14217/J XXIV. GP

Eingelangt am 06.03.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

betreffend UG-Novelle Februar 2013

BEGRÜNDUNG

 

In einer Presseaussendung[1] vom 29. Jänner 2013, direkt nachdem die Novelle des Universitätsgesetzes (UG) zur Implementierung der kapazitätsorientierten, studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung ("Studienplatzfinanzierung") im Ministerrat beschlossen wurde, wirbt das BMWF dafür, dass diese Transparenz vorherrschen wird:

 

„Die Universitätsfinanzierung wird neu gestaltet - es erfolgt eine schrittweise Umstellung auf ein neues, transparenteres Finanzierungssystem. Gleichzeitig wird die seit Jahren diskutierte Kapazitätsregelung für Universitäten umgesetzt.“… “Ziel ist eine transparente sowie stärker als bisher auf Leistung, Qualität und Kapazität hin ausgerichtete Gestaltung der Universitätsfinanzierung", so Wissenschafts- und Forschungsminister Dr. Karlheinz Töchterle.“

 

Es handelt sich bei dieser Novelle, genau betrachtet, aber um viel mehr: Der offene Hochschulzugang ist in Gefahr, da ab sofort Zugangsbeschränkungen in bestimmten Studienfeldern möglich sind. Ausdehnungen auf weitere Studienfelder sind nur eine Frage der Zeit.

 

Bisher galt an österreichischen Universitäten der freie Hochschulzugang, einzelne Ausnahmen oder „Notlösungen“ (etwa Quotenregelung Medizin, EMS Test) waren möglich. Nun ist der erste Schritt für Zugangsbeschränkungen an allen Universitäten getan. Dies wurde gekonnt „verschleiert“, in dem man sich medial auf die neue Finanzierung konzentrierte.

 

Im Rahmen des Begutachtungsprozesses gab es viele Anregungen, sowohl die ÖH[2] und die uniko, als auch der Verfassungsdienst haben im Vorfeld scharfe Kritik am Gesetz geübt. Der größte Teil der Änderungswünsche von diesen und anderen maßgeblichen Playern wurde allerdings ignoriert.

Die Österreichische Universitätenkonferenz (uniko) ist äußerst skeptisch, sieht zwar einen richtigen Schritt in Richtung der von ihr seit langem geforderten kapazitätsorientierten Finanzierung der Universitäten, mehrfach geäußerte Bedenken zum vorgelegten Gesetzesentwurf wurden aber kaum berücksichtigt.

 

„Das heute im Ministerrat behandelte Papier ist zudem schwer praktikabel und stellt die Universitäten vor die schwierige Aufgabe, die unausgegorene Lösung in kurzer Frist umzusetzen", stellte dazu der Präsident der uniko, Rektor Heinrich Schmidinger, fest[3].

 

Alles in allem wird das Gesetz sowohl den Studierenden als auch den Universitäten viel Kopfzerbrechen bereiten und zahlreiche Probleme verursachen. Dass seitens der Regierung auf die zahlreiche Kritik nicht entsprechend eingegangen wurde, ist mehr als enttäuschend.

Im Wissenschaftsausschuss am 21. Februar 2013 wurde die Novelle mehrmals und passender Weise „Paradigmenwechsel“ genannt. Während die ÖVP die Regierungsvorlage bzw. das zuständige Ressort über die Maßen lobte, gab es in der Debatte viel Kritik. So wurde etwa die „Usance“ des „Durchpeitschens“ eines Gesetzes wieder angewandt: Die Begutachtungsfrist war kurz und knapp vor Weihnachten angesetzt, es blieb keine Zeit, um ausführlich zu diskutieren. Weiters wurden Zahlen und Fakten, die von BM Töchterle angekündigt waren, den Fachabgeordneten nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Das Gesetz tritt, nachdem es im kommenden Plenum (Ende Februar 2013) beschlossen wird, rückwirkend mit 1. 1. 2013 in Kraft.

 

Ein großer Teil der Fragen, die von den Abgeordneten an den anwesenden BM für Wissenschaft und Forschung gestellte wurden, wurden mit dem Hinweis auf „Polemik“ nicht beantwortet.

