12538/J XXIV. GP

Eingelangt am 16.07.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Harald Walser; Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

betreffend Rechtsextreme und revisionistische Literatur in der Österreichischen Militärbibliothek

BEGRÜNDUNG

 

2008 wurde in der Anfrage 3748/J XXIII.GP thematisiert, dass in der Österreichischen Militärbibliothek (ÖMB) eine verhältnismäßig große Sammlung rechtsextremer und nationalsozialistischer Literatur vorhanden ist. Dies wurde in der Beantwortung durch das Ministerium umfang- und wortreich begründet. Die Situation hat sich seither kaum verändert.

 

Rechtsextreme, den Holocaust leugnende, kriegsrevanchistische, verschwörungstehoretische und rassistische Literatur zu sammeln und der Forschung zur Verfügung zu stellen, ist eine unabdingbare Voraussetzung für einen demokratischen Staat. Dies stellen in Österreich mehr als 50 Bibliotheken sicher. Im Österreichischen Bibliotheksverbund sind neben der Nationalbibliothek 15 Bibliotheken von Universitäten samt zahlreichen Fachbibliotheken sowie die der Kunstuniversitäten, Privatuniversitäten und Fachhochschulen geführt. Weiters die Bibliotheken der wichigsten Forschungseinrichtungen, darunter etwa jene der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung oder des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien (VWI). Dazu treten außerdem diverse Amts- und Behördenbibliotheken, etwa jene der AK Bibliothek Wien für Sozialwissenschaften, jene verschiedener Bundesministerien und städtischer Einrichtungen.


Daneben gibt es eine Handvoll Bibliotheken wichtiger nicht-staatlicher Forschungseinrichtungen, die ihre Sammlung auf den Bereich Nationalsozialismus, Rechtsextremismus, Geschichte, Nazistica, Literatur von Holocaustleugnern und Kriegsrevanchisten ausgelegt haben, etwa die Bibliothek des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW).

Die ÖMB ist eine nicht öffentliche Behördenbibliothek. Die Benützung ist auf den internen Dienstbetrieb des Ministeriums und sonstiger militärischer Dienststellen beschränkt, weiters steht sie Angehörigen des Milizstandes zu Verfügung. Mit Sondererlaubnis der Direktorin können auch bei wissenschaftlichen Arbeiten, die an einer Universität verfasst werden, Bücher entlehnt werden, wobei hier der Themenbereich einzuschränken ist. Umgekehrt ist die ÖMB für die Ausstattung der rund 100 Standortbibliotheken in den Kasernen zuständig, was auch in diesen zur Verbreitung dieser rechten, eigentlich für die Forschung gedachte, Literatur führt.

Die verhältnismäßig größte Sammlung an rechter bzw. rechtsextremer oder den Holocaust leugnender Literatur befindet sich also in einer Behördenbibliothek, in deren Bereich keine Forschungsstelle zu Rechtsextremismus oder Geschichtsrevisionismus eingerichtet ist. Der Forschung und Wissenschaft steht diese Literatur nicht zur Verfügung, hingegen ungeprüft und pauschal allen Angehörigen des Milizstandes.

Dies steht im Widerspruch zum mehrfach glaubhaft gemachten Ansinnen des Ministers, dem Rechtsextremismus innerhalb des Heeres entgegenzutreten. Wir halten diese Vermischung von wissenschaftlicher Forschung und dem vorhandenen Literaturangebot für den/die Soldaten/Soldatin für höchst problematisch.

Wir halten umgekehrt nichts von „Sperrungen“. Literatur hat frei zu sein und auch frei zur Verfügung zu stehen. Diesen Auftrag erfüllt die österreichische Biblitothekslandschaft in vorzüglicher Weise. Es gibt keinen sachlichen Bedarf, in Standort- oder Soldatenbibliotheken Literatur von Holocaustleugnern anzubieten. Da sich die ÖMB aber zur Anschaffung und „Sperrung“ dieser Literatur entschieden hat, sind einige Fragen offen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

 

1.   In der Anfragebeantwortung 3738/AB XXIII.GP haben Sie ausgeführt, dass „Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe gesperrt [seien] und (…) nur zum Zwecke einer nachgewiesenen wissenschaftlichen Forschung eingesehen werden [könnten].“ Tatsächlich ist nur eine geringe Anzahl an Publikationen im Katalog mit einem entsprechenden Sperr-Vermerk versehen. Die Werke des Holocaustleugners David Irving, dessen nahezu gesamtes Oeuvre die ÖMB besitzt, sind etwa alle von der Benützung gesperrt. Warum besitzt die ÖMB alle Werke dieses Autors?

2.   Warum ist das Werk „Rommel – eine Biographie“ von 1978 am Standort Stiftskaserne gesperrt, im Standort Wiener Neustadt aber nicht? Besteht am Standort Wiener Neustadt eine andere Nachfrage bzw. ein anderer Bedarf? Bedarf es in Wr. Neustadt keiner „Sperrung“?

3.   Findet in Wiener Neustadt wissenschaftliche Forschung zu Rommel statt? Die aktuelle Liste der in Wiener Neustadt abgeschlossenen Diplomarbeiten weisen keinen solchen auf.

4.   Warum befindet sich das Werk „Hitler und seine Feldherren“ nur am Standort Wiener Neustadt, nicht aber am Standort Stiftskaserne? Besteht am Standort Wiener Neustadt eine andere Nachfrage bzw. ein anderer Bedarf?

5.   Findet dort wissenschaftliche Forschung zu Irving oder seinen Thesen in diesem Werk statt? Die aktuelle Liste der in Wiener Neustadt abgeschlossenen Diplomarbeiten weisen keinen solchen auf.

6.   Warum befindet sich das Werk „The rise and fall of the Luftwaffe - the life of field marshal Erhard Milch“ nur am Standort Wiener Neustadt, nicht aber am Standort Stiftskaserne? Besteht am Standort Wiener Neustadt eine andere Nachfrage bzw. ein anderer Bedarf?

7.   Findet dort wissenschaftliche Forschung zur Geschichte der Luftwaffe statt? Die aktuelle Liste der in Wiener Neustadt abgeschlossenen Diplomarbeiten weisen keinen solchen auf.

