sich aus der Wehrmacht entzogen haben und damit natürlich in dieser „gefehlt“ haben, „Kameradenmörder“ bzw. haben diese Aktionen „auf Kosten ihrer Kameraden“ gesetzt?

 

9)    Wenn am Heldenplatz in der Krypa des Heldentors, dem „Österreichischen Heldendenkmal“ den Angehörigen von Bundesheer, Wehrmacht und (Waffen-)SS unterschiedslos ein Andenken durch die Bundesregierung und das Österreichische Bundesheer gestiftet wird, wäre es dann nicht auch angebracht den Deserteuren aus der Wehrmacht an eben diesem Ort ein Andenken zu gewähren? Gebührt nicht jenen, die sich aus der Wehrmacht entzogen haben viel eher ein Denkmal der Republik Österreich als den Angehörigen der Wehrmacht und (Waffen-)SS?

 

10) 2005 wurde ein Innenhof der Rossauer Kaserne nach Carl Szokoll benannt. Auf der dort angebrachten Tafel wird die Frage, ob es ein Recht auf Widerstand und Entziehung gibt, so beantwortet: „Ja... Vielleicht nicht als geschriebenes, staatstragendes Gesetz, sondern als Maxime für das Handeln jedes einzelnen seiner Bürger - denn alleine diese Pflicht des Widerstandes gegen den das Unrecht befehlenden Gewalthaber sichert den Fortbestand unserer Demokratie..." Teilen Sie diese von Ihrem Vorgänger errichtete Tafel und dessen Inhalt, demnach die „Pflicht zum Widerstand“ gegen einen potentiellen „Unrecht befehlenden Gewalthaber“ die Demokratie bewahrt?

11) Teilen Sie die Einschätzung, dass dieses Recht, respektive diese Pflicht, nicht nur für Offiziere, sondern auch für Soldaten, gilt?

12) Wäre es nicht angebracht eine Kaserne nach einem Deserteur, oder sich sonst wie aus der Wehrmacht Entziehenden, zu benennen um dieses Bekenntnis auch allgemein wahrnehmbar festzuschreiben?

 

13) Ist es mit den der Traditionspflege des Österreichischen Bundesheeres zugrundeliegenden Erlässen und Verordnungen vereinbar, dass die Traditionspflege in der Krypta so stattfindet?

14) Ziel der Traditionspflege ist es, „eine den demokratischen Staat bejahende Einstellung der Soldaten zu erreichen“. Ist es möglich dieses Ziel dadurch zu erreichen, den Soldaten der Wehrmacht und (Waffen-)SS pauschal und ungeprüft ein ehrendes Andenken zu gewähren?


15) Ist es in den der Traditionspflege des Österreichischen Bundesheeres zugrundeliegenden Erlässen und Verordnungen vorgesehen, dass eine solches ehrendes Andenken passiert, und wenn ja wo?