14419/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.04.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Stefan Petzner
Kollegin und Kollegen
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend Vorgänge bei der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria und Falschinformation des Parlaments

Die wahren Ursachen und Hintergründe der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria, die nach außen hin unter inszeniertem großem Zeitdruck und großer Hektik in den Dezembertagen des Jahres 2009 erfolgte, sind bis heute nicht restlos geklärt. Stattdessen mehren und verdichten sich durch hartnäckige Aufklärungsarbeit die Hinweise und Indizien, dass die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria in Wahrheit eine ÖVP-Rettungsaktion, finanziert vom österreichischen Steuerzahler, für die schwer angeschlagene deutsche Bayrische Landesbank (BayernLB) war, die im Mehrheitsbesitz des Freistaates Bayern steht und damit politisch gänzlich im Einflussbereich der regierenden CSU liegt.

So hat der Anfragesteller nicht nur zahlreiche Schriftstücke und Unterlagen vorgelegt - unter anderem interne Aktenvermerke, den Notverstaatlichungsvertrag und das Gutachten des Fritz Kleiner—, sondern auch in zahlreichen parlamentarischen Anfragen, Anträgen und Wortmeldungen versucht, Licht ins Dunkel der Hypo-Notverstaatlichung zu bringen. Unter anderem wurde im Zuge dieser Aufklärungsarbeit eine schriftliche Stellungnahme der EU-Kommission veröffentlicht, wonach der Inhalt der erfolgten Notverstaatlichung der Hypo einer „Beihilfe" für die deutsche BayernLB gleichkomme. Dem Anfragesteller liegen mehrere Hinweise aus dem Umfeld der ÖVP und dem Finanzministerium vor, dass nicht, wie in der offiziellen Darstellung seitens des Finanzministerium kommuniziert, erst im November 2009 erste Gespräche zwischen dem Mehrheitseigentümer BayernLB und der Republik Österreich über die drohende Insolvenz stattgefunden haben sondern bereits im Sommer 2009. Wäre das richtig, wäre das ein weiterer Beleg dafür, dass die Notverstaatlichung nicht in großer Hektik und unter großem Zeitdruck im Dezember 2009 passiert ist, sondern auf politischer Ebene zwischen dem damaligen ÖVP- Finanzminister Josef Pröll und Politikern der CSU bereits im Sommer 2009 von langer Hand geplant und ausgedealt wurde mit dem Ziel, den bayrischen Parteifreunden bei ihrer Misere mit der BayernLB helfend unter die Arme zu greifen, für Österreich einen Skandal zu fabrizieren, den man dem verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider und seiner Partei umhängen kann und nicht zuletzt durch die Verstaatlichung der Hypo dafür zu sorgen, dass deren werthaltige Assets billig an die direkte Banken- Konkurrenz, allen voran Raiffeisen, verscherbelt werden können.

In einer parlamentarischen Anfrage vom 1. März 2011 hat der Anfragesteller daher an den damaligen Finanzminister Josef Pröll unter anderem die Frage gestellt, ‚,zu welchem Zeitpunkt (konkrete Datumsangabe" er, Pröll, „erstmals wo und von wem sowie mit welcher Begründung darüber informiert wurde, dass die Bayrische Landesbank plant, ihre Mehrheitsanteile an der Hypo Alpe Adria abzugeben". Eine weitere Frage lautete: „Zu welchem Zeitpunkt (konkrete Datumsangabe) wurden Sie wo und von wem sowie mit welcher Begründung darüber informiert, dass die Bayrische Landesbank ihrem Tochterkonzern Hypo Alpe Adria kein weiteres Eigenkapital mehr zu Verfügung stellen wird, was zur Notverstaatlichung der Bank führte, und wie haben Sie darauf reagiert bzw. welche konkreten Schritte getätigt?"