8.   Warum ist das Werk „Der Holocaust vor Gericht. Der Prozess um David Irving“ von Eva Menasse aus dem Jahr 2000 von der Benützung gesperrt? Warum dürfen nur WissenschaftlerInnen, die nachweisen können, zu Irving zu forschen, dieses Buch einsehen? Warum befindet sich dieses Buch nicht auch in Wiener Neustadt, wenn dort offenbar zu David Irving oder seinen Thesen geforscht wird?


9.   Franz Josef Scheidl war/ist ein österreichischer Nationalsozialist, nach 1945 Holocaustleugner und Geschichtsrevisionist. Er gilt als einer der ersten, die die systematische Vernichtung von Menschen im Nationalsozialismus leugneten und wird in der rechten Szene oft und gern als Quelle verwendet. Zwei seiner Werke sind auch in der ÖMB vorhanden – und frei bestellbar. Warum besitzt die ÖMB diese Werke? Warum wurden diese angekauft? Wann wurden diese angekauft? Warum sind diese von der Vorgabe, „Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe [zu sperren]“ nicht betroffen?

10.       Stefan Scheil gilt als Geschichtsrevionist und Revanchist, insbesondere weil er zu belegen versucht, der Zweite Weltkrieg sei nicht maßgeblich vom nationalsozialistischen Deutschland ausgegangen und der Überfall auf die Sowjetunion ein Präventivfeldzug gewesen. Seine Thesen sind sowohl durch die Forschungen der Zeitgeschichte und Militärgeschichte wiederlegt, nichtsdestotrotz befinden sich zwei seiner Werke in der ÖMB und sind frei bestellbar - obwohl Arbeiten anderer Revanchisten gesperrt sind. Warum besitzt die ÖMB diese Werke? Warum wurden diese angekauft? Wann wurden diese angekauft? Warum sind diese von der Vorgabe, „Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe [zu sperren]“ nicht betroffen?

11.       Die ÖMB führt vier Werke des Holocaust-Leugners Paul Rassinier, alle sind von der Benützung gesperrt, eines befindet sich nur am Standort Wiener Neustadt. Gibt es dort eine andere Nachfrage danach? Findet dort wissenschaftliche Forschung zu Rassinier oder seinen Thesen in diesem Werk „Le véritable procés Eichmann ou les vainqueurs incorrigibles“ statt?

12.       Während die Werke von Walter N. Sanning, der den Holocaust damit leugnet, indem er behauptet die jüdische Bevölkerung sei vor diesem schon ausgewandert, oder von Udo Walendy, einem wichtigen Revisionisten und Verleger der rechten Szene, sich zwar weiterhin in der Bibliothek befinden aber gesperrt sind, befinden sich Bücher anderer Revanchisten bzw. Revisionisten dort ohne Sperr-Vermerk: „Die Kriegsschuld der Sieger. Churchills, Roosevelts und Stalins Verbrechen gegen den Weltfrieden“ von Heinrich Härtle gilt als rechte Standardliteratur. Auch seine Werke „Deutsche und Juden“ und „Freispruch für Deutschland. Unsere Soldaten vor dem Nürnberger Tribunal.“ sind in der ÖMB frei entlehnbar. Wie und warum kommt es zu dieser sachlich unklaren und ungleichen Sperrung?

13.       Auch das Werk „Die zweite babylonische Gefangenschaft. Zum Schicksal d. Juden im Osten seit 1941“ von Steffen Werner, in dem die Behauptung aufgestellt wird, deportierte Juden und Jüdinnen seien nicht zum Zwecke der Vernichtung deportiert sondern in der heutigen Republik Belarus angesiedelt worden, besteht in der ÖMB. Warum besitzt die ÖMB dieses Werk? Warum wurde dieses angekauft? Wann wurde dieses angekauft? Warum ist dieses von der Vorgabe, „Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe [zu sperren]“ nicht betroffen? Wann wurde geprüft?

14.       Dieses Buch ist in Deutschland gerichtlich eingezogen. Ist Ihnen bekannt warum?

15.       Auch für die Werke von Ingrif Weckert, Olaf Rose, Hoggan, David L., Fritjof Meyer oder Helmut Gordon lassen sich nur schwer Gründe finden, warum diese in einer frei zugänglichen Soldatenbibliothek aufgestellt sind. Ebenso die Werke von Helmut Gordon, Günther Deckert, Karl Heise, Jean-Marie Le Pen, Otto Ernst Remer, Gerd Sudholt, Horst Rudolf Übelacker die ebenso hier aufgestellt sind – mal gesperrt, mal nicht. Dies trifft auch auf die Werke von Bolko von Richthofen, Nationalsozialist und nach 1945 rechter Aktivst in der BRD, zu. Die ÖMB besitzt von ihm 4 Werke, teilweise auch an mehreren Standorten, wobei manche gesperrt sind. Warum besitzt die ÖMB all diese AutorInnen? Bitte die Gründe im Einzelnen auszuführen. Warum sind diese – der Vorgabe „Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe [zu sperren]“ – inkonsistent gesperrt, also teils gesperrt und teils frei ausleihbar?

16.       Warum sind zwei Arbeiten von Annelies von Ribbentrop gesperrt, eines hingegen nicht? Warum wurde das Werk „Die Kriegsschuld des Widerstandes“ auch für den Standort Wiener Neustadt angeschafft? Wer hat es dort angefordert? Wann? Wer führte die Prüfung durch?

17.       Von Paul Hausser befinden sich zwei Werke in der ÖMB, dazu noch eine Biographie über ihn. Hausser war einer der ranghöchsten Offiziere der Waffen-SS. Warum befindet sich seine Arbeit von 1953, „Waffen-SS im Einsatz” gleich zweimal, Signatur 60003/22/1 und 60003/22/3 in der ÖMB? Warum sind die beiden Exemplare ausleihbar und nicht, mit Ausnahme wissenschaftlicher Arbeit, gesperrt?

18.       Eine zweite Arbeit von Paul Hausser, „Soldaten wie andere auch”, existiert gleich dreimal im Bestand der ÖMB, zweimal am Bibliotheksstandort Theresianische Militärakademie und einmal am Standort Stiftskaserne. Warum existiert dieses Werk gleich dreimal? Warum befindet sich dieses Werk gleich zweimal in der Militärakademie?

19.       Warum ist das eine Werk, das weit öfter vorliegt, für die Leihe gesperrt, das Erstere jedoch nicht?


20.       Die Arbeit „Rudolf Heß - Märtyrer für den Frieden” von Edgar W. Geiß aus dem Jahr 1988 liegt unter der Signatur 66177 am Standort Stiftskaserne zur Entlehnung auf. Warum?

21.       Die Arbeit von Ilse Hess, „Ein Schicksal in Briefen”, von 1971 hingegen ist für die Leihe gesperrt. Die Arbeit von Wolf Rüdiger Hess, „Mein Vater Rudolf Heß”, von 1984 ist für die Benützung nicht gesperrt. Warum nicht? Wie kommt es zur unterschiedlichen Behandlung dieser beiden Bücher?

22.       Wer forderte diese Werke an? Wann? Wer lies das erste sperren?

23.       Dass die „Sperrungen“ aus inhaltlichen Gründen abzulehnen sind, wurde bereits eingangs ausgeführt. Darüber hinaus gibt es auch Werke, die abseits von problematischen Inhalten gesperrt wurden. So ist etwa das Werk „The US maritime strategy“ von Norman Friedman aus dem Jahr 1988 gesperrt. Ebenso „Strafrecht. Neu: Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, SPG-Novelle 2006 ; im Anhang: Strafprozess-Reformgesetz (ab 2008)“, aus dem Jahr 2006 sowie „Grundriss des bürgerlichen Rechts, Teil 2“ ebenso 1988. Genauso wie bei der Literatur von Holocaustleugnern lassen sich auch hiervon etliche weitere Beispiele finden. Halten Sie die Praxis Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe [zu sperren]“ weiterhin für ein taugliches Mittel, die Verbreitung rechter, volksverhetzender, rassistischer und antisemitischer Ansichten an Soldaten zu verhindern wenn Medien, die dieses Kriterium erfüllen, nicht gesperrt sind, unbedenkliche Medien hingegen schon?

24.       Sind Sie der Überzeugung, dass die Sperr-Praxis in allen Standort- und Soldatenbibliotheken korrekt eingehalten wird und auch an jedem Standort, insb. den Soldatenbiblitotheken, genügend Personal zur Verfügung steht?

25.       Seit Jahren ist bekannt, dass in der Militärakademie in Wiener Neustadt Personen und Gruppierungen mit rechter Gesinnung aktiv sind. Die vielen Ankündigungen des Ministeriums gegen diese Kreise aktiv zu werden, haben jedenfalls nicht dazu geführt, dass die ÖMB die Literatur im Standort Wiener Neustadt angepasst oder überprüft hat. Während zeitgeschichtliche Arbeiten wie etwa „Wiener Neustadt im Ständestaat. Arbeiteropposition 1933-1938” von Karl Flanner, 1983 oder „Die Zwischenkriegszeit in Wiener Neustadt. Eine militärische, wirtschaftliche und soziale Darstellung“ von Rene Hudribusch, 2004 in Wiener Neustadt nicht aufgestellt sind, sondern nur am Standort Stiftskaserne, befindet sich dort ein riesiger Bestand an einseitiger Literatur über Wehrmachts-, Waffen-SS- und SS. Warum wurde der Bereich der Soldatenbibliothek von Ihnen seit der ersten Anfrage 2008 zu diesem Komplex noch nicht in Angriff genommen?


26.       Warum ist das Werk „Die Kavallerie der Waffen-SS im Bild” von Hanns Bayer, Signatur 60003/55/1 aus dem Jahr 1982 aus dem rechtsextremen Munin-Verlag für die Leihe gesperrt, das Werk „Die Kavallerie der Waffen-SS” von Hanns Bayer von 1980, Signatur 60003/55/A/1 am Bibliotheksstandort Stiftskaserne und Signatur 60003/55/A/2 am Bibliotheksstandort Theresianische Militärakademie nicht?

27.       Warum existiert das Buch „Die Kavallerie der Waffen-SS im Bild“ gleich dreimal; sowohl in den zwei möglichen Ausgaben (1980/1982) und die letzte Ausgabe gleich an zwei Standorten? Findet dort wissenschaftliche Forschung zur Geschichte der Kavallerie der Waffen-SS statt? Die aktuelle Liste der in Wiener Neustadt abgeschlossenen Diplomarbeiten weisen keinen solchen auf.

28.       Existiert das Buch auch an anderern Standorten, also etwa in Soldatenbibliotheken?

29.       Beim Munin-Verlag handelt es sich um einen bekannten rechtsextremistischen deutschen Buch- und Zeitschriftenverlag. Gilt er für die ÖMB trotzdem als „Medi[um] rechtsextremen und/oder rechts-revisionistischen Inhalts, [das] der Wissenschaft als Quelle dien[t]” wie in der Anfragebeantwortung 3738/AB ausgeführt wurde?

30.       Das Buch existiert unserer Recherche nach in keiner Ausführung in einer öffentlichen oder wissenschaftlichen Bibliothek der Republik Österreich. Weiters führen fünf deutsche Bibliotheken die 1982-Ausführungen und keine deutsche Bibliothek die 1980-Ausgabe, auch, sofern wir das einsehen können, keine Bundeswehr-Bibliothek oder Bibliothek einer Bundeswehr-Universität. Warum führt es gerade die ÖMB gleich dreimal?

31.       Das Buch „Waffen-SS im Bild“, Signatur 60003/23/1, aus dem Jahr 1957 liegt in der ÖMB als frei bestellbar auf. Die Erfassung ist nicht nur was die Beschlagwortung anbelangt (Deutschland, Waffen-SS, Geschichte, Bildband) mangelhaft, sondern auch die sonstigen Angaben vermeiden den Autor zu nennen: Das Buch ist anderswo mit „K. Kanis / Angehörige der ehemaligen Waffen-SS (Hrsg.)“ vermerkt und wurde tatsächlich von ehemaligen Waffen-SSlern herausgegeben. Der Buchdeckel zeigt die doppelten SS-Runen. Die Frage bleibt: Was hat es in der ÖMB zu suchen und warum ist es frei entlehnbar?

 

32.       Teilen Sie die Einschätzung, dass durch die nachweislich nachlässige Sperrung der problematischen Literatur nicht sichergestellt werden kann, dass diese Literatur nicht doch in Hände von Soldaten und Soldatinnen gelangt, die damit keine wissenschaftliche Forschung betreiben?


33.       Teilen Sie die Einschätzung, dass das derzeit existierende System der ÖMB sowohl eine Standortbibliothek für Soldaten/Soldatinnen und gleichzeitig eine wissenschaftliche Bibliothek mit einem großen Bestand an Nazistica sowie rechter, volksverhetzender, rassistischer, antisemitischer oder die Einheiten des Dritten Reichs verherrlichender Literatur zu sein, wenig zielführend ist?

 

34.       Während der Bestand an rechter, volksverhetzender, rassistischer, antisemitischer oder die Einheiten des Dritten Reichs verherrlichender Literatur sehr groß ist stechen andere Leerstellen ins Auge. Der Fachbereich Rechtsextemismus fristet etwa ein karges Dasein: Unter dem Schlagwort „Rechtsradikalismus“ sind nur 36 Bücher geschlagwortet, davon sind nur fünf (!) jünger als 10 Jahre und weisen darüber hinaus meist keinen Bezug zu Österreich auf. Unter dem Schlagwort „Rechtsextremismus“ scheinen gar nur 3 Bücher auf, wobei nur eines (!) aus dem Jahr 1998 die Lage in Österreich beschreibt. Teilen Sie die Einschätzung, dass das Verhältnis zwischen rechter, volksverhetzender, rassistischer, antisemitischer oder die Einheiten des Dritten Reichs verherrlichender Literatur zu Werken aus dem Bereich Rechtsextremismusforschung in der Öffentlichkeit ein schlechtes Bild erzeugen könnte?

 

35.       Sucht man zum Thema/Schlagwort „Neonazismus“, muss man zum Eindruck kommen, dass dieser in Österreich nicht mehr existiert: Das letzte Buch zum Thema von 1966 ist: „Warnung an Österreich“ von Walter Hacker. Der Österreichische Verbundkatalog enthält dazu 1.256 Treffer. Teilen Sie die Einschätzung, dass das Verhältnis an rechter, volksverhetzender, rassistischer, antisemitischer oder die Einheiten des Dritten Reichs verherrlichender Literatur zu Werken aus dem Bereich Rechtsextremismusforschung in der Öffentlichkeit ein schlechtes Bild erzeugen könnte?

 

36.       Vom „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“ existieren zwar zwei Exemplare in der ÖMB, diese sind aber unter „Rechtsradikalismus“ geschlagwortet. Auch besitzt die ÖMB in ihren zahlreichen Außenstellen und trotz ihrer zahlreichen Spender kein Exemplar der Ausgaben von 1993 und 1996 des „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“. Lediglich die Ausgabe von 1994 in der zweiten Auflage existiert, diese sogar zweimal – aber nicht in Wiener Neustadt. Wie kann Ihre Aussage „Der Inhalt wird von der wissenschaftlichen Forschung bzw. den anfordernden Kommanden  ausgewertet und beurteilt“ verstanden werden, wenn die dazu notwendige Basisliteratur fehlt?

 

37.       Zum Thema Ritterkreuzträger und Ritterkreuz finden sich nicht weniger als 48 Bücher. Das ist, verglichen mit dem Ergebnis anderer Verbundkataloge, de facto der gesamte Literaturkatalog zum Thema. Auffällig sind dabei aber vor allem die vielen Doppel- und Dreifachaufstellungen: Von gut einem Drittel der 48 Werke besitzt die ÖMB zwei oder mehr Ausgaben. Die allermeisten sind an verschiedenen Standorten aufgestellte, vor allem auch in Wiener Neustadt. Uns fällt kein Argument ein, warum das Werk „Die Ritterkreuzträger der U-Boot-Waffe“ sowohl am Standort Stiftskaserne als auch am Standort Wiener Neustadt aufgestellt sein muss. Manche Werke existieren gleich nur am Standort Wiener Neustadt. Wie ist diese Konzentrierung zu rechtfertigen?

 

38.       Literatur zu Waffen-SS existiert im Umfang von mindestens 134 Büchern, die Suche nach Waffen-SS, SS und Freiwilligen-SS wirft sogar 242 Arbeiten aus. Das ist de facto der gesamte Literaturkatalog zum Themenbereich. Wieder existieren von nahezu allen Werken mehrere Exemplare, wieder befinden sich diese vor allem in Wiener Neustadt. Wie ist diese Konzentrierung von die Einheiten des Dritten Reichs verherrlichender Literatur zu rechtfertigen, insbesondere wo diese fast ausschließlich frei aufgestellt ist?

 

39.       Auch besteht eine große Sammlung an Literatur zu den Freiwilligen-Verbänden der SS. In der ÖMB besteht dafür auch eine eigene Beschlagwortung zur Verfügung: „Freiwilligenverband”. Diese Beschlagwortung wird in keiner anderen von uns dazu untersuchten wissenschaftlichen Bibliothek verwendet. Unter den Ergebnissen dieser Schlagwortsuche findet sich 10 Bücher, 9 zu Freiwilligen-Verbänden der SS, eines zu einem Freiwilligenverband der Sowjetunion. Einige der darunter aufgelisteten Bücher existieren in keiner anderen österreichischen Bibliothek, etwa das Werk „Europäische Freiwillige” von Heinz Ertel, 1986 im rechten Munin-Verlag erschienen. Einige davon sind von der Nutzung ausgenommen, andere hingegen frei entlehnbar, wie „Die Freiwilligen der Waffen-SS. Idee und Opfergang” von Felix Steiner, 1973 im rechten K.W. Schütz-Verlag erschienen. Viele der Literatur zu den „europäischen Freiwilligen” der SS besteht doppelt und ist sowohl in der Stiftskaserne als auch in der Militärakademie in Wiener Neustadt aufgestellt. Manche, etwa „Die Waffen-SS. Eine Dokumentation” von 1965 oder „Die Ostlegionen. 1941-1943, Turkotataren, Kaukasier und Wolgafinnen im deutschen Heer” in Wiener Neustadt gleich doppelt. Teilen Sie die Einschätzung, dass solcherlei Begeisterung für die Freiwilligen-Verbände einer verbrecherischen Einheit nichts im österreichischen Bundesheer zu suchen hat und diese Konzentration durch nichts zu rechtfertigen ist?

 

40.       Aus dem Verlagsprogramm K.W. Schütz befinden sich mindestens 65 Bücher in der ÖMB, darunter einerseits ideologisch stark aufgeladene Werke wie „Vom Schiffsjungen zum Fallschirmjäger-General” oder „Der große Rausch. Rußlandfeldzug 1941-1945” des rechtsextremen Publizisten Erich Kern – beide frei entlehnbar und jeweils sowohl in der Stiftskaserne als auch in Wiener Neustadt aufgestellt. Ein Gutteil des restlichen Verlagsprogramms richtet sich gegen den Offizierswiderstand, etwa das Werk „Dilettanten gegen Hitler. Offiziere im Widerstand, ihre Worte ihre Taten”, gegen den bewaffneten Widerstand „Verrat an Deutschland. Spione und Saboteure gegen das eigene Vaterland” oder verfolgt eine klar revanchistische Agenda, wie etwa „Verbrechen am deutschen Volk. Eine Dokumentation alliierter Grausamkeiten”. Was haben diese Werke, frei entlehnbar und als Doppelexemplare vorhanden, im Österreichischen Bundesheer zu suchen?

41.       Von 65 Werken (bei häufiger Doppel- und Dreifachaufstellung) aus dem Schütz-Verlagsprogramm sind nur 8 von der Entlehnung gesperrt. Auch das Werk „Waffen-SS im Einsatz” von Paul Hausser nicht, das mit zwei Siegrunen (SS) aufgemacht ist und den Wahlspruch der SS – „Meine Ehre heißt Treue” - auf dem Cover trägt. Die ÖMB besitzt gleich zwei Exemplare, die frei entlehnbar sind. Das Buch wurde in Deutschland kurz nach dem Erscheinen indiziert. Paul Hausser ist selbst einer der zwei ranghöchsten Offiziere in der Waffen-SS gewesen. Wie ist diese Auswahl zu rechtfertigen?

42.       Wie sind die Doppel- und Dreifachaufstellungen zu begründen?

43.       Auch zum Grazer Stocker-Verlag dürfte es ein ungebrochen gutes Verhältnis geben. 237 Bücher aus dem Stocker-Verlag listet die ÖMB. Das Verlagsprogramm umfasst neben Arbeiten zur Monarchie und einer waffentechnischen Abteilung einen großen historischen Teil, der sich Wehrmachts-Operationen und -Biographien widmet und auch revisionistische Werke umfasst. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands hat bereits 2004 in einer Stellungnahme festgestellt, dass der Verlag inhaltliche und personelle Berührungspunkte zum Rechtsextremismus aufweist.[1] Dass ein Verlagsmitarbeiter Mitglied des rechtsextremen und neonazistischen Forums der „Freien Freunde” zu seien scheint, wie 2011 bekannt wurde, legt nahe, dass das Problem seither eher größer denn kleiner geworden ist. Aus dem Stocker-Verlag bestehen aber nicht nur Publikationen aus dem frühen Verlagsprogramm – wie etwa „Gebirgsjäger zwischen Kreta und Murmansk. Die Schicksale der 6. Gebirgsdivision”, wieder doppelt und auch in Wiener Neustadt – in der ÖMB, sondern auch aktuelle Arbeiten, wie etwa „Legenden, Gerüchte, Fehlurteile. Ein Kommentar zur zweiten Auflage der Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung” aus dem Jahr 2003 oder zwei Arbeiten über Freiwilligen-Verbände der Waffen-SS ebenfalls aus 2003. Von 237 Büchern aus dem Verlagsprogramm des Stocker-Verlags ist nur ein Buch gesperrt, jenes von David Irving. Wie ist diese große Sammlung aus dem Verlagsprogramm dieses umstrittenen Verlags zu rechtfertigen?

44.       Dem Stocker-Verlag gehört ebenso der ARES-Verlag, der sich insbesondere um die Zeitgeschichte- und Politik-Sparte kümmert. 34 Bücher aus dem ARES-Verlag sind in der ÖMB gelistet, alle sind zwischen 2004 und 2010 erschienen und damit angeschafft worden. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands hat eine längere Stellungnahme zum ARES-Verlag abgegeben und dabei unter anderem kritisiert, dass „einzelne Beiträge die Propagierung antisemitischer und rassistischer Ressentiments sowie die Verächtlichmachung von Minderheiten [beinhalten].“ Wie kann der Ankauf von Literatur aus solch einem Verlagshaus zur Aufgabe einer Behördenbibliothek, insbesondere eine, auf die auch die Soldaten- und Standortbibliotheken zugreifen, gehören?

45.       Auch der Literaturbestand zur SS ist überbordend, rund 250 Bücher zum Thema schlägt der Onlinekatalog zur Ausleihe vor. Nur ein kleiner Teil davon ist von der Ausleihe gesperrt. Wieder finden sich Bücher, die in einem Standort gesperrt sind während sie an anderen frei auszuleihen sind. Nicht nur Lexika wie das sechsbändige Werk „Die Truppenkennzeichen der Verbände und Einheiten der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS und ihre Einsätze im Zweiten Weltkrieg 1939–1945“ befindet sich sowohl am Standort Stiftskaserne als auch am Standort Wiener Neustadt zur freien Entlehnung. Auch das Werk des Standartenführers der SS Franz Schreiber, „Kampf unter dem Nordlicht. Deutsch-finnische Waffenbruderschaft am Polarkreis, die Geschichte der 6. SS-Gebirgs-Division Nord“ in dreifacher Aufstellung an zwei Standorten. Auch das Werk „Die Armee der Geächteten“ des Felix Steiner bietet die ÖMB an - in dreifacher Ausführung: einmal am Standort Stiftskaserne, zweimal am Standort Wiener Neustadt. Das große Interesse an der Geschichtsschreibung des SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Felix Steiner führt bei der ÖMB offenbar nicht dazu, das Buch nicht mit der Vorgabe „Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe [zu sperren]“ zu behandelt: Das Buch ist an allen Standorten frei entlehnbar. Wird diese Art Literatur tatsächlich für wissenschaftliches Quellenstudium benötigt?

46.       Wie kommt es zur häufigen Doppelaufstellung und Dreifachaufstellung dieser Literatur? Wann wurde diese angeschafft? Wurde diese aus Wiener Neustadt extra angefordert? Von wem und wann?

47.       Ist diese Doppel- und Mehrfachaufstellung – und somit Beschaffung – wirtschaftlich und ökonomisch zu rechtfertigen? Wie? Ist diese im Sinne eines gewissenhaften Umgangs mit Steuermitteln?

48.       Sie führten in der bereits zitierten Anfragebeantwortung aus: „Der  Inhalt  wird  von  der  wissenschaftlichen  Forschung  bzw.  den  anfordernden  Kommanden  ausgewertet  und  beurteilt. Bekanntlich bedarf anerkannte wissenschaftliche Forschung eines möglichst umfangreichen Quellenstudiums.“ Zu welchem Ergebnis führten diese Auswertungen und Beurteilungen? Wann wurden diese ausgeführt? Sind diese dokumentiert? Warum führten diese zu keiner Sperrung sondern gar zu einer Aufstellung in verschiedenen Standorten?

49.       Finden Sie es akzeptabel solche Literatur – ohne einen zu erbringenden Nachweis der wissenschaftlichen Forschung – an einem Standort anzubieten, dessen Auszubildende immer wieder durch rechte und rechtsextreme Kontakt auffallen und aufgefallen sind?

50.       Abgesehen von der grundsätzlichen fraglichen Sinnhaftigkeit von Buch-Sperrungen, ist die Sperr-Politik sehr unterschiedlich und folgt kaum nachvollziehbaren Kriterien. Das Werk „Unsere Ehre heißt Treue. Kriegstagebuch des Kommandostabes Reichsführer SS Tätigkeitsberichte der 1. u. 2. SS-Inf.-Brig. d. 1. SS-Kav.-Brig. und von Sonderkommandos der SS“ ist in doppelter Auflage in der ÖMB frei zugänglich, während das Werk „Wenn alle Brüder schweigen. Großer Bildband über die Waffen-SS“ gesperrt ist. Die Arbeit von Otto Weidinger „Kameraden bis zum Ende. der Weg des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 "Der Führer“, 1939 - 1945“ wiederum ist in dreifacher Auflage in der ÖMB vorhanden, zweimal am Standort Stiftskaserne, einmal in Wiener Neustadt. Weidingers Einheit war an einem Massaker in Frankreich beteiligt (Oradour), publizierte nach 1945 in rechtsextremen Verlagen und war Bundesvorsitzender der HIAG, einer Hilfsgemeinschaft für Waffen-SS-Angehörige. Sie führten in der bereits zitierten Anfragebeantwortung aus: „Der  Inhalt  wird  von  der  wissenschaftlichen  Forschung  bzw.  den  anfordernden  Kommanden  ausgewertet  und  beurteilt. Bekanntlich bedarf anerkannte wissenschaftliche Forschung eines möglichst umfangreichen Quellenstudiums.“ Zu welchem Ergebnis führten diese Auswertungen und Beurteilungen? Wann wurden diese ausgeführt? Sind diese dokumentiert? Warum führten diese zu keiner Sperrung sondern gar zu einer Aufstellung in verschiedenen Standorten?

51.       Das Werk „Die Leibstandarte“ ist ein umfangreiches sechsbändiges Werk das nur wenige Bibliotheken besitzen, antiquarisch kostet das Werk mehrere hundert Euro. In der ÖMB sind die sechs Teile wieder in allen Standorten aufgestellt. Was spielt dieses umfangreiche und detailierte Werk über die Leibstandarte Adolf Hitler aus einem rechten Verlag so eine hohe Relevanz, die die Aufstellung an beiden Standorten rechtfertigt?

52.       Sucht man im österreichischen Biliotheks-Verbundkatalog nach „Verbrechen der Wehrmacht“ werden mehrere hundert Bücher vorgeschlagen. Sucht man in der ÖMB nach „Verbrechen der Wehrmacht“ erscheinen nur 13 Werke. Noch erstaunlicher ist die Tatsache, dass sich rund ein Drittel dieser Arbeiten mit Verbrechen an der Wehrmacht beschäftigen oder revisionistische oder reaktionäre Kommentaren zur Wehrmachtssausstellung sind. Wie kann eine „wissenschaftliche“ und „kritischen wehrwissenschaftlichen Forschung“ in der ÖMB oder auf Basis des ÖMB-Bestands durchgeführt werden, wenn wesentliche Teile der Literatur zum Thema fehlen?

53.       Sucht man einfacher nach „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ findet man sechs Bücher. In der ÖBV gibt es mehr als 132 Hits unter diesem Schlagwort. Unter den Ergebnissen befindet sich bis auf ein russisches Werk ausschließlich revisionistische Literatur, etwa „Der geplante Tod. Dt. Kriegsgefangene in amerikan. u. französ. Lagern 1945-1946“ von James Bacque, das „Schwarzbuch der Vertreibung 1945 bis 1948. Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit“ und „Vertreibungs-Verbrechen an Deutschen. Tatbestand, Motive, Bewältigung“ beide von Heinz Nawratil und „Mensch auf den Acker gesät. Kriegsgefangen in d. Heimat“ von Josef Nowak. Wie ist diese höchst selektive Auswahl an Literatur zu rechtfertigen?

54.       Durch die Schlagwortsuche zu „Vernichtungskrieg“ bietet der ÖBV mehrere hundert Werke an, die ÖMB nur 5. Warum?

55.       Die Suche nach dem Schlagwort “Massaker” führt in der ÖMB nur zu 17 Einträgen. 7 Bücher zum Massaker von Katyn durch die Sowjetunion, drei behandeln Massaker im kommunistischen China, ein Buch aus dem rechten Munin-Verlag behandelt das alliierte Bombardement von Malmedy. Drei Bücher behandeln Massaker nach 1945 (Beirut, Bosnien-Herzegowina, Srebrenica). Wie kann eine wissenschaftliche, wehrhistorische Bibliothek mehrere hundert Bücher zu Wehrmacht, Waffen-SS und SS anbieten aber keines zu Massakern dieser Verbände? Warum bietet die Nationalbibliothek, Landesbibliotheken und Fachbibliotheken Literatur zum Thema an, die die ÖMB mit wissenschaftlichem und wehrhistorischen Schwerpunkt nicht anbietet?

56.       Von Werner Haupt finden sich hingegen nicht weniger als 43 Bücher in der ÖMB. Haupt publiziert in rechtsextremen Verlagen und gibt die einschlägige Buchreihe „Der Landser“ heraus. Wikipedia hält zu ihm bereit, dass Haupt nachgewiesen worden sei, „unter anderem die Leiden und den Tod der Zivilbevölkerungen der von deutscher Besatzung betroffenen Gebiete [zu unterschlagen oder leugnen] und stattdessen das Narrativ des „ritterlichen Kampfes der Wehrmacht“ verbreitet [hätte]“.Wie ist dieses Missverhältnis, vgl. insb. Fragen 52 und 59, zu rechtfertigen?

57.       Werner Haupts Bücher sind – bis auf eines – nicht gesperrt, obwohl sie einseitig Stellung beziehen und wissenschaftlich auf weiten Strecken widerlegt sind. Sein Werk „Leningrad. Die 900-Tage-Schlacht; 1941-1944“ ist gleich an zwei Standorten vorhanden, in Wiener Neustadt und am Standort Stiftskaserne, ebenso sein Werk „Kriegsschauplatz Italien“. In Letzerem wird etwa das Massaker von Marzabotto geleugnet. Wenn Ihrer Meinung nach in der ÖMB nur Werke mit revisionistischem Inhalt gesammelt werden um sie einer nachweislichen wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung zu stellen, warum sind diese Bücher dann nicht als für diesen Zweck gekennzeichnet sondern stehen an mehreren Standorten zur freien Entlehnung zur Verfügung?

58.       Bleiben Sie bei Aussage aus der bereits zitierten Anfragebeantwortung, demnach „im  Vergleich  mit  anderen  wissenschaftlichen  Bibliotheken  in Österreich (…) an der ÖMB keine umfangreichen Bestände an rechtsextremer und/oder rechts-revisionistischer Literatur festgestellt werden“ könne?

59.       In der bereits zitierten Anfragebeantwortung wird die Behauptung aufgestellt, dass „Literatur, (…) die Methoden revisionistischer Propaganda decouvriert (…) ein Schwergewicht [bilde] und kann viel  eher als „Fülle des Bestandes“ der ÖMB bezeichnet werden.“ Welche Literatur ist damit gemeint? Unter welchem gemeinsamen Schlagwort kann dieser Bestand gefunden werden? Zu welchem Zweck findet diese Sammlung statt und wie wird diesem Zweck entsprochen?

60.       In der bereits zitierten Anfragebeantwortung wird die Behauptung aufgestellt, dass seit 2000 „nahezu alle Neuerscheinungen (Sachbücher, Belletristik, Dokumentationen, Spielfilme etc.), die nationalsozialistische Gewaltverbrechen und insbesondere den organisierten Massenmord an  Juden in nationalsozialistischen Konzentrationslagern thematisieren (…) angekauft.“ Halten Sie diese Aussage aufrecht? Wie bereits dargestellt wurde ergibt der Vergleich mit etwa der Fachbibliothek Zeitgeschichte der Uni Wien ein anderes Bild.

61.       Die Suche nach „Konzentrationslager“ in der ÖMB ergibt 61 Ergebnisse, ein Abruf im ÖBV 3508 Ergebnisse. Von den 61 Büchern sind mehr als die Hälfte vor 2000 erschienen und mindestens vier behandeln russischen Lager (!), sind weiters keineswegs nur Sachbücher sondern auch belletristische Werke wie “Der Vorleser”. Halten Sie die in der vorigen Frage zitierte Aussage zum Ankauf von Neuerscheinungen aufrecht?

62.       In der bereits zitierten Anfragebeantwortung wird ausgeführt, dass eine Prüfung der ÖMB durch „die Staatssekretärin im Bundeskanzleramt“ 2007 geprüft wurde. Wurde seit 2007 die ÖMB geprüft?

63.       Wurde dabei der Bestand evaluiert?

64.       Wurde dabei die Verleihpraxis an Soldaten, Milizsoldaten im Verhältnis zu WissenschaftlerInnen innerhalb des Ressorts und WissenschaftlerInnen außerhalb des Ressorts in den Blick genommen?

65.       Warum findet die Evaluierung und Prüfung einer wissenschaftlichen Bibliothek nicht auch durch externe, unabhängige Einrichtungen oder Institutionen statt?

66.       In der bereits zitierten Anfragebeantwortung wird ausgeführt, dass „der Bestand durch die jeweiligen Dienststellenleiter und Kommandanten auf seine Aktualität überprüft [werde]“. Wann fand dies zum letzten Mal statt?

67.       Wer ist für die in dieser Anfrage genannten Werke überblicksmäßig zuständig?

68.       Wer ist für die Auswahl der Bücher, die in Wiener Neustadt aufgestellt werden, zuständig?

69.       2008 wurde für Druckschriften über 1 Million Euro ausgegeben. Wieviel wurde in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012 für Druckwerke ausgegeben?

70.       Wieviele Sachspenden erhielt die ÖMB?

71.        In der bereits zitierten Anfragebeantwortung wird in Antwort 25 ausgeführt, welche Bücher aus bekannten rechten Verlagen gekauft wurden. Wer hat sie angefordert? Warum wurden die Bücher mit der Nummer a-d angekauft?


72.       Welche Bücher wurden in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012 aus den folgenden Verlagen angekauft:

Munin Verlag

Arndt Verlag

Grabert Verlag

Hohenrain Verlag

Verlag & Agentur Walter Symanek

Gesamtdeutscher Verlag Anneliese Thomas

Deutsche Stimme Verlag

Verlagsgemeinschaft Berg

Druffel Verlag

Türmer Verlag 

Vowinckel Verlag

Verlag Karl W. Schütz ?

73.       In der bereits zitierten Anfragebeantwortung wird in Antwort 52 ausgeführt, die Beschlagwortung in der ÖMB unterscheide sich deswegen von jener in öffentlichen Bibliotheken, da es sich um eine wissenschaftliche Bibliothek handle. Inwiefern unterscheidet sich die Beschlagwortung? Wer nimmt die Beschlagwortung vor? Wann fand die Beschlagwortung des größten Teils des ÖMB-Bestandes statt? Wer nahm die Beschlagwortung früher vor?

