14713/J XXIV. GP

Eingelangt am 14.05.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

 

des Abgeordneten KO Heinz-Christian Strache

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend die Klientelpolitik des Bundesministers Berlakovich zugunsten von Chemieindustrie und Großbauern

 

 

Allein in Österreich sollen seit dem Vorjahr knapp acht Milliarden Bienen Opfer von Neonicotinoiden geworden sein. Bis zu 120.000 Bienenvölker sind davon betroffen. Untersuchungen der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA bestätigen diese Befürchtungen. Es verwundert daher, dass der Kommissionsvorschlag zum vorübergehenden Absetzen von Neonicotinoiden von den Vertretern Österreichs im März 2013 abgelehnt wurde. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft hat in einer zweiten Abstimmung am 29. April 2013 ein weiteres Mal gegen den Schutz der Bienen gestimmt, bzw. stimmen lassen.

 

Im Zuge des öffentlichen Aufschreies gegen dieses skandalöse Abstimmungsverhalten kam hervor, dass der zuständige Bundesminister Berlakovich offensichtlich eng mit Lobbyisten der Giftindustrie zusammen arbeitet. Das wird durch die Studie „Melissa“ der AGES, die zu € 115.000 von den Pestizidherstellern Bayer, BASF und Syngenta mitfinanziert wurde, bewiesen. BM Berlakovich ließ sich vom Syngenta Lobbyisten Theo Jachmann sogar in das Parlament begleiten!

 

Es verwundert daher nicht, dass die ursprünglich erhobenen Zwischenergebnisse, die eindeutig gezeigt hatten, dass Bienen durch Neonicotinoide Schaden nehmen im Resümee der AGES Studie nicht mehr vorkommen. Letztlich empfahl die AGES weiterhin die Zulassung neonicotinoider Wirkstoffe.

Dieser Vorgang passt zu der Tatsache, dass Chemiekonzerne in der Bauernzeitung des ÖVP-Bauernbundes für mehrere hunderttausend Euro inseriert haben.

 

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass sich das zuständige Ressort vergangene Woche weigerte die Öffentlichkeit über den Einsatz von Neonicotinoiden zu informieren. Dabei berief man sich auf die Amtsverschwiegenheit und den Datenschutz. Begründet wurde diese Geheimhaltung mit den Geschäftsinteressen der Chemieindustrie. Dieses rechtswidrige Verhalten überrascht umso mehr, als eine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Neubauer und Hofer zu diesem Thema am 23. April 2010 beantwortet wurde.

 

Diese negative Performance wird durch die jüngste Kritik des Rechnungshofes über die Schaltung von Berlakovich-Inseraten in Printmedien und über die Auftragsvergabe für den Relaunch der Homepage des Lebensministeriums, wodurch Millionen an Steuergeld verschwendet wurden, abgerundet.

 

Der Rechnungshof stellte fest, dass kaum ein Inserat der Jahre 2006 bis 2011 einen konkreten Bezug zu den Aufgaben des Bundesministeriums erkennen lässt. Der Rechnungshof setzt die Gesamtkosten der Berlakovich-PR-Maschinerie bei 29 Millionen Euro in sechs Jahren an. Ein Teil davon erfolgte in Printmedien mit untergeordneter oder nicht bekannter Reichweite. Hauptprofiteure dürften die „Österreichische Bauernzeitung“ und „Blick ins Land“ sein.

 

Hart kritisiert wird auch die Homepage des Ministeriums, zumal ein Relaunch der Seite ohne Ausschreibung vergeben wurde. Leistungen im Umfang von 4,4 Mio. Euro wurden vom Land- und Forstwirtschaftlichen Rechenzentrum erbracht. Weitere 67 Mio. Euro sollen für IT-Leistungen an die Land- und Forstwirtschaftliche Rechenzentrum GmbH bezahlt worden sein.

 

All diese Ereignisse lassen auf eine völlige Überforderung und ein Versagen des Bundesministers Berlakovich in seinem Ressort schließen.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft daher folgende

 

 

Dringliche Anfrage

 

 

01)  Welche Gründe waren für Ihr negatives Abstimmungsverhalten auf europäischer Ebene hinsichtlich eines Verbotes von Neonicotinoiden maßgeblich?

 

02)  War dieses Abstimmungsverhalten im Ministerrat oder mit anderen Regierungsmitgliedern akkordiert?

