88/JPR XXIV. GP

Eingelangt am 01.08.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Otto Pendl, Werner Amon, MBA

Kolleginnen und Kollegen

an die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Klärung von Korruptionsvorwürfen

betreffend Verfälschung des Amtlichen Protokolls des

Untersuchungsausschusses vom 11. Juli 2012 durch die Ausschussvorsitzende

Der Untersuchungsausschuss hat am 11. Juli 2012 mit 11 Pro- und 5 Gegenstimmen, sohin mit 2/3 Mehrheit, den Antrag der Abg. Pendl, Amon und Petzner gem. § 59 Abs. 1 in Verbindung mit § 41 Abs. 12 des Geschäftsordnungsgesetzes beschlossen, dass in

der Zeit von 16.08.2012 bis einschließlich 31.12.2012 keine Akten zu den

Beweisthemen 1 (ausg. 1.d), 2, 3 und 6 vorgelegt und im Untersuchungsausschuss verteilt werden.

Hintergrund dieses Beschlusses war, dass diese Beweisthemen vorläufig

abgeschlossen sind und dass der Untersuchungsausschuss im Herbst die

Beweisthemen 1 ,d, 4, 5 und 7 behandeln wird. Aufgrund dieses Beschlusses sind in diesem Zeitraum einerseits die vorlagepflichtigen Bundesministerien nicht zur laufenden Nachlieferung von Akten verpflichtet, die im UA ohnehin nicht zeitnah behandelt werden können. Andererseits wird die Parlamentsdirektion angesichts des enormen Gesamtvolumens an Akten nicht mit der Aufbereitung und Verteilung dieser zu diesem Zeitpunkt nicht benötigten Akten belastet.

Über diesen Beschluss wurde unmittelbar danach das Amtliche Protokoll ausgefertigt, das lautet:

„Antrag der Abg. Pendl, Amon, Petzner betr. Aktenlieferungen Big. 4 wird mehrheitlich angenommenes, S,V,B: dafür)(dafür: 11 Abgeordnete).“

Weiters wurde im Amtlichen Protokoll festgehalten, dass es sich nicht um eine Reassümierung handelt.

Dieses Amtliche Protokoll wurde unmittelbar nach dem Beschluss von der Vorsitzenden selbst und vom Schriftführer, die beide gegen diesen Antrag gestimmt hatten, als mit dem Sitzungsverlauf übereinstimmend verifiziert und durch ihre Unterschrift beurkundet.

Nach der Verkündung des Abstimmungsergebnisses fand eine

Geschäftsordnungsdebatte statt, in der auch die Minderheitsmeinung vertreten wurde,

es habe sich um eine Reassümierung gehandelt und eigentlich sei die für eine Reassümierung erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden.

Am Tag nach der Sitzung, am 12. Juli 2012, erhob der Abg. Pilz Einwendungen gegen das Amtliche Protokoll und verlangte eine Änderung dahingehend, dass festgehalten werden sollte, dass der Antrag abgelehnt worden sei.

Bereits am nächsten Tag, am Freitag 13. Juli 2012, veränderte die Vorsitzende das Amtliche Protokoll im Wesentlichen entsprechend dem Verlangen des Abg. Pilz. Die Vorsitzende traf diese Entscheidung entgegen dem tatsächlichen Sitzungsverlauf und

ohne die Fertigstellung der Tonbandabschrift abzuwarten, offenbar auf massiven Druck des Abg. Pilz und gegen den Protest der Vertreter der 2/3-Mehrheit im Ausschuss.

Aufgrund der mittlerweile vorliegenden Tonbandabschrift steht über jeden Zweifel erhaben fest, dass die Vorsitzende in der Sitzung das Abstimmungsergebnis über diesen Antrag nicht als „abgelehnt“ verkündet hat. Aus der Abschrift geht auch hervor, dass erst in der nachfolgenden Geschäftsordnungsdebatte einzelne Abgeordnete die Auffassung vertraten, dass der Antrag eigentlich „abgelehnt“ oder „ungültig“ sei. Dies kann aber die Verkündung des Abstimmungsergebnisses nicht ersetzen oder nachträglich ändern. Eine derartige nachträgliche Änderung eines verkündeten Abstimmungsergebnisses ist nach der Geschäftsordnung absolut unzulässig. Dennoch hat die Vorsitzende versucht, dem Protokoll nachträglich einen Inhalt zu geben, der dem Sitzungsverlauf widerspricht.


Die inhaltliche Übereinstimmung der Amtlichen Protokolle mit dem tatsächlichen Sitzungsverlauf ist nach Auffassung der Unterzeichneten Abgeordneten ein Eckpfeiler aller parlamentarischen Verfahren. Die beschriebene Vorgangsweise der Vorsitzenden ist beispiellos in der jüngeren parlamentarischen Geschichte.

Die Unterzeichneten Abgeordneten ersuchen die Vorsitzende um unverzügliche Beantwortung und stellen folgende

Anfrage:

1.      Haben Sie im Ausschuss bei der Zulassung des Antrags gesagt, es handle sich um eine Abänderung von früheren Beweisbeschlüssen, oder haben Sie den Antrag erst nach der Abstimmung und nach der Verkündung des Abstimmungsergebnisses entgegen dem Wortlaut und dem Inhalt, entgegen der Intention der Antragsteller und der Entscheidungspraxis des Ausschusses, in einen „Reassümierungsantrag“ umgedeutet?

2.      Auf welche konkrete Bestimmung der Geschäftsordnung stützen Sie diese Umdeutung?

3.      Haben Sie in der Sitzung vor der Abstimmung verkündet, wie viele Abgeordnete den Beweisbeschlüssen vom 18.11.2011 ff. zugestimmt hatten, oder haben Sie in der Sitzung die konkrete Anzahl der damaligen Pro-Stimmen nicht festgestellt?

4.      Haben Sie im Anschluss an den Abstimmungsvorgang folgendes Abstimmungsergebnis verkündet: „Der Antrag ist abgelehnt“ ?

5.      Haben Sie im Zuge der Sitzung des Untersuchungsausschusses juristischen Rat in diesem Zusammenhang eingeholt, wenn nein, warum nicht?

6.      Wenn ja, zu welchen konkreten Fragestellungen und durch welche konkreten Personen, und welche Auskunft haben Sie von diesen Personen jeweils zu den einzelnen Fragestellungen erhalten?


7.      Warum haben Sie die Sitzung nicht einfach kurz unterbrochen, wenn die mit dem Antrag möglicherweise zusammenhängenden Geschäftsordnungsfragen aus Ihrer Sicht zu schwierig für eine sofortige Beurteilung waren?

8.      Aufgrund der Tonbandabschrift steht zweifelsfrei fest, dass Sie als Abstimmungsergebnis nicht verkündet haben, der Antrag sei abgelehnt. Der Versuch, das Amtliche Protokoll im Sinne des Abgeordneten Pilz zu verfälschen, ist damit als gescheitert anzusehen. Werden Sie Ihre Entscheidung über das Protokoll im Lichte der Tonbandabschrift aufrechterhalten oder noch einmal überprüfen und wie gedenken Sie diese Fehlentscheidung zu sanieren?

9.      Werden Sie eine Klärung im Wege einer Geschäftsordnungsdebatte in der bereits vereinbarten Sitzung des Untersuchungsausschusses am 31. August 2012 zulassen?