Vorblatt

Problem:

Die anhaltend angespannte Lage auf dem Finanzmarkt sowie die sich sukzessive verschlechternde Wirtschaftslage machen neue Wege in der Liquiditätssicherung der österreichischen Unternehmen erforderlich. Insbesondere mittelgroße bis große Unternehmen, die zu den regionalen und nationalen Stützen der Beschäftigung und Innovation zählen, bedürfen einer ausreichenden Finanzkraft, um die Zeit einer tief greifenden Krise zu überwinden und weiterhin als Aushängeschilder und Wachstumsmotoren der heimischen Wirtschaft erhalten zu bleiben. Die schwierige Lage trifft auch gesunde Unternehmen, die zufolge unerwarteter Kapitalknappheit kurz- und mittelfristig in wirtschaftliche Bedrängnis geraten sind, wodurch sie geplante Investitionen und Wachstumsziele aufschieben oder gar aufgeben müssen. Die Notwendigkeit, durch staatliche Maßnahmen den Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft zu begegnen, wurde auch von der Europäischen Kommission anerkannt (siehe insbesondere: Mitteilung der Kommission – Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftkrise, 2009/C 16/01).

Lösung:

Die Lösung dieses Problems ist die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, welche den Bund in die Lage versetzt, im gesamthaften Interesse der österreichischen Volkswirtschaft Unternehmen im Bedarfsfall durch Übernahme von Garantien den Zugang zu Finanzierungsmitteln zu erleichtern.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Übernahme von Garantien durch den Bund für Kredite österreichischer Unternehmen wird zu einer Stärkung der Unternehmensliquidität führen und dadurch den Wirtschaftsstandort und die Beschäftigung positiv beeinflussen.

Auswirkungen auf die Kosten von Unternehmen aufgrund von Informationsverpflichtungen:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch gleichzeitige Reduzierung des Haftungsrahmens des IBSG um 10 Milliarden Euro (siehe Art. 2 des Entwurfes) werden mit dem Bundesgesetz keine zusätzlichen finanziellen Belastungen begründet. Eine tatsächliche Belastung des Budgets erfolgt im Übrigen erst bei Eintritt eines Haftungsfalles.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen stehen mit den höherrangigen europarechtlichen Normen im Einklang und sind im Hinblick auf die globale Problemstellung sachlich gerechtfertigt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz unterliegt gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG hinsichtlich Art. 1 §§ 1 bis 7 nicht der Mitwirkung des Bundesrates.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Angesichts der Auswirkungen der gegenwärtigen internationalen Finanzkrise auf die Realwirtschaft ist Vorsorge zu treffen, dass den daraus resultierenden nachteiligen Auswirkungen auf die Liquiditätssituation einzelner österreichischer Unternehmen durch zielgerichtete staatliche Maßnahmen rasch und effektiv begegnet werden kann. Vor diesem Hintergrund sieht der Entwurf unter bestimmten Voraussetzungen im Interesse der gesamthaften österreichischen Volkswirtschaft die Möglichkeit einer Haftungsübernahme durch den Bund für Kredite von Unternehmen vor, die vorübergehend in Liquiditätsprobleme geraten sind und nur aus diesem Grund einer Finanzierung bedürfen. Das Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz ist durch das öffentliche Interesse an der Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes (Art. 13 Abs. 2 B-VG) und dem Erhalt wichtiger nationaler und regionaler Unternehmen begründet. Insbesondere mittelständische bis große Unternehmen, die zu den regionalen und nationalen Stützen der Beschäftigung zählen, sollen so über eine ausreichende Finanzkraft verfügen, um eine tief greifende wirtschaftliche Krise überbrücken zu können und so weiterhin als Wachstumsmotoren für die heimische Wirtschaft erhalten zu bleiben.

