10962/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.03.2012
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ANFRAGE

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

Betrifft:           Anfragebeantwortung zur Anfrage 9686/J XXIV. GP, „Möglicher Amtsmissbrauch eines Österreichischen Konsuls in den VAE“

 

 

In der Anfragebeantwortung zur Anfrage 9686/J XXIV. GP beantworten Sie die Fragen 1 und 2 wie folgt:

"Im Rahmen der bisherigen Untersuchungen war bislang nicht feststellbar, ob sich Herr Kawadri Dritten gegenüber tatsächlich als „Vertrauensanwalt“ der Botschaft bezeichnet hat."

 

Neben einer Vielzahl von deutschen „Opfern“ des „falschen“ Anwaltes „Kawadri“ haben mehrere österreichische Opfer klargestellt, dass sie sich nur der Dienste von Kawadri bedient haben, da ihnen dieser von der Österreichischen Botschaft empfohlen wurde bzw. da dieser mit Empfehlungsschreiben der Österreichischen Botschaft aufgetreten ist. Unterfertigte Abgeordnete verweisen dazu etwa auf die österreichischen Staatsbürger Silvia Matic, Gerhard Debriacher und Christian Klein, deren Fälle in der Österreichischen Botschaft, sowie im Außenministerium, aktenkundig sein müssten. Nur beispielsweise legen unterfertigte Abgeordnete als Beilage ./1 zu diesem Antrag das „Dankesschreiben“ des österreichischen Staatsbürgers Gerhard Debriacher an die Österreichische Botschaft in Abu Dhabi vor, in dem man sich für die Leistungen des „Anwaltes der Botschaft“ Kawadri bedankt (nur der Ordnung halber verweisen wir darauf, dass auch Herr Debriacher in der Folge feststellen musste, dass er von Herrn Kawadri betrogen wurde).

 

Zumindest seit dem Jahr 2008 verwendet Herr Kawadri – gegenüber österreichischen und deutschen Staatsbürgern – diverse Empfehlungsschreiben der Österreichischen Botschaft, in denen jeweils seine Tätigkeit als „Rechtsberater der Botschaft“ bzw. sein erfolgreiches Handeln für österreichische Staatsbürger bestätigt wird.

 


Nur beispielsweise schließen unterfertigte Abgeordnete ein Empfehlungsschreiben der Österreichischen Botschaft an Herrn Kawadri aus dem Jahr 2007 (./2), ein Empfehlungsschreiben an das Arbeitsministerium von Dubai (./3), sowie ein Empfehlungsschreiben aus dem Juni 2010 (./4), an.

 

Sie beantworten die Fragen 3, 6 und 7 wie folgt:

"Österreichische Vertretungsbehörden empfehlen prinzipiell nur die Dienste des jeweiligen Vertrauensanwalts. Vertrauensanwälte durchlaufen vor ihrer Bestellung ein detailliertes Prüfungsverfahren. Auch im Fall von Frau M. wurde der Vertrauensanwalt der Botschaft als Rechtsvertretung empfohlen.

Herr Kawadri war der Österreichischen Botschaft Abu Dhabi als in Angelegenheiten der polizeilichen Anhaltung erfahrene Person bekannt, die bei vergleichsweise geringen Honoraren in ähnlichen Fällen Erfolge erzielt hatte, und wurde in diesem Zusammenhang genannt.

Inwieweit der Vizekonsul am Deutschen Generalkonsulat in Dubai mit Herrn Kawadri zu tun hatte, entzieht sich meiner Kenntnis."

 

Die gegebenen Antworten stehen im offenkundigen Widerspruch zu den als Beilage ./2, ./3 und ./4 vorgelegten Bestätigungen. Sie stehen auch im Widerspruch zu den Aussagen mehrerer österreichischer und deutscher Opfer. Zumindest der „Dankesbrief“ des Opfers Gerhard Debriacher, Beilage ./1, müsste sich im Rechenwerk der Österreichischen Botschaft befinden und daher dem Ministerium bekannt sein.

 

Sie beantworten die Frage 4:

"Die ÖB Abu Dhabi hat keine Zahlungen an Herrn Kawadri für anwaltschaftliche Dienste geleistet."

Nach den den Fragestellern vorliegenden Informationen und Unterlagen wurden von der Botschaft sehr wohl – wiederholte Male – Zahlungen an Herrn Kawadri geleistet. Dies zumindest seit dem Jahr 2008. Beispielsweise legen wir im Anhang eine – bezahlte – Rechnung vom 27.11.2008 als Beilage ./5 vor.