Die parlamentarische Anfragebeantwortung vom 29. April 2011, unterfertigt von Prölls Nachfolgerin Maria Theresia Fekter, deckte sich mit deren öffentlicher Darstellung der Ereignisse. Wörtlich lautet die Antwort ,,Am 23. November 2009 informierte der damalige Vorstandsvorsitzende der BayernLB das Bundesministerium für Finanzen und die Finanzprokuratur, dass die BayernLB nicht zu einem weiteren Kapitaleinschuss in die HAA bereit sei, Gleichzeitig erklärte er, dass die BayernLB zu einer Abgabe ihres 67%igen Anteils an die Republik Österreich gegen Zahlung eines Kaufpreises von EUR 302 Mio, bereit sei.... (...) Auf Grund dieser Mitteilung der BayernLB, die der noch im Oktober 2009 erkennbaren Strategie als Eigentümer der HAA diametral widersprach, wurden umgehend Stellungnahmen der OeNB und FMA insbesondere zum Szenario einer Insolvenz der HAA und zum voraussichtlichen Rekapitalisierungsbedarf eingeholt."

Josef Pröll selbst, aber auch der Präsident der Finanzprokuratur Peschorn, blieben bei dieser Darstellung der zeitlichen Abläufe nicht nur gegenüber dem Parlament, sondern sich der medialen Öffentlichkeit, und sich unter Wahrheitspflicht als Zeugen vor Gericht und als Zeugen vor einem Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtages. Diese öffentliche Darstellung widerspricht aber fundamental den als verlässlich und stichhaltig einzustufenden Hinweisen und Informationen, die dem Anfragesteller vorliegen, wonach bereits im Sommer 2009 Gespräche zwischen österreichischem Finanzminister und Bayern über die drohende Pleite der Hypo Alpe Adria stattgefunden haben, weswegen der Anfragesteller dieser öffentlichen Darstellung auch zu keinem Zeitpunkt Glauben schenkte und seine Bedenken über die wahren Hintergründe der Hypo-Notverstaatlichung weiter, immer wieder und verstärkt äußerte,

Im Zuge des Zivilprozesses der Bayerischen Landesbank (BayernLB) gegen die Hypo Alpe Adria Mitarbeiter Privatstiftung (MAPS) bestätigten sich nunmehr am 9. April 2013 der Verdacht und Informationen und Hinweise, dass die öffentliche Darstellung der Ereignisse durch Finanzministerium, Finanzprokuratur, Pröll, Peschorn und Fekter schlichtweg nicht der Wahrheit entspricht und das Parlament falsch informiert wurde — und das nicht nur im Rahmen der geschilderten Anfragebeantwortung vom 29. April 2011, sondern gleich mehrmals im Zuge dringlicher Debatten, Anfragebesprechungen und Antragsdiskussionen im Nationalist. Im Übrigen besteht nunmehr such der konkrete Verdacht, dass Pröll und Peschorn gleich mehrmals den strafrechtlich relevanten Delikt einer falschen Zeugenaussage vor österreichischen Gerichten und einem Untersuchungsausschuss begangen haben. Denn der ehemalige Leiter des BayernLB-Vorstandsstabs, Benedikt Haas, der an den Verhandlungen im Vorfeld der Verstaatlichung teilgenommen hat, sagte an diesem Tag in diesem Zivilprozess unter Wahrheitspflicht aus, dass es „schon seit dem Sommer 2009 Gespräche zwischen München und Wien über die sich verschlechternde Situation bei der Kärntner Bank gegeben habe" (Quelle: APA vom 9. April 2013).

Weiter berichtet die APA über die Zeugenaussage von Haas: „Ende August 2009 habe es bereits einen ersten Gedankenaustausch zwischen dem damaligen VP-Finanzminister Josef Prölls und seinem bayerischen Kollegen Georg Fahrenschon gegeben, berichtete Haas weiter. Die Ergebnisse der PwC-Prüfung seien dann erst im November 2009 vorgelegen, dazwischen wurden mehrere Gespräche zwischen BayernLB-Vertretern und dem österreichischen Finanzministerium geführt."

In einer weiteren APA-Meldung vom 9. April 2013 heißt es zur Aussage Josef Prölls, der ebenfalls als Zeuge unter Wahrheitspflicht an diesem Tag in genanntem Zivilprozess geladen war: „Pröll gestand ein, dass er schon im November 2009 mit Fahrenschon in Kontakt gewesen sei, die Hypo sei damals ein Thema gewesen, allerdings sei die Situation noch nicht so dramatisch gewesen wie unmittelbar vor der Verstaatlichung," Eine direkte Gegenüberstellung dieser Zeugenaussage mit jener von Haas zeigt sehr offensichtlich, dass hier eine strafrechtlich relevante falsche Zeugenaussage vorliegen MUSS.

