Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen (Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG) erlassen und das Interbankmarktstärkungsgesetz geändert werden

Artikel 1

Bundesgesetz zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen (Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG)

Grundlagen für Liquiditätsstärkungsmaßnahmen

§ 1. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, zur Sicherstellung und Stärkung der Liquidität österreichischer Unternehmen, die im Sinne des § 2 zu den nationalen oder regionalen Stützen der Wirtschaft und der Beschäftigung zählen, zwecks Überbrückung eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses und zur Erhaltung ihrer Geschäftstätigkeit gemäß § 66 Bundeshaushaltsgesetz, BGBl. Nr. 213/1986 (BHG), Garantien im Zusammenhang mit der Finanzierung solcher Unternehmen zu übernehmen.

(2) Auf die Übernahme einer Haftung nach diesem Bundesgesetz besteht kein Rechtsanspruch.

Voraussetzungen

§ 2. (1) Eine Haftung im Sinne des § 1 darf nur zu Gunsten von Unternehmen übernommen werden, bei denen nachstehende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

           1. Das Unternehmen hat seinen Sitz oder seine Betriebsstätte in Österreich,

           2. die gesamte Geschäftstätigkeit des Unternehmens liegt außerhalb des Finanzsektors,

           3. der Mitarbeiterstand des Unternehmens beträgt mehr als 250,

           4. der Umsatz des Unternehmens ist höher als 50 Millionen Euro oder die Bilanzsumme ist höher als 43 Millionen Euro,

           5. das Vorliegen einer gesunden wirtschaftlichen Basis des Unternehmens vor dem 1. Juli 2008 und wenn aufgrund von Vorschauen zu erwarten ist, dass das Unternehmen die garantierten Verbindlichkeiten während der Laufzeit der Haftung vereinbarungsgemäß erfüllen kann,

           6. das mit der Übernahme der Garantie verbundene Risiko des Bundes ist angemessen, wobei auf eine ausgewogene Risikostreuung im Portfolio Bedacht zu nehmen ist.

(2) Der Begriff des Unternehmens in Abs. 1 Z 3 und 4 ist im Sinne der Definition gemäß Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003, ABl. Nr. L 124/36, zu verstehen.

Haftungsvolumen

§ 3. (1) Der jeweils ausstehende Gesamtbetrag der gemäß § 1 Abs. 1 übernommenen Haftungen darf 10 Milliarden Euro für Kapital nicht übersteigen.

(2) Auf den Gesamtbetrag gemäß Abs. 1 sind Zinsen und Kosten nicht anzurechnen.

Haftungsverträge

§ 4. (1) Der Antrag auf Haftungsübernahme ist spätestens am 12. November 2010 zu stellen.

(2) Die Haftungsübernahmen nach § 1 können nur durch schriftliche Vereinbarung und nur für Verbindlichkeiten in Euro erfolgen.

(3) Eine Haftung darf nur für Kreditverträge von Unternehmen im Sinne des § 2 mit Kreditinstituten übernommen werden, die über die Berechtigung verfügen, in Österreich Bankgeschäfte gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Bankwesengesetz - BWG, BGBl. Nr. 532/1993, auszuüben.

(4) Die Haftung darf nur für Neukredite übernommen werden, die nicht der Rückführung bestehender Kreditverbindlichkeiten beim selben Kreditinstitut oder bei einem Kreditinstitut derselben Kreditinstitutsgruppe dienen.

(5) Die übernommene Haftung darf für eine Unternehmensgruppe den Haftungsbetrag von 300 Millionen Euro an Kapital nicht übersteigen.

(6) Die Haftung des Bundes ist mit einer maximalen Laufzeit von fünf Jahren begrenzt.

(7) Die Haftung hat sich nach der Höhe des zu behaftenden Kredits und des Risikos des Bundes auf 30%, 50% oder 70% des haftungsrelevanten Gesamtkreditbetrages zu erstrecken. Zusammen mit anderen Maßnahmen der öffentlichen Hand dürfen nur maximal 80% des haftungsrelevanten Gesamtkreditbetrages besichert werden.

(8) Für die Übernahme der Haftung ist vom Unternehmen ein der Deckungsquote, der Laufzeit der Haftung und dem Risiko des Bundes angemessenes Haftungsentgelt zu entrichten.

(9) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, durch Richtlinien nähere Bestimmungen über den Nachweis der Voraussetzungen für die Haftungsübernahme, die Bedingungen und Auflagen, die Anwendung der Deckungsquoten, die Risikoklassen und das Entgelt für Haftungen nach diesem Bundesgesetz festzulegen. Dabei können insbesondere Regelungen vorgesehen werden, die

           1. die Festlegung des Auswahlverfahrens

           2. die Festlegung der Auswahl- und Beurteilungskriterien

           3. die Ausschöpfung sonstiger Möglichkeiten zur Eigen- und Fremdfinanzierung durch das Unternehmen,

           4. die für Bund und Kreditgeber im Verhältnis der Garantiequote (Abs. 7) gleichrangige Sicherstellung,

           5. die Verwendung der durch die Haftungsübernahme erhaltenen Mittel,

           6. Maßnahmen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen,

           7. die Bedachtnahme auf die Erhaltung der Arbeitsplätze,

           8. das Auskunfts- und Einsichtsrecht des Bundes,

           9. die Angemessenheit der Vergütung von Organen, Angestellten und wesentlichen Erfüllungsgehilfen,

         10. die Angemessenheit der Gewinnausschüttung an Eigentümer und

         11. die Rechtsfolgen für den Fall der Nichteinhaltung von Auflagen

betreffen.