Als konkrete Maßnahme sieht der Entwurf eine – zeitlich bis 31. Dezember 2010 befristete – Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen vor, durch Übernahme von Garantien für Kredite betroffenen Unternehmen den Zugang zu Kreditmitteln zu erleichtern. Diese Kredite sind insoweit auf die von den Kreditinstituten im Zusammenhang mit Maßnahmen nach dem Bankenpaket (IBSG und FinStaG) geforderten Kreditwachstumsvolumina anrechenbar, als sie nicht durch eine Haftung nach dem Entwurf gedeckt sind.

Die Haftungsübernahme erfolgt in der Rechtsform der Garantie. Diese wird so ausgestaltet, dass sie als taugliche persönliche Sicherheit im Rahmen der Kreditrisikominimierung nach der Solvabilitätsverordnung, BGBl. II Nr. 374/2006 idgF, anerkannt werden kann. Mit Zustimmung des Bundes (siehe § 7) ist eine Abtretung der Ansprüche aus der Garantie zwecks Sicherstellung der Refinanzierung zulässig.

Aufgrund der vorhandenen Ressourcen und der Erfahrungen des Bevollmächtigten des Bundes nach § 5 Abs. 1 Ausfuhrförderungsgesetz mit vergleichbaren Haftungsinstrumenten sieht der Entwurf eine entsprechende Bevollmächtigung auch für Maßnahmen nach diesem Entwurf vor.

Für die Begutachtung der Ansuchen um Haftungsübernahme wird im Bundesministerium für Finanzen ein Beirat eingerichtet.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 4, 5, 6 und 11 sowie Art. 42 Abs. 5 B-VG.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG

Zu § 1:

Mit dieser Bestimmung wird eine Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen zur Übernahme von Garantien zu Gunsten österreichischer Unternehmen, die nicht die Kriterien eines kleinen oder mittelgroßen Unternehmens nach der geltenden KMU-Definition erfüllen, und sich zufolge der derzeitigen allgemeinen Finanzkrise in bloß temporären Liquiditätsschwierigkeiten befinden oder deren Finanzierung von Investitionen durch die angespannte Finanzmarktlage nicht möglich ist, begründet. Durch den Hinweis auf § 66 BHG soll klargestellt werden, dass die dort normierten allgemeinen Bestimmungen über Bundeshaftungen zu Anwendung kommen, soweit der Entwurf nicht abweichende Regelungen enthält.

Weiters wird klargestellt, dass weder ein konkretes Unternehmen noch sonstige Dritte einen Rechtsanspruch darauf haben, dass der Bund eine Haftung iSd Entwurfs übernimmt, da die Maßnahmen keine subjektiven Rechte begründen, sondern der Stabilität der Volkswirtschaft dienen.

Zu § 2:

Zielgruppe des Entwurfes sind Unternehmen, denen in der heimischen Wirtschaft eine Schlüsselstellung zukommt, weshalb der Entwurf für Haftungsübernahmen u. a. bestimmte, kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen an die Unternehmensgröße vorsieht. Sämtliche Voraussetzungen nach Z 1 bis 6 müssen bei Haftungsübernahme nachweislich kumulativ erfüllt sein, die Voraussetzungen nach Z 1 und 2 überdies auf Dauer der aufrechten Haftung. Es ist zu erwarten, dass von der Stärkung der Liquidität dieser Unternehmen zufolge Belebung der Nachfrage indirekt auch kleinere Unternehmen spürbar profitieren werden. Unternehmen, welche die Voraussetzungen nach dem Entwurf nicht erfüllen, stehen andere staatliche Stützungsmöglichkeiten (wie nach dem Garantiegesetz, ERP-Fonds-Gesetz oder KMU-Förderungsgesetz) zur Verfügung, die durch zusätzliche Maßnahmen in Ausschöpfung des temporären EK-Beihilfenrahmens nochmals erweitert werden.

Da für Unternehmen des Finanzsektors mit dem IBSG und dem FinStaG ein Maßnahmenpaket zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise zur Verfügung steht, waren Unternehmen aus diesem Sektor von Haftungsübernahmen nach dem Entwurf auszunehmen.

