14395/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.04.2013
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend Wiederbestellung des Abteilungsleiters im Bundeskriminalamt Dr. Ernst Geiger

 

 

Der wegen der damaligen Anhängigkeit eines gerichtlichen Strafverfahrens vorübergehend suspendierte, nach seinem Freispruch im zweiten Rechtsgang als Abteilungsleiter im Bundeskriminalamt (BKA) wieder in den Polizeidienst gestellte Dr. Ernst Geiger, stand im Jahre 2008 unter anderem im Verdacht, zumindest eine Polizeirazzia dem befreundeten Geschäftsführer eines Wiener Nobelbordells verraten zu haben, mit einer italienischen Gastdelegation ein anderes Bordell besucht und dort eine Rechnung über ca. ATS 10.000,-- unbeglichen gelassen zu haben und in einem weiteren Rotlichtetablissement in Begleitung eines Freundes aus dem Bordellmilieu gleichfalls ohne Bezahlung dort angebotene Dienstleistungen konsumiert zu haben.

Dazu wurde Dr. Ernst Geiger, der während seiner Suspendierung vom öffentlichen Dienst in der Magna-Zentrale in Oberwaltersdorf tätig war, zu GZ 85.700/440 – BIA/08 polizeilich als Beschuldigter vernommen und in der Folge auch angeklagt. Im ersten Rechtsgang wurde Dr. Geiger strafgerichtlich verurteilt. Diesen Schuldspruch bekämpfte nicht nur er selbst, sondern – zu seinem Nachteil – auch die Anklagebehörde, die eine Verurteilung wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB anstrebte. Entgegen der von Dr. Geiger immer wieder öffentlich aufgestellten Behauptung, wonach ihm der Oberste Gerichtshof zu seinem Recht verholfen hätte, wurde das angefochtene Urteil in Stattgebung des staatsanwaltschaftlichen Rechtsmittels aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz mit dem Auftrag zurückverwiesen, den Tatverdacht auch in Richtung § 302 StGB neu zu prüfen.

Im zweiten Rechtsgang kam es durch das zwischenzeitige überraschende Ableben des oben erwähnten Bordellgeschäftsführers zu einer wesentlichen Beschränkung der Beweismöglichkeiten, die letztlich mit ausschlaggebend dafür war, dass Dr. Ernst Geiger rechtskräftig freigesprochen und anschließend wieder in den Polizeidienst aufgenommen wurde.


Der dargelegte Sachverhalt ist insofern von nach wie vor aktueller Bedeutung, als Dr. Ernst Geiger sowohl vor seiner Suspendierung als auch nach seiner Wiedereinstellung in den Polizeidienst mitbestimmenden Einfluss auf die Ermittlungen im Fall Kampusch hatte, deren außergewöhnliche Begleitumstände mehrjährige, bekanntlich  derzeit noch laufende Nachprüfungen und Evaluierungen ausgelöst haben. Hinzuzufügen ist, dass Dr. Ernst Geiger, anlässlich seiner Wiedereinstellung in einem Fragebogen ersichtlich gezielt ein damals anhängiges strafgerichtliches (wenn auch Privatanklage-) Verfahren verschwiegen hat.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher aus nahe liegendem öffentlichem Interesse an die Frau Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

 

ANFRAGE

 

 

1.    Welche Erwägungen waren für die Wiedereinstellung von Dr. Ernst Geiger in den  Polizeidienst (noch dazu in leitender Funktion) ausschlaggebend und gibt es fassbare Anhaltspunkte dafür, dass nicht ausschließlich sachliche, sondern auch und vor allem parteipolitisch dominierte Naheverhältnisse (z.B. Mitgliedschaft zu einer Parteiorganisation etc.) von entscheidendem Einfluss waren?

2.    Aus welchen Gründen bedeuteten die hochproblematischen Aktivitäten des Dr. Ernst Geiger im Rotlichtmilieu, zu denen er sich als Beschuldigter teils lediglich auf Verjährung berief, bei seiner Wiedereinstellung kein beachtliches Hindernis?

3.    Aus welchen Erwägungen spielte es bei der ministeriellen Beurteilung der Wiedereinstellungsproblematik keine Rolle, dass der strafgerichtliche Freispruch des Dr. Ernst Geiger in Wahrheit keine – wie von ihm immer wieder behauptet - uneingeschränkte Rehabilitierung, vielmehr eine Folge der reduzierten Beweismöglichkeiten war, die durch den unerwarteten Todesfall eines Zeugen (im damals besten Mannesalter) ausgelöst wurden?

4.    Wurde die Wiedereinstellung des Dr. Ernst Geiger wenigstens davon abhängig gemacht, dass er die damals aktenkundigen offenen Verbindlichkeiten im Rotlichtmilieu begleicht, wenn nein, warum nicht?

5.    Nach den parlamentarisch zugänglichen Unterlagen hatte Dr. Ernst Geiger im Ermittlungsverfahren zum Fall Kampusch von 1998 bis Sommer 2002 (Ermittlungsanhängigkeit beim Sicherheitsbüro) und ab der Wiederaufnahme (Ende 2008) bis zur neuerlichen Einstellung der Ermittlungen im Jänner 2010 mitbestimmenden Einfluss. Der mit dem Fall Kampusch befasste parlamentarische Unterausschuss hat in seinem Schlusskommuniqué entgegen der Berichtsauffassung des Justizressorts zum Ausdruck gebracht, dass weder die bisherige, führend vom Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien zu verantwortende staatsanwaltschaftliche Beurteilung der Angaben der einzigen unbeteiligten Tatzeugin, noch der Umgang mit anderen wesentlichen Ermittlungsergebnissen fachlich schlüssig ist. Dr. Ernst Geiger hat die (später parlamentarisch nicht akzeptierte) staatsanwaltschaftliche Beurteilung bei der abschließenden Pressekonferenz am 8. Jänner 2010 und auch danach unisono mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien bekräftigt. Gibt es Anhaltspunkte für ein besonderes persönliches oder gesinnungsfreundliches Naheverhältnis, das Dr. Ernst Geiger mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien Dr. Werner Pleischl und dem ehemaligen Präsidenten der Offiziersgesellschaft Wien, Dkfm. Peter Birkmayer, verbindet, welcher unter anderem zur Wiederaufnahme der bereits eingestellten Ermittlungen in der „Causa Kampusch“ Anlass gegeben hat, indem er nach den Auswertungsergebnissen einer Rufdatenrückerfassung hinterfragungswürdige, in Richtung Pornoszene weisende Kontakte unterhalten hat?