15487/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.07.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Martin Bartenstein
Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Versäumnisse der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie in Hinblick auf eine zukunftsorientierte Bahnpolitik

Die Ausgaben des Bundes für die ÖBB steigen rasant: Im Bundesbudget waren für Eisenbahn Infrastruktur im Jahr 2010 noch 1 Milliarde € an Zuschüssen vorgesehen. Heuer sind es mit 1,6 Milliarden € bereits um 60 Prozent mehr. Dazu kommen 2010 fast 500 Millionen € für Gemeinwirtschaftliche Leistungen, 2013 werden es 656 Millionen € sein, weiters mehr als 1,5 Milliarden € für die Pensionen. Auch die unterfertigten Abgeordneten bekennen sich zu den vielen positiven Infrastrukturvorhaben. Ein gewissenhafter Umgang mit Steuergeld bedeutet aber auch, die Wirtschaftlichkeit bei den ÖBB zu erhöhen und Einsparungspotentiale zu realisieren, um in der Folge genug Spielraum zu haben, um die Bahn der Zukunft zu realisieren: Die Bahn der Zukunft hat den Kunden im Mittelpunkt und ist modern, schnell, günstig, bequem, pünktlich und effizient. Hierzu hat es aber kaum nennenswerte Initiativen der zuständigen Bundesministerin gegeben.

Erstes Beispiel: das ÖBB-Dienstrecht. Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht vor: Die Weiterentwicklung des Dienstrechts unter Einbindung der Sozialpartner soll es einerseits dem Konzern erleichtern, eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Personalpolitik umzusetzen sowie die Beschäftigungsmöglichkeiten der Bediensteten weiter verbessern. Aktivitäten der Bundesministerin zu solchen Verhandlungen hat es nicht gegeben.

Das Regierungsübereinkommen sieht weiters vor, dass es - um das
Nahverkehrsangebot kundengerechter zu gestalten - einer besseren Abstimmung der Nahverkehrsagenden bedarf. Dazu zählen etwa ein österreichweit abgestimmter Taktverkehr, wesentliche Verbesserung der Fahrgastinformationen, österreichweite Verkehrsauskunftssysteme und Vereinheitlichung der Tarife zwischen den Verkehrsverbünden oder das Österreich-Ticket. Das Österreich-Ticket für alle mit einer attraktiven, gestaffelten Preisgestaltung wird als besonderer Anreiz zum Umstieg auf
den öffentlichen Verkehr angesehen. Leider hat es auch dazu keine merkbaren Aktivitäten der zuständigen Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie gegeben. Es ist sehr zu bedauern, dass hier kein Erfolg verbucht werden konnte, wenngleich dies nicht sofort auf die Frage des Geldes rückgeführt werden soll. Das


Thema ist primär das Nahverkehrsangebot kundengerechter zu gestalten und es insbesondere zu einer besseren Abstimmung der Nahverkehrsagenden durch eine bessere Abstimmung der Verkehrsbünde kommen sollte.

 

Ein weiterer Punkt ist, dass das BMVIT laufend an einer Reihe von Plänen arbeitet: Rahmenplan ÖBB, Rahmenplan ASFINAG oder etwa auch Gesamtverkehrsplan. Die unterfertigten Abgeordneten sind der Ansicht, dass eine Einbindung des Nationalrates vor der endgültigen Fertigstellung solcher Pläne von Vorteil wäre. In der Folge wäre es auch aus Verkehrs- und demokratiepolitischen Gründen positiv, wenn diese genannten Pläne auch im Verkehrsausschuss des Nationalrates beraten werden würden.

Die Bereitstellung der Verkehrsinfrastruktur ist Aufgabe des Staates. Im Bereich der Verkehrsunternehmen sollte es Vorfahrt für privates Unternehmertum geben. Für einen gewissenhaften Eigentümervertreter wäre es angezeigt, gemeinsam mit anderen Regierungskollegen Überlegungen hinsichtlich strategischer Partnerschaften für den ÖBB-Personen- und Güterverkehr anzustellen. Die Milliardenzuschüsse für die ÖBB aus dem Steuertopf sollen dadurch der Vergangenheit angehören. Die bestehenden Markteintrittsbarrieren in den Schienenverkehr sollten gänzlich abgebaut werden. Das führt zu besserem Service und niedrigeren Preisen für die Kunden. Leider gibt es auch zu solchen strategischen Überlegungen für eine langfristige, nachhaltige zukunftsorientierte Bahnpolitik von der zuständigen Bundesministerin bislang keine nennenswerten Überlegungen.

