13490/J XXIV. GP

Eingelangt am 02.01.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Mag. Gaßner, Rosemarie Schönpass

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend „Leader+/Projekte in Österreich 2011 und 2012“

Mit der AB 8004/XXIV.GP vom 07.09.2011 wurden die Fragen der FragestellerInnen Abg. Mag. Johann Maier, Abg. Kurt Gaßner und Abg. Rosemarie Schönpass betreffend „Leader+/Projekte in Österreich 2007 - 2013“ samt Anlage beantwortet.

 

Im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) stellen Leader-Maßnahmen für die Finanzperiode 2007 - 2013 einen der vier Schwerpunkte dar (Regionalförderung zur Erhaltung, Weiterentwicklung und Stärkung des ländlichen Raums) dar. Ziel der ländlichen Entwicklung ist es, die Lebensbedingungen der Landbevölkerung zu verbessern. Über Leader sollten gerade innovative Lösungen zur Entwicklung und Stärkung des ländlichen Raums beitragen (Buttom-up Konzept).

Ziel der Überprüfung des österreichischen Rechnungshofes war, den Beitrag von LEADER zur Erreichung der Ziele des Programms LE 07 – 13 sowie der übergeordneten Lissabon- und Göteborg-Strategie-Ziele der EU (Wachstum, Beschäftigung, Nachhaltigkeit. Mehrwert) zu beurteilen. Die Überprüfung des Rechnungshofes diente aber nicht der Beurteilung der recht- und ordnungsgemäßen Umsetzung von LEADER. Wurden während der Prüfungshandlungen allerdings Beobachtungen gemacht, die Fragen der Recht- und Ordnungsmäßigkeit betreffen, wie die Förderungsfähigkeit von Ausgaben oder Unvereinbarkeiten, berichtete der Rechnungshof auch darüber.
Wäre die recht- oder ordnungsgemäße Umsetzung von Leaderprojekten in allen Bundesländern geprüft worden, wäre das Prüfergebnis wohl noch katastrophaler ausgefallen.


Der Rechnungshof sparte in seiner ausführlichen Stellungnahme nicht mit grundsätzlicher und massiver Kritik im Einzelnen. Die Umsetzung von Leader in Österreich stand nach Ansicht des Rechnungshofes sogar teilweise in Widerspruch zu EU- und nationalen Vorgaben.

Leader-Maßnahmen mutierten letztendlich zu einer erweiterten Agrar- und Bauernförderung mit Wegebauprojekten und landwirtschaftlichen Großprojekten, aber nicht zu einer Förderung des ländlichen Raums, die der gesamten Bevölkerung zugutekommen sollte.

Der Rechnungshof hat nun in seinem Bericht zu den Leaderprojekten in Tirol, Salzburg und Kärnten u.a. massive Kontrolldefizite sowie Interessenkonflikte und Unvereinbarkeiten aufgezeigt. Der Hauptvorwurf des RH lautete aber, dass eine freiwillige Ausweitung der nationalen Kofinanzierung im Rahmen des Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums ohne Rechtsgrundlage d.h., ohne Genehmigung durch den Ministerrat oder Nationalrat erfolgte (auch nicht in den Landtagen). Es geht insgesamt um eine Überfinanzierung von 741 Mio. Euro, somit um eine Überförderung des Agrarsektors mit nationalen Steuermitteln. Davon 47 Millionen Überfinanzierung bei Leader.

Das für Leader zuständige BMLFUW versagte überdies bei der Datenerfassung für Leader und der Verfügbarkeit von ausreichend quantitativem und qualitativem Datenmaterial und versäumte es, die Anforderungen an die AMA zu spezifizieren. Weiters stellte der RH "In-sich-Geschäfte" von Förderungswerbern fest, die selbst in Leadergremien über ihre eigenen Ansuchen entschieden (z.B. Bürgermeister). So kam es zur Vermengung von Auftraggeber-/Auftragnehmer- und Förderungsgeber-/Förderungsnehmerfunktionen mit typischen Merkmalen von In-sich-Geschäften sowie zur mangelhaften Abgrenzung zwischen Aufgaben des LAG-Managements und privater Unternehmertätigkeit. Es gab – von der AMA übertragen – insgesamt 24 verschiedene Stellen, die diese Leaderprojekte bewilligten (Stellen des Bundes und der Länder, Landes-Landwirtschaftskammern sowie Förderungsstellen).

Nach Ansicht des Rechnungshofes gab es bei Leader eine Dominanz des landwirtschaftlichen bzw. agrarnahen Sektors. Dabei handelt es sich nicht nur um Wegeprojekte und landwirtschaftliche Großprojekte (z.B. Straßen), sondern um direkte bäuerliche Betriebsförderung (z.B. Anlagen, Kräne, Betriebsmittel). Sogenannte innovative Projekte - für die Leader gedacht war - wurden hingegen im Rahmen der Vorabbeurteilung von den Bewilligungsstellen in den Ländern bereits ausgeschieden.


Niemand im Landwirtschaftsministerium bzw. in der AMA (als Zahlstelle) hat die Förderungswürdigkeit vieler dieser Leader-Projekte hinterfragt bzw. die Einhaltung der europäischen und nationalen Förderbedingungen kontrolliert. Niemand überwachte auch das Erreichen der quantitativen Ziele von Leader (z.B. Arbeitsplätze im ländlichen Raum).