 

03)  Haben Lobbyisten, insbesondere der Pestizidhersteller Bayer, BASF und Syngenta, auf Ihr Abstimmungsverhalten bzw das Ihrer Beamten Einfluss gehabt?

 

04)  Wenn nein, wie erklären Sie den Umstand, dass die AGES-Studie „Melissa“ von diesen Chemiekonzernen mitfinanziert wurde und dass Sie sich vom Syngenta-Lobbyisten Theo Jachmann in das Parlament begleiten ließen?


05) Gibt es weitere Zuwendungen der Chemieindustrie an Sie oder Ihre Partei zum Zwecke der weiteren Zulassung von Pestiziden?

 

06) Welchen Einfluss auf die Zulassung, insbesondere von Pestiziden, haben die Inserate von Chemiekonzernen in der Bauernzeitung und anderen ÖVP nahen Medien?

 

07) Wie erklären Sie, dass die AGES-Studie „Melissa“ den weiteren Einsatz von neonicotinoiden Wirkstoffen empfiehlt, zumal die ursprünglich erhobenen Zwischenergebnisse deutlich gezeigt hatten, dass Bienen durch Neonicotinoide Schaden nehmen?

 

08) Warum haben Sie, bzw. Ihr Ressort, sich nach Bekanntwerden des „Bienen-Skandals“ geweigert, die Öffentlichkeit über den Einsatz von Neonicotinoiden zu informieren?

 

09) Wie beurteilen Sie die Rechtfertigung, dass die konkreten Namen der Wirkstoffe und deren Umsätze der Amtsverschwiegenheit unterliegen, in rechtlicher und politischer Hinsicht?

 

10) Wie beurteilen Sie die Rechtfertigung, dass die Bekanntgabe der Menge an Giften, die in die Umwelt kommen, den Geschäftsinteressen der Chemieindustrie widerspricht, in rechtlicher und politischer Hinsicht?

 

11) Hat die rechtswidrige Verweigerung der Auskunft durch Ihr Ressort (dienstrechtliche) Konsequenzen gehabt, wenn ja welche?

 

12) Wie passt die jüngste Verweigerung der Auskunft über den Einsatz von Pestiziden zur Anfragebeantwortung 4550/AB vom 23.4.2010?

 

13) Wie hoch ist der Einsatz von Pestiziden in der österreichischen Landwirtschaft in den Jahren 2011, 2012 und 2013?

 

14) Wie beurteilen Sie die Kritik des Rechnungshofes, dass kaum ein Inserat der Jahre 2006-2011 einen konkreten Bezug zu den Aufgaben Ihres Bundesministeriums erkennen lässt?

 

15) Wie hoch war der Mitteleinsatz in den Jahren 2006-2012 für Printmedien mit untergeordneter oder nicht bekannter Reichweite?


16) Ist es richtig, dass von Ihrer Inseratenpolitik vor allem die ÖVP-nahen Druckwerke „Österreichische Bauernzeitung“ und „Blick ins Land“ profitierten? Wie hoch waren die Zuwendungen Ihres Ministeriums in den Jahren 2006 bis 2012?

 

17) Wer sind die Eigentümer von „Österreichische Bauernzeitung“ und „Blick ins Land“?

 

18) Sind im Zusammenhang mit Ihrer Inseratenvergabe-Praxis Strafverfahren anhängig? Wenn ja, wie ist der Verfahrensstand?

 

19) Welche Gründe waren für die direkte Vergabe für den Relaunch der Internetseite www.lebensministerium.at an die Land-und Forstwirtschaftliche Rechenzentrum GmbH maßgeblich?

 

20) Welche Gründe waren für die direkte Vergabe von IT-Leistungen im Ausmaß von 67 Mio. Euro an die Land- und Forstwirtschaftliche Rechenzentrum GmbH maßgeblich?

 

21) Wer hat maßgeblichen Einfluss auf die Land- und Forstwirtschaftliche Rechenzentrum GmbH, zumal laut Rechnungshof diese einem Verein gehört, in dem nicht nur Vertreter des Ressorts Mitglieder sind?

 

22) Welche konkreten Maßnahmen haben Sie gesetzt, damit es durch die in Aussicht genommene EU-Saatgutverordnung zu keinen überzogenen Zulassungsbestimmungen, die einzig der Agrarindustrie und Konzernen wie Monsanto dienen, kommt?

 

23) Welche konkreten Maßnahmen haben Sie auf europäischer Ebene gesetzt, damit es in Österreich zu keiner Privatisierung von Wasserversorgungsanlagen kommt?

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.