13980/J XXIV. GP

Eingelangt am 13.02.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

betreffend „Verlängerung der Höchstarbeitszeiten und überzogener Arbeitnehmerschutz“

BEGRÜNDUNG

 

Seit kurzem gibt es Ihrerseits massive Vorstöße bezüglich Änderungen des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitnehmerschutzgesetzes (Interview, Salzburger Nachrichten, 19.1.2013). Wörtlich sprechen Sie von einem „überzogenen Arbeitnehmerschutz“ in Österreich und fordern „flexiblere Arbeitszeiten mit längeren Durchrechnungsmöglichkeiten und längeren Tageshöchstarbeitszeiten“ sowie „Änderungen bei Aufzeichnungspflichten und Ruhepausen im Arbeitszeitgesetz“. Wünsche, die eins zu eins auch Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer schon länger formulieren.

 

Der Vorstoß kommt insofern überraschend, wurde doch erst vor zwei Monaten im Parlament von der Regierung ein neues ArbeitnehmerInnenschutzgesetz vorgelegt und beschlossen. Nimmt man die Zielsetzung dieses Gesetzes ernst, nämlich die verstärkte Prävention psychischer Belastungen und Gefährdungen am Arbeitsplatz, dann muss es vielmehr Maßnahmen zur Eindämmung überlanger, belastender Arbeitszeiten geben.

Zudem brachte die letzte Novelle des Arbeitszeitgesetzes breite Möglichkeiten einer Arbeitszeitflexibilisierung auf Betriebsebene. All-In-Verträge werden heute weit über ihre ursprüngliche Funktion hinaus quer über alle Branchen und Beschäftigtengruppen eingesetzt. In Österreich ist es viel günstiger für Unternehmen einzelne Menschen länger arbeiten zu lassen, als die Arbeit effizienter und auf mehr Beschäftigte aufzuteilen. Auch während der Krise ist die Anzahl der Überstunden nur unmerklich zurückgegangen. Daher arbeiten heute schon viele ArbeitnehmerInnen deutlich mehr als die meisten Kollektivverträge vorsehen. Damit ist Österreich seit Jahren mit 41-42 Stunden europäischer Spitzenreiter bei der  Wochenarbeitszeit und Überstunden (Eurostat). Steigende Burn-Out-Zahlen, mehr Krankenstände und weniger Arbeitsplätze sind die Folge. Mit Familienfreundlichkeit hat das wenig zu tun und eine akzeptable „work-life-balance“ ist für ArbeitnehmerInnen so kaum mehr zu erreichen.


Ihre Vorstöße bezüglich einer weiteren Verlängerung der Arbeitszeiten und Änderungen im ArbeitnehmerInnenschutz sind daher in keiner Weise nachvollziehbar. Diese sind sowohl beschäftigungspolitisch, volkswirtschaftlich als auch gesundheitspolitisch kontraproduktiv. Darüber hinaus bleibt völlig unklar, was sie konkret fordern.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)      Im Interview mit den Salzburger Nachrichten vom 19.01.2013 fordern Sie längere Höchstarbeitszeiten und Durchrechnungszeiträume. Wie sehen Ihre Forderungen diesbezüglich konkret aus? Sind Sie für eine weitere Ausdehung der Normalarbeitszeit? In welchem Ausmaß sollen Arbeitszeiten und Durchrechnungszeiträume ausgeweitet werden? Und wie soll das stattfinden: über Kollektivvertrag, unter Einbeziehung des Betriebsrates und/oder über Einzelvereinbarungen?

 

2)      Im Interview mit den Salzburger Nachrichten vom 19.01.2013 kündigen Sie an, über Aufzeichnungsverpflichtungen und Ruhepausen „reden“ zu wollen. Was genau bedeutet das? Was fordern Sie konkret?

 

 

3)      Im Interview mit den Salzburger Nachrichten vom 19.01.2013 sprechen Sie von einem „überzogenen Arbeitnehmerschutz“. Was verstehen Sie genau darunter? Und wollen Sie auch in diesem Bereich Änderungen? Wenn ja, wie sehen Ihre konkreten Forderungen dazu aus?

 

4)      Haben Sie auch andere Vorschläge, wie Überstunden besser abgebaut werden können, als diese in Normalarbeitszeit umzudefinieren? Haben Sie auch andere Flexibilisierungsvorschläge abseits der Verlängerung der Normal- und Höchstarbeitszeiten? Wie könnte ein Flexibilitätsbeitrag seitens der ArbeitgeberInnen in diesem Bereich konkret aussehen?

 

5)      Was zeichnet einen familienfreundlichen Betrieb Ihrer Meinung nach aus? Welcher Betrieb verdient Ihrer Meinung nach das Prädikat „familienfreundlich“? Wie könnte ein Flexibilitätsbeitrag seitens der ArbeitgeberInnen in diesem Bereich konkret aussehen? Welche Kriterien muss ein Betrieb erfüllen, um den Staatspreis „Familienfreundlichster Betrieb“ zu bekommen?

 

6)      Minister Hundstorfer hat bereits angekündigt, dass er keinen Handlungsbedarf in den genannten Bereichen „Arbeitszeitgesetz und ArbeitnehmerInnenschutzgesetz“ sehe. Wie werden Sie nun weiter vorgehen?

 

7)      Auf EU-Ebene wird seit Jahren um die Revision der Arbeitszeitrichtlinie gerungen. Hauptstreitpunkte zwischen den Sozialpartnern bilden die Themen „Opt-Out-Möglichkeit bei Höchstarbeitszeiten“ und die Frage der Bereitschaftszeiten. Wie sieht Ihre Position dazu im Detail aus?


8)      Erklären Sie bitte Ihre widersprüchliche Position, noch im November 2012 eine Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes mitzutragen und zu beschließen, die die Reduktion psychischer Belastungen in der Arbeitswelt zum Ziel hatte und dann zwei Monate später von einem „überzogenem Arbeitnehmerschutz“ zu sprechen. Was bezwecken Sie damit?