124/JPR XXIV. GP

Eingelangt am 24.09.2013
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Anfrage

 

des Abgeordneten Dr. Martin Graf

und weiterer Abgeordneter

an die Präsidentin des Nationalrats

 

betreffend Ehrenzeichenverleihung an Stelle Amtsverlust an den gemäß § 111 StGB verurteilten Wirtschaftskammervizepräsidenten und Staatssekretär a.D. NAbg. Dr. Christoph MATZNETTER (SPÖ)

Jede Verleihung einer entsprechenden Auszeichnung, d.h. eines Ordens bzw. Ehrenzeichens, muss auf der Grundlage eines Beschlusses im Ministerrat erfolgen. Um eine entsprechende Beschlussfassung vornehmen zu können, muss dies im Rahmen eines entsprechenden Tagesordnungspunktes erfolgen.

Vor diesem Hintergrund ist es von Interesse, wer, d.h. Regierungsmitglieder, Institutionen oder Dritte, den entsprechenden Tagesordnungspunkt beantragt und wer eine solche Ehrung angeregt hat.

Am 23. April 2013 stand auf der Tagesordnung für die 184. Sitzung des Ministerrates der Antrag des Bundeskanzlers und Parteifreundes von Dr. MATZNETTER, Werner Faymann, „auf Erwirkung der Verleihung des Großen Silbernen Ehrenzeichens mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich an den Abgeordneten zum Nationalrat, Staatssekretär a.D. Dr. Christoph MATZNETTER“.

Am 25. Mai 2007 war Dr. MATZNETTER unter der Aktenzahl GZ 93 HV 8/04h-48 gemäß § 111 Abs 1 und 2 Strafgesetzbuch wegen der Verwirklichung des Delikts einer strafbaren Handlung gegen die Ehre, d.h. hier der "Üblen Nachrede", durch das Landesgericht für Strafsachen Wien verurteilt worden.

Am 29. November 2007 bestätigte das Oberlandesgericht Wien unter der Aktenzahl GZ 17 BS 214/07f das Ersturteil im Ausmaß von 40 Tagessätzen à 185,- Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Tagen. Die Strafe wurde seinerzeit für eine Probezeit von drei Jahren „bedingt“ nachgesehen.

Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 Tilgungsgesetz besteht grundsätzlich bei einer solchen Verurteilung eine Tilgungsfrist von fünf Jahren.

 


Nationalratspräsidentin Barbara Prammer plädierte im Juli 2012 zum wiederholten Male für einen raschen Amtsverlust für verurteilte Mandatare.

Aktuell steht ein vom Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer (ÖVP) vorgelegter Entwurf zur Verschärfung des Mandatsverlustes in Diskussion. Dieser sieht einen solchen Amtsverlust für Mandatare vor, wenn eine verhängte Freiheitsstrafe ein Jahr oder sechs Monate unbedingt übersteigt. Bei anderen Delikten, wie bei Finanz- und Wirtschaftsstrafdaten, Verstößen gegen das Verbotsgesetz, Hochverrat usw., soll jede Verurteilung zu einem Amtsverlust führen.

Im Lichte dieser Diskussion ist die Ehrung von Wirtschaftskammervizepräsident und SPÖ-Nationalrat Dr. Christoph MATZNETTER durch die rot-schwarze Bundesregierung noch weniger verständlich.

In der Anfragebeantwortung 14616/AB XXIV.GP durch Bundeskanzler Werner Faymann informierte dieser den Nationalrat darüber, dass die Prüfung der Voraussetzungen für die Ehrung von Dr. Christoph MATZNETTER vom Parlament durchgeführt worden sei und dem Bundeskanzleramt darüber keine Aufzeichnungen vorlägen.

 

Daher richten die unterzeichnenden Abgeordneten an die Frau Nationalratspräsidentin nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Ist dem Parlament die Verurteilung von Dr. Christoph MATZNETTER  unter den Aktenzahlen GZ 93 HV 8/04h-48 bzw. GZ 17 BS 214/07f  bekannt?

2.    Ist Ihnen als Nationalratspräsidentin die Verurteilung von Dr. Christoph MATZNETTER  unter den Aktenzahlen GZ 93 HV 8/04h-48 bzw. GZ 17 BS 214/07f  bekannt?

3.    Wenn ja, seit wann?

4.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Wurde die Strafe gegen Dr. Christoph MATZNETTER bereits nach § 3 Abs 1 Z 2 Tilgungsgesetz getilgt?

6.    Wenn ja, wann und auf welcher Grundlage?

7.    Hat sich das Parlament im Zuge der Antragstellung für Herrn Dr. Christoph MATZNETTER über eine Tilgung gemäß § 3 Abs 1 Z 2 Tilgungsgesetz bei der Justizverwaltung informiert?

8.    Wenn ja, wann?

9.    Haben Sie bzw. die SPÖ für eine vorzeitige Tilgung bei der Justiz interveniert?

10. Wie verträgt sich die Ehrung von Herrn Dr. Christoph MATZNETTER mit Ihrer wiederholten Äußerung, dass verurteilte Mandatare, soweit sie Oppositionspolitiker sind, ihr Mandat verlieren sollen?

11. Welche anderen zu Ehrenden, die das Parlament vorgeschlagen hatte, hatten bzw. haben eine solche „einschlägige“ bzw. eine andere Verurteilung nach dem StGB oder einem strafrechtlichen Nebengesetz seit 2006 vorzuweisen?


12. Wurden zu Ehrende wegen einer solchen „einschlägigen“ bzw. einer anderen Verurteilung nach dem StGB oder einem strafrechtlichen Nebengesetz von einer diesbezüglichen Ehrung durch das Parlament bzw. Sie als Nationalratspräsidentin ausgeschlossen?

13. Wenn ja, um welche Personen handelte es sich dabei?

14. Aus welchen anderen Gründen wurden zu Ehrende von einer diesbezüglichen Ehrung in Ihrer Nationalratspräsidentschaft ausgeschlossen?

15. Wenn ja, um welche Personen handelte es sich dabei?

16. Wurde vom Parlament „nur“ das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Dr. Christoph MATZNETTER beantragt und warum?

17. Liegt der Grund in der Beantragung „nur“ des Großen Silbernen Ehrenzeichens mit dem Stern für Dr. Christoph MATZNETTER in seiner Verurteilung?

18. Warum hat Dr. Christoph MATZNETTER „nur“ das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich verliehen bekommen?

19. Liegt der Grund für die Verleihung des Großen Silbernen Ehrenzeichens mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich darin, dass er die oben zitierte Vorstrafe aufzuweisen hat?

20. Hat der Parlamentsklub der SPÖ die Ehrung von Dr. Christoph MATZNETTER „angeregt“ bzw. bei Ihnen als Parteifreundin „beantragt“?