 

74.       Frage 46 der bereits zitierten Anfrage wurde nicht beantwortet. Hat  die  ÖMB  bei  oder  nach  Ihrer  Gründung  1955/56  auch  Literatur  aus Beständen der Wehrmacht übernommen?

75.       Frage 48 der bereits zitierten Anfrage wurde mit „entfällt“ beantwortet. Warum?

76.       Wurde hinsichtlich jener Bestände, die vor 1938 erschienen sind, jemals eine umfassende Provenienzforschung durchgeführt und, falls ja, was waren die Ergebnisse dieser Forschungen?

77.       In der Anfragebeantwortung 3738/AB aus der XXIII. GP wird erläutert, dass „Medien rechtsextremen und revisionistischen Inhalts von der Leihe gesperrt [seien] und (…) nur zum Zwecke einer nachgewiesenen wissenschaftlichen Forschung eingesehen werden [könnten].“ Wie oft wurde in den Jahren 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010 und 2011 jeweils aufgrund von nachgewiesener wissenschaftlicher Forschung Einsicht in solche Literatur gewährt?

78.       Wie oft wurde die Einsicht heeresinternen Personen gewährt?

79.       Wer entscheidet im Einzelfall anhand welcher Kriterien, ob tatsächlich der Nachweis einer entsprechenden wissenschaftlichen Forschung gelungen ist?


80.       In der online abrufbaren Benutzungsordnung der Militärbibliothek wird angeführt, dass ressortfremden Personen, insbesondere aus dem universitären Bereich, mit Sondergenehmigung der Leiterin der Militärbibliothek, der Zugang zur Bibliothek (bzw. Leihe) zu ermöglichen ist. Nach welchen sachlichen Kriterien werden diese Sondergenehmigungen heeresexternen Personen erteilt?

81.       Gibt es insbesondere Bestimmungen, welche die Erteilung von Sondergenehmigungen bezüglich der Inanspruchnahme der Militärbibliothek ausführend regeln?

82.       Wenn ja, wie lauten diese?

83.       In welchen Fällen wird wissenschaftlich forschenden Mitarbeitern im universitären Bereich kein Zugang zur Militärbibliothek gewährt?

84.       Wird eine etwaige Weigerung der Erteilung der Genehmigung der Inanspruchnahme der Militärbibliothek begründet?

85.       Erfüllt die Bibliothek die Voraussetzungen, um als wissenschaftliche Bibliothek den Anforderungen des Forschungsbetriebs gerecht zu werden?

86.       In der Beantwortung der Frage 51 wird ausgeführt, die Videos „Dornröschen“ und „Schneewittchen“ wurden im Jahre 2003 „aus der Heeresbild- und Filmstelle (HBF) für Truppenbetreuung übernommen“. Warum wurden von der HBF diese Videos angeschafft? Wann wurden diese angeschafft? Warum wurden diese zur Truppenbetreuung übergeben?

87.       In der Antwort zu den Fragen 64 und 65 der bereits zitierten Anfrage wurde angedeutet, dass eine Provenienzforschung angedacht ist. Hat sich in dieser Sache seit 2008 etwas verbessert? Wurde eine solche Provenienzforschung beantragt oder durchgeführt? Durch wen und wann?

88.       Mit welchen Bibliotheken hat die ÖMB Leihabkommen abgeschlossen? In der Antwort zur 53 der bereits zitierten Anfrage wird angedeutet, dass es einen „österreichischen und internationalen Leihverkehr“ gäbe.

89.       Gibt es Ideen die ÖMB auf dem Gebiet der Leihabkommen weiterzuentwickeln? So gibt es etwa kein Leihabkommen mit der Bibliothek des Österreichischen Parlaments, MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion oder der Klubs können so nicht auf den Bestand in der ÖMB zugreifen. Leihabkommen stellen nicht zuletzt eine wichtige Möglichkeit der Kostensenkung dar, da so Bibliotheken wenig angeforderte Fachbereiche auslagern können.

90.       Wäre die ÖMB einem umfassenden Leihbetrieb im Zuge eines österreichischen und internationalen Leihverkehrs  personell gewachsen? Welche Schritte müssen hierfür gesetzt werden?


91.       Ist die ÖMB einem umfassenden Ortsleih-Betrieb personell gewachsen? Welche Schritte müssen hierfür gesetzt werden?

92.       Ist die ÖMB einem umfassenden Ortsleih-Betrieb in Bezug auf die Einforderbarkeit von Mahnspesen gewachsen? Welche Schritte müssen hierfür gesetzt werden?

93.       In der bereits zitierten Anfrage wurden Sie gefragt, ob Sie die Einschätzung „teilen  (…),  dass  ob  der  gravierenden  Mängel  in Aufbereitung, Auswahl  und  Kennzeichnung  verbotener  bzw.  problematischer (rechtsextremer,  deutsch-revanchistischer,  revisionistischer,  etc)  Literatur  die Militärbibliothek bis zur Korrektur dieser Zustände zu schließen ist?“. Sie verneinen dies und begründen dies mit dem Umstand, dass „verbotene  Bücher  bzw.  Medien  rechtsextremen und revisionistischen Inhalts  von  der  Leihe  gesperrt“ seien. Diese Beantwortung war und ist – wie in dieser Anfrage ausgeführt – unrichtig. Teilen Sie die Einschätzung, dass ob der gravierenden Mängel in Aufbereitung, Auswahl und Kennzeichnung verbotener bzw. problematischer (rechtsextremer, deutsch-revanchistischer, revisionistischer, etc) Literatur die Militärbibliothek bis zur Korrektur dieser Zustände zu schließen ist?

94.       Wenn nein: Inwiefern möchten Sie diese Behauptung anpassen?

95.       Wenn ja: Welche Schritte werden Sie hierfür setzen?

96.       Welche Anweisungen werden Sie den zuständigen Kommanden, die den Inhalt der Literatur laufend auswerten und prüfen, diesbezüglich geben?

97.       Befürworten Sie die Meinung, eine Trennung der ÖMB in eine wissenschaftliche Bibliothek und eine Zentralbibliothek zur Ausstattung der Soldatenbibliotheken/Standortbibliotheken wäre zielführend?



[1]  http://www.doew.at/frames.php?/projekte/rechts/chronik/2004_08/no2.html