12390/J XXIV. GP

Eingelangt am 06.07.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Nachteile für Vorteilscard-Inhaber durch ÖBB-Tarifreform

 

Das Tarifsystem der ÖBB wird auf Grundlage des Eisenbahnbeförderungsgesetzes erstellt, für dessen Vollzug „der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr“ zuständig ist.

Mit der jüngsten Tarifreform der ÖBB erfolgten einerseits Tariferhöhungen zB bei Einzelfahrkarten, d.h. für Gelegenheitskunden, andererseits deutliche Vereinfachungen des sehr komplexen Tarifsystems und begrüßenswerte, aber im Ausmaß bei weitem unzureichende Verbesserungen bei bundesweiten ÖBB-Netzkarten.

Wenig beachtet und in der öffentlichen Darstellung generell ausgespart blieben die deutlichen Verschlechterungen, die unter dem grundsätzlich unterstützenswerten Titel der „Vereinfachung“ zB für Stammkunden, die mit Vorteilscard unterwegs sind, erfolgten.

Beispielsweise ist durch den Entfall des bisherigen „Minimax-Vorteilscard-Ticket“ beim Inanspruchnehmen eines Gruppentarifs keine gleichzeitige Ermäßigung mehr auf Basis der Vorteilscard möglich. Dadurch verteuerten sich mit der ÖBB-Tarifreform vom 2.7.2012 entsprechende Fahrten für Vorteilscard-Inhaber um über 20%, also massiv. Die Abschaffung dieses angeblichen „Doppelrabatts“ - der kein doppelter ist, weil für die Vorteilscard-Vergünstigung ja der Kauf einer Vorteilscard erfolgen muss, also der Leistung eine wohlfeile Vorleistung gegenübersteht - trifft mit den Vorteilscard-Inhabern typischerweise Stammkunden des umwelt- und klimaschonenden Schienenverkehrs. Diese sollten für ihr volkswirtschaftlich günstiges, vorbildliches Verkehrsverhalten aber belohnt und nicht durch besonders starke tarifliche Mehrbelastungen bei Reformen bestraft werden. Dass damit Schlechterstellungen während der Geltungsdauer von bereits gekauften Vorteilscards – also Eingriffe in gültige Verträge zugunsten einer Seite und zulasten der KonsumentInnen – erfolgten, kommt noch hinzu.

 


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Ist Ihnen bekannt, dass die ÖBB mit der Tarifreform vom 2.7.2012 ÖBB-Vorteilscard-Inhabern – also Stammkundinnen und Stammkunden des umwelt- und klimaschonenden, sicheren Schienenverkehrs, die durch ihr Verkehrsverhalten die Volkswirtschaft entlasten – bestimmte Rabatte und Ermäßigungen absichtlich verwehrt und damit massive Tarifsteigerungen von 20% und mehr gegenüber zuvor zumutet?

2)    Ist Ihnen bekannt, dass dies noch dazu ohne entsprechende Vorab-Kommunikation oder dergleichen erfolgte und einem einseitigen Eingriff in bestehende Verträge zulasten der betroffenen KonsumentInnen gleichkommt?

3)    Findet diese Schlechterstellung von Vorteilscard-Inhabern im Zuge der jüngsten ÖBB-Tarifreform Ihre Unterstützung?

4)    Was haben Sie diesbezüglich im Rahmen zB Ihrer Zuständigkeit nach dem Eisenbahnbeförderungsgesetz konkret unternommen?

5)    Halten Sie es im Sinne der verkehrspolitischen Ziele der Regierung für zielführend, wenn unter dem Vorwand von „Reformen“ und „Vereinfachungen“ Bahn-Stammkunden mit besonders saftigen Tariferhöhungen bedacht und somit zum Wechsel auf volkswirtschaftlich weniger vorteilhafte Verkehrsmittel wie das Auto angeregt werden?

6)    Mit welcher Gesamtwirkung für Verkehrsmittelwahl, Modal-Split etc rechnen Sie, wenn einerseits Stammkunden (durch Verschlechterungen für Vorteilscard-Inhabern) und andererseits zB vom Auto abzuwerbende Gelegenheitskunden (durch kräftige Anhebung der Tarife für Einzelfahrkarten) bei der Bahnbenutzung durch eine Tarifreform selektiv schlechter gestellt werden?

7)    Zwar wurde die Möglichkeit der behördlichen Anordnung von Tarif- und Fahrplanänderungen 2010 aus § 22 Eisenbahngesetz entfernt, dennoch wird jedoch weiterhin auf etwas informelleren Wegen von Ihnen bzw Ihren engen Mitarbeitern in diesem Sinn Einfluss genommen, kürzlich etwa dokumentierterweise auf die ÖBB-Fahrplangestaltung in bestimmten Regionen Niederösterreichs.

Werden Sie daher auch in tariflichen Angelegenheiten entsprechend intervenieren bzw. intervenieren lassen, zB zugunsten von Stammkunden/Vorteilscard-Inhabern oder vom Auto abzuwerbenden Gelegenheitskunden? Wenn nein, warum nicht?

8)    Welche tariflichen Anreize für Bahn-Stammkunden einerseits und umsteigwillige Gelegenheitskunden andererseits wollen Sie bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode noch umsetzen bzw. unterstützen?

9)    Welche Schritte sind insbesondere für eine bundesweit in möglichst allen öffentlichen Verkehrsmitteln gültige Netzkarte nach dem Vorbild des erfolgreichen Schweizer General-Abo wann vorgesehen?

10) Halten Sie es für rechtlich unproblematisch, dass Familien mit Kindern bei den ÖBB von einer eigenen „ÖBB-Österreichcard Familie“ profitieren können, Paare ohne Kinder hingegen weder diese noch eine vergleichbare andere Vergünstigung erhalten? Wenn ja, auf welcher Grundlage halten Sie dies für rechtlich unproblematisch?


11) Werden seitens der ÖBB § 11 Abs 1 (Fahrplanbekanntmachung) und § 11 Abs 3 (Fahrpreisaushang) des Eisenbahnbeförderungsgesetzes lückenlos eingehalten?

12) Werden Sie dem Nationalrat einen Vorschlag für die Bereinigung des Eisenbahnbeförderungsgesetzes um überholte, anderen Bundesgesetzen widersprechende Regelungen (zB § 24 Abs 1) übermitteln, wenn ja bis wann, wenn nein warum nicht?