 

Sie beantworten die Frage 5:

"Die Botschaft hat kein Empfehlungsschreiben für Herrn Kawadri ausgestellt. In fünf Fällen wurden sogenannte „Letters of No Objection“ ausgestellt, in denen bestätigt wurde, dass Herr Kawadri für die jeweilige österreichische Partei tätig war. Diese „Letters of No Objection“ stammen aus dem März, April und Juni 2010."

 

Der Anfrage liegt als Beilage ./4 das bereits erwähnte Empfehlungsschreiben vom Juni 2010 bei. Dieses lässt in keiner Weise erkennen, dass es sich um einen „Letter of No Objection“ handelt. Vielmehr wird „zur Vorlage an jeden Dritten“ die Tätigkeit des „falschen“ Anwaltes Kawadri für österreichische Staatsbürger bzw. die österreichische Botschaft bestätigt.

 

Sie beantworten die Fragen 8 und 9:

"Das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) wurde von der unmittelbaren Beschwerdeführerin über das Vorliegen anderer Beschwerden informiert. Herr Kawadri hat sich gegenüber der Botschaft kritisch bezüglich der Beschwerdeführerin geäußert."

 


Sie beantworten die Fragen 11 bis 13:

"In einem spezifischen Konsularfall wurde eine Bescheinigung ausgestellt, dass Herr Kawadri als Übersetzer und Dolmetscher für die betreffende Person tätig war. Auf einer früheren Version der Homepage der Botschaft schien er als ein der Botschaft bekannter Übersetzer auf.

 

Nach allen eingeholten Informationen ist in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der vereinigten Emirate für die Tätigkeit als „Dolmetsch“ eine behördliche Genehmigung erforderlich. Auch die Führung eines „Übersetzerstempels“ ist genehmigungspflichtig und wird konzessionierten Übersetzern gestattet. Nach den den unterfertigten Abgeordneten vorliegenden Informationen hat Herr Kawadri keine dieser Genehmigungen (und hat sie auch früher nicht besessen).

 

Sie beantworten die Frage 15:

"Die internen Untersuchungen sind noch im Gange."

 

Sie beantworten die Fragen 16 und 17:

"Für das Tätigwerden im polizeilichen Vorverfahren ist in den Vereinigten Arabischen

Emiraten keine Zulassung als Rechtsanwalt notwendig.

Die Botschaft hat nach Bekanntwerden der Anschuldigungen Erkundigungen eingeholt und wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass Herr Kawadri keine Zulassung als Strafanwalt besitzt."

 

Sie beantworten die Fragen 18 bis 20:

"Die Beschwerde von Frau Ingvild Moritsch wurde sehr ernst genommen. Die zuständige Abteilung hat umgehend nach Einlangen der Beschwerde im Oktober 2010 Untersuchungen im Wege der ÖB Abu Dhabi eingeleitet. Frau Moritsch wurde im Jänner 2011 zu einem persönlichen Gespräch im BMeiA empfangen."

 

Sie beantworten die Frage 21:

"Es gibt keinen Hinweis darauf, dass sich das Verhältnis der genannten Personen außerhalb des Rahmens der kollegialen Kontakte, die zwischen den Vertretungsbehörden befreundeter Staaten üblich sind, bewegt hat."

 

Sie beantworten die Fragen 22 und 23:

"Dem BMeiA sind weder Klagen, noch Klagsankündigungen, bekannt. Österreichische Staatsbürger in den Vereinigten Arabischen Emiraten werden im Rahmen des konsularischen Schutzes bestmöglich unterstützt."

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten nachstehende

 

Anfrage:

 

Zur Antwort auf die Fragen 1 und 2 ergeben sich folgende Zusatzfragen:

 

1.         Wieso war es den handelnden Mitarbeitern des Österreichischen Außenministeriums – trotz monatelanger „Untersuchungen“ (diese haben nach unseren Informationen im Sommer 2011 begonnen) – bis heute nicht möglich „festzustellen, ob sich Herr Kawadri Dritten gegenüber tatsächlich als Vertrauensanwalt der Botschaft bezeichnet hat“?


2.         Hat sich inzwischen eine Änderung der Einschätzung dahingehend ergeben, dass das Außenministerium davon ausgeht, dass sich Herr Kawadri „sehr wohl in zumindest mehreren Fällen als Vertrauensanwalt der Botschaft bezeichnet hat“?

 

Zur Antwort auf die Fragen 3, 6 und 7 ergeben sich folgende zusätzliche Fragen:

 

3.         Stammen die als Beilagen ./2, ./3 und ./4 vorgelegten Dokumente tatsächlich von der Österreichischen Botschaft bzw. österreichischen Vertretungsorganen oder handelt es sich dabei um Fälschungen?

 

4.         Sofern es sich um Fälschungen handelt, welche Schritte hat die österreichische Botschaft in den Emiraten bisher gesetzt?

