14848/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.05.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Inneres

betreffend den Abschlussbericht des Bündnisses gegen Gewalt

BEGRÜNDUNG

 

Insgesamt wurden laut Anfragebeantwortung 13721/AB, XXIV.GP, vom 15. April 2013 für die wissenschaftliche Begleitung in den Jahren 2011 (100.000 €) und 2012 (90.000 €) im Rahmen von zwei Werkverträgen an die Perner KG vierteljährlich pauschal ausbezahlt (also insgesamt eine Summe von 190.000 € exkl. USt). In der Anfragebeantwortung 1120/AB, XXIV.GP, vom 14. August 2012, wurde jedoch angeführt, dass im Jahr 2011 (120.000 €) und 2012 (90.000 €) ausbezahlt wurden.

Dieser Unterschied ist in zweierlei Hinsicht relevant: Zum einen ist nunmehr unklar, ob die Beträge mit oder ohne Umsatzsteuer vereinbart bzw. ausbezahlt wurden, zum anderen wäre, wenn man der ersten Anfragebeantwortung folgt und von dem Vorliegen zweier selbständiger Werkverträge ausgeht, die Grenze für die "freie" Auftragsvergabe im ersten Jahr überschritten. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass tatsächlich ein einheitlicher Projektvertrag vorlag, da in dem von Prof. Rotraud A. Perner auf ihrer Homepage veröffentlichten "Abschlussbericht" davon die Rede ist, dass "für dieses Vorhaben" "ein Zeitraum von drei Jahren (mit jährlich abnehmenden Budgetmitteln) in Aussicht gestellt  wurde.

Eine konkrete Kostenaufschlüsselung für die Leistungen im Rahmen des Projekts sowie eine Vereinbarung über konkrete (Vor-)Leistungen für eine Zahlung Zug-um-Zug hat es wohl nie gegeben. Denn eine konkrete Kostenaufschlüsselung kann in keiner der Anfragebeantwortungen angegeben werden. Es wird lediglich erwähnt, dass die Zahlungen vierteljährlich pauschal - und ohne jeden Zusammenhang mit der Erbringung konkreter (Vor-)Leistungen - erfolgt seien.

Auf der Website von Frau Prof.in Rotraud Perner findet sich in der Rubrik Biografie der Abschlussbericht über das Projekt „Bündnis gegen Gewalt“ - den Sie auch wortgetreu im Anhang dieser Anfrage nachlesen können - unter folgendem Link: http://www.perner.info/publikationen/buendnis-gegen-gewalt.html


Aus diesem Bericht lässt sich ablesen, dass der Auftrag freihändig an die Perner KG erfolgt ist. Der Beschreibung der Tätigkeiten zufolge handelte es sich hier keinesfalls ausschließlich um die wissenschaftliche Begleitung dieses Projekts, sondern eher überwiegend um andere Tätigkeiten wie zB Öffentlichkeitsarbeit sowie Projektmanagement. Dies ist insofern überraschend, als in der Anfragebeantwortung 11820/AB XXIV.GP (eingelangt am 14.8.2012) auf Seite 6 zu lesen ist, dass "das Projekt im Bundeskriminalamt in Linienorganisation durchgeführt" werde, sodass - abgesehen von der "wissenschaftlichen Begleitung" – „keine weiteren Kosten“ anfallen würden. Demnach wären Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement ausschließlich Aufgaben des Bundeskriminalamts gewesen.

Die aus dem Abschlussbericht hervorgehende "Aufgabenverschiebung" stellt im Übrigen auch die Anwendbarkeit des § 10 Z 13 Bundesvergabegesetz in Frage, da das Bundesvergaberecht wohl nur dann nicht anwendbar sein kann, wenn der Vertragsinhalt überwiegend Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen betrifft.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)   Wann genau hat die Leistungserbringung der Perner KG im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“ begonnen?

2)   Wann genau hat die mit dem BMI vertraglich vereinbarte Leistungserbringung der Perner KG im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“ begonnen?

3)   Wann genau endete die Leistungserbringung der Perner KG im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“?

4)   Wann genau endete die vertraglich vereinbarte Leistungserbringung der Perner KG im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“?

5)   War ursprünglich, wie im Abschlussbericht erwähnt, eine längere, mindestens dreijährige Projektlaufzeit des „Bündnisses gegen Gewalt“ geplant?

6)   Wann wurde der mit der Perner KG abgeschlossene „geistige Dienstleistungsvertrag“ seitens des BMI oder des Bundeskriminalamts unterzeichnet und von wem wurde dieser Vertrag unterzeichnet?

7)   Wurde die Vergütung im Rahmen dieses „geistigen Dienstleistungsvertrags“ mit der Perner KG vertraglich mit oder ohne Umsatzsteuer festgelegt? Welche Summe wurde für das Jahr 2011 und welche für das Jahr 2012 - mit oder ohne Umsatzsteuer – vertraglich festgeschrieben?


8)   Ist es generell üblich, dass das BMI bei „geistigen Dienstleistungsverträgen“ keine Kostenaufschlüsselung für einzelne Leistungen einfordert?

9)   Weshalb wurde in diesem konkrete Fall auf eine Festlegung der Kostenaufschlüsselung für die erbrachten Leistungen im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“ verzichtet?

10) Ist es üblich, dass das BMI „geistige Dienstleistungsverträge“ pauschal und ohne Vereinbarung einer konkreten Gegenleistung vergibt?

11)  Weshalb wurde die gesamte Leistung im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“ schon vor der Erstellung des Abschlussberichts pauschal vergütet und zwar jeweils vierteljährlich pauschal und nicht im Gegenzug zu konkreten Vorleistungen?

12)  Warum hat die Firma KECC (Karin Eder Communications & Consulting), die Teile der Kommunikation der Perner KG übernommen hat, laut Abschlussbericht die Vertrags- und damit auch Honorarabstimmungen des „Bündnisses gegen Gewalt“ mit dem BMI übernommen, obwohl doch ursprünglich nur (siehe Anfragebeantwortung 11820/AB XXIV.GP zu den Fragen 12 bis 15) die wissenschaftliche Begleitung  extern vergeben werden sollte?

