Vorblatt

Problem/Ziel:

Die Richtlinie 2007/66/EG zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl. Nr. L 335 vom 20.12.2007 S. 31, sowie die Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge ist  umzusetzen.

Änderungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194, des Ziviltechnikergesetzes 1993 (ZTG), BGBl. Nr. 156/1994, des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, sowie des Signaturgesetzes (SigG), BGBl. I Nr. 190/1999, haben dazu geführt, dass einzelne Bestimmungen des BVergG 2006 auf nicht mehr aktuelle Rechtsvorschriften verweisen bzw. Bezug nehmen.

Im Rahmen des Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion wurden einige Kostenfaktoren für Unternehmen identifiziert.

Inhalt/Problemlösung:

Zur Umsetzung der RL 2007/66/EG werden dem Bundesvergabeamt neue Kompetenzen eingeräumt und wird das Fristenregime des BVergG 2006 adaptiert.

Zur Umsetzung der Richtlinie 2009/33/EG werden die allgemeinen Bestimmungen über die Ausschreibung angepasst.

Änderungen der GewO 1994, des ZTG, des ZustG und des SigG sind in einzelnen Bestimmungen des BVergG 2006 (insbesondere im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen) nachzuvollziehen.

Durch Änderungen insbesondere im Bereich der Eignungsprüfung sollen Unternehmen entlastet werden.

Alternativen:

Soweit die Novelle die korrekte Umsetzung von Gemeinschaftsrecht betrifft, würde die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch die Kommission führen.

Die Beibehaltung der Regelungen, die an die GewO 1994, das ZustG und das ZTG (in ihren alten Fassungen) anknüpfen, würde zu einer inkonsistenten Rechtslage und zu Problemen in der praktischen Handhabung führen. Die Beibehaltung der Regelungen im Bereich der Eignungsprüfung würde dazu führen, dass bestehende Einsparungspotentiale nicht realisiert werden.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Auf Grund der neuen Kompetenzen des Bundesvergabeamtes im Bereich der Feststellungsverfahren kann es zu einem Anstieg an Verfahren und damit zu finanziellen Belastungen kommen. Da nicht abgeschätzt werden kann, inwieweit von den neuen Antragsmöglichkeiten Gebrauch gemacht wird bzw. inwieweit die Auftraggeber überhaupt zu derartigen Antragstellungen Anlass geben, können diese Mehraufwendungen nicht quantifiziert werden. Da die neuen Zuständigkeiten auf das Vorliegen elementarer Rechtsverstöße abstellen, ist allerdings davon auszugehen, dass die Verfahrenszahlen jedenfalls nicht übermäßig ansteigen werden.

Die Änderungen im Bereich der Eignungsprüfung können auch auf Auftraggeberseite und damit im Bereich der öffentlichen Haushalte zu Entlastungen führen. Die Vorlage von Eignungsnachweisen zieht einen gewissen Prüfungsaufwand nach sich, der bei der Vorlage einer bloßen Eigenerklärung jedenfalls geringer ausfallen wird. Da keine seriösen Schätzungen darüber vorliegen, welche Belastungen auf Seiten des Auftraggebers derzeit aus der Prüfung der Eignung der Bewerber und Bieter resultieren, können auch die – durch die vorgeschlagene Erleichterung eintretenden – Entlastungen nicht quantifiziert werden.

Durch die Verpflichtung saubere und energieeffiziente Straßenfahrzeuge zu beschaffen, sind – zumindest in einer ersten Phase – Mehrkosten bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen zu erwarten. Aufgrund mangelnder Daten hinsichtlich des zu erwartenden Beschaffungsvolumens von Straßenfahrzeugen und der nicht vorhersehbaren Preisentwicklung von „sauberen und energieeffizienten“ Straßenfahrzeugen, sind die Mehrbelastungen nicht quantifizierbar.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Reduzierung der Verwaltungslasten für Unternehmer insbesondere im Bereich der Produzierung und Vorlage von Eignungsnachweisen kann sich positiv auf den Wirtschaftsstandort Österreich auswirken.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Die vorgeschlagenen Änderungen bei der Vorlage von Eignungsnachweisen sowie der Einsicht in Unterlagen führen zu einer Verminderung der Verwaltungslasten für Unternehmen um etwa 12.607.863,70 Euro pro Jahr.

Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Novelle dient unter anderem der korrekten Umsetzung der Richtlinie 2007/66/EG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfes (Ausgangslage und Zielsetzung):

Der vorliegende Entwurf umfasst im Wesentlichen die nachstehenden Themenkomplexe:

1.1.   Am 11. Dezember 2007 wurde die Richtlinie 2007/66/EG zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl. Nr. L 335 vom 20.12.2007 S. 31, erlassen (CELEX Nummer: 32007L0066). Diese Richtlinie ist bis spätestens 20. Dezember 2009 umzusetzen. Die Umsetzung dieser Richtlinie erfordert Änderungen im 4. Teil des BVergG 2006 (Rechtsschutz vor dem Bundesvergabeamt), etwa im Bereich der Fristenregelungen. Um elementare Verstöße gegen das Vergaberecht wirksamer hintan zu halten, sieht die Richtlinie eine zwingende Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrages in bestimmten Fällen vor. Daher sind nicht nur die bestehenden Feststellungskompetenzen des Bundesvergabeamtes zu erweitern, sondern es ist ihm auch die Kompetenz einzuräumen, Verträge unter gewissen Voraussetzungen für nichtig zu erklären bzw. allenfalls so genannte alternative Sanktionen über Auftraggeber zu verhängen.

         Diese Änderungen im Rechtsschutzteil ziehen auch Änderungen im Bereich der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung (und der Widerrufsentscheidung) sowie der daran anknüpfenden Stillhaltefristen nach sich.

1.2.   Die Umsetzung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, ABl. Nr. L xxx vom ….. 2009, erlassen (CELEX Nummer: 32009L0033) erfordert Änderungen im 2. und 3. Teil des BVergG 2006 im Zusammenhang mit den Regelungen über die Ausschreibung. Die Richtlinie fordert die zwingende Berücksichtigung bestimmter externer Kosten bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen. Diese Berücksichtigung kann gemäß der Richtlinie entweder durch die Festlegung von Technischen Spezifikationen mit einem hohen ökologischen Standard oder durch die Verwendung ökologischer Zuschlagskriterien erfolgen. In diesem Sinn sind daher die einschlägigen Vorschriften über die Gestaltung der Ausschreibung entsprechend zu modifizieren, wobei die Wahlfreiheit der Auftraggeber, in welcher Weise sie die externen Kosten im Vergabeverfahren berücksichtigen wollen, erhalten bleiben soll.

1.3.   Das derzeit geltende BVergG 2006 verweist im Zusammenhang mit der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen von Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates in einigen Bestimmungen auf die §§ 373c ff der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194, sowie die – jeweils auf das Ziviltechnikergesetz 1993 (ZTG), BGBl. Nr. 156/1994, gestützte – EWR-Architektenverordnung und EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung. Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. Nr. L 255 vom 30.09.2005 S. 22, (im Folgenden: Berufsanerkennungsrichtlinie) wurden die §§ 373a ff GewO 1994 komplett umgestaltet und es entfiel die angesprochene Verordnungsermächtigung des ZTG. Die bezogenen Bestimmungen des BVergG 2006 sind daher anzupassen. Diese Anpassung wird wesentlich von der Vorgabe bestimmt, dass eine bescheidmäßige Anerkennung oder Gleichhaltung in der Regel nur mehr für eine Niederlassung erforderlich ist. Für die Erbringung einer bloß vorübergