12571/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.09.2012
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst

betreffend „Gender-Desaster“ beim Eignungstest für das Medizinstudium an der Medizinischen Universität Wien

 

4.370 Maturanten nahmen am 6. Juli in der Messe Wien am Eignungstest für einen Studienplatz an der Medizinischen Universität (Med-Uni) Wien teil.[1] In diesem Zusammenhang kam es auf Initiative von Vizerektorin Univ.-Prof. Dr. Gutiérrez-Lobos  zu einer genderspezifischen Auswertung.

Diese genderspezifische Auswertung führte dazu, dass Bewerberinnen trotz identer Punktezahl einen höheren Testwert als Männer erhielten - und deshalb einen Studienplatz bekamen. Diese bevorzugte Behandlung weiblicher Bewerberinnen wurde vor allem damit begründet, dass die weiblichen Bewerberinnen bei dem Aufnahmetest stets schlechter abschneiden als ihre männlichen Mitbewerber.

Ein entsprechender online Artikel, welcher unter der Adresse http://mobil.derstandard.at/1345164455169/derstandard.at/1343744079895/derstandard.at/1343744079895/Medizin-Aufnahmetest-Empoert-euch-Aber-richtig  abrufbar ist, behandelt die Problematik und die weiterreichenden Folgen dieser umstrittenen Maßnahme. Der Artikel lautet in entsprechenden Auszügen wie folgt:

„…Schuld am nicht erwünschten Ergebnis ist "der Test". Die "schiefen Ergebnisse" seien auf seine "auch genderblinden Defizite" zurückzuführen, meint stellvertretend für den feministischen Blick Lisa Nimmervoll in ihrem STANDARD-Kommentar vom 7. August. (…)


Nun, unbestritten muss jeder Test, der Fairness für sich reklamiert, auf eventuelle Genderprobleme hin untersucht werden. So sehen das auch die Testentwickler des Medizin-Aufnahmetests (EMS) selbst und evaluieren deshalb kontinuierlich seine Vorhersagbarkeit für den Prüfungserfolg; so sieht das auch das Wissenschaftsministerium und beauftragte 2008 die Evaluation des Tests (Christiane Spiel u. a., Uni Wien) und gleich auch noch die Überprüfung der Spiel-Studie durch ein Schweizer Institut.

Das Zentrum für Testentwicklung und Diagnostik an der Universität Freiburg/Fribourg kommt zu folgendem Ergebnis: "Bisher konnte eine testbedingte Benachteiligung, die auszugleichen wäre, nicht nachgewiesen werden“(…)

Ein Ausgleich wäre nur auf politischem Wege möglich. Dies wäre aber auch nicht problemlos, weil dann Fairness im Einzelfall nicht mehr gegeben wäre(…)

Verhandelt werden nicht vorgebliche Gender-Ungerechtigkeiten, sondern Ideologismen. Wenn die genderpolitische Vorgabe von annähernd 50:50-Ergebnissen bei Tests konsequent weitergedacht wird, dann müssten alle Tests und Lehrpläne, die unterschiedliche Begabungen erfassen, abbilden und voraussetzen, inhaltlich überarbeitet werden: Architektur (zu viel räumliches Vorstellungsvermögen), Bergbau (zu viel Statik und Physik), Elektrotechnik (zu viele Formeln), Informatik (zu viel Programmieren)... und beim EMS-AT nun eben das Zurückdrängen des "naturwissenschaftlichen Überhangs" (Nimmervoll).

Gender-Desaster erleben

Wie man vom Tunnelbauer erwarten möchte, dass sein Tunnel nicht einbricht, will man sich als zukünftiger Patient aber auch auf ein "medizinisch naturwissenschaftliches Grundverständnis" (=ein Testteil des EMS, in dem Männer konstant besser abschneiden) von angehenden Ärzten und Ärztinnen verlassen können und nicht nur auf die "hochsoziale Kern"-Kompetenz (…)

Weil die Vorgabe aber 50:50 lautet (alle müssen alles jederzeit gleich gut können können), können sich die WächterInnen dieser undifferenzierten und de facto ungerechten Definition von Gerechtigkeit nicht zufriedengeben. Sie preisen einerseits die Überlegenheit der Mädchen, um andererseits, wenn die Ergebnisse das nicht widerspiegeln, gleich alle Ergebnisse nur aufgrund des Geschlechts aufs vorab behauptete Resultat hochzurechnen. Als langjähriger Sympathisant mit Frauenforderungen muss ich wohl zur Kenntnis nehmen, dass auch diese Revolution allmählich ihre Kinder frisst…“

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Frauen und Öffentlichen Dienst folgende:


Anfrage

1.    In wieweit war das BMFÖD in die Einführung der genderspezifischen Auswertung einbezogen?

 

2.    Finden Sie es gerechtfertigt und vertretbar, dass bei einem Testverfahren welches objektiv die geeignetsten Bewerber herausfinden soll, nach Gruppen unterschiedlich  ausgewertet wird?

 

3.    Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort genderspezifische Auswertungen, indem Ergebnisse eines Geschlechts zu Lasten des anderen Geschlechts willkürlich erhöht werden?

 

4.    Gemäß Artikel 7 Abs. 1 der Bundesverfassung sind alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort, dass aufgrund einer vermeintlichen Schieflage der Testergebnisse Artikel 7 Abs.1 der Bundesverfassung missachtet wird?

 

5.    Gleiche messbare Eignung ist nicht mehr gleiche Zulassungschance. Die genderspezifische Auswertung führt nun auch dazu, dass bereits jetzt Frauen, selbst wenn sie auch ohne Quote einen Platz erhalten hätten, als Gender-Quotenfrauen abgestempelt und somit auch leistungsstarke Frauen diskriminiert werden. Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort diese negative Entwicklung?

 

6.    In der Schweiz und Deutschland wird der EMS Test ebenfalls angewendet. Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort, das nur in Österreich dieser „Gender-Gap“ auftritt und daraus abgeleitet wurde, dass der Test weibliche Bewerberinnen diskriminiert?

 

7.    Welche spezifischen Faktoren sehen Sie bzw. Ihr Ressort für den „Gender-Gap“ in Österreich verantwortlich?

 

8.    Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort die Einführung von genderspezifischen Auswertungen in anderen Studienzweigen bzw. Prüfungssituationen?



[1]   http://www.meduniwien.ac.at/homepage/news-und-topstories/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=2856&cHash=1f3ddc4f84