13)  Wie sah die Zusammenarbeit des Ministeriums mit der Firma KECC konkret aus?

14)  Welche Rolle spielte die Firma KECC im Rahmen des Gesamtprojektes „Bündnis gegen Gewalt“ und welche Leistungen wurden von der KECC übernommen?

15)  Wurden die einzelnen Teilbeträge vom BMI mit oder ohne Umsatzsteuer überwiesen? In welcher Höhe und zu welchen Zeitpunkten wurden die einzelnen zur Auszahlung gebrachten Beträge in den einzelnen Jahren im Rahmen des Projektes „Bündnis gegen Gewalt“ nun an wen ausbezahlt? Mit der Bitte um eine konkrete Aufstellung der einzelnen ausbezahlten Beträge und mit der Angabe ob mit oder ohne USt), der Überweisungsdaten und deren AdressatIn.

16)  Wurde seitens des BMI eine interne Prüfung der Angemessenheit der Zahlungen im Rahmen des Projektes „Bündnis gegen Gewalt“ vorgenommen? Falls ja, zu welchem Ergebnis kam diese Überprüfung?

17)  Wird das BMI den Rechnungshof um eine Überprüfung der Angemessenheit der vorgenommenen Zahlungen im Rahmen des Projektes „Bündnis gegen Gewalt“ bitten? Falls nein, warum nicht? Falls ja, wann wird das BMI ein Ersuchen um Überprüfung an den Rechnungshof stellen?

18)  Ist es richtig, dass weder Frau Prof.in Perner selbst, noch die Perner KG, ein Angebot für den Leistungsumfang und das diesbezügliche Honorar für die Betreuung des „Bündnisses gegen Gewalt“ erstellt haben?


19)  Sehen Sie eine Chance, dass ein Teil der vorgenommenen Zahlungen im Rahmen des Projektes „Bündnis gegen Gewalt“ zum Beispiel über die Finanzprokuratur wieder zurück gefordert werden könnte? Werden Sie die Möglichkeit einer teilweisen Rückforderung zumindest rechtlich prüfen lassen?

20)  Wie hoch waren die Kosten für die Erstellung der Website des „Bündnisses gegen Gewalt“ und deren grafischer Aufbau, die vom BMI getragen wurden?

21)  Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten einer Pressekonferenz im BMI?

22)  Wie hoch waren die vom BMI getragenen Kosten für die einzelnen Pressekonferenzen in den Jahren 2010, 2011 und 2012, die gemeinsam mit Frau Prof.in Perner stattgefunden haben?

23)  Wie hoch waren alle anderen Kosten im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“ wie zB Kosten für Veranstaltungen, die vom BMI getragen wurden?

24)  Welches konkret zu erreichende Endziel hatte das Projekt „Bündnis gegen Gewalt“?

25)  Welche konkreten Projektphasen inklusive der dazugehörigen Projektkontrolle bzw. Evaluation lassen sich beim Projekt „Bündnis gegen Gewalt“ darstellen?

26)  Wie konkret sah die Bedarfsauflistung der notwendigen zeitlichen, räumlichen, personellen (inkl. organisationsspezifischem und kommunikationstechnischem) und finanziellen Ressourcen für das Projekt „Bündnis gegen Gewalt“ aus?

27)  Welche Kriterien der Erfolgskritik bzw. Erfolgskontrolle gab es beim Projekt „Bündnis gegen Gewalt“?

28)  Wird das Projekt „Bündnis gegen Gewalt“ vom Bundeskriminalamt weitergeführt? Falls ja, in welcher Form?

29)  Ist der auf der Website von Frau Prof.in Perner angeführte Abschlussbericht zum „Bündnis gegen Gewalt“ der offizielle Abschlussbericht, den auch das BMI erhalten hat?

30)  Welche Teile dieses Abschlussberichts werden auf der Website des BMI veröffentlicht werden?

31)  Wieso ist in der Anfragebeantwortung von August 2012 zu Frage 9 zu lesen, dass „der Bericht über die wissenschaftliche Begleitung des Projektes „Bündnis gegen Gewalt“ im Jahr 2011“ „derzeit evaluiert“ werde, wenn von so einem (Zwischen-) Bericht, der evaluiert werden hätten können, im Endbericht gar keine Rede ist, bzw. aus dem Endbericht vielmehr hervorgeht, dass mit der eigentlichen (potentiell) wissenschaftliche Tätigkeit, nämlich der „Evaluierung“ der Projekte bis Ende Februar 2012 zugewartet wurde? (Vgl. den ersten Absatz des Abschlussberichtes zu 2012)


Anhang:

Abschlussbericht

"Bündnis gegen Gewalt"
2010–2012


 

 

Der Bericht folgt folgender Struktur:

·                     zuerst wird unter 1. der historische Ablauf der Kooperation zwischen BMI und    Perner KG dokumentiert,

·                     sodann wird unter 2. die inhaltliche Arbeit umrissen,

·                     danach werden unter 3. die auftretenden Schwierigkeiten benannt und

·                     zuletzt wird unter 4. der Prozess der Kooperation bewertet, wobei auftauchenden Parallelprozessen von Gewalt – und seien sie noch so subtil – besonderes Augenmerk gewidmet wird.

2010

Der Beginn

1.                   Am 3. 9. rief der Direktor des BKA, General Franz Lang Drin. Rotraud Perner an und bat sie, am 7. 9. Um 17.30 an der Pressekonferenz mit BM Fekter in den Räumen des Bundesministeriums teilzunehmen und die JournalistInnen über die Entstehung und Folgen von Gewalt zu informieren.
Da Drin. Perner an diesem Tag ganztags in St. Pölten arbeitete und anschließend um 19.30 einen lang angekündigten Vortrag in Untertullnerbach halten sollte und zu diesem Zeitpunkt noch kein Vertragsverhältnis bestand, gestaltet sich die Organisation dem entsprechend schwierig. Da für Drin. Perner das Thema Gewaltprävention aber ein Herzensangelegenheit darstellt, war sie trotz des kurzfristigen Ersuchens bereit, dem BMI zur Verfügung zu stehen.