(10) In den Haftungsverträgen sind von § 66 BHG abweichende Regelungen zulässig; Rechte des Bundes im Sinne des § 66 Abs. 2 Z 1 BHG sind jedenfalls vorzusehen.

(11) Die Richtlinien gemäß Abs. 9 sind im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ kundzumachen. Aus besonderen, in der Eigenart der betreffenden Haftungsübernahmen gelegenen Gründen, insbesondere wegen des Umfanges solcher Richtlinien, kann die Kundmachung auf den Hinweis beschränkt werden, dass Richtlinien erlassen wurden und wo in diese Einsicht genommen werden kann oder wo diese erhältlich sind. Der Bevollmächtigte des Bundes nach § 5 hat die Richtlinien auch im Internet zur Abfrage bereit zu halten.

Bevollmächtigter des Bundes

§ 5. (1) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, die banktechnische Behandlung (bankkaufmännische Beurteilung durch Bonitätsprüfung und Bearbeitung) der Ansuchen um Haftungsübernahme und die Ausfertigung der Haftungsverträge sowie die Wahrnehmung der Rechte des Bundes aus Haftungsverträgen, ausgenommen deren gerichtliche Geltendmachung, dem nach § 5 Abs. 1 Ausfuhrförderungsgesetz - AusFG, BGBl. Nr. 215/1981, Bevollmächtigten des Bundes nach § 1002 ff Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch - ABGB, JGS Nr. 946/1811, zu übertragen.

(2) Die Bevollmächtigung ist zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem im Einzelnen vertraglich zu regeln.

(3) Das Haftungsentgelt sowie alle Eingänge zu Schadenszahlungen sind vom Bevollmächtigten des Bundes zu vereinnahmen und laufend auf einem Konto des Bundes gut zu schreiben.

Beirat

§ 6. (1) Zur Begutachtung von Ansuchen um Haftungsübernahme und Abgabe einer Empfehlung an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Übernahme der Haftung wird beim Bundesministerium für Finanzen ein Beirat errichtet.

(2) Der Beirat hat sich eine Geschäftsordnung zu geben. Die Empfehlungen des Beirates kommen mit einfacher Stimmenmehrheit zustande.

(3) Mitglieder des Beirates, der diese Begutachtung unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten prüft, sind:

           1. Zwei Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, von denen einer den Vorsitz führt,

           2. ein Vertreter des Bundeskanzleramtes,

           3. ein Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend,

           4. ein Vertreter der Oesterreichischen Nationalbank ohne Stimmrecht und

           5. ein Vertreter des Bevollmächtigten ohne Stimmrecht.

(4) Die Mitglieder des Beirates und seine Ersatzmitglieder üben ihre Funktion ehrenamtlich aus.

(5) Die Geschäfte des Beirates werden vom Bundesministerium für Finanzen geführt.

(6) Alle Personen, die mit der Behandlung und Begutachtung von Ansuchen um Haftungsübernahmen befasst sind, sind verpflichtet, über alle ihnen in Ausübung dieser Tätigkeit bekannt gewordenen Amts-, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Verschwiegenheit zu bewahren.

Verfügungs- und Pfändungsbeschränkung

§ 7. Soweit aus Haftungsübernahmen nach diesem Bundesgesetz Ansprüche gegen den Bund begründet werden, können diese weder durch Rechtsgeschäft, wie insbesondere Abtretung oder Verpfändung, ohne Zustimmung des Bundes an Dritte übertragen werden, noch unterliegen sie der Pfändung.

Gebühren und Abgaben

§ 8. Die im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Bundesgesetzes errichteten Haftungsverträge sind von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben, den Bundesverwaltungsabgaben sowie den im Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz – GGG 1984, BGBl. Nr. 501/1984, geregelten Gebühren befreit.

Sprachliche Gleichbehandlung

§ 9. Soweit in diesem Bundesgesetz personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Bei der Anwendung auf bestimmte Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Verweise

§ 10. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese, wenn nichts Anderes angeordnet ist, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Vollziehung

§ 11. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich der Befreiung von Gebühren nach dem GGG 1984 der Bundesminister für Justiz, mit der Vollziehung der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Finanzen betraut.

Außerkrafttreten

§ 12. Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2010 außer Kraft. Zu diesem Zeitpunkt bestehende Haftungen sowie die Bestimmungen über die Abwicklung durch den Bevollmächtigten bleiben unberührt.

Artikel 2

Änderung des Interbankmarktstärkungsgesetzes

Das Bundesgesetz zur Stärkung des Interbankmarktes (Interbankmarktstärkungsgesetz – IBSG), BGBl. I Nr. 136/2008, wird wie folgt geändert:

§ 3 erster Satz lautet:

„Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz dürfen den jeweils ausstehenden Gesamtbetrag von 65 Milliarden Euro nicht übersteigen“.