Aus systematischen Gründen werden die gleichen Fragen wieder – aber auch einige ergänzende Fragen – gestellt, um aktuelle Zahlen und Informationen für die Jahre 2011 und 2012 zu erhalten.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

 

Anfrage:

 

1.      Welche und wie viele Leader+/Projekte wurden in den Jahren 2011 und 2012 in Österreich beantragt?
Wie viele und welche wurden
genehmigt (Ersuche um namentliche Angabe der Projekte und Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?

 

2.      Welchen konkreten Zweck verfolgen die bislang genehmigten Leader+/Projekte?
Für welchen Zeitraum wurden diese Projekte in den Jahren 2011 und 2012 jeweils genehmigt (Aufschlüsselung auf Jahre)?

 

3.      Wer war jeweils Antragssteller und wer war in diesen beiden Jahren Subventionsempfänger (Ersuche um namentliche Bekanntgabe, wenn datenschutzrechtlich möglich)?

 

4.      Wie viele und welche Projekte wurden abgelehnt?
Welchen konkreten Zweck verfolgten die abgelehnten Projekte?
Aus welchen Gründen erfolgte Ablehnungen von Projektanträgen (Namentlich Angabe der Projekte und Aufschlüsselung jeweils auf Jahre und Bundesländer)?

 

5.      Wie wurde in den Bundesländern über ein „Leader+/Projekt in der Förderperiode in den Jahren 2011 und 2012“ entschieden?
Wie wird aktuell und im Jahr 2013 entschieden?


Welche Kriterien müssen angewandt werden?
Wer entscheidet in den Bundesländern (Aufschlüsselung auf Jahre sowie nach Bundesländern, Bekanntgabe der Kriterien und des jeweiligen Entscheidungsträgers)?

6.      In welcher Höhe standen öffentliche Förderungsmittel diesen Leader+/Projekten in den Jahren 2011 und 2012 zur Verfügung (Aufschlüsselung nach Jahren und jeweils auf EU, Bund und Land)?

 

7.      Was ergaben 2011 und 2012 die Prüfungen aller Abwicklungsstellen (z.B. Agrarabteilungen) in den Bundesländern durch das zuständige Ministerium?
Welche Mängel wurden konkret festgestellt?
Zu welchen Konsequenzen (z.B. Zahlungsstopp) führte dies?
Welche Projekte betrafen
dies (Aufschlüsselung jeweils auf Jahre und Bundesländer)?

 

8.      Gab es in den Jahren 2011 und 2012 Prüfungen der genehmigten österreichische „Leader+/Projekte“ durch den Europäischen Rechnungshof?
Wenn ja, wann?

 

9.      Welche Ergebnisse erbrachten diese Prüfungen?
Welche Mängel wurden
festgestellt?
Zu welchen Konsequenzen führte diese Prüfungen (Aufschlüsselung jeweils auf Projekte und Bundesländer)?

 

10.  Welche Maßnahmen haben Sie bzw. werden Sie ergreifen, dass durch Mängel in der Projektabwicklung etc. keine diesbezüglichen EU-Fördermittel für Österreich verloren gehen?

 

11.  Welche Ergebnisse erbrachten diese Prüfungen?
Welche Mängel wurden
festgestellt?
Zu welchen Konsequenzen führte diese Prüfungen (Aufschlüsselung jeweils auf Projekte und Bundesländer)?

12.  Welche wirtschaftspolitischen und arbeitsmarktpolitischen Effekte wurden durch die abgeschlossenen Leader+/Projekte im Förderzeitraum in den Jahren 2011 und 2012 erzielt (Ersuche um konkrete Aufschlüsselung der Wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Effekte auf diese Projekte)?

 

13.  Welche arbeitsmarktpolitischen Effekte wurden bei den bisher bereits genehmigten und laufenden Projekten (2007 bis 2013) nachweislich erzielt (Ersuche um Aufschlüsselung der arbeitsmarktpolitischen Effekte jeweils auf Bundesländer)?

 

14.  Welche Stellungnahmen haben das Ressort, die AMA und die drei Bundesländer gegenüber der Kritik des Rechnungshofes abgegeben?
In welchem Ausmaß wurde der Kritik des Rechnungshofes - insbesondere zum Vorwurf des Widerspruchs zu EU-Vorgaben - bisher entsprochen (Ersuche um Aufschlüsselung)?
Wenn nein, warum nicht?

 

15.  Ist der Vorwurf des RH richtig, dass eine freiwillige Ausweitung der nationalen Kofinanzierung im Rahmen des Programmes für die Entwicklung des ländlichen Raums ohne Rechtsgrundlage d.h. ohne Genehmigung des Ministerrates oder Nationalrates erfolgte?
Wenn nein, aufgrund welcher Rechtsgrundlage erfolgte diese freiwillige Ausweitung?

 

16.  Wurde - entsprechend der Kritik des Rechnungshofes - durch das Ressort in Folge die rechtmäßige und ordnungsgemäße Umsetzung von Leaderprojekten in allen Bundesländern überprüft?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche konkreten Ergebnisse liegen vor (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

 

17.  Wurden die vom Rechnungshof aufgezeigten massiven Kontrolldefizite sowie Interessenkonflikte und Unvereinbarkeiten bei Leaderprojekten in allen Bundesländern beseitigt?
Wenn nein, warum nicht?

 

18.  Wurde durch das Ressort der Kritik des Rechnungshofes an der mangelnden Datenerfassung für Leaderprojekte und der Verfügbarkeit von ausrechend quantitativem und qualitativem Datenmaterial bereits Rechnung getragen und wurden die Anforderungen an die AMA bereits spezifiziert?
Wenn nein, warum nicht?