Im Anschluss an die PK wurde Drin. Perner von Direktor Lang informiert, dass das BMI plane, sich einerseits Überblick über die vermutet vielen Initiativen gegen Gewalt in Österreich zu verschaffen, andererseits eine Koordinierungsstelle zwecks Information über Gewalt und Gewaltprävention sowie Unterstützung für alle Vorhaben, die in Österreich unter Gewaltprävention angeboten würden, ins Leben zu rufen; dazu hätte das BMI gerne Drin. Perner in ihrer konkurrenzlosen Kompetenz als Juristin und langjährige Gerichtssachverständige, als Sozialtherapeutin, Erwachsenenbildnerin, mehrfach graduierte Psychotherapeutin und Psychoanalytikerin sowie Autorin des Masterstudiums Präventionsmanagement, das sie in ihrer Eigenschaft als Univ. Profin. für Prävention und Gesundheitskommunikation an der Donau Universität Krems konzipiert hatte, als wissenschaftliche Beraterin bzw. auch "Chefkonsulentin für Expertenrunden" gewonnen und fragte an, ob sie bereit wäre, diese Aufgabe zu übernehmen.
Drin. Perner sagt dies zu und versprach, einen Entwurf als Basis bzw. Vorausleistung für die Vereinbarung künftiger Zusammenarbeit zu erstellen.
Im Vertrauen auf dieses Vorhaben erstellte und übermittelte Drin. Perner bereits am 21. 9. nach Recherche über die bisherigen Aktivitäten des BMI ein erstes Konzept.

Am 4. 11. tätigte Drin. Perner Nachfrage bei General Franz Lang, weil sie seit dem 21. 9. keinerlei Kommunikation erfahren hatte und einerseits potenzielle Arbeitskapazitäten für 2011 nicht weiter in Schwebe halten konnte, andererseits ihr erstes Konzept ja im Vertrauen auf nachträgliche Honorierung erstellt hatte und auf eine solche nicht verzichten wollte. In Beantwortung wurde sie an Generalmajor Gerhard Lang verwiesen, der zwischenzeitlich die Projektleitung übernommen hätte.
Am 5. 11. meldete sich Dr. Hans-Peter Stückler, bestätigte Vorhaben und Kooperationsabsicht des BMI und teilte mit, dass am 12. 11. Im Rahmen einer Presseveranstaltung die Eröffnung der geplanten Koordinierungsstelle vorgenommen würde und Drin. Perner neuerlich (und wiederum extrem kurzfristig) in ihrer Fachkompetenz als Rednerin erwünscht wäre.

Ab diesem Zeitpunkt begannen die intensiven inhaltlichen Abstimmungsarbeiten mit einerseits dem BMI, andererseits dem Team der Perner KG, da zu diesem Zeitpunkt bereits klar war, dass auch eine Erhebung der bislang bestehenden Gewaltpräventionsprojekte sowie deren Evaluation an Drin. Perner und ihr Team, somit die PERNER KG, ausgelagert werden sollte.
Ab 21. 11. wurden die ersten Entwürfe für einerseits diese Erhebungen, andererseits der Aufbau flankierender Maßnahmen zur Information der breiten Bevölkerung im Team der Perner KG erarbeitet.
Parallel dazu begann die Chefin der Firma KECC (Karin Eder Communications & Consulting), welche seit 2004 wesentliche Teile der Kommunikation sowohl von Drin. Perner als auch der Perner KG übernommen hat, mit den Vertrags- und damit auch Honorarabstimmungen mit dem BMI. Dazu ist festzuhalten, dass die Perner KG keinerlei Angebot für den Leistungsumfang und das diesbezügliche Honorar erstellt, sondern sich kooperativerweise den Wünschen und dem Angebot des BMI gefügt hatte.

2.                   Inhaltlich wurde ein erstes Grundkonzept vorgelegt, ein zweites für Jänner 2012 vorbereitet, die ersten Entwürfe für die Evaluierung konzipiert und die einzelnen Schritte zur Durchführung des Projekts inklusive der vorgesehenen PR- Schritte nach den Konzeptionen von Drin. Perner durchgeplant.
An diesen Arbeiten waren beteiligt: Roman A. Perner als Projektleiter, Drin. Rotraud A. Perner als wissenschaftlich und konzeptiv Verantwortliche, Dr. Michael Benesch und Maga. Judith Holzhöfer für die empirisch-statistischen Arbeiten und Karin Eder als "Kommunikationsdrehscheibe". (Später beteiligten sich noch folgende Mitarbeiter der Perner KG an der Durchführung des Projekts: Robin N. Perner und Esther Crapélle sowie Christian Cerny und Monika E. Wegener.)
Die Berufsqualifikationen der ständigen Mitarbeiter können unter www.salutogenese.or.at Ort & Menschen eingesehen werden.

3.                   Unter Schwierigkeiten sind die großen Zeitläufe zu vermerken, die sich einerseits aus der Einhaltung der ministeriellen Hierarchie, andererseits der daraus resultierenden Zeitknappheit bei verzögerten Genehmigungen ergaben; da immer die Bewilligungen mehrerer Abteilungen bzw. Personen abgewartet werden mussten bevor nächste Schritte genehmigbar und damit kommunizierbar wurden, kam es schon zu Beginn der Kooperation zu Zeitdifferenzen zwischen der Arbeitsrhythmik des BMI und der Zeitökonomie der Expertenschaft der Perner KG; vor allem Dr. Benesch und Drin. Perner, die beide als gesuchte Fachleute langfristige universitäre und andere Verpflichtungen zu erfüllen hatten, waren dadurch in ihrer unternehmerischen Zeitplanung behindert.

4.                   Zu den Spezialitäten der Perner KG zählt ihre große Flexibilität und Kooperationsbereitschaft; aus diesem Grund wurden die extrem kurzfristigen Terminanfragen nicht als gewalttätig bewertet, sondern auf Grund der jahrelangen Erfahrung von Drin. Perner in der Zusammenarbeit mit Ministerien und Landesregierungen wohlwollend und verständnisvoll akzeptiert.

