13482/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.12.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Jarolim, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Justiz

betreffend die Folgen des sogenannten Tierschützerprozesses

 

Nachdem das Verfahren gegen 13 Tierschützer, denen die Bildung einer kriminellen Organisation gemäß § 278a StGB vorgeworfen wurde, rechtskräftig mit Freisprüchen endete, kündigte die Bundesministerin für Justiz Beatrix Karl in einem Gespräch mit der Tageszeitung Der Standard an, den sogenannten Mafiaparagraphen zu entschärfen. Laut Karl soll künftig „im Vordergrund stehen, dass eine kriminelle Organisation mit strafwürdigen Mitteln auf finanzielle Gewinne aus ist". Daher werde sie im Rahmen einer Strafrechtsänderung vorschlagen, einen Halbsatz in § 278a StGB ersatzlos zu streichen. (http://derstandard.at/1342139587225/Justizministerin- Karl-aendert-ueberschiessenden-Antimafiaparagrafen , letzter Zugriff am 19.12.2012) In der geltenden Fassung muss entweder das Tatbestandsmerkmal der „Bereiche­rung in großem Umfang“ oder jenes des „erheblichen Einflusses auf Politik und Wirt­schaft“ erfüllt sein. Künftig soll ausschließlich auf die Bereicherung abgestellt
werden. Damit folgt die Bundesministerin für Justiz einer der Empfehlungen, die

Univ.-Prof. Susanne Reindl-Krauskopf und Univ.-Ass. Farsam Salimi in ihrer insge- samt 137 Seiten umfassenden Evaluierung des § 278a StGB abgegeben haben. In der dem Parlament vorgelegte Studie empfehlen die Verfasserin und der Verfasser neben dieser Einschränkung jedoch auch eine weitergehende Präzisierung des

Tatbestands, wie sie auch von anderen Strafrechtsexperten gefordert wurde. Auch

eine Änderung des § 278d StGB („Terrorfinanzierung“) wurde angedacht.

Der Erstunterzeichner dieser Anfrage hat regelmäßig und öffentlich eine Reform der genannten strafgesetzlichen Bestimmungen gefordert und insbesondere eine Präzisierung des § 278a StGB im rechtsstaatlichen Sinn verlangt.


Trotz des Freispruchs steht ein Großteil der Angeklagten nun vor dem finanziellen Ruin. Da sich der Prozess über mehr als ein Jahr hinzog, verloren sie ihren Arbeitsplatz und mussten sich verschulden, um neben dem Lebensunterhalt auch die Anwaltskosten und Gerichtsgebühren begleichen zu können. Ein Großteil der

Angeklagten war während des Prozesses auf private Spenden angewiesen. Die Verteidigungskosten betrugen zwischen 200.000 und 400.000 Euro pro Person.

 

Diese Kosten sind auch nach den rechtskräftigen Freisprüchen von den Angeklagten zu tragen, da ihnen nur ein pauschaler Kostenersatz in Höhe von 1.250 Euro für Verfahrenskosten zusteht. Für jeden Tag ungerechtfertigter Untersuchungshaft gibt es außerdem 25 Euro Entschädigung, den Freigesprochenen steht daher insgesamt ein Betrag von maximal 11.650 Euro zu. Es drängt sich also der Verdacht auf, dass es sich um einen politisch motivierten Prozess handelte, der unangenehme Aktivisten mundtot machen sollte.

Zahlreiche Expertinnen und Experten wie auch Vertreter der SPÖ fordern insbesondere seit dem sogenannten Tierschützerprozess eine grundlegende Reform des Kostenersatzes bei Freisprüchen in Strafverfahren.

Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die immensen Mittel, die unter anderem für jahrelange Observierung aufgewendet wurden, in Relation zu den vorgeworfenen Straftaten standen.

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz folgende

Anfrage:

1.   Wann gedenken Sie dem Nationalrat eine Novellierung des § 278a StGB zu unterbreiten?

2.    Werden Sie dem Nationalrat Vorschläge für eine Novellierung der §§ 278b, 278c und 278d StGB unterbreiten?

3.    In welcher Form sollen die im sogenannten Tierschützerprozess rechtskräftig freigesprochenen Personen entschädigt werden?


4.    Ist damit zu rechnen, dass es im gegebenen Zusammenhang zu Amtshaftungsverfahren und in weiterer Folge Organhaftungsverfahren kommen wird?

5.  Welche Schritte sind von Ihnen geplant, um eine Reform der bestehenden Regelungen über den Kostenersatz bei Freisprüchen in Strafverfahren bis hin zu einem echten Kostenersatz einzuleiten? Mit welchem Zeitrahmen ist in diesem Zusammenhang zu rechnen?

6.  Gab es seitens des Bundesministeriums für Justiz eine Weisung an staatsanwaltschaftliche Behörden, die Tierschützer wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 278a StGB anzuklagen?

7.  Welche Schritte wollen Sie setzen, dass derart überschießende, das Ansehen der Justiz schädigende Anklagen in Zukunft vermieden werden?