Die Übernahme von Haftungen soll nicht der Sanierung bereits angeschlagener Unternehmen dienen, weshalb für die Haftungsübernahme auch eine gesunde wirtschaftliche Basis des betroffenen Unternehmens vor dem 1. Juli 2008 Voraussetzung ist; weiters muss die Erfüllung der garantierten Verbindlichkeit zu erwarten sein.

Mit Z 6 wird klargestellt, dass Haftungen nach dem Entwurf nicht dazu dienen, besonders risikoträchtige Kreditgeschäfte zu ermöglichen.

Zu § 3:

Nach dieser Bestimmung ist eine Höchstgrenze für das Gesamtvolumen der Haftungsübernahmen vorgesehen, womit die budgetäre Planung ermöglicht und das Vollzugsverhalten ausreichend determiniert werden soll. Der Haftungsrahmen kann revolvierend ausgenützt werden.

Zu § 4:

Da die Ermächtigung zur Übernahme von Garantien nach dem Entwurf bis 31. Dezember 2010 befristet ist (siehe § 12), sieht der Entwurf in Abs. 1 auch für die Antragstellung eine Befristung bis 12. November 2010 vor, um eine zeitgerechte Bearbeitung von Anträgen auf Haftungsübernahme sicherzustellen.

Das nach Abs. 2 geforderte Formerfordernis der Schriftlichkeit dient der Rechtssicherheit. Überdies soll nur für Verbindlichkeiten in Euro gehaftet werden, um zu vermeiden, dass die Garantie zur Absicherung allfälliger spekulativer Währungsgeschäfte missbraucht wird.

Kreditinstitute, zu deren Gunsten eine Haftung übernommen wird, müssen in Österreich über eine Konzession für das Kreditgeschäft verfügen. Eine Haftungsübernahme wird überdies nur bei einer entsprechenden Bonität des Kreditinstituts in Betracht kommen.

In den Abs. 4, 5, 6, und 7 sind die wesentlichen Rahmenbedingungen für die Haftungsverträge geregelt. Zur Besicherung nach dem Entwurf sind nur Neukredite geeignet, die der Finanzierung des Unternehmens oder notwendiger Investitionen dienen, wie insbesondere Betriebsmittelkredite, aber auch Kredite zur (fristgerechten) Rückzahlung von Anleihen oder Kredite zur Aufrechterhaltung der Finanzierungsstruktur. Geeignet sind Besicherungen von Neukrediten dann, wenn sich diese an die Zielsetzung des Gesetzes halten und es sich um keine dem Zweck des Gesetzes umgehende Haftungsübernahmen handelt. Die Erhöhung der Sicherheit bei bereits bestehenden Krediten ist kein Ziel des vorliegenden Entwurfes.

Abs. 7 stellt sicher, dass das durch die Haftungsübernahme begünstigte Kreditinstitut ein Eigenrisiko von mindestens 30% bzw. – im Falle des Vorliegens auch anderer staatlicher Stützungsmaßnahmen für das konkrete Kreditgeschäft – unter Berücksichtigung sämtlicher Maßnahmen mindestens 20% trägt.

In Abs. 8 wird die Verpflichtung zur Entrichtung eines angemessenen Haftungsentgelts normiert, wobei in diesem Zusammenhang die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Safe-Harbour-Prämien zu beachten sind.

Um einen flexiblen, den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles angepassten Einsatz der Maßnahmen zu ermöglichen, sieht Abs. 9 vor, dass nähere Bestimmungen über den Nachweis der Voraussetzungen für die Haftungsübernahme sowie die Ausgestaltung der Haftungsverträge, insbesondere durch Aufnahme von Bedingungen und Auflagen, die vergleichbar zu jenen nach der VO nach dem FinStaG/IBSG ausgestaltet werden sollen, in gemäß Abs. 11 zu veröffentlichenden Richtlinien festzulegen sind.

Der Flexibilität dient auch in Abs. 10 vorgesehene Zulässigkeit von Regelungen, die von § 66 BHG abweichen.