 


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    In verschiedenen §§ der Regierungsvorlage wird, im Gegensatz zum Ministerialentwurf, von der üblichen Formulierung „der/die BM für Wissenschaft und Forschung“ abgegangen, es wird nur noch „der/die BM“ genannt, z.B. im § 14b. (2). Gibt es bereits Pläne, hier Zuständigkeiten abzutreten?

2)    Die Formulierung des § 14b (2) lässt die Interpretation zu, dass künftig das BMF die Studierendenzahlen regelt. Ist diese Formulierung zufällig? Ist es möglicherweise das Ziel des BMWF, hier künftig Verantwortung abschieben zu können? Wie bildungsfreundlich denken Sie, wird das BMF agieren? Hat das BMF die nötige Fachkompetenz? Wo wird nach Ihrem Ermessen vom BMF beim Budget zuerst eingespart werden?

3)    In § 14c (1) fehlen die Studierenden, die gerade an Ihren wissenschaftlichen Abschlussarbeiten schreiben. Gerade hier müsste allerdings die Betreuungsleistung verbessert werden. Wie wollen Sie dies gewährleisten? Wird dieses Versäumnis noch nachgebessert? Sind diese Studierenden vergessen worden?

4)    Im § 14c (8) schreiben Sie von „nichttraditionellen Studienwerberinnen und –werbern“. Ist in dieser Formulierung auch mitgedacht, dass die genannten Personengruppen an Ihrem Studienfortgang durch schlechte Studienbedingungen besonders gehindert werden?

5)    Wie wollen Sie gemäß § 14g (4) 2. sicherstellten, dass die Zugänglichkeit für die „nichttraditionellen StudienwerberInnen“ gewährleistet ist? Müssen sich die betroffenen Personen als „nichttraditionell“ deklarieren, damit geprüft werden kann, ob Sie nicht diskriminiert werden?

6)    Warum erhalten Universitäten, wie im § 14e (1) ausgeführt, ein nach Subbeträgen gegliedertes Budget, wenn sie ohnehin über das Globalbudget verfügen können, wie sie wollen?

7)    Im §14e (2) wird der „Forschungszuschlag“ genannt, über dessen Gewichtung der/die jeweils zuständige MinisterIn zu entscheiden hat. Meinen Sie damit, dass Ihr Ressort den Universitäten einen Zuschlag gewährt, wenn sie überhaupt forschen? Wann wird die genannte Verordnung vorliegen?

8)    Warum ist § 14g (1) ident mit § 14a (2)? Wozu diese Duplizierung? Wo sind die internationalen Vergleichszahlen, die die Erfüllung dieses Anspruchs beurteilbar machen?


9)    Befinden Sie es wirklich für sinnvoll, dem Rektorat eine Verordnungsermächtigung wie im § 14h (4) angeführt, zu geben? Wird es einheitliche Verfahren geben? Wieso soll das Rektorat und nicht der Senat als demokratisches Gremium hier entscheiden? Was ist der Hintergrund für diese Ermächtigung für das Rektorat, soll hier jemand „umgangen“ werden?

10) Warum wird auch der § 14h (6) 1-4 dupliziert? Dieser entspricht exakt dem § 14g (5).

11) Bitte um Auflistung aller von Zugangsbeschränkungen ab sofort (rückwirkend) betroffenen Studienrichtungen und der Zahl der davon betroffenen Studierenden, aufgelistet nach den einzelnen Studien.

12) Wie viele StudienanfängerInnen sind derzeit bereits von den bestehenden Zugangsbeschränkungen betroffen? Wie viele werden durch die neuen Regelungen dazu kommen? Wie viele Personen werden voraussichtlich in den kommenden 5 Jahren von den Zugangsbeschränkungen insgesamt betroffen sein, wenn von einer linearen Entwicklung der StudienanfängerInnenanzahl auszugehen ist?

13)  Wie viele Studienplätze werden den einzelnen betroffenen Universitäten zugeteilt?

14) Welche Aufnahmeverfahren sind konkret in den 5 Fächergruppen geplant? Bis wann werden diese vorliegen? Werden diese normiert sein?