2011

Die Überlegungen


Der präzisierte Arbeitsauftrag des Bundeskriminalamts an die Perner KG lautete: das BMI möchte in Erfahrung bringen, was es alles unter dem Überbegriff Gewaltprävention an Projekten in Österreich gäbe. Diese Projekte sollten erhoben und anschließend evaluiert werden um best-practice-Projekte herauszufiltern. Die nachahmenswertesten Projekte könnten dann mit einem Preis ausgezeichnet werden. Konkret wurden vier Wünsche präzisiert: methodische Inputs zu geben, als "Türöffner" zu fungieren, best-practice-Beispiele zu identifizieren und die eigene Arbeit begleitend zu evaluieren.
Für dieses Vorhaben wurde ein Zeitrahmen von drei Jahren (mit jährlich abnehmenden Budgetmitteln) in Aussicht gestellt (und wurde auch im Projekthandbuch von GM G. Lang als Projektendtermin 31. 12. 2013 festgehalten) .

Da die Durchführung dieser Arbeiten für die Mitarbeiterschaft des Bundeskriminalamts Pionierarbeit bedeuten und allein die Konzepts- und Adaptationsarbeit schon die personellen und damit auch zeitlichen Ressourcen überfordern würde, fanden im Verlauf der Kooperation der Perner KG mit dem BMI laufend weitere Arbeitsvereinbarungen und Aufgabenzuteilungen an die Perner KG statt, die im Folgenden ersichtlich sind und aus der sachlichen Sinnhaftigkeit widerspruchslos übernommen und erfüllt wurden.

Die Konzeption

Da dem BMI keine gesamtösterreichischen Informationen über die Aktivitäten zur Gewaltprävention zur Verfügung standen, sondern nur einige öffentlich bekannte Trägerorganisationen sowie einige wenige VertreterInnen von Opferschutzeinrichtungen in Kontakt zum BMI standen, sah die Konzeption der Perner KG vor, dass in einer Struktur vergleichbar mit konzentrischen Kreisen zuerst top down

a) über Ministerien und Landesregierungen erhoben werden sollte, welche Projekt von ihnen gefördert wurden sowie deren leitende Persönlichkeiten um Unterstützung der Arbeit des Bündnis gegen Gewalt, Beitritt und Wortspende zum Bündnis gebeten werden sollten,

b) anschließend in einem zweiten größeren Kreis die Religionsgesellschaften, Kammern und ähnliche Institutionen gleichartig informiert und zur Zusammenarbeit motiviert werden sollten und

c) in einem dritten noch größeren Kreis diese Informationen an NGOs, aber auch an die breite Bevölkerung vermittelt werden sollten.

d) Gleichzeitig sollte diese Information öffentlich einsehbar und mit der nötigen Fachinformation versehen sein. Es sollten sich InteressentInnen umfassend informieren, aber auch Vorschläge und Rückmeldungen abgeben können. Dazu wurde als ideales Transportmittel eine Website vorgeschlagen und dafür vom Team der Perner KG ein eigenes Konzept erstellt.

e) Gleichzeitig wurde vorgeschlagen, das BMI möge durch intensive Öffentlichkeitsarbeit eine Kooperation mit zumindest einem Print- und einem audiovisuellen Medium initiieren, damit Informationen zur Gewaltprävention regelmäßig, zumindest aber bei einschlägigen Meldungen, verbreitet würden.

f) Als Zeitplan war für die Aussendung der Briefe der Monat Februar vorgesehen, für den Rücklauf samt Urgenzen und die Realisierung der Website war der Monat März veranschlagt, sodass bei begleitender Öffentlichkeitsarbeit mit Eintreffen von Projekten bis Ende Juni gehofft und dann die Auswertung gestartet werden könnte. Als Zeitpunkt für die Prämierung wurde von Drin. Perner der 10. Dezember – Tag der Menschenrechte – vorgeschlagen.

g) Für die Prämierung der erwünschten best-practice-Projekte sollte eine Jury zuständig sein.

Nebst diesen beiden Schwerpunkten – Gewinnung von Bündnispartnern (ProjektmitarbeiterInnen mitgemeint) UND Information über Entstehung und Prävention von Gewalt (nicht Kriminalität! Diese Unterscheidung ist wichtig, weil sie Tiefenschichten der Persönlichkeitsstruktur und damit Selbststeuerungsbereitschaft betrifft und damit Allgemeinanspruch erhebt – also auch die Selbststeuerungskompetenz von Amtsträgern betrifft!) sollten vor allem auch leitende Personen darauf hingewiesen werden, dass Gewalt in ihren vielen Formen überall stattfinden kann – auch in Ämtern und anderen Arbeitsplätzen, auf Verkehrswegen, in den Medien – und dass sie Stress und damit Gesundheitsbeeinträchtigungen unterschiedlicher Schweregrade auslöst. Gleichzeitig sollten Wege aus der Gewalt – und zwar schon in ihrem Entstehen – aufgezeigt werden.

Die Durchführung

1.                   Von Seiten der Perner KG lag das oben angeführte Konzept mit Ende Jänner als Gesamtarbeitsplan für 2011 vor, doch zeigte sich, dass allein die Verfassung und Genehmigung des Musterbriefs für das Informationsschreiben bis in den März hinein dauerte, sodass die erste Serie von Briefen erst Ende März / Anfang April vom BMI versendet werden konnte.
In der Folge zeigte sich, dass dieser Brief selten die erwünschte Wirkung – nämlich Verständnis und Kooperationsbereitschaft – zeitigte und daher von Seiten des Teams der Perner KG nachtelefoniert und ausführlich erklärt werden musste, worum es beim Bündnis gegen Gewalt eigentlich gehe. Durch informelle Gespräche konnte Profin. Perner in Erfahrung bringen, dass in manchen Ministerien der Mitarbeiterschaft Kooperation abgeraten wurde, da der Bündnisinitiative ein parteipolitisches Interesse unterstellt wurde.

Auch zeigte eine "Blitzumfrage" der Kommunikationsfirma KECC, dass Anfang März 2011 trotz zweier Presseveranstaltungen das Bündnis gegen Gewalt in der breiten Bevölkerung unbekannt war. Dies bestärkte das Team der Perner KG in ihrer mehrfach vertretenen Sichtweise, dass es nötig wäre, eine permanent verfügbare Informationsplattform aufzubauen, auf die immer wieder hingewiesen werden konnte, damit sich potenzielle Fördergeber wie auch Förderwerber schnell und kostenlos Kenntnis von der Seriosität des Anliegens und seiner Hintergründe verschaffen könnten.

