15512/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.07.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend schlechte Chancen für PflichtschulabsolventInnen beim Eintritt in gymnasiale Oberstufen

BEGRÜNDUNG

 

Nationale und internationale ExpertInnen weisen immer wieder darauf hin, dass das österreichische Schulsystem selektiv ist und zu früh eine Bildungswegentscheidung herbeiführt. Diese erfolgt auch noch überwiegend an Hand sozialer und regionaler Kriterien, nicht in erster Linie nach der Lernleistung der SchülerInnen.

Dagegen wird mit der angeblich hohen Durchlässigkeit des Schulsystems argumentiert. Die gleichlautenden Lehrpläne der Hauptschule/Neuen Mittelschule mit den AHS-Unterstufen werden zitiert und auf die Übetrittsberechtigungen nach der Hauptschule bzw. Kooperativen oder Neuen Mittelschule hingewiesen. SchülerInnen, welche die Hauptschule, Kooperative oder Neue Mittelschule mit guten Noten in der ersten Leistungsgruppe oder im Lehrplan der vertieften Allgemeinbildung abschlössen, hätten gleiche Chancen wie AbgängerInnen der AHS-Unterstufen.

Die Realität sieht anders aus. SchülerInnen aus AHS-Unterstufen müssen sich beim Wechsel in eine Oberstufe keine Gedanken machen. Ihr Schulplatz ist gesichert, sind die Noten auch noch so schlecht. Neben der Leistung werden auch noch Kriterien wie die Entfernung der Schule zum Wohnort und Geschwisterkinder an der Schule zur Reihung der InteressentInnen herangezogen. Entsprechend schlecht stehen die Chancen, auch bei besten Noten im Semesterzeugnis, für SchülerInnen aus Pflichtschulen in eine gymnasiale Oberstufe zu wechseln.

Folgendes Schreiben hat mir eine Mutter geschickt. Mit Ihrer Erlaubnis darf ich es hier wiedergeben:


„Nachdem meine Tochter heuer von einer kooperativen Mittelschule in eine weitergehende Schule gewechselt hat, wurde mir erst klar, wie ungerecht das Schulsystem eigentlich ist. Dazu einige Fakten, die in der Öffentlichkeit nie diskutiert werden:

Die Abschlussnoten meiner Tochter waren allesamt gut, der Notendurchschnitt lag bei etwa 1,3. An Motivation hat es nicht gemangelt, wir waren auf sämtlichen Tagen der offenen Tür, Berufsmessen und Veranstaltungen.

In einem Wiener Gymnasium hat eine Direktorin es dann so formuliert: „Schau, wir haben genug Kinder die aus unserer Unterstufe kommen, dann noch ein paar aus anderen Unterstufen, und unsere Klassen sind voll. Also wenn unsere Schule deine Wahlschule sein soll, dann sei dir im Klaren, dass du vielleicht enttäuscht wirst.“ Wahlschule bedeutet, der Schüler muss sich für eine Schule entscheiden und das Semesterzeugnis von dieser Schule abstempeln lassen. Danach klärt die Schule, ob das Kind genommen wird. Man hat also eine Wahl zu treffen noch bevor bekannt wird, ob man genommen wird. Ein weiterer Stempel auf dem Zeugnis wird nicht akzeptiert.

Zu diesem Thema habe ich im Stadtschulrat angerufen und gefragt, ob es denn wirklich möglich ist, dass man als Absolvent einer Mittelschule, Hauptschule, Sonderschule, oder Polytechnischen kaum Chancen hat, in einem Gymnasium, Oberstufenrealgymnasium oder AHS aufgenommen zu werden. Die Antwort musste ich ihr aus der Nase ziehen aber sinngemäß:

„Sie hätten ihr Kind schon nach der Volksschule in einem Gymnasium unterbringen können, sie haben immer noch die Wahl einer Privatschule, falls das Kind in der Wahlschule nicht aufgenommen werden kann, schicken wir ihnen eine Liste mit den Schule wo Plätze frei sind.“ Welcher Art diese Schulen sein werden, konnte sie mir nicht beantworten, das steht dann in dem Brief, den sie zugeschickt bekommen, war ihre Antwort.

Das war mir zu wenig, also war mal die Statistik dran, die Angaben sind vom bm:ukk für das Jahr 2011.


Mir fiel auf, dass es ein 2-Klassen Schulsystem gibt, das schon am Ende der Volksschule beginnt. Ein Drittel geht also in eine Unterstufe und der Rest in eine HS, KMS oder jetzt halt NMS. Nur 22 % aller Absolventen in diesem Jahr können die Oberstufe oder ORG besuchen. Wenn jedes zweite Kind aus der Unterstufe weiter in diese Schule gehen will, ist die Schule schon voll. Jetzt verstehe ich die Direktorin auch besser.

Zurück bleibt folgendes, wir hatten (…)Glück, meine Tochter ist jetzt erfolgreich in einer höheren Schule angenommen worden. Andererseits hat sie selbst dafür auch einiges geleistet: Jede Messe besucht in der die Schule anwesend war und mit Lehrern gesprochen, Fragen und Antworten vorbereitet für das Aufnahmegespräch, Bewerbungsmappe, Motivationsbrief. Mehrere Schüler aus ihrer Klasse wurden nicht in der Wahlschule aufgenommen, es hat viele Tränen gegeben. Als Folge haben die Eltern reagiert, teilweise Schulen abgeklappert und Direktoren angebettelt, andere gehen jetzt in eine Privatschule. Die Hälfte der Klasse wird ein Jahr in der Schule bleiben und dann eine Lehre suchen.“

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche Kriterien werden herangezogen, um AufnahmewerberInnen für die Oberstufen der Allgemeinbildenden Höheren Schulen zu reihen?

 

2)    Ist der Besuch der Unterstufe der jeweiligen Allgemeinbildenden Höheren Schule, unabhängig von den erreichten Noten, eine ausreichende Voraussetzung für die Aufnahme in die Oberstufe, auch wenn dadurch BewerberInnen mit besseren schulischen Leistungen abgewiesen werden müssen?

 

3)    Wenn ja, womit ist dieses Auswahlkriterium zu rechtfertigen?

 

4)    Werden SchülerInnen von AHS-Unterstufen beim Wechsel in die Oberstufe gegenüber AbgängerInnen von Pflichtschulen bevorzugt? Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um diese Ungleichbehandlung zu beenden?

 

5)    Welche Unterschiede gibt es bei der Reihung der BewerberInnen, je nachdem ob es sich um ein eigenständiges Oberstufenrealgymnasium oder eine einem Gymnasium in Langform angeschlossene Oberstufe handelt?

 

6)    Wenn ein Oberstufenrealgymnasium mit einer Neuen Mittelschule kooperiert, werden dann die SchülerInnen der betreffenden Neuen Mittelschule bei der Aufnahme in das Oberstufenrealgymnasium gegenüber anderen AufnahmewerberInnen bevorzugt?