4/JPR XXIV. GP

Eingelangt am 02.03.2009
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Anfrage

des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz und weiterer Abgeordneter

an die Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Prammer
betreffend m
öglicherweise parteipolitisch motivierte Auslassungen und die Verbildung der österreichischen Jugend durch in der Demokratie-werkstatt“ verwendete Literatur

In einem u. a. in der Demokratiewerkstatt“ im Palais Epstein aufliegenden, auch in der Parlamentsbibliothek erhältlichen Kinderbuch von Ex-ÖVP-NAbg. Dr. Franz Huainigg finden sich über die Zeit des hereinbrechenden Austrofa-schismus mehrere Unwahrheiten wie folgt:

Als am 4. März 1933 die drei Nationalratspräsidenten wegen einer umstritte-nen Abstimmung gleichzeitig zurücktraten, ergriff niemand die - von der Ver-fassung her mögliche - Gelegenheit, die Krise beizulegen...“ (Huainigg 2005, Wer macht die Gesetze? Parlament und Politik in Österreich“, S. 94), und weiter:

Dem widerspricht die offizielle Geschichtsschreibung der Republik, wie sie sich auch im Internetauftritt des Parlaments findet:

Die Christlichsoziale Partei regierte in wechselnden Koalitionen mit Groß-deutschen und Landbund; ... Und so nützte die Regierung Dollfuß die Gele-genheit, die sich ihr bot, als am 4. März 1933 die drei Präsidenten des Natio-nalrates im Zusammenhang mit einer umstrittenen Abstimmung zurücktraten, ein Fall, für den die Geschäftsordnung des Nationalrates keine Regelung ent-hielt. Sepp Straffner, der zuletzt zurückgetretene Dritte Präsident des Natio-nalrates, berief diesen zwar für 15. März ein. Zu dieser Sitzung ist es jedoch nicht gekommen, da die Bundesregierung die Sicherheitsbehörden angewie-sen hatte, nach dem Versammlunqsgesetz den Zusammentritt einer Minder-heit von sozialdemokratischen und großdeutschen Abgeordneten zu verhin-dern. ...“

(Republik Österreich. Parlament. Das österreichische Parlament zwischen den         beiden                                                        Weltkriegen,

https://iwww.parlament.gv.at/PA/GESCH/P1918 1945/show.psp?P TEXT=1& P MEHR=J, 11. Feb. 2009)


Auch an anderer Stelle vergaß“ der Ex-ÖVP-Abgeordnete Huainigg in sei-nem Kinderbuch die Erwähnung der Großdeutschen Volkspartei:

Danach wurde von der Regierung die ,Verfassung 1934', die so genannte Maiverfassung, kundgemacht. Damit sie auch beschlossen werden konnte, war ein letztes Mal das alte Parlament von 1933 einberufen worden, aller-dings ohne sozialdemokratische Abgeordnete.“ (Ebd., S. 95)

Was der Ex-ÖVP-Abgeordnete Huainigg auch an dieser Stelle vergaß“, war die Erwähnung der Großdeutschen Volkspartei, deren Abgeordnete der austrofaschistischen Dollfuß-Regierung als einzige eine Pseudolegitimierung versagten:

Am 30. April 1934 trat ein Teil der Abgeordneten des Parlaments (vor allem Christlichsoziale und Heimwehr) erstmals seit März 1933 zusammen, um der Verfassung mit 74 Pro- und zwei Gegenstimmen (der Großdeutschen) eine Pseudolegitimation zu erteilen.“ (WZ Online Dossier, http://www.wienerzeitunq.at/linkmap/personen/dollfuss3.htm, 12. Feb. 2009)

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage

1.    Werden Bücher, die in der Demokratiewerkstatt" zum Unterricht dienen, vor ihrer Verwendung approbiert?

2.    Falls ja, wer ist für die Approbation zuständig?

3.    Wurde das besagte Buch von Dr. Huainigg vor seiner Verwendung in der Demokratiewerkstatt“ approbiert?

4.                  Falls ja, von wem?

5.                  Falls nein, warum nicht?

6.                 Wie stehen Sie zu der Position, dass der politische Unterricht in Öster-reich in einer neutralen, die Äquidistanz der Lehrenden (m/w) zu allen im österreichischen Parlament vertretenen Parteien wahrenden Form zu er-folgen hat?

7.                 Wie stehen Sie zu der Position, dass politische Bildung in der Demokra-tiewerkstatt“ in einer neutralen, die Äquidistanz der Lehrenden (m/w) zu allen  im österreichischen  Parlament vertretenen  Parteien wahrenden Form zu erfolgen hat?

8.    Sehen Sie die Äquidistanz bei Verwendung eines Unterrichtsmittels wie des besagten Huainigg-Buches gewahrt?

9.                  Falls ja, warum?

10.          Falls nein, warum nicht?

11.  Sind Sie der Meinung, dass Unterrichtsmaterialien wie das besagte Huai-nigg-Buch weiterhin in der Demokratiewerkstatt“ zur Vermittlung eines objektiven Bildes von der politischen Entwicklung in Österreich aufliegen sollten?

12.  Falls ja, warum?