Abgesehen davon, dass dieser evidente, strafrechtlich relevante Verdacht der falschen Zeugenaussage zu prüfen sein wird, was der Anfragesteller in Form einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft auch einleiten wird, ist zu klären, wann nunmehr tatsächlich die ersten Gespräche über die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria geführt wurden und was vor allem die Ergebnisse und Folgen dieser Gespräche waren sowie nicht zuletzt, warum die Öffentlichkeit und das Parlament seit Jahren falsch informiert wurden.

 

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Finanzen folgende

ANFRAGE:

1.     Wann, mit wem, wo, mit welchem Inhalt und welchen Ergebnissen hat der damalige Finanzminister vor der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria die ersten Gespräche mit Politikern aus Bayern und/oder Vertretern der Bayerischen Landesbank über die Zukunft und drohende Insolvenz der Hypo Alpe Adria geführt?

 

a)     Falls Sie bei Ihrer bisherigen Darstellung bleiben und die von PröII unter Wahrheitspflicht am 9. April 2013 vor Gericht getätigten Aussagen bestätigen, dass diese ersten Gespräche im November 2009 stattgefunden haben, wie erklären Sie sich dann die Zeugenaussage des ehemaligen Leiters des BayernLB-Vorstandsstabs, Benedikt Haas, im selben Zivilprozess am 9. April 2013, wonach es bereits Ende August 2009 einen ersten Gedankenaustausch zwischen dem damaligen VP-Finanzminister Josef Pröll und seinem bayerischen CSU-Kollegen Georg Fahrenschon gegeben habe?

 

b)     Falls Sie die von Haas unter Wahrheitspflicht getätigten Aussagen nunmehr bestätigen, warum haben Sie, PröII, Peschorn, das Finanzministerium und die Finanzprokuratur das Parlament und die Öffentlichkeit über Jahre falsch informiert, indem Sie immer behauptet haben, es habe erst im November 2009 erste Gespräche zwischen Bayern und Österreich über die Hypo Alpe Adria gegeben?

 

2.     Wenn Sie bei Ihrer bisherigen Darstellung bleiben, die ja ihre Grundlage in entsprechend lü- ckenhaften Informationen aus Ihrem Haus haben kann.

 

a)     Aufgrund konkret welcher Unterlagen bzw. mündlichen Informationen von welchen Personen können Sie ausschließen, dass es Ende August 2009 unter Beteiligung des damaligen österreichischen und bayerischen Finanzministers Besprechungen über die Hypo Alpe Adria gegeben hat?

 

b)     Bei welchen konkreten Personen haben Sie bisher bzw. werden Sie dazu Erkundigungen einziehen lassen, zumal die Frage, ob es ein solches Treffen stattgefunden hat auch für die rechtliche Position Österreichs relevant ist?

3.     Wenn Sie nunmehr das Treffen Ende August bestätigen: Was waren der konkrete Inhalt und die konkreten Ergebnisse dieses „ersten Gedankenaustausches" (Zitat Haas) zwischen dem damaligen VP-Finanzminister Josef Pröll und seinem bayerischen Kollegen Georg Fahrenschon Ende August 2009?

a)     Wer hat zu diesem „ersten Gedankenaustausch" zu welchem Thema und mit welchem Ziel eingeladen?

 

b)     Wer waren die Teilnehmer an diesem „ersten Gedankenaustausch"?

 

c)     Wo hat dieser „erste Gedankenaustausch" stattgefunden?

 

d)     Worüber hat Fahrenschon Pröll in diesem „ersten Gedankenaustausch" konkret informiert und wie hat PröII darauf reagiert?


e)     Wie hat Fahrenschon in diesem „ersten Gedankenaustausch" Lage und Zukunft der Hypo Alpe Adria dargestellt und welche Angaben hat er darüber gemacht, wie sich der Hypo-Mehrheitseigentümer BayernLB gegenüber Hypo Alpe Adria, Kärnten und Republik Österreich verhalten wird?