Zu § 5:

Bevollmächtigter des Bundes nach § 5 Abs. 1 AusfFG ist die Oesterreichische Kontrollbank AG, die in dieser Funktion nicht nur über eine langjährige Erfahrung in der banktechnischen Behandlung von Bundeshaftungen, sondern auch über entsprechende personelle und technische Ressourcen verfügt. Die im Wesentlichen dem § 5 Abs. 1 AusfFG nachgebildete Bevollmächtigung zur banktechnischen Behandlung der Haftungen nach diesem Entwurf ist daher nicht nur sachlich begründet, sondern für eine effiziente und effektive Gestionierung erforderlich. Auch die zeitliche Beschränkung der Maßnahme spricht gegen die Schaffung einer neuen Institution oder von neuen Planstellen beim Bund für die Abwicklung der Haftungen.

Zu § 6:

Der nach dieser Bestimmung vorgesehene Beirat ist im Wesentlichen dem bewährten Modell des Beirats nach § 5 Abs. 2 AusfFG nachgebildet.

Zu § 7:

Die vorgesehenen Verfügungs- und Pfändungsbeschränkungen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass vom Bund im Zusammenhang mit Maßnahmen nach dem Entwurf  aufzuwendende Mittel auch tatsächlich für die Liquiditätsbeschaffung zur Verfügung stehen. Das rechtsgeschäftliche Verfügungsverbot beinhaltet ein Nichtkönnen und nicht bloß ein Nichtdürfen, sodass es absolut wirkt.

Zu § 8:

Da es sich um eine staatliche Hilfsmaßnahme handelt, ist eine Gebührenbefreiung der Haftungsverträge  sachlich geboten und berechtigt.

Zu § 12:

Den Vorgaben der Europäischen Kommission entsprechend tritt die Maßnahme am 31. Dezember 2010 außer Kraft. Bereits übernommene Haftungen werden davon nicht berührt; da diese Haftungen noch durch den Bevollmächtigten abzuwickeln sind, endet die Bevollmächtigung erst mit dem Auslaufen der Haftungen.

Zu Artikel 2

Änderung des Interbankmarktstärkungsgesetz – IBSG

Die Finanzierung der Maßnahmen nach diesem Entwurf erfolgt durch Umschichtung eines Teilbetrages von 10 Milliarden Euro aus dem für Maßnahmen nach dem Interbankmarktstärkungsgesetz – IBSG vorgesehenem Finanzierungsvolumen, weshalb es einer entsprechenden Reduzierung des Betrags in § 3 bedarf.


Textgegenüberstellung

Geltende Fassung

Vorgeschlagene Fassung

Artikel 2

Änderung des Interbankmarktstärkungsgesetzes

§ 3. Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz dürfen den jeweils ausstehenden Gesamtbetrag von 75 Milliarden Euro nicht übersteigen. Zinsen und Kosten sind auf diesen Höchstbetrag nicht anzurechnen. Die für diese Maßnahmen erforderlichen Budgetmittel werden im Wege von Überschreitungsermächtigungen zur Verfügung gestellt (Artikel VII Abs. 1 Z 13 und Z 15 Bundesfinanzgesetz 2008) und dürfen auch durch Mehreinnahmen aus Kreditoperationen bedeckt werden; in diesem Fall ist § 41 Abs. 6 BHG in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2008 nicht anzuwenden.

§ 2. Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz dürfen den jeweils ausstehenden Gesamtbetrag von 65 Milliarden Euro nicht übersteigen. Zinsen und Kosten sind auf diesen Höchstbetrag nicht anzurechnen. Die für diese Maßnahmen erforderlichen Budgetmittel werden im Wege von Überschreitungsermächtigungen zur Verfügung gestellt (Artikel VII Abs. 1 Z 13 und Z 15 Bundesfinanzgesetz 2008) und dürfen auch durch Mehreinnahmen aus Kreditoperationen bedeckt werden; in diesem Fall ist § 41 Abs. 6 BHG in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2008 nicht anzuwenden.