14734/J XXIV. GP

Eingelangt am 16.05.2013
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Mag. Roman Haider

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend die Steuerautonomie der Länder

 

 

„Während nationale und internationale Experten seit Langem eine substanzielle Erhöhung der eigenen Steuern von Ländern und Gemeinden fordern (siehe dazu die jüngsten Studien von Wifo und KDZ im Wifo-Monatsbericht 12/2012), stand die Politik in Österreich diesen Vorschlägen bisher weitgehend ablehnend gegenüber.

Mit der Forderung einiger Landeshauptleute nach mehr Steuerautonomie kommt nun auch bei uns Bewegung in die seit Jahren verschwundene Debatte über den Finanzausgleich.

Wo das Prinzip der Zusammenführung der Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung verletzt wird sind Effizienzverluste die Folge, das Paradebeispiel ist das Pflichtschulwesen. Die Eigenverantwortung im föderalen Wettbewerb darf daher nicht vor der (ausschließlichen) Aufgaben- und Ausgabenverteilung haltmachen, sie muss auch die verschiedenen Finanzierungsquellen umfassen.

Ziel ist somit die Veränderung des „Einnahmenmix“ aus eigenen Steuern, Gebühren, Beiträgen und aus Einnahmen aus dem Steuerverbund (Finanzausgleich). Es geht um eine Stärkung der Eigenverantwortung für die Mittelaufbringung, die bei den Ländern derzeit verschwindend gering ist.

Das Ziel darf nicht einseitig in einer Steigerung der Effizienz bestehen, es geht auch um ein partnerschaftliches und kooperationsbetontes Verhältnis zwischen den Gebietskörperschaften.

Die Erweiterung der Steuerhoheit macht daher Adaptierungen im gesamten System des Finanzausgleichs erforderlich. Die Frage, welche Steuern sich für welche gebietskörperschaftliche Ebene eignen, wird in der finanzwissenschaftlichen Theorie weitgehend einhellig beantwortet. Demnach sollen die Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer aus Gründen der Stabilisierung und Verteilung der Abgabenhoheit des Zentralstaates unterworfen werden. Grund- und Vermögensteuern, Benützungsgebühren sowie umweltbezogene Abgaben eignen sich aufgrund ihrer geringen Mobilität für Länder und Gemeinden. Spezielle Verbrauchssteuern (zum Beispiel Mineralölsteuer) sind für Österreich aufgrund ihrer Mobilität wegen der Kleinheit der Länder eher ungeeignet.


Die Praxis in föderalen Staaten folgt nicht immer den theoretischen Überlegungen. Oft werden Zuschlagsrechte zu Lohn- und Einkommensteuern praktiziert. Da eine Umwandlung dieser Abgaben in eine Stamm- und Zuschlagsabgabe viele Probleme mit sich bringt, ist die Übertragung oder der Ausbau von eigenen Abgaben auf die Länder und Gemeinden eindeutig überlegen.

Dabei sollte aus administrativen Gründen und aufgrund der Einsparung zusätzlichen Personals die Steuerverwaltung im Bereich der Finanzverwaltung des Bundes bleiben beziehungsweise von dieser übernommen werden.

Zuletzt ein Vorschlag für eine Stärkung der Steuerhoheit der Länder und Gemeinden: Die Grundsteuer wird bei gleichzeitiger Aufhebung der Grundsteuerbefreiungen den Ländern übertragen. Bei den Gemeinden erfolgt die Kompensation durch Abschaffung der Befreiungen bei der Kommunalsteuer und durch deren Ausbau in eine Wertschöpfungsausgabe sowie über eine neue flächenbezogene Grundsteuer mit eigenem Hebesatzrecht – differenziert nach Nutzungsart und -intensität.

Dies bedeutet keineswegs eine Erhöhung der Abgabenquote, da das Ausmaß des Steuerverbundes für Länder und Gemeinden entsprechend zu reduzieren wäre.“ (Die Presse vom 12.3.2013)

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für Finanzen nachfolgende

 

Anfrage

 

1.     Warum wurde den nationalen und internationalen Expertenmeinungen bezüglich der Steuern von Ländern und Gemeinden bis jetzt so wenig Gehör geschenkt?

2.     Wie kann eine zukünftige Debatte die jenem des Österreich-Konvent (2003/2004) ähnelt, vermieden werden und eine sorgfältige Argumente-Abwägung erfolgen?

3.     Wie kann die Kooperationskultur im föderalen Gefüge vorangetrieben und alte Denkmuster über Bord geworfen werden?

4.     Wie kann die Relation zwischen den gebotenen Dienstleistungen und der Steuerbelastung transparenter gemacht werden?

5.     Wie kann die Eigenverantwortung für die Mittelaufbringung bei den Ländern gestärkt werden?

6.     Wie kann die Abgabenautonomie gestärkt werden ohne dadurch gleichzeitig den solidarischen Wettbewerbsföderalismus zu durchbrechen?

7.     Wie lässt sich eine Balance zwischen Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und solidargemeinschaftlicher Mitverantwortung finden, um einen ruinösen Steuerwettbewerb zu vermeiden?

8.     Wie stehen Sie zu einem zusammengefassten Finanzkraftausgleich und aufgabenorientiertem Lastenausgleich anstelle einer Besteuerung der Gemeinden durch die Länder?

9.     Was halten Sie davon, die Grundsteuer bei gleichzeitiger Aufhebung der Grundsteuerbefreiung den Ländern zu übertragen bzw. von einer neuen flächenbezogenen Grundsteuer mit eigenem Hebesatzrecht, differenziert nach Nutzungsrecht und Intensität? (Bei gleichzeitiger Reduzierung des Steuerverbundes für Länder und Gemeinden)

10.   Halten Sie eine Grundsteuerreform generell für notwendig?

11.  Wie kann die Eigenverantwortung im föderalen Wettbewerb auch die Finanzierungsquellen mitumfassen?

12.  Wäre es Ihrer Meinung nach erstrebenswert, die Steuerverwaltung in Bereichen der Finanzverwaltung beim Bund zu belassen und wenn ja, warum?