 

f)      Wer war wann und warum über das Stattfinden dieses ersten Gedankenaustausches" vor oder nach seinem Stattfinden informiert?

 

g)     Wer wurde wann und warum über Verlauf und Ergebnisse dieses ersten Gedankenaustausches` informiert?

 

h)     Wurden im Rahmen dieses „ersten Gedankenaustausches" Vereinbarungen oder Absprachen getroffen und wenn ja, wie lauten diese?

 

i)      Gibt es über das Gespräch an sich, seinen Verlauf und seine Ergebnisse irgendwelche schriftlichen oder elektronischen Unterlagen? Wenn ja, welche und wie lauten sie?

 

j)      Gibt es über die Vereinbarung des Gesprächstermins schriftliche oder elektronische Unterlagen? Wenn ja, welche und wie lauten sie?

 

4.     Welche weiteren Gespräche auf formeller und informeller Ebene gab es zwischen diesem „ersten Gedankenaustausch" im August 2009 und der Notverstaatlichung im Dezember 2009 zwischen Österreich und Bayern im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria?

 

a)     Wer hat wann zu diesen sowie zu welchem Thema und mit welchem Ziel eingeladen?

 

b)     Wer waren die Teilnehmer an diesen Gesprächen?

 

c)     Wo haben diese stattgefunden?

 

d)     Worüber wurde in diesen Gesprächen konkret informiert und wie hat Pröll darauf reagiert?

 

e)     Wie wurden in diesen Lage und Zukunft der Hypo Alpe Adria dargestellt und welche Angaben hat er darüber gemacht, wie sich der Hypo-Mehrheitseigentümer BayernLB gegenüber Hypo, Kärnten und Republik Österreich verhalten wird?

 

f)      Wer war wann und warum über das Stattfinden dieser informiert?

 

g)     Wer wurde wann und warum über Verlauf und Ergebnisse dieses „ersten Gedankenaustausches" informiert?

 

h)     Wurden im Rahmen dieser weitere Vereinbarungen oder Absprachen getroffen und wenn ja, wie lauten diese?

 

i)      Gibt es über die Gespräche an sich, ihren Verlauf und ihre Ergebnisse irgendwelche schriftlichen oder elektronischen Unterlagen? Wenn ja, welche und wie lauten sie?

 

j)      Gibt es über die Vereinbarung der Gesprächstermine schriftliche oder elektronische Unterlagen? Wenn ja, welche und wie lauten sie?


5.     Welche sonstigen Kontakte auf formeller und informeller Ebene gab es zwischen wem, warum, mit welchem Inhalt und welchen Ergebnissen im Zeitraum August 2009 und Dezember 2009 zwischen dem Freistaat Bayern und/oder der Bayerischen Landesbank und der Republik Österreich im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria?

 

6.     In welcher Form, welchem Umfang und mit welchem lnhalt lagen die Ergebnisse der PwC- Prüfung der Hypo Alpe Adria dem damaligen Finanzminister vor und welche Schritte hat er sodann auf Basis dieser Ergebnisse gesetzt?

 

7.     Wie wurden im Zuge der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria die bestehenden Anfechtungsrechte zwischen Freistaat Bayern und Republik Österreich geregelt und wer hat diese Regelung der Anfechtungsrechte seitens Österreichs so verhandelt und fixiert?

 

8.     Ist die Zeugenaussagen Josef PröIls vor Gericht korrekt, wonach die Details der Vertragsgestaltung her die Notverstaatlichung damals Experten vorgenommen hätten und falls ja, wer waren diese Experten, welche Anweisungen hatten sie von wem und um welche Details handelt es sich?

 

9.     Warum kann oder will sich Josef PröII an so vieles im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria heute nicht mehr erinnern, weil er vor Gericht in genanntem Zivilprozess auf entsprechende Fragen auffallend häufig antwortete: "Daran kann ich mich nicht erinnern" und was hat er ganz offensichtlich zu verbergen?