Aber auch die Erstellung der Homepage, deren grafischen Aufbau dankenswerterweise die betreffende Fachabteilung des BMI übernahm, musste, was den Inhalt betrifft, den Weg durch die Ämterhierarchie durchwandern, sodass von der Logo-Entwicklung bis zur Absegnung der wesentlichen Informationen für potenzielle Projekteinreichende der Monat Juli erreicht wurde.
Im August wurde einiges an themenspezifischer Literatur zur Anregung für die interessierte Bevölkerung ausgewählt.

Außerdem stellte Profin. Perner das Copyright ihres populärwissenschaftlichen Grundsatzbuches "Schaff' dir einen Friedensgeist – Gewaltprävention im Alltag" zur Publikation auf der Website zur Verfügung.

Die von Profin. Perner angeregte Möglichkeit, über diese Website die interaktive Kommunikation mit interessierten BürgerInnen zu ermöglichen, wurde auf Grund mangelnder Personalressourcen für die dazu erforderliche Betreuung vom BMI abgelehnt.


Nachdem wiederum die Inhalte amtsintern rechtlich geprüft und zur Veröffentlichung freigegeben worden waren, konnte die Website mit Ende September online gehen und wurde diese am 26. 9. in einer Pressekonferenz von Bundesministerin Maga. Mikl-Leitner gemeinsam mit der Information über das Bündnis gegen Gewalt und seine Ziele der Öffentlichkeit vorgestellt.


Mit Jahresende 2011 waren schlussendlich 676 Projekte eingereicht worden. (2012 folgten in der Nachfrist noch 37 und dazu noch eines, von dem das Evaluationsteam der Perner KG erst Anfang August erfuhr und das entgegen der Bewertung des Evaluationsteams vermutlich auf Intervention prämiert wurde.)

Die ersten Kontaktversuche um fachlich kompetente Personen für die Jury – später "Förderbeirat" genannt – für die Prämierung der zu entdeckenden best-practice-Beispiele zu gewinnen, startete Profin. Perner zu Beginn des August; ihr ging es dabei darum, in ausgewogenem Verhältnis Frauen und Männer mit vor allem praktisch psychologisch-pädagogisch-mediatorischer aber auch journalistischer Erfahrung zu motivieren, ihre Zeit für die möglicherweise umfang- und konfliktreiche Reihungstätigkeit zu opfern. Leider lehnten einige bestqualifizierte Personen wegen Zeitmangels ab. Anfang Dezember hatte sich dann das Ministerbüro für eine Jury entschieden, in der Perners Vorschläge nur zum Teil berücksichtigt worden waren – vor allem wurde Profin. Perner immer wieder in die Namensliste aufgenommen, obwohl sie mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass sie solch eine Tätigkeit für sich aus Unvereinbarkeitsgründen ablehne. Dies wurde vermutlich (weil keinerlei Kommunikation und Information) erst zu einem späteren Zeitpunkt nach dem Jahreswechsel berücksichtigt.

2.                   Inhaltlich war es Profin. Perner intensives Anliegen, Gewaltprävention entsprechend ihrer mehrfachberuflichen jahrzehntelangen Forschungsarbeit und konkreten Erfahrung in der Arbeit mit GewalttäterInnen wie Gewaltüberlebenden (d. h. als Juristin, Psychotherapeutin / Psychoanalytikerin, Sozialtherapeutin, Erwachsenenbildnerin sowie Mesoziaterin und Salutologin, vor allem aber auch als Univ. Profin. für Prävention) über die traditionellen juristischen Strategien der Kriminalitätsbekämpfung – nämlich durch von Generalprävention (Gesetze als Abschreckung) und Spezialprävention (Straf- und Resozialisierungspraxis zur sozialen "Besserung" potenzieller bzw. manifester Delinquenten) – hinaus und unter Berücksichtigung der jüngsten neurobiologischen Erkenntnisse in einem interdisziplinären Ansatz um das Wissen über die biopsychonoetischen, d. h. leibseelischgeistigen Gewaltimpulse und die autopädagogischen Verhütungsmöglichkeiten zu erweitern und dies in allgemein verständlicher Sprache möglichst vielen Personen zugänglich zu machen.

Die Wurzel der Gewalt sieht Profin. Perner ähnlich wie der französische Kulturanthropologe René Girard im "mimetischen Furor", d. h. im neiderfüllten Vergleich mit anderen, scheinbar besser Gestellten, und folglicher Angst vor Verlust der Selbstachtung.
Sie beschränkt sich dabei nicht auf die "enge" juristische Sichtweise, die voraussetzt, dass Menschen alle die gleichen Selbststeuerungsfähigkeiten besitzen, sondern schließt die Auslösemechanismen von Gewalt in all ihren Formen – physisch, psychisch, sexuell, verbal, mental, aber auch finanziell und strukturell – in den Präventivblickwinkel ein, indem sie bei all diesen Formen die Variablen abstrahiert und damit zum Ursprungsgeschehen gelangt.
Diese "breit umfassende" Sichtweise und die danach entwickelte Verhaltenspraxis, die aus der über vierzigjährigen Forschungs- und Berufserfahrung heraus entwickelt wurde, konnte in jahrelangem Unterricht und Training (z. B. im Rahmen der Lehrveranstaltung "Didaktik der Gewaltprävention" an der Universität Wien, im Masterstudium "PROvokativpädagogik" an der Donau Universität krems, an den Pädagogischen Hochschulen Innsbruck, Linz, Wien, an der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule Wien-Krems, aber auch des Projekts "Gewaltfreie Steiermark" 1998–1999 sowie unendlich vielen Therapiesitzungen mit Opfern wie Tätern von Gewalt) weiter gegeben werden und wurde und wird immer wieder von Praktizierenden als effizient rückgemeldet.

Hinsichtlich der Prävention von sexuellen Misshandlungen sei auf Profin. Perners Bücher "Zuliebe zu Leibe. Über die Möglichkeit und Unmöglichkeit kindlicher Erotik", edition Tau 1992, "Schuld & Unschuld – Täter und Opfer sexueller Misshandlung" aaptos Verlag 1994, "Die Wahrheit wird euch frei machen – Sexuelle Gewalt im kirchlichen Bereich ... und anderswo. Prävention – Behandlung – Heilung" Gezeiten Verlag 2006 und "Missbrauch – Kirche Opfer Täter" Lit Verlag 2010 sowie ihre zahlreichen Fachartikel hingewiesen.


Dementsprechend klassifiziert Profin. Perner Bemühungen zur Vermeidung von Gewalt in

a) primäre Gewaltprävention, die dem konkreten Individuum ermöglicht, Gewaltimpulse im Entstehen bei sich wie bei anderen wahrzunehmen, in einer Gesundheit fördernden Weise in Selbststeuerung und gewaltverzichtende Sprache zu verwandeln und die daher ein Bildungsproblem darstellt,

b) sekundäre Gewaltprävention, die sich aufklärend und/ oder beratend an potenzielle Gewaltopfer wendet und

c) tertiäre Gewaltprävention, die therapeutisch behandelnd arbeitet.

In einem Bündnis gegen Gewalt sind daher bei a) vor allem Bildungseinrichtungen (inklusive Medien), bei b) zusätzlich Sozialeinrichtungen und bei c) noch dazu Gesundheitseinrichtungen zur Zusammenarbeit gefordert. Aus der Sicht von Profin. Perner darf die Zuständigkeit für Gewaltprävention nicht an einen Kostenträger delegiert werden, sondern erfordert ein Zusammenwirken aller potenziellen Fördergeber.

3.                   Die Schwierigkeiten des Jahres 2011 lagen neben dem bereits angeführten unterschiedlichen Umgang mit Zeit und Terminen zwischen den Ministerien, Landesregierungen und sonstigen vom BMI angeschriebenen Institutionen und damit der Notwendigkeit, diese persönlich zu kontaktieren und zu motivieren, was viel uneingeplanten Zeitaufwand bedeutete und auch nur unterschiedlich erfolgreich war. Vor allem zeigte sich auch öfters der Bedarf an Schulung in wertschätzendem Kommunikationsverhalten; dieses sollte fixen Bestandteil im Rahmen der Verwaltungsakademien erhalten.

So wurde vordringlich den im Parlament vertretenen Klubs das Angebot gemacht, Drin. Perner würde nach Terminvereinbarung persönlich über Gewaltprävention und das Bündnis gegen Gewalt informieren; damit sollte der Informationstransfer in die Bundesländer beschleunigt und Abgeordnete zu tatsächlichem Engagement gegen Gewalt – anstelle von bloßen Lippenbekenntnissen – motiviert werden. Auf dieses Angebot wurde nur aus dem Klub der FPÖ und dem der Grünen reagiert – zu konkreten Terminen kam es bedauerlicherweise nicht. Nach diesem erfolglosen Versuch sprach Drin. Perner mehrfach persönlich einzelne Abgeordnete an, doch blieben auch die dabei getätigten Zusagen ohne Ergebnis.

Ebenso ergebnislos blieben die im gesamten Projektverlauf immer wieder vorgebrachten persönliche Bitten um Unterstützung bei JournalistInnen wie auch übergeordneten Medienverantwortlichen. Dazu hatte Profin. Perner – die selbst über jahrelange Erfahrung in der Mitarbeit bei Print- und audiovisuellen Medien sowie auch als eigenverantwortliche Blattgestalterin verfügt – ihr konkretes Konzept für redaktionelle Umsetzung sowie auch das kostenlose verfassen von einschlägigen Texten angeboten. Manche wollten nur mit der Führung des Bundeskriminalamts sprechen – ob sie das auch taten, entzieht sich der Kenntnis der MitarbeiterInnen der Perner KG.

Ähnliche Schwierigkeiten lagen in der Differenz der Möglichkeiten von Öffentlichkeitsarbeit. Während die ministerielle Öffentlichkeitsarbeit vor allem dem Ziel untergeordnet ist, die Vorhaben, Aktivitäten und Leistungen des Ministeriums an die Mitarbeiterschaft, Kooperationspartner und Medien vermitteln, war das Anliegen von Profin. Perner darauf hin gerichtet, umfassendes Wissen über Entstehung und Verhinderung von Gewalt in die breite Bevölkerung zu bringen.

Dass sich im Laufe der Kooperation mit dem BMI zeigte, dass wesentliche Kompetenzen von systemischer Projektarbeit inklusive medienpädagogischer Netzplantechnik und PR aus dem Expertenpool der Perner KG transferiert werden mussten, wurde vom Team der Perner KG hingegen nicht als Schwierigkeit, sondern als integraler Bestandteile effizienter
Zusammenarbeit (vgl. "methodische Inputs") gewertet und als selbstverständlich im Leistungsspektrum mit erbracht.

4.                   Im Jahre 2011 wurden als Parallelprozesse die Verständnislosigkeit gegenüber der Notwendigkeit und die Abwehr des Angebots von mehr und grundlegender Information über Entstehung und Prävention von Gewalt – umfassend definiert – festgestellt.
Dies entspricht analogem Verhalten von Personen, die nicht mit ihrer eigenen subtilen Gewalttätigkeit – beispielsweise dem Ziel, ihre Interessen auf jeden Fall gegen Widerstand durchzusetzen – in Bezug gebracht werden wollen. Genau das stellt aber die besondere Herausforderung für alle dar: pädagogisch wirksame gewaltverzichtende Interventionsformen zu wissen und sozial bestätigt zu praktizieren, die anderen zu selbstbestimmter Einsicht verhelfen ohne sie zu manipulieren. Genau deswegen ist Modelling im Vorbildverhalten notwendig und das kann wirksam nur in aktuellen Situationen vorgelebt werden.

 
2012

Weiterführung der Konzeption

1.                   Ende 2011 lagen zum Stichtag Mitte Dezember 676 Projekte zur Evaluierung bereit; da nach dem Stichtag noch ein paar Projekte eingereicht worden waren, ersuchten die Auftraggeber, mit der Evaluierung bis Ende Februar 2012 zu warten, wodurch noch 37 Projekte in die Sichtung einbezogen werden konnten.

Diese Sichtung wurde ausschließlich und ohne Mitwirkung und Einflussnahme von Profin. Perner von Dr. Michael Benesch – einem auch fachpublizistisch ausgewiesenen Experten und Hochschullehrer für Statistik an etlichen Universitäten – und Maga. Judith Holzhöfer, Soziologin und Fachfrau für soziale Netzwerke und Gewalt an behinderten Menschen – durchgeführt; dies deswegen, weil Drin. Perner aus Erfahrung aber auch in Antizipation von Parallelprozessen vermutete, dass ihr im Falle ihres Mitwirkens von KonkurrentInnen Voreingenommenheit unterstellt werden könnte und sie diese Form von verbaler Gewalt verhindern wollte.

Leider entsprachen nur wenige Projekte den auf der Website des Bündnis gegen Gewalt veröffentlichten Kriterien; vielfach wurden nur Tätigkeitsberichte eingereicht, nicht aber die Konzeption des Projekts ausgewiesen oder die Ressourcenfrage oder auch die gesellschaftliche Nachhaltigkeit. Genau dies wäre aber wichtig gewesen, um beispielsweise Ressourcenbedarf oder zu behebende Schwierigkeiten erkennen zu können!

Diese Mängel sollen aber dem großen Engagement der Personen, die sich in der Beratungsszene – d. h. in der sekundären oder tertiären Gewaltprävention – etablieren wollen bzw. konnten, keinerlei Abbruch tun! Es zeigt vielmehr die große Bereitschaft, vor allem Kindern und Frauen, die Opfern von Gewalt wurden, Beistand und Hilfe zukommen zu lassen. Um potenziellen Förderwerbenden wie auch Fördergebern hier Handreichung anzubieten, war dies das Auslösemoment für die Konzeption der Handbücher, die hier Hilfestellung bieten, damit in Hinkunft große Differenzen in der Gestaltung von Einreichungen vermieden werden können.

Wie schon in ihrer langjährigen Mitgliedschaft im wissenschaftlichen Beirat des Fonds Gesundes Österreich, an dessen vorbildlicher Arbeit sich Profin. Perner nebst anderen auch bei diesem Projekt orientiert hat, legt Profin. Perner großen Wert auf saubere Trennung zwischen rein psychosozial beratender bzw. therapeutischer Tätigkeit, die anderen Ministerien oder Institutionen (z. B. akademischen) zuzuordnen ist, und primärer Gewaltprävention, die in einem Bündnis mehrere Ministerien zu realisieren wäre.




In diesem Zusammenhang wäre exakt zu klären, welche Aufgaben genuin ins Innenressort fallen und welche in den Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich bzw. zu den Sozialversicherungsträgern. So ressortieren derzeit beispielsweise die Familienberatungsstellen ins Ministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, leisten aber Arbeit in all den drei voran angeführten Bereichen und wären hier bevorzugt einzubinden – vor allem deshalb, weil ja auch die Beratungsstellen, die sich auf Betreuung und Therapie von Betroffenen von Gewalt spezialisiert haben, in dieser Rechtsform organisiert und finanziert sind.

Aus diesem Grund hat Profin. Perner mehrfach vorgeschlagen, aus der ressortinternen Koordinierungsstelle gegen Gewalt ein ressortübergreifendes Bundesinstitut für Gewaltprävention zu gestalten, das aus Budgetmitteln aller Ministerien dotiert wird – denn: Gewalt findet überall statt (leider auch in Amtsstuben).

Neben der Evaluation der eingereichten Projekte, der Erstellung der Handbücher, der Zusammenstellung von Adresslisten aller Bundesländer – sowie Teilnahme und ausführlichen Fachreferaten an Sitzungen und Veranstaltungen – wurde als weitere flankierende Maßnahme zur Motivation der Bevölkerung, sich gegen Gewalt zu engagieren, von Profin. Perner der Alfred-Adler-Preis für Texte gegen Gewalt erfunden.

2.                   Mit dem Alfred-Adler-Preis für Texte gegen Gewalt sollen österreichische AutorInnen angeregt werden, Gedichte, Belletristik, aber auch Hörspiele oder Drehbücher zu verfassen, in denen Gewalt nicht verherrlicht sondern in Frage gestellt oder geächtet wird.

Die Überlegung dabei gründet sich auf die Erfahrung mit dem Text "Die Spitzin" von Marie v. Ebner-Eschenbach: Manche Einsichten können Dichter einfach besser vermitteln als noch so engagierte PolitikerInnen oder Fachleute.

Um den Gedanken des "Bündnis" gegen Gewalt auch vorzuleben, gelang es nicht nur eine hochkarätige Jury zu gewinnen – was beispielsweise bei Mag. Martin Schenk von der Armutskonferenz gar nicht so einfach war. Ebenfalls schwierig war es, einen Sponsor zu finden, der den Preis finanzieren wollte. So lehnten beispielsweise die Vienna Insurance Group, die kurz vor der Anfrage von Profin. Perner ihre Gewinne medial bejubelt hatte, ab, und ebenso Frank Stronach. Gewaltprävention gehört offensichtlich nicht zu seinen Werten. Nach langem Suchen gelang es Profin. Perner, die Hypo Niederösterreich als Sponsor zu gewinnen. Leicht hingegen war es, den Hauptverband des Buchhandels als Kooperationspartner zu motivieren, Teile der nötigen Zusammenarbeit zu übernehmen.

Was nicht gelang, war für die geplante Preisübergabe – vorgeschlagen war der 1. April 2013, der Hans-Christian-Andersen-Tag – ein demonstratives Zusammenwirken von zwei oder mehreren Ministerien zu initiieren: in Hinblick auf die Nähe von Innen- und Justizressort wäre ein partnerschaftliches Auftreten beider Ministerinnen eine gute Gelegenheit gewesen, zu zeigen, wie man ohne Konkurrenz – die Wurzel der Gewalt – teilen kann. Die auftraggebenden Ansprechpartner waren aber der Ansicht, dass die Preisvergabe allein im Innenressort loziert sein sollte. Dennoch verlangten diese in der Sitzung vom 13. 11. 2013 von Profin. Perner, sie allein solle den Kooperationsvertrag mit der Hypo Niederösterreich unterschreiben und damit die gesamte Verantwortung für die weitere Realisierung tragen – das BMI wäre bereit, eine Person als Unterstützung halbtäglich anzubieten und würden sie dies mit € 35.000,– ins Nächstjahres-Budget übernehmen.

Da Drin. Perner zuerst mit ihrem Team die nötigen Arbeitsschritte kalkulieren und eine mögliche Finanzierung überlegen wollte, um die Kosten, die das BMI nicht zu tragen bereit war – z. B. Pressekonferenzen und Aussendungen, das Honorar für die Kommunikationsfirma KECC, die das alles übernehmen müsste – kam es vorerst nicht zu dieser Vertragsunterzeichnung, obwohl Profin. Perner bereits die zugehörige Website www.alfredadlerpreis.at finanziert hatte. Da Profin. Perner kurz vor Weihnachten erst erfuhr, dass 2013 keine Dotierung vom BMI zu erwarten wäre, stoppte sie die weitere Arbeit um mögliche Alternativen zu klären. Dazu suchte sie Anfang 2013 – ohne Angabe von Kosten – um prinzipielle Zusage einer entsprechenden Dotierung an und bekam das Angebot von € 10.000,– ; auf ihr Antwortschreiben, dass sie dieses Angebot nicht annehmen könne, da bei sparsamster Verwirklichung von zwei Pressekonferenzen zur Information der Öffentlichkeit mit zumindest mit Kosten von € 60.000,– zu rechnen sei, erfolgte bis Ende März 2013 keinerlei Antwort ...

3.                   Massive Schwierigkeiten ergaben sich 2012 hinsichtlich der Prämierung der best-practice-Beispiele. Als nämlich die Evaluierung nach der Verlängerung der Einreichfrist auf Ende Februar 2012 abgeschlossen war und eine Vorauswahl von 10 Projekten zum Ranking für die Jury vorlagen sowie ein noch engerer Vorschlag, welche Projekte vom Team Perner besonders prämierungswert eingeschätzt wurden, und auch kommuniziert worden war, dass die Preise vom Kuratorium Sicheres Österreich vergeben werden würden, wurde ein bislang nicht bekanntes und auch nicht evaluiertes Projekt für die Prämierung vorgesehen. Auf Nachfrage wurde das Vorliegen einer Intervention verneint, auf das dringliche Ersuchen, auch dieses Projekt der Evaluation zuzuführen, musste festgestellt werden, dass es sich wiederum um eine reine Auflistung abgehaltener Vorträge handelte.

An diesem Beispiel zeigten sich wiederum die unterschiedlichen Vorstellungen von Kooperation: wie ich bei der Preisverleihung der Proponentin dieses Projekts sagen konnte, hätte ihr das Team selbstverständlich den Hinweis auf die auf der Website veröffentlichten Kriterien gegeben (auch wenn dies eigentlich die Aufgabe der Koordinierungsstelle gewesen wäre, aber wir waren gewohnt, dass von dort so viel wie möglich an die Perner KG delegiert wurde). Es war der Perner KG bewusst, dass sie mit ihrem Widerstand gegen diese Sonderbehandlung einer durchaus respektablen, aber eben nicht den Bewertungskriterien entsprechenden einreichenden Gruppe möglicherweise die Bereitschaft des BMI zu einer weiteren Zusammenarbeit gefährden würde – als systemisch ausgebildete Fachleute war uns aber die Einhaltung der "Vereinbarung" mit einem noch anonymen Adressatenkreis wichtiger als die Anpassung an unbekannte übergeordnete Entscheidungskriterien.

Es kann festgehalten werden, dass – wie auch in vielen anderen Ämtern – der Servicecharakter in der Verwaltung noch nicht Selbstverständlichkeit besitzt. Rückblickend wäre der Informationsaustausch top down bei allem Verständnis für berufsbedingte Zurückhaltungs-Gewohnheiten verbesserungsfähig.

4.                   Als Parallelprozesse zeigten sich gelegentlich Konkurrenzen: es ist verständlicherweise nicht leicht für langjährig erfahrene Personen, wenn sie mit andersartigen, innovativen, unvertrauten, umfassenderen Sichtweisen konfrontiert werden, nicht auf die eigenen Verdienste zu pochen. Manche Personen reagierten aggressiv, manche hinterrücks diskriminierend. Beides schädigt die Gesundheit der anvisierten Personen.

Genau aus diesem Grund ist es wichtig, sich vom traditionellen juristischen Blickwinkel der Kriminalprävention zu verabschieden und das Augenmerk der Psychodynamik von Gewalt zuzuwenden: jede Gewalttat wird von einem Menschen begangen, der ein bestimmtes Verhaltensmuster neuronal eingeprägt hat, und, wie die jüngere computergestützte Gehirnforschung nachweisen konnte, werden diese Verschaltungen je nach Auslöse spontan enerviert oder geplant aktiviert und wiederholt, wenn man damit Erfolg hat. Das trifft auf rohe Gewalt genauso zu wie auf üble Nachrede oder leichtsinnige Gefährdungen, auf Erpressungen und Einschüchterungsversuche, wie auf den Aufbau diskriminierender Strukturen.







2013

Da nach den Unterlagen des BMI als Projektende der 31. 12. 2013 vorgesehen war, überarbeitete und aktualisierte das Team der Perner KG zu Jahresende 2012 das seit langem bestehende und erfolgreich umgesetzte Konzept für österreichweite Intensivschulungen in variabler zeitlicher Dauer, in denen einerseits BeamtInnen, andererseits Personen, die in Eigeninitiative gegen Gewalt tätig werden wollen, das nötige fachspezifische, methodische wie auch organisatorische Know How vermittelt bekommen könnten. Auch wurde angeboten, dazu ein grundlegendes Handbuch zu verfassen.

Beides kann – und wird – auf Grund der Entscheidung, das Projekt nicht mehr unter Verwendung des Know How der ExpertInnen der Perner KG weiter zu führen, nur mehr in Eigeninitiative der Perner KG realisiert werden – ebenso wie der Alfred-Adler-Preis – und es haben sich erfreulicherweise bereits Nachfragen und Realisierungen dazu ergeben.

Rotraud A. Perner