14462/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.04.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Haubner

Kolleginnen und Kollegen

 

an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend mangelnde Grundkompetenzen als Ursache für Fachkräftemangel

Der Wirtschaftsstandort Österreich verfügte bisher auf Grund der dualen Lehrlingsausbildung über sehr gut qualifizierte Fachkräfte. Jedoch stellen uns diverse Faktoren - u.a. die demographische Entwicklung - in den nächsten Jahren vor besondere Herausforderungen. Aktuell sind es ca. 30.000 Fachkräfte, die in den Unternehmen fehlen - Tendenz steigend.

Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber für eine Lehrstelle sinkt, zusätzlich werden die Grundkompetenzen in Mathematik, Lesen und Schreiben immer seltener beherrscht. Mehr als die Hälfte der Lehrstellenbewerber haben keine ausreichenden Kenntnisse in Mathematik, in Englisch haben über 40 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber nur mangelhafte Kenntnisse. Mangelnde Sprachkenntnisse sowie dem Alter entsprechende Ausdrucksfähigkeit sind dabei nicht nur ein Phänomen bei Kindern mit Migrationshintergrund.

Wenn Grundkompetenzen in Mathematik, Lesen und Schreiben nur mangelhaft vorhanden sind, sind Lehrlinge den Anforderungen im Beruf nicht gewachsen und im Berufsschulunterricht überfordert. Vor diesem Hintergrund verwundert es auch nicht, wenn fast ein Fünftel der Lehrlinge die Lehrabschlussprüfung nicht schafft bzw. erst gar nicht dazu antritt. Um einfache Erklärungen für die unerfreulichen Erfolgsquoten bei der Lehrabschlussprüfung zu finden, wird häufig die Ausbildungsqualität in den Lehrbetrieben bemängelt. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Ausbildungsbetriebe, den Lehrlingen Grundkompetenzen zu vermitteln. Grundkompetenzen müssen bereits während der Schulzeit erworben werden, denn „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“.

Ein Unternehmen, das zu wenige Fachkräfte und Techniker hat, muss unweigerlich abwandern. Wenn die österreichischen Unternehmen ihre Arbeitsplätze nicht mehr qualifiziert besetzen können, wird das langfristig den Wohlstand in unserem Land massiv beeinträchtigen. Der Fokus der Pflichtschulausbildung muss daher verstärkt auf Grundkompetenzen-Ausbildung gelegt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur folgende

Anfrage:

1.    Welche Bildungsziele gibt es in der Primarstufe?

2.    Wie wird das Erreichen von Bildungszielen in der Primarstufe gemessen?


3.    Welche Konsequenzen werden gezogen, wenn diese Bildungsziele nicht erreicht werden?

4.    Welche Bildungsziele gibt es in der Sekundarstufe 1?

5.    Wie wird das Erreichen von Bildungszielen in der Sekundarstufe 1 gemessen?

6.    Welche Konsequenzen werden gezogen, wenn diese Bildungsziele nicht erreicht werden?

7.    Wie wollen Sie dem offensichtlich vorhandenen Mangel an Grundkompetenzen entgegensteuern?

8.    Seit 2012 werden die Schülerinnen und Schüler der 8. Schulstufe österreichweit auf das Erreichen von Bildungsstandards in Deutsch, Mathematik und Englisch getestet. Wie hoch ist der jährliche finanzielle Aufwand im Zusammenhang mit der Testung und Auswertung?

9.    Gibt es Überlegungen, die individuellen Bildungsstandards in die Benotung der Schülerinnen und Schüler einfließen zu lassen?

10. Die Sozialpartner legen seit Jahren diverse Verbesserungsvorschläge auf den Tisch:

1)  Sicherstellung der Schulreife durch Erreichen eines entsprechenden Niveaus bei der sprachlichen und sozialen Kompetenz im Kindergarten, um allen Kindern möglichst gleiche „Startbedingungen“ im Schulsystem zu gewährleisten.

2)  Berufs- und Bildungswegorientierung sowie ein individuelles Stärkenprofil („Potentialanalyse“) für alle 10-14jährigen: Die hohe Zahl der Drop-outs und Ausbildungswechsler nach der 9. Schulstufe ist ein eklatantes Indiz, dass die Vorbereitung auf diese so wichtige Entscheidung im Leben der Jugendlichen schlichtweg katastrophal ist. Besonders in der AHS-Unterstufe finden Berufs­ und Bildungswegorientierung in der Praxis einfach nicht statt. Ein eigener Unterrichtsgegenstand „Berufsorientierung“ muss daher auch im Curriculum der AHS-Unterstufe verankert werden.

3)  Festschreibung einer Ergebnisverantwortung der einzelnen Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Volksschule, Sekundarstufe) mit entsprechenden Konsequenzen: Derzeit ist es so, dass Kinder und Jugendliche an den Nahtstellen im Bildungssystem einfach „weitergereicht“ werden. Validität und Reliabilität der Noten und der damit verbundenen Berechtigungen sind vielfach nicht mehr gegeben bzw. mangelhaft. Ein verbessertes Zusammenwirken bzw. ein Mitspracherecht der aufnehmenden Bildungseinrichtung (Volksschule, Sekundarstufe, Hochschule) ist im Sinne einer Qualitätssicherung unbedingt erforderlich.

Welche dieser Vorschläge der Sozialpartner wurden bereits aufgegriffen und in der Primarstufe und Sekundarstufe jeweils umgesetzt?

11. Welche dieser Vorschläge der Sozialpartner wurden nicht aufgegriffen und warum nicht?

12. Es ist angedacht, in den Lehrplänen der Berufsschule den Unterricht in Deutsch und Englisch zu Lasten der fachlichen Ausbildung auszuweiten. Meinen Sie, dass es Aufgabe der Berufsschulen bzw. der Betriebe ist, Versäumnisse bei den Grundkompetenzen ausgleichen zu müssen?

13. Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Grundkompetenzen plant Ihr Ressort in der Primarstufe und Sekundarstufe 1 im Jahr 2013 noch umzusetzen?