13310/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.12.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend die luftfahrtlegistische Abteilung innerhalb der OZB

 

 

Eine, der wenn nicht sogar die zentrale Schwachstelle in der österreichischen Luftfahrtverwaltung stellt die luftfahrtlegistische Abteilung innerhalb der Obersten Zivilluftfahrtbehörde dar. Mehrere aktuelle Beispiele belegen die Trägheit und das konsequente Ignorieren rechtsstaatlicher Gegebenheiten. So wurden auf europäischer Ebene verschiedene Gesetze betreffend das zivile Luftfahrtpersonal, die Luftverkehrsregeln sowie den gewerblichen Luftverkehr verabschiedet. All diesen Gesetzen ist gemein, dass sie Zeitfenster enthalten, in denen die Umstellung auf die neuen Bestimmungen allen Betroffenen möglich gemacht werden. Diese Zeitfenster sind auf nationaler Ebene, so auch in Österreich zu verlautbaren. Diese Verlautbarungen sind nicht bzw. nicht rechtzeitig erfolgt.

Dies hatte zu Folge, dass die Bestimmungen der EU unmittelbar in Österreich rechtskräftig wurden, jedoch von den zuständigen Behörden nicht angewandt werden. Faulheit und Trägheit auf der einen Seite wurde somit durch rechtswidriges Vorgehen auf der anderen Seite ausgeglichen, um - so die allgemeine Sprachregelung – die österreichische Luftfahrt vor ungebührlichen Härten und Ungleichbehandlungen zu schützen - ein Zugang zum Rechtsverständnis, dass dem einzelnen Staatsbürger verwehrt ist.

Der Hintergrund für diesen Zustand ist in einer mangelhaften Dienstführung sowie ineffektiven Dienstaufsicht zu finden. Der Zustand der Luftfahrtlegistik im BMVIT ist seit Jahren kein Geheimnis und immer wieder Gesprächsgegenstand zwischen Sektionsleitern, Ministerkabinett und Generalsekretär - jedoch auf Grund der politischen Naheverhältnisse folgenlos.

Seit der Herausgabe der kommentierten Ausgabe des österreichischen Luftfahrtgesetzes im Jahre 1972 durch die vormaligen Ministerialräte Halbmayer und Wiesenwasser wurde keine substantielle Veröffentlichung in diesem Fachgebiet durch die legistischen Mitarbeiter im BMVIT mehr durchgeführt. Es finden sich nicht einmal Aufsätze, Gastbeiträge oder Kommentare in einschlägigen fachlichen Publikationen.

Entweder ist es schlichte Arbeitsunwilligkeit, fachliches Desinteresse, Überforderung, mangelnde Qualifikation oder die Vermeidung von Festlegungen, um die eigene Rechtsansicht dem Bedarf anpassen zu können. Eine Kombination all dieser Faktoren ist am Wahrscheinlichsten.


Auch der Hinweis, dies sei eine gewachsene Usance ist nicht zu akzeptieren. So wird der Zustand u.a. damit verteidigt, dass schon in den letzten Jahrzehnten (!) anstelle Rechtsnormen ordnungsgemäß zu novellieren, lediglich mit Ministerialerlässen gearbeitet wurde, die aber so wie Verordnungen zur Anwendung gebracht wurden. Der letzte dieser Erlässe war der dem Luftfahrtgesetz widersprechende Ultraleicht-Erlass aus 2004. (Kritikern wurde damals beschieden, der Erlass sei nur eine kurzfristige Maßnahme bis zur Schaffung einer gesetzeskonformen Regelung. Diese Regelung ist nun 2012 erfolgt. „Kurzfristig“ ist somit nach den Maßstäben der OZB ein Zeitraum von 8 Jahren.) Vor diesem Hintergrund nimmt es auch nicht Wunder, dass die jüngste Novelle zur Zivilluftfahrtpersonalverordnung eine Entstehungsdauer von vier Jahren aufweist, wiewohl sie Vertretern des Österreichischen Aeroclubs schon für 2009 fix zugesagt worden war.

Die österreichische Luftfahrtlegistik ist sogar deutlich langsamer als die auf Grund der umfangreichen allgemeinen Mitwirkungsrechte träge anmutende europäische Luftfahrtlegistik. Selbst die zunehmende Verlagerung von Rechtmaterien der Luftfahrt weg von den Mitgliedstaaten hin zur europäischen Gesetzgebung, hat auf die Leitung der luftfahrtlegistische Abteilung im BMVIT keinerlei Auswirkung. Der Wegfall von Aufgaben wird durch eine weitere Reduktion der Bearbeitungsgeschwindigkeit ausgeglichen.