15) Ist es richtig, dass für die kommenden Aufnahmeverfahren Gebühren von den Studierenden eingehoben werden sollen? Auf welchen gesetzlichen Grundlagen beruhen diese?

16) Wie hoch sind die veranschlagten Mehrkosten für die Aufnahmeverfahren an den Universitäten nach §14g UG 2002? Aus welchen Mitteln werden diese Mehrkosten beglichen?

17) Laut einer Aussage des Herrn BM Töcherle im Wissenschaftsausschuss wurde das gemeinsame Hauptziel nie aus den Augen verloren: Es lautet „Verbesserung der Betreuungsrelationen“. Diese soll etwa durch 95 neue Professuren, die an den 9 Universitäten geschaffen werden, erreicht werden. Die Kosten dafür werden auf 36 Mio. Euro geschätzt, die aus Offensivmitteln des Ressorts gedeckt werden. Bis wann werden diese Stellen besetzt sein? Ist es realistisch, dass diese im Laufe der aktuellen Leistungsvereinbarungsperiode besetzt werden? Was geschieht, wenn sich nicht ausreichend Personen finden? Verfallen die Stellen? Werden diese auch anderen Universitäten „angeboten“?

18) Die neuen ProfessorInnen werden vermutlich nicht „alleine“ arbeiten, brauchen auch Räumlichkeiten und Infrastruktur. Wie hoch sind die Kosten für unterstützendes Wissenschaftliches Personal? Wie hoch sind diese für unterstützendes allgemeines Personal? Wie hoch sind die Kosten für Raummiete, Infrastruktur, Sachaufwand? Wie hoch sind die Kosten für Verwaltung und Personalmanagement? Sind diese Kosten in den 36 Mio. Euro schon miteingerechnet?

19) Wie wird die Verbesserung der Studienbedingungen evaluiert werden? Welche Kennzahlen werden zur Evaluation dieser herangezogen?

20) In wie weit überschneiden bzw. unterscheiden sich der „Gesamtösterreichische  Universitätsentwicklungsplan“ und der „Österreichische Hochschulplan“? Wird die parallele Entwicklung beider Pläne in Einklang zueinander gebracht? Gehen die beiden ineinander auf oder wird der Hochschulplan, der ja als „laufender Prozess“ „nie fertig“ ist, auslaufen?

21) In welche Form müssen die Paragraphen 12 und 13 des UG 2002 geändert werden, so dass §§14a-g nicht zum 31. März 2014 außer Kraft treten? Bis wann wird hier ein Gesetzesentwurf vorliegen?

22) Was sind Bedürfnisse der jeweiligen wissenschaftlichen oder künstlerischen Fächer, die gemäß §§14g-h UG 2002 im Zugang beschränkt werden sollen?

23) Was ist eine „kompetenzorientierte Reifeprüfung“, von der Sie im Wissenschaftsausschuss sprachen?

24) Wo liegt der Unterschied bei den Zugangsbeschränkungen in den Studien der Architektur an den Kunstuniversitäten und den technischen Universitäten nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf?

25) Wie definieren Sie Polemik?

 



[1] OTS0104 5 CI 0878 MWF0001 Di, 29.Jän 2013

Töchterle: Weichen für Universitätsfinanzierung NEU gestellt: Mehr Transparenz und Fokus auf Leistung, Qualität und Kapazität. Utl.: UG-Novelle zur schrittweisen Implementierung der kapazitätsorientierten, studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung heute im Ministerrat beschlossen.

[2] OTS0149 5 II 0296 NHO0001. Di, 29.Jän 2013: ÖH: UG Novelle ein Hüftschuss mit vielen Fragezeichen, Utl.: Warnung vor hohen Kosten - Prüfungsgebühren keine Option!

[3] OTS0120 5 II 0221 RKO0001 XI, Di, 29.Jän 2013: uniko ad Studienplatzfinanzierung: "Regierungsvorlage ist unausgegoren", Utl.: Rektorate werden sich für einheitliche Aufnahmeverfahren abstimmen.