15819/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.08.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde an denBundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Beeinspruchungspraxis der PVA bei Gebühren von GerichtsgutachterInnen

BEGRÜNDUNG

 

In Ausgabe 31 aus 2013 berichtet die Zeitschrift profil über eine Gutachterin, deren Honorarnoten von der Pensionsversicherungsanstalt in über 800 Fällen vor dem Arbeits- und Sozialgericht beeinsprucht wurden. Die Einsprüche der PVA sind dabei nicht nur hinsichtlich der hohen Zahl, sondern auch hinsichtlich der betroffenen Honorarposten auffällig: Wie in Entscheidungen des Gerichts festgehalten, betreffen diese Einsprüche Sachverhalte, die bei anderen GutachterInnen von der PVA einspruchslos hingenommen werden.

Das kumulierte Vorgehen der PVA ist geeignet, die Frage eines allfälligen Amtsmissbrauchs aufzuwerfen (und diese Frage wurde auch indirekt in einer Honorarentscheidung des Gerichts in den Raum gestellt). Darüber hinaus ergibt sich auch der Verdacht, dass die Vorgangsweise der PVA zu signifikanten Kostensteigerungen im eigenen Bereich, sowie bei den befassten Gerichten führt. Es muss daher im Interesse nicht nur der PVA, sondern auch des Ministeriums und darüber hinaus aller Versicherten sein, den Sachverhalt in Zusammenhang mit der hohen Zahl an Einsprüchen gegen die Honorarforderungen einer bestimmten, international hoch angesehenen Gutachterin transparent zu machen, daraus Schlüsse zu ziehen, etwaige Fehlabläufe zu korrigieren oder eben auch jene Konsequenzen zu ziehen, die nach einer Aufklärung des Sachverhalts als notwendig erscheinen. Insbesondere ist es von Bedeutung aufzuklären, wieso die PVA dem erklärten Regierungsprinzip der Verwaltungsvereinfachung und Kosteneinsparung durch die Erschwerung der Verwendung elektronischen Gutachtensübermittlung (DES) im Wege steht.

 

Die PVA gibt in einer Stellungnahme gegenüber profil an, keine statistischen Aufstellungen hinsichtlich der Beeinspruchung von Gebührennoten zu führen. Dies mag  bei vereinzelten Einsprüchen auch nicht notwendig sein. Im konkreten Fall, in dem die massenhafte und systematische Beeinspruchung von Gebührennoten durch die PVA  zu einem massiven Rückgang der Bestellungsvorgänge betreffend eine international anerkannte Gutachterin führte, ist jedoch die Frage zu klären, warum und unter welchen Annahmen und Voraussetzungen es zu dieser Einspruchslawine gekommen ist. Es wird somit notwendig sein, nicht nur Honorareinsprüche zu prüfen, sondern auch die Umstände, unter denen die Einsprüche zu Stande gekommen, möglicherweise sogar koordiniert wurden. Ein Verweis auf nicht vorliegendes statistisches Material ist insofern irrelevant, als hier nicht allgemeine Sachverhalte Gegenstand der Anfrage sind, sondern sehr konkrete Vorgänge, die auch eine abgegrenzte, wenn auch durchaus aufwändige Bearbeitung des Sachverhalts als notwendig erscheinen lassen. Gerade die von mehreren Seiten – darunter auch einem Gericht - direkt oder indirekt aufgeworfene Frage einer strafrechtlichen Relevanz, macht deutlich, dass eine nur oberflächliche oder unzureichende Beantwortung der Fragen undenkbar erscheint.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.    Wie viele Honorarforderungen von GutachterInnen in sozialrechtlichen Verfahren wurden in den Jahren 2011, 2012 sowie 2013 sowie gegliedert nach Gerichten bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung durch die PVA unbeeinsprucht erledigt und wieviele wurden beeinsprucht?

2.    Wie viele Honorarforderungen von psychiatrischen/neurologischen GutachterInnen in sozialrechtlichen Verfahren wurden in den Jahren 2011,2012 sowie  bislang 2013 durch die PVA unbeeinsprucht erledigt und wieviele wurden beeinsprucht?

3.    Wie viele GutachterInnen legten in den Jahren 2011, 2012 sowie 2013 sowie gegliedert nach Gerichten bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung Honorarforderungen beim Arbeits- und Sozialgericht vor, die von der PVA unbeeinsprucht erledigt wurden und wieviele wurden beeinsprucht wurden?

4.    Aus welchen summarischen Gründen wurden in den Jahren 2011, 2012 sowie 2013 sowie gegliedert nach Gerichten bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung Honorarforderungen beim Arbeits- und Sozialgericht von der PVA beeinsprucht?

5.    Wie viele Personen sind in der PVA, gegliedert nach Gerichtsbezirken, mit der Bewertung von Honorarforderungen von GutachterInnen und der Entscheidung über Einspruch oder Nichteinspruch beschäftigt?

6.    Gibt es eine übergeordnete organisatorische Instanz in der PVA, in der alle Personen, die mit der Bewertung von Honorarforderungen von GutachterInnen und der Entscheidung über Einspruch oder Nichteinspruch beschäftigt sind?

