11521/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Hermann Schultes, Johannes Schmuckenschlager

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend effiziente Flugraumsicherung

Die fragmentierte europäische Luftraumüberwachung resultiert in einem ineffizienten und kostenintensiven System, das darüber hinaus Millionen Tonnen unnötiges CO2 ausstößt. Flüge in Europa sind im Durchschnitt um 15 Prozent oder 50 Kilometer länger als die direkte Route. Durch die Umsetzung einer effizienten europäischen Luftraumsicherung können bis zu 10 Prozent der anfallenden Emissionen oder 16 Millionen Tonnen CO2 jährlich verhindert werden.

Das österreichische Verkehrsministerium und Austro Control (ACG, zu 100 Prozent im Eigentum des BMVIT) haben immer wieder die Bedeutung des Single European Sky“ für die effiziente Flugsicherung der Zukunft betont. Bereits im Austro Control Geschäftsbericht 2007 wurden erste Umsetzungsschritte für das Folgejahr angekündigt. Sowohl das Ministerium als auch die ACG haben die volle Unterstützung bei der Umsetzung und der Implementierung des Functional Airspace Blocks Central Europe FAB CE“ zugesagt.

Auf europäischer Ebene werden wichtige Weichenstellungen für die weitere Umsetzung von Single European Sky erfolgen. Für Österreich bedeutet das, unter Federführung meines Hauses gezielt an der Etablierung eines gemeinsamen Luftraumblockes für Zentral Europa (FAB CE – Functional Airspace Block Central Europe), mit dem das bisherige Konzept CEATS SES-konform umgesetzt werden kann, zu arbeiten. Hier erwarte ich heuer die ersten konkreten Umsetzungsschritte. Austro Control hat in diesem Projekt eine führende Rolle übernommen. ... 2008 wird für die Luftfahrt und damit auch für Austro Control ein ereignisreiches Jahr. Als ressortverantwortliche Staatssekretärin werde ich mich weiter dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für die Luftfahrt in Österreich optimal gestaltet werden. “1

Das Projekt Single European Sky zur Vereinheitlichung des europäischen Luftraumes wird daher auch 2011 weiter mit Nachdruck vorangetrieben und Österreich leistet dazu einen wesentlichen Beitrag. “2

 

 

 


Austro Control GB 2007, Grußwort von Staatssekretärin Kranzl, Seite 5

Austro Control GB 2010, Grußwort von Frau BM Bures, Seite 4

 


Europäische Lufträume hier national zu betrachten macht – nicht nur in Zeiten von Krisen – keinen Sinn mehr. ... Neben einer europaweit koordinierten Vorgangsweise in Krisenzeiten bedeutet ein gemeinsamer Luftraum insbesondere auch eine ganz wesentliche Verbesserung bei der Abwicklung des Flugverkehrs. ... Österreich ... treibt die Implementierung aktiv voran.“3

Die Pläne [für einen einheitlichen Luftraum] gibt es schon lange, aber die Staaten mussten erst aufhören, "in nationalen Fleckerlteppichen zu denken, was den Luftraum angeht".4

FAB CE (Functional Airspace Block Central Europe) - mit der Unterzeichnung des FAB Agreements durch die Verkehrsminister der Staaten Österreich, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Ungarn Anfang Mai 2011 wurde der Grundstein für die zukünftige Kooperation in diesem gemeinsamen Luftraumblock gelegt. Diese Kooperation wird zielstrebig im Sinne einer sog. Performance Improvement Partnership" weiterentwickelt.“5

Eine Säule des SES ist das Performance Scheme“. Ende Juni 2011 mussten die EU- Nationalstaaten erstmalig Performance-Pläne einreichen, die einen ausreichenden Beitrag zu den von der Europäischen Kommission europaweit vorgegebenen Zielen in den Bereichen Kosten- und Verspätungsreduktion leisten müssen. Dem BMVIT kommt die Rolle des Regulators zu – der 100-Prozent Tochter Austro Control. Trotz des Naheverhältnisses wurde auch von Frau Bundesministerin Bures mehrmals bestätigt, dass das Verkehrsministerium dieser Pflicht nachkommen wird.

Dem entgegen wurde nun jedoch der österreichische Performance-Plan für 2012-2014 bei sieben von acht Bewertungskriterien als nicht konsistent beurteilt. Bei Berücksichtigung der Kaufkraftparität wäre der Plan sogar als einziger bei allen acht Kriterien abgelehnt worden. Darum wurde der österreichische Beitrag nun aufgrund des Assessments von Eurocontrol und der darauf fußenden Empfehlung der Europäischen Kommission beim Single Sky Committee am 24. Oktober 2011 bei beiden Zielen – Kostensenkung und Verspätungsreduktion – abgelehnt und die österreichische Behörde zur Nachbesserung aufgefordert.

