13598/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.01.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Schluss mit Umgehungsverträgen regulärer Anstellungen – mehr Kontrollen gefordert

BEGRÜNDUNG

 

In den letzten 15 Jahren haben so genannte „atypische“ Beschäftigungsverhältnisse wie Freie Dienstverträge und Werkverträge stark zugenommen. In vielen dieser Fälle handelt es sich um Umgehungsverträge. Personen werden so beispielsweise als Freie DienstnehmerInnen oder WerkvertragsnehmerInnen beschäftigt, obwohl sie aufgrund ihrer Arbeitsaufgaben und anderer Rahmenbedingungen (genaue und vereinbarte Arbeitszeiten und -orte, persönliche Leistungspflicht, Weisungsgebundenheit, persönliche und wirtschaftliche Einordnung in den Betrieb, etc.) eigentlich angestellt werden müssten. Egal, ob sie Telefonumfragen machen, täglich Nachrichten und Berichte verfassen oder erklären, wie der Abfall zu trennen ist, sie arbeiten wie fix angestellte MitarbeiterInnen, allerdings zu deutlich geringerem Einkommen und mit mangelhafter sozialer Absicherung. Für immer mehr Beschäftigte in Österreich wird diese Situation zur dauerhaften Arbeitsrealität. Eine Verschlechterung der Arbeits- und Einkommensbedingungen gesamter Branchen, sowie ein massiver Verlust von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuereinnahmen der  öffentlichen Kassen sind die Folgen.

Die Problembereiche sind aufgrund zahlreicher, auch uns zugeleiteten Anzeigen, Proteste und medialer Berichterstattung seit Jahren bekannt, dazu zählen beispielsweise die AbfallberaterInnen der MA 48 der Stadt Wien, viele ZustellerInnen von Briefen, Paketen und Werbung in Österreich, Freie DienstnehmerInnen in Architekturbüros, viele VerkaufspromotorInnen, EventmitarbeiterInnen, Hostessen, zahlreiche LektorInnen an Universitäten und TrainerInnen in der Erwachsenenbildung sowie der ORF und die Printmedien mit ihren zahlreichen freien MitarbeiterInnen. Geändert hat sich bisher wenig. Österreich verfügt zwar über ein gutes Arbeits- und Sozialrecht, doch wenn es um die Rechtsdurchsetzung geht, drückt man zu oft ein Auge zu. Effektiv und medial begleitet wird nur dann geprüft, wenn die Gewerkschaft durch jahrelangen Druck und öffentliche Kampagnen dahinter ist, wie etwa im Bereich der Erwachsenenbildung und Call Center sowie der APA (Austria Presse Agentur). Dort führte die Überprüfung dazu, dass reihenweise freie Dienstverhältnisse in Anstellungsverhältnisse umgewandelt wurden.


Solche effektiven Kontrolloffensiven im Rahmen der Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) sind auch in den anderen genannten Bereichen notwendig, damit Umgehungsverträge und Lohn- und Sozialdumping kurzfristig eingedämmt und künftig vermieden werden. Regelmäßige Kontrollen sind auch besonders wichtig, da nur fünf Jahre im Nachhinein überprüft werden kann und die Ansprüche der ArbeitnehmerInnen auf Nachzahlungen schon nach drei Jahren verfallen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

Bezüglich der betroffenen Branchen und Bereiche:

a)   Werbung und Marktkommunikation

b)   Markt- und Meinungsforschung

c)    MA 48/ Abfallberatung Wien

d)   Bundesrechenzentrum GmbH

e)   Architektur- und Ingenieurbüros

f)     Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen

g)   Erwachsenenbildung

h)    Post- und Paketdienste

i)     Baubranche

j)     Gesundheits- und Sozialwesen

k)    Information und Kommunikation

l)     Universitäten

m)  Öffentlicher und privater Rundfunk/ Fernseh-, Print- und Hörmedien

n)    Erziehung und Unterricht

o)   Öffentlicher Sektor: Bund/Länder/Gemeinden:

 

1.    Wie viele DienstgeberInnen und wie viele Arbeitsverträge pro DienstgeberIn wurden durch die GPLA (Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben) in den Jahren 2008-2012 überprüft?

 

2.    Wenn keine Prüfungen stattgefunden haben, was sind die Gründe dafür?

 

3.    Bei wie vielen der überprüften DienstgeberInnen wurden Umgehungen entdeckt? In wie vielen Fällen (betroffene ArbeitnehmerInnen) wurden welche Umgehungsverträge entdeckt? Und wie sind die Namen dieser Dienstgeber?

 

4.    Wie viele Strafen wurden verhängt? Und wie hoch war das Ausmaß der Strafen in € insgesamt?

 

5.    Wie viele Anzeigen sind in dem betroffenen Bereich eingegangen? Was wurde genau angezeigt? Welche Missstände wurden benannt? Wie vielen davon wurde nachgegangen und wie vielen nicht?

 

6.    In wie vielen Fällen kam es bei den gefundenen Umgehungsverträgen zur Nachzahlung der DienstgeberInnenbeiträge zur Sozialversicherung?


7.    In wie vielen Fällen konnten durch Umgehungsverträge betroffene ArbeitnehmerInnen den ihnen vorenthaltenen Lohn  im Nachhinein erhalten? Und wie viele konnten das nicht?

 

8.    In wie vielen Fällen kam es bei Umgehungsverträgen nach den Kontrollen zur Umwandlung in reguläre Dienstverhältnisse? Haben Sie das überprüft? Wenn nein, warum nicht?

 

9.    Wenn Fälle medial bekannt oder angezeigt werden, wird diesen nachgegangen? Wie lange dauert es durchschnittlich bis diesen nachgegangen wird? Was sind die Gründe, nicht zu kontrollieren?

 

10.  Verfügen Sie über Vorschläge und Konzepte mit welchen Maßnahmen die beschriebenen Probleme wie systematische Umgehung von Sozialversicherungsbeiträgen, Lohnvorenthaltung und Steuerhinterziehung in Zukunft weitgehend verhindert werden können? Wie kann effizienter kontrolliert werden? Welche Maßnahmen planen sie im Bereich der Kontrollen? Was werden Sie konkret tun?  Wie kann betroffenen ArbeitnehmerInnen leichter zu ihrem Recht verholfen werden?

 

11.    Wie stehen Sie – im Zusammenhang mit der Problematik der Umgehungsverträge – zur Reform des ArbeitnehmerInnenbegriffes im Sinne einer Erweiterung um die Dimension der wirtschaftlichen Abhängigkeit, wie auch von Teilen der Arbeiterkammer und des ÖGB gefordert?

 

12.  Was wurde eigentlich aus der im Regierungsprogramm genannten „Schaffung eines modernen und einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes“? Warum hat bis dato keine Gesetzesvorlage dazu das Parlament erreicht? Was ist in dieser Gesetzgebungsperiode diesbezüglich noch zu erwarten?

 

 

Bitte um Bekanntgabe der Antworten jeweils getrennt nach den eingangs aufgelisteten einzelnen Bereichen a)-n) und getrennt nach Jahren (2008-2012) sowie für alle Bundesländer.