Wurden Strafanzeigen erstattet?

Wenn ja, wann und bei welcher Behörde?

 

Da in der Beantwortung der Frage 4 lediglich behauptet wird, dass „keine Zahlungen für anwaltliche Dienste“ geleistet wurden, ergeben sich folgende Zusatzfragen:

 

5.         Welche Dienste hat Herr Kawadri – wann – für die österreichische Botschaft in Abu Dhabi geleistet?

 

6.         Welche Honorare wurden an Herrn Kawadri wann und in welcher Höhe von bzw. auf Rechnung der Österreichischen Botschaft bezahlt?

 

Zur Antwort auf die Frage 4 ergeben sich folgende Zusatzfragen:

 

7.         Handelt es sich bei Beilage ./4 um einen der in Ihrer Anfragebeantwortung genannten „Letters of No Objection“?

 

8.         Wenn ja, wie kommen Sie zur Beurteilung, dass es sich dabei um kein „Empfehlungsschreiben“, sondern um einen „Letter of No Objection“, handelt?

 

9.         Wenn nein, was exakt war der Inhalt der von Ihnen erwähnten „Letters of No Objection“ aus dem „März, April und Juni 2010“ (Gesamter Inhalt des Schreibens angefragt!)?

 

Zur Antwort auf die Fragen 8 und 9  ergibt sich folgende Zusatzfrage:

 

10.      Welchen Einfluss hat es auf die Untersuchungen über mögliche Missstände in der Konsularabteilung der Österreichischen Botschaft bzw. die laufende Empfehlung „falscher“ und betrügerischer Rechtsanwälte an österreichische Staatsbürger, ob sich „Herr Kawadri gegenüber der Botschaft kritisch bezüglich der Beschwerdeführerin geäußert hat“?

 

Zur Antwort auf die Fragen 11 bis 13 ergeben sich folgende Zusatzfragen:

 

11.      Sind ausländische österreichische Vertretungen angewiesen, nur Übersetzer bzw. Dolmetscher zu verwenden und zu empfehlen (etwa durch Nennung auf der „Homepage“ der Botschaft), die im jeweiligen Land über die erforderlichen behördlichen Genehmigungen zur Tätigkeit als „Dolmetsch“ verfügen?


12.      Wenn ja, wieso wurden diese Anweisungen im Fall Kawadri offenkundig nicht beachtet?

 

13.      Welche Schritte wurden wegen der Nichtbeachtung der Weisung ergriffen?

 

Zur Antwort auf die Frage 15 stellen sich folgende ergänzende Fragen:

 

14.      Sind diese Untersuchungen inzwischen abgeschlossen?

 

15.      Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

16.      Wenn nein, wieso dauert die Untersuchung eines – doch im Kern sehr einfachen Sachverhaltes – so lange?

 

Zur Antwort auf die Fragen 16 und 17 ergeben sich folgende ergänzende Fragen:

 

17.      Wird mit dieser Antwort bestätigt, dass Herr Kawadri jedenfalls im „polizeilichen Vorverfahren“ österreichischen Staatsbürgern von der Österreichischen Botschaft – vom österreichischen Konsulat in Abu Dhabi – als „Rechtsvertreter empfohlen wurde“?

 

18.      Gibt es eine generelle Weisung an österreichische Vertretungen im Ausland, in Rechtsfragen – auch in Fragen eines strafrechtlichen Vorverfahrens – nur im jeweiligen Land als Rechtsvertreter zugelassene Personen zu empfehlen, oder können auch „Hobbyjuristen“ bzw. „Winkelschreiber“ empfohlen werden?

 

19.      Soferne es eine solche Weisung nicht gibt, erachten Sie dies als Versäumnis bzw. als „nicht erforderlich“?

 

20.      Hat die Österreichische Botschaft, nachdem sie davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass „Herr Kawadri keine Zulassung als Strafanwalt besitzt“ zumindest die in den Emiraten aufhältigen österreichischen Staatsbürger diesbezüglich informiert bzw. zu informieren versucht (etwa durch eine entsprechende Einschaltung auf der „Homepage“?

 

21.      Wenn ja, wann genau und in welchem Umfang?

 

22.      Wenn nein, warum nicht, obwohl dies – bereits aufgrund der ausgestellten „Letters of No Objection“ – geboten erscheint?

 

Gestatten Sie folgende abschließende Frage:

23.      Ist es Praxis des Auswärtigen Dienstes im jeweiligen Land nicht zugelassene "Rechtsberater" bzw. "Rechtsvertreter" zu beschäftigen, zu empfehlen, für in Not geratene Staatsbürger zu bestellen und mit Empfehlungsschreiben "zur Vorlage an dritte Personen" auszustatten?