Notwendig wäre eine rasche und kontinuierliche Rechtsbereinigung, um zwischen lediglich national bzw. europäisch geltenden Rechtsnormen schnell und zweifelsfrei unterscheiden zu können. Notwendig wäre die Auseinandersetzung mit der europäischen Rechtssetzung als auch mit der Rechtssprechung und einer kontinuierlichen publizistischen Aufbereitung, um so Rechtsanwälten, Verwaltungs- und Strafbehörden sowie allen sonstigen Interessierten und Betroffenen mit zeitnahen Informationen zur Verfügung zu stehen. Entsprechende Initiativen sind weit und breit nicht in Sicht. Das BMVIT nutzt nicht einmal – im Unterschied zur Austro Control - die Veranstaltungen des Institutes für Österreichisches und Internationales Luftfahrtrecht - um mit luftfahrtrechtlichen Informationen präsent zu sein. Auch die jüngste in Begutachtung befindliche Novelle zum Luftfahrtgesetz zeigt den Unwillen, sich mit den europäisch verursachten Änderungen eingehend auseinanderzusetzen und produziert Kuriosita. Anstatt überholte Inhalte zu entfernen und die weiterhin notwendigen nationalen Bestimmungen übersichtlicher zu machen, wird die Rechtswirksamkeit der ohnehin unmittelbar rechtswirksamen EU-Bestimmungen zum Gegenstand der Novelle gemacht. Dies stellt de facto nur einen Beitrag zur aktiven Förderung der Rechtsunsicherheit dar - nicht nur die ohnehin komplexen luftfahrtrechtlichen Bestimmungen der EU sind somit zu beachten, sondern es ist auch weiterhin zu prüfen, ob nicht auch noch eine nationale gesetzliche Bestimmung vorliegt.

Nicht überraschend und ins allgemeine Erscheinungsbild passend, bietet die Homepage des BMVIT/OZB auch keinerlei Information über die europäische und österreichische Gesetzesentwicklung, enthält keinerlei Aussagen über Absichten und Positionen zu zukünftigen EU-Bestimmungen und lädt "natürlich" auch nicht die österreichische Luftfahrt zur Mitwirkung am Gesetzeswerdungsprozess weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene ein.


Prüft man die zur allgemeinen Einsicht aufliegenden europäischen luftfahrtspezifischen Regelungsvorhaben, kann man auf den speziell dafür eingerichteten offiziellen Seiten der EASA die einlangenden Kommentare und Stellungnahmen lesen. Wer erwarten würde dort Beiträge des BMVIT/der OZB wiederzufinden, wird enttäuscht. Unter den zahlreichen Kommentaren zu den verschiedensten Vorhaben findet sich kein einziger (!) des BMVIT/der OZB. Die Luftfahrtbehörden anderer europäischer Staaten machen sehr wohl von dieser Möglichkeit Gebrauch und nehmen so auf den Inhalt der Bestimmungen zu Gunsten der Interessen des jeweiligen Landes Einfluss - nicht so das BMVIT/die OZB.

Die Untätigkeit auf diesem Gebiet rundet somit das erschreckende Erscheinungsbild ab.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

Anfrage

 

1.    Zu welchen europäischen luftfahrtspezifischen Rechtsmaterien hat das BMVIT/OZB im Rahmen der Begutachtungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten Stellungnahmen verfasst und verbreitet?

2.    An welchen Sitzungen welcher Arbeitsgruppen der Kommission, der EASA haben Vertreter des BMVIT/OZB teilgenommen und dabei welche Stellungnahmen zu luftfahrtspezifischen Rechtsmaterien abgegeben?

3.    Warum informiert das BMVIT/OZB nicht über die luftfahrtspezifischen Rechtsmaterien die auf europäischer Ebene entstanden sind und Zug um Zug Rechtskraft erlangen?

4.    Warum werden seit der Zeit der MR Halbmayer und Wiesenwasser keine Kommentare mehr zum nationalen und internationalen Luftfahrtrecht verfasst und publiziert?

5.    Wie verantworten Sie die Tatsache, dass die in den EU-Verordnungen No 965/2012, No 1178/2011, No 29012012, No 923/2012 enthaltene Möglichkeit, Übergangsfristen national festzulegen, nicht in rechtskonformer Weise genützt haben, sondern über Monate hindurch bis zum heutigen Tag untätig geblieben sind?