7.    Gibt es in der PVA Sitzungen, Treffen, Arbeitstreffen, Fachbereichssitzungen oder Ähnliches, bei denen die unter 4. und 5. abgefragten Personen zusammentreffen, um sich auszutauschen bzw. gemeinsame Vorgehensweisen zu besprechen?

8.    Wurden die MitarbeiterInnen, die mit der Beeinspruchung der Honorarforderungen der im profil genannten Gutachterin befasst sind und waren, von irgendeiner Stelle aufgefordert oder beauftragt, die entsprechenden Honorarnoten zu beeinspruchen?

9.    Gibt es in den Jahren 2011, 2012 oder 2013 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung Anweisungen, Schriftverkehr, E-Mails, schriftliche interne Festlegungen, Beschlüsse oder Protokolle sowie Protokollanmerkungen, in denen die Honorarforderungen bzw. der Umgang mit den Honorarforderungen der im profil genannten Gutachterin diskutiert, besprochen oder gar festgelegt oder angeordnet wurde?

10. Wurden die MitarbeiterInnen, die mit der Beeinspruchung der Honorarforderungen der im profil genannten Gutachterin befasst sind und waren, hinsichtlich des Zustandekommens einer derart großen Zahl von Einsprüchen befragt?

10.1.     Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

10.2.     Wenn nein, warum nicht?

11. Wie hoch ist der zeitliche Aufwand, der innerhalb der PVA für die Beeinspruchung der Honorarnoten von Dr. Wörgötter insgesamt  bis zum Stichtag der Anfragebeantwortung veranschlagt werden musste?

12. Wie hoch ist die Summe der von der PVA bei Dr. Wörgötter beeinspruchten Gebührenpositionen?

13. Wie hoch ist die Summe der durch Entscheidungen des Oberlandesgerichtes über Einsprüche der PVA der Gutachterin zu Recht zugesprochenen Gebührenpositionen?

14.  Ist es richtig, dass die im Profil genannte Gutachterin als erste und einzige beim ASG Wien tätige medizinische Sachverständige ihre Gutachten elektronisch eingebracht hat. Wenn ja, ist es richtig, dass die PVA die mit der elektronischen Einbringung von Gutachten zusammenhängende Gebührenposition beeinsprucht hat, obwohl sich durch die elektronische Einbringung eine signifikante Kostenersparnis für die PVA durch den Wegfall der Geltendmachung von Gebühren für Durchschriften und Transportkosten ergibt? Welche Beweggründe liegen bei der PVA vor das allgemeine Prinzip der Verwaltungsvereinfachung und Kostenersparnis durch e-government zu vereiteln?

15. Ist es richtig, dass Honorarnoten etwa für Ordinationspauschalen oder die Beiziehung von Hilfskräften, die bei Dr. Wörgötter von der PVA beeinsprucht wurden, bei anderen Gutachtern anerkannt wurden, wie aus dem von profil zitierten Gebührenbeschluss eines Richters des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien hervorgeht?

16. Gibt es andere GutachterInnen, bei denen die PVA in einem ähnlichen Umfang Gebührennoten beeinsprucht hat? Wenn ja, wie viele Gutachter und mit wie vielen Einsprüchen jeweils?

17. In wie vielen Fällen hat die PVA im Jahr 2012 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, höhere als die im GebAG 1975 vorgesehene Gebühr(en) für Sachverständigen im Verfahren vor den Arbeits- und Sozialgerichten nicht zu beeinspruchen?

18.  Hat die PVA jemals fachliche Einwände gegen Gutachten von Dr. Wörgötter geltend gemacht?

18.1. Wenn ja, wann und welche?

19.  Wie hoch liegen die Honorarnoten bei psychiatrischen/neurologischen Gutachten mit Testpsychologie im Durchschnitt für das Jahr 2012?

20. Lagen die Honorarnoten von Dr. Wörgötter für die Jahre 2011 bzw. 2012 deutlich über diesem Durchschnitt?

21. Laut profil hat die PVA gegen den Gebührenposten „Testpsychologie“ bei Gutachten von Dr. Wörgötter Einspruch erhoben. Ist es richtig, dass dieser Gebührenposten aber vom Oberlandesgericht Wien bestätigt wurde?

22. Wurde der Gebührenposten „Testpsychologie“ auch von anderen Sachverständigen geltend gemacht bzw. wurde er auch in diesen Fällen von der PVA beeinsprucht?

23. Ist es richtig, dass bei psychiatrischen/neurologischen Sachverständigen,  die die testpsychologischen Zusatzuntersuchungen nicht selbst durchführen, höhere Gebühren für denselben Fall durch die Anfertigung und Vergebührung von Ergänzungsgutachten anfallen? Wenn ja, welche Beweggründe waren für die PVA ausschlaggebend Gebührenpositionen für testpsychologische Zusatzuntersuchen bei Frau Dr.Wörgötter trotz der damit verbundenen signifikanten Kostenersparnis zu beeinspruchen ?

24. Gegen welche andere Gebührenposten bei Dr. Wörgötter wurde in den rund 800 Gutachten Einspruch erhoben?

25. Warum wurden im Fall von Frau Dr. Wörgötter in den Jahren ab 2010 Gebührenpositionen  beeinsprucht, die in den Jahren vor 2010 nicht beeinsprucht worden waren?