Der österreichische Luftraum zählt sowohl bei den Kosten, als auch bei den Verspätungen zu den ineffizientesten in Europa. Eine wirkliche Verbesserung kann nur durch enge Kooperation innerhalb des FABs erfolgen. Neben der klaren Zielverfehlung wurde jedoch vor allem die fehlende Kooperation innerhalb des FABs CE im Eurocontrol Assessment kritisiert.

"In FAB CE, there is both a significant capacity shortfall in Austria and spare capacity elsewhere. This generates significant penalties for airspace users, who have to bear both delay costs from Austria (some 65M in 2009, i.e. 41% of route charges) and extra costs associated with spare capacity elsewhere. ... Taking a FAB approach would help solve delay issues in FAB CE with minimal impact on cost-efficiency, as no additional capacity is needed overall. The FAB CE Member States should be invited to jointly investigate the problems, find Solutions within the FAB, such as controllers' mobility or delegation of air navigation services, and implement them promptly. FAB CE warrants specific attention of the FAB coordinator.”6

 

 

 


Austro Control Geschäftsbericht 2009, Grußwort BM Bures, Seite 4:

WirtschaftsBlatt - Nr. 3991/2011 vom 21.11.2011 Seite 8 Ressort: Osteuropa

Austro Control GB 2010, Seite 23

Eurocontrol PRB Assessment Report for RP1, General Part, Page 20


"The PRB recommends that the European Commission requests FAB CE States, the FAB co-ordinator and Network Manager to expedite resolution of the capacity issue in Austria. This is because, in FAB CE, there is both a significant capacity shortfall in Austria and spare capacity in the neighbouring States. This generates significant penalties for airspace users, who would have to bear both additional delay costs from Austria and extra costs associated with spare capacity elsewhere. The PRB recommends also that a similar approach is taken for the SW Portugal – Spain FAB as well as for Blue-Med.”7

Österreich ist eines der wenigen Länder, die der Forderung nach Nachbesserung nicht nachkommen. Weiters haben sowohl Eurocontrol, als auch die restlichen FAB CE Mitgliedsstaaten mehrmals bestätigt, dass Österreich die bessere Koordination und raschere Umsetzung des FAB CE blockiert. Wie auch andere FABs zeigen, hätten beziehungsweise könnten erste gemeinsame Projekte natürlich bereits vor vollständiger Implementierung im nächsten Jahr gestartet werden, um die Luftraumsicherung im FAB CE effizienter zu gestalten. Laut dem österreichischen Performance Plan sind aber nicht einmal bis 2015 positive Effekte aus dem FAB CE zu erwarten.

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage

1.       Welche Position nehmen Sie als Eigentümervertreter der Austro Control betreffend der Umsetzung des Projekts "Functional Block Central Europe" (FAB CE) ein?

2.       Welche Rolle spielt das BMVIT als faktischer Eigentümer der Austro Control bei der Umsetzung des FAB CE?

3.       Laut Eurocontrol würde alleine die bessere Koordination innerhalb des FAB CE das österreichische Kapazitätsproblem als ,one of 5 bottlenecks in Europe in 2014' ohne Auswirkungen auf die Kosteneffizienz lösen. Außerdem leidet die Kosteneffizienz unter der nicht erfolgten Abstimmung der zukünftigen Investitionen innerhalb des FABs.

Welche Rolle sieht das Verkehrsministerium für den FAB CE bei der Erreichung der SES II Performance Ziele?

4.       Wann wird mit den ersten positiven Effekten aufgrund des FAB CE gerechnet?

5.       Laut Eurocontrol und den restlichen FAB CE Staaten wird eine schnellere und effizientere Umsetzung des FAB CE-Projektes von Österreich blockiert. Welche Maßnahmen werden getroffen, um in Zukunft der ursprünglich angekündigten Vorreiterrolle im FAB CE nachzukommen?

6.       Die Europäische Kommission fordert von den Mitgliedsstaaten, dass ein ausreichender Beitrag zu den europaweit vorgegebenen Zielen erbracht wird. Der österreichische Luftraum zählt aktuell zu den teuersten und verspätungsreichsten in Europa – und wird dies laut dem eingereichten Performance Plan auch in der ersten Periode des SES II Performance Scheme bleiben. Welchen Beitrag zu den europaweit vorgegebenen Zielen sieht Ihr Ressort deshalb als ausreichenden Beitrag an?

7.    Müsste dieser Beitrag aufgrund der schlechteren Performance als der Durchschnitt Europas nicht mehr betragen als die von der Europäischen Kommission vorgegebenen Ziele?

 


7 Eurocontrol PRB Assessment Report for RP1, General Part, Page 43


8.       Wodurch begründen sich die hohen Gebühren der österreichischen Flugsicherung bei gleichzeitigem hohen Verspätungswert?

9.       Das Single Sky Committee hat Österreich auf Grund des Assessments von Eurocontrol zur Nachbesserung des Performance Plans aufgefordert. Wird dieser Forderung nachgekommen?

10.    Warum wird die EU-Zielvorgabe von -3,5% an Kostensenkung von der ACG nicht erreicht?

11.    Werden sämtliche Kritikpunkte des Assessments in der Revision berücksichtigt?

12.    Welche Maßnahmen werden gesetzt, um die im Eurocontrol Assessment angesprochenen Kritikpunkte zu korrigieren und die Einhaltung der Ziele zu gewährleisten?

13.   Wie begründen Sie die säumige Umsetzung Österreichs bezüglich des Projekts "Single European Sky"?

14.   Wäre eine Umstrukturierung der OZB und des BMVIT sinnvoll, um in Zukunft die Zielerreichung sicherzustellen?

15.   Neben der Verfehlung beider Ziele und der mangelnden Koordination innerhalb des FABs wurde von Eurocontrol auch die nicht ausreichend begründete Verwendung abweichender Parameter für Inflation und Verkehrswachstum – sowohl für das 2011, als auch die erste Periode des Performance Schemes. Wie wird die Abweichung der ursprünglich geforderten Parameter begründet?

16.   Wie hoch ist der Beitrag zu den von der Europäischen Kommission europaweit vorgegebenen Zielen nach der im Assessment geforderten Korrektur der Parameter?

17.   Werden die Parameter wie gefordert korrigiert?

18.   Sie und Ihr Haus haben mehrmals betont, dass trotz des Naheverhältnisses zur Austro Control dem Auftrag als Regulator aufzutreten ohne Einschränkungen nachgekommen wird. Ist dieser Rolle bei der Erstellung des Performance Plans nachgekommen worden?

19.   Wäre es aufgrund des Naheverhältnisses von ACG zu BMVIT nicht besser, den Regulator und die NSA auf FAB Ebene anzusiedeln bzw auf unabhängige Experten zurückzugreifen?

20.   Ist es in Hinblick auf die Bildung des FAB CE überhaupt sinnvoll, eine nationale NSA aufzubauen?

21.   Wie viel Einsparungspotential beim Fluglärm für Anrainer österreichischen Flughäfen ergibt sich bei Umsetzung einer effizienten europäischen Luftraumsicherung?

 

22.          Welche Maßnahmen sind seitens einer optimierten Luftraumsicherung zukünftig möglich bzw. geplant um die Lärmbelastung, von Menschen die in der Nähe von Flughäfen leben, zu reduzieren?

23.          Ein kontroversielles Thema bezüglich ist auch der Bau der 3. Piste am Flughafen Wien. Obwohl diese frühestens 2020 fertig gestellt werden wird und auch noch nicht sicher ist, ob sie überhaupt gebaut wird, sind bereits Investitionen in der Höhe von 9,5 Mio unter dem Titel ,3rd runway Vienna' im Performance Plan enthalten.

Wie sind diese Ausgaben zu rechtfertigen?

24.          Wie viel Emissionseinsparungspotential ergibt sich bei Umsetzung einer effizienten europäischen Luftraumsicherung?

25.          Der vorgelegte österreichische Performance Plan hat die zweithöchste Abweichung vom vorgegebenen Verspätungsziel aller eingereichten Pläne und wird auch für 2014 als eines der Bottlenecks of Europe bezeichnet. Im Jahr 2011 ist der österreichische Luftraum im Gegensatz zu der Verspätungsleistung der letzten Jahre jedoch unter den pünktlichsten in Europa und 2013 wird die Implementierung eines neuen ATM Systems abgeschlossen. Welche Auswirkungen hat die aktuell gute Pünktlichkeitsperformance auf die folgenden Jahre?

26.     Wie wirkt sich die Implementierung des neuen ATM Systems auf die Pünktlichkeit aus?

27.      Für welches Jahr wird die Einhaltung des von Eurocontrol vorgegeben Pünktlichkeitswertes erwartet)?