Ein weiteres Beispiel: die Deutsche Bahn schreibt durch den Netzausbau Gewinne. Das liegt auch an der professionellen Ausschreibung, Vergabe und am effizienten Baumanagement. Auch der Nationalrat hat das im Bundesbahngesetz 2009 so
gesetzlich festgelegt: zur Transparenz des Einsatzes öffentlicher Mittel im Infrastrukturbereich wurde die Errichtung eigener mit der Abwicklung und Verrechnung der Bauaktivitäten beauftragter Kapitalgesellschaften - eine für die Erhaltungs- (Baudienstleistungs GmbH) und eine für die Ausbaumaßnahmen (Neu- und Ausbaumanagement Ges.) - vorgesehen. Allerdings ist diese Reform nach heute

4  Jahren noch immer nicht umgesetzt worden.

Auch die jüngsten Entwicklungen beim Güterverkehr stimmen nachdenklich, die RCA wird trotz hoher Zuschüsse zum Sorgenkind. Waren im Budgetvoranschlag 2011 noch

5  Mio. € an GWL für die RCA vorgesehen, sind im GWL Bericht bereits 94,2 Mio. € ausgewiesen. Dazu kommen Kürzungen bei der Anschlussbahnenförderung und das Zusperren von Anschlussbahnen durch die RCA. Weiters wird über Fehlentwicklung in Ungarn berichtet, angeblich müssen noch 180 Millionen € wertberichtigt werden.

Der Ministerrat hat die ehestmögliche Ausschreibung von GWL-Teilleistungen beschlossen. Mindestens 15% Einsparung würde es bringen, wenn in Österreich zu neuen, fairen Konditionen bereits jetzt freie Teilleistungen ausgeschrieben werden würden. Leider ist bis heute nichts geschehen. Es ist zu befürchten, dass so wie in Wien (Ticketpreiserhöhungen um 10%) es auch bei den ÖBB ein böses Aufwachen bei den Tarifen nach der Wahl geben wird.

ÖBB Generaldirektor Kern hat jüngst verkündet, dass die ÖBB nun schwarze Zahlen schreiben. Wahr ist, dass die ÖBB-Bilanz ein PR-Gag ist, der die Österreicher über die wahre Lage der ÖBB täuscht. Abgesehen von Buchhaltungstricks im Bereich der RCA stehen den angeblichen 66 Millionen Gewinn über 5 Milliarden Zuschüsse und über 2 Milliarden Haftungen gegenüber. Dieser „Gewinn“ ist vom Steuerzahler teuerst erkauft.

Wenn die Personalkosten - wie in der Presse vom 1.5.2013 ausgeführt - 89% des Umsatzes betragen, ist ein echter Gewinn schon nach der aktuellen Bilanz unmöglich.


Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

Anfrage

1.   Was unternehmen Sie generell, um im Bereich der ÖBB Einsparungseffekte zu erzielen?

2.    Welche Einsparungseffekte haben Sie durch wettbewerbliche Vergabe von Teilleistungen der vom Bund bestellten Verkehrsdienste erzielt?

3.    Welche Einsparungseffekte wären durch eine Weiterentwicklung des Dienstrechts zu erreichen?

4.    Was haben Sie bisher unternommen, dass es zu der im Regierungsübereinkommen vorgesehenen Weiterentwicklung des Dienstrechts kommt?

5.    Hinsichtlich § 2 Bundesbahn-Pensionsgesetz (Versetzung in den dauernden Ruhestand): Wie viele Personen sind jeweils in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012 aufgegliedert nach den einzelnen Tatbeständen des § 2 in den dauernden Ruhestand versetzt worden?

6.    Warum haben Sie hinsichtlich des von Ihnen verkündeten Frühpensionsstopps keine dementsprechende Änderung des Bundesbahn-Pensionsgesetzes vorgelegt?

7.    Halten Sie den von Ihnen durch Eigentümerweisung erklärten Frühpensionsstopp für ausreichend, um dessen Umgehung durch ungerechtfertigte
Inanspruchnahme einer Invaliditätspension zu vermeiden?

8.    Haben Sie eine Reduktion der Errichtungskosten (10% Einsparungsziel aus dem Regierungsübereinkommen) in Angriff genommen?

9.    Zu welchem Ergebnis haben Ihre Gespräche mit den Ländern, Gemeinden und Verkehrsverbünden über die Möglichkeit eines gemeinsamen Projekts „Österreich Ticket“ geführt?

10. Wurde wie im Februar 2009 im Verkehrsausschuss angekündigt eine Projektgruppe zum Österreich-Ticket eingesetzt?

11. Wer war in dieser Projektgruppe vertreten?

 

12. Hat diese Projektgruppe ein abschließendes Ergebnis erzielt?

13. Welche Aktivitäten haben Sie für eine Reform des Nahverkehrs gesetzt?

14. Haben Sie Arbeitskreise für die ÖPNV Reform eingesetzt?

15. Wenn ja, wer war in diesen vertreten?

16. Sind Sie bereit, künftig zentrale Pläne Ihres Ressorts, wie etwa Rahmenplan ÖBB, Rahmenplan ASFINAG oder etwa auch Gesamtverkehrsplan als Bericht dem Nationalrat zur Beratung im zuständigen Verkehrsausschuss zu übermitteln?


17. Stimmen Sie Ihre Positionen und ihr Stimmverhalten vordem jeweiligen EU- Verkehrsministerrat innerhalb der Bundesregierung ab?

18. Wenn Nein, warum nicht?

19. Wenn Nein, sind sie dennoch der Ansicht, dass Sie die Position Österreichs vertreten können?

20. Was unternehmen Sie, um mehr Qualität und Service im Bahnverkehr durch
mehr Anbieter zu erreichen?

21. Was unternehmen Sie, um Regionalbahnen als lokalen Lebensfaktor zu
erhalten?

22. Sind die in der Bahnreform 2009 festgelegten Gesellschaften „Baudienstleistungs GmbH“ und „Neu- und Ausbaumanagement Ges.“ bereits eingerichtet worden?

23. Wenn Nein, warum nicht?

24. Was unternehmen Sie als Eigentümervertreterin der ÖBB, um dem Trend Rückzug der RCA als Güterverkehrsparte der ÖBB aus Kerngeschäftsbereichen entgegenzuwirken?

25. Mit welchen konkreten Maßnahmen werden Sie gegensteuern, um die für den Wirtschaftsstandort Österreich wichtige Flächenbedienung im Schienengüterverkehr weitgehend aufrecht zu erhalten?

26. Wie stellen Sie Investitionssicherheit bei Anschlussbahnen sicher?

27. Warum haben Sie als zuständige Verkehrsministerin keine
Gemeinwirtschaftlichen Leistungen ausgeschrieben?

28. Sind Sie der Ansicht von Generaldirektor Kern, dass die ÖBB Gewinne
schreiben?

29. Welche Asset Verschiebungen zwischen den Gesellschaften (vor allem RCA AG/ Infrastruktur AG- siehe Standard Artikel vom 26.4.2013) wurden in der Bilanz 2012 vorgenommen?

30. Wie erklären Sie, dass die Zahlungen des Bundes an die ÖBB 2012 um € 139 Millionen gestiegen sind, während der Umsatz lediglich um € 19 Millionen gesteigert werden konnte?

31. 2011 schrieb die Bahn rund €300 Millionen Verlust (neben Zuschüssen und Haftungen) und dies trotz Subventionen von über €4,8 Mrd. und Haftungsübernahmen von rd € 2 Mrd. - wurden in der Bilanz 2011 auf Ihre Anweisung hin bereits Vorsorgen für die Wahljahrbilanz 2012 getroffen?

32. Warum sind die Personalkosten 2012 um 38 Millionen € gestiegen, obwohl rund 1000 Mitarbeiter weniger beschäftigt wurden?