11767/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.05.2012
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Jannach

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

betreffend  „Biomasse-Kraftwerke der Bundesforste“

 

In der Printausgabe der Tageszeitung „Die Presse“ vom 16.05.2012 ist ein äußerst aufschlussreicher Artikel mit dem Thema „Ökostrom aus Holz kläglich gescheitert“  wie folgt zu lesen:

 

Millionen an Förderungen steckte man in den Bau von Biomassekraftwerken. Jetzt sperren mehr und mehr zu, und sogar der Biomasseverband rät: „Finger weg“

Im Winter ist das Biomassekraftwerk in Wien-Simmering, das größte Europas, ein Öko-Traum: 80 Prozent des Holzes, das man hier verbrennt, wird für etwa 60.000 Wiener Haushalte in Strom und Wärme umgewandelt. Im Sommer ist das ein wenig anders: Dann heizt man mit dem Kraftwerk vor allem den Donaukanal.

Wie ein Experte, der nicht genannt werden will, erklärt, liegt der Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung in Simmering aus Holz bei 35 Prozent. Der Rest ist großteils ungenutzte Wärme, der Dampf muss gekühlt und zurückgeführt werden– eben in den Donaukanal. Denn der Wiener Wärmebedarf werde im Sommer durch die Müllverbrennungsanlagen voll abgedeckt.

Wien-Simmering ist das weithin sichtbarste Beispiel für das Scheitern einer einst als „Zukunft der Energiegewinnung“ gefeierten Idee: Holz wird zu Ökostrom und zu Wärme. Nur machte der Markt allen Hoffnungen auf eine umweltfreundliche und billige Energiequelle einen Strich durch die Rechnung: Die Holzpreise sind in den vergangenen Jahren so stark gestiegen, dass viele Anlagen unrentabel geworden sind.

Bundesforste verkauften Anlagen

Eines der ehrgeizigsten Ökostromprojekte Österreichs endete im vergangenen Jahr in einer Beinahe-Insolvenz: Die österreichischen Bundesforste (ÖBf) hatten gemeinsam mit der Kärntner Kelag 30Hackschnitzelanlagen betrieben und dafür etwa 200 Millionen Euro investiert.

Seit 2003 versuchte man, mit den Anlagen Gewinn zu machen. Im Juli 2011 gab man auf und verkaufte 28, zwei betreiben die ÖBf weiter. Die Banken mussten 100Millionen Euro schlucken, die Bundesforste stiegen relativ unbeschadet mit einem hohen einstelligen Millionenverlust aus.

„Biomasse ist zur Stromerzeugung schlicht nicht geeignet“, erklärt Harald Proidl, Leiter der Abteilung Ökoenergie bei der E-Control. Holz habe einen Wirkungsgrad von etwa 30Prozent, andere Rohstoffe seien weitaus effizienter. Wenn man mit der Anlage neben Strom auch zugleich Wärme erzeuge, sei das eine „viel vernünftigere Nutzung des Rohstoffs“. Und am Ende vielleicht auch finanziell rentabel.

Anfang der 2000er-Jahre schütteten Bund, Länder und EU Millionen Euro an Förderungen für den Bau von Hackschnitzelanlagen aus. In Österreich garantierte der Bund den Betreibern einen Strompreis von 10,2 Cent pro Kilowattstunde (der reguläre Strompreis liegt bei fünf bis sechs Cent pro Kilowattstunde ohne Leitungsaufschläge und Steuern).

Doch die Nachfrage nach Holz stieg seither weltweit kontinuierlich an. Die Folge: Die Preise liegen heute um fast 50Prozent höher als noch 2003 (siehe Grafik). Um den Bedarf der Holzkraftwerke zu decken, mussten viele Betreiber Holz zukaufen. Selbst die Wälder der ÖBf lieferten nicht genug Rohstoffe für die 30Anlagen: Zwei Drittel mussten auf dem Markt gekauft werden.

„Wir sagen: Hände weg von Biomassekraftwerken für Strom“, betont sogar der Vorsitzende des österreichischen Biomasseverbands, Horst Jauschnegg. Bei den derzeitigen Verhältnissen sei es schlicht nicht rentabel, Holz für die Gewinnung von Strom zu verbrennen. „Es hat einen Grund, warum es seit einigen Jahren keine neuen Kraftwerke mehr gibt.“

Tarife blieben gleich

Jauschnegg sieht als eines der gravierenden Probleme, dass das Ökostromgesetz die Entwicklungen auf dem Markt nicht berücksichtige. „Die Tarife, die die Betreiber für Ökostrom erhalten, sind gleich geblieben. Aber die Preise für den Rohstoff sind massiv gestiegen.“ Bei Gas sei es anders: Sobald es teurer werde, würden die Energieunternehmen die Preise umgehend an die Kunden weitergeben.

Für die Wärmegewinnung sei Holz trotzdem nach wie vor der günstigste Energieträger. In Österreich heizten 2010 laut Statistik Austria 20Prozent aller Haushalte mit Holz oder Pellets. Gas und Öl verwenden 20,5Prozent, Fernwärme hat mit 23Prozent den höchsten Anteil.

Wien-Simmering trägt dazu bei. Zwei Experten meinen jedoch, dass man das Kraftwerk „heute so nicht mehr bauen würde“. Seine Zukunft ist jedenfalls ungewiss: Der Betreibervertrag läuft 2019 aus“.

 

                                                                                      

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichnenden Abgeordneten an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend folgende

 

 

 

ANFRAGE

 

1.    Wie hoch waren die Verluste in den - laut Presse-Bericht - acht Jahren in den Anlagen im einzelnen Fall?

2.     

 

3.    Wurden die 30 Anlagen der Bundesforste jemals von Seiten der EU, des Bundes, der Länder oder der Gemeinden aus öffentlichen Mitteln gefördert?

 

4.    Wenn ja, welche Anlagen waren das, und in welcher Höhe erfolgten die Förderungen?

 

5.    Womit wird der scheinbar wirtschaftlich schlechte Betrieb der einzelnen Anlagen begründet?

 

6.    Wie hoch war der exakte Schaden (jährlich seit Betriebsbeginn und durch den Anlagen-Verkauf) für die Bundesforste.

 

7.    Wie hoch war der exakte Schaden (jährlich seit Betriebsbeginn und durch den Anlagen-Verkauf für die KELAG?

 

8.    An wen wurden die, wie im Artikel erwähnten, 28 Anlagen verkauft, und wie erfolgreich im wirtschaftlichen Sinn werden diese derzeit (falls) betrieben?

 

9.    Um welche Anlagen handelt es sich, welche noch im Besitz der Bundesforste sind?

 

10. Wie verhält sich die Wirtschaftlichkeit dieser beiden Anlagen derzeit?

 

11. Wurden oder werden diese Anlagen weiterhin von Seiten der EU, des Bundes, des Landes und/oder der Gemeinden aus öffentlichen Mitteln gefördert?

 

12. Wenn ja, um welche Förderungshöhe handelt es sich?

 

13. Wer waren bei den Bundesforsten die Verantwortlichen für die Biomassekraftwerke?

 

14. Gibt es Konsequenzen für die Verantwortlichen für die Biomassekraftwerke bei den Bundesforsten?

 

15. Wenn ja, wie sehen diese Konsequenzen aus?

 

16. Wenn nein, warum nicht?

 

17. Wer sind die Käufer der von den Bundesforsten verkauften Biomasseanlagen?

 

18. Wie hoch waren die Verkaufserlöse für die von den Bundesforsten verkauften Biomasseanlagen? (aufgelistet nach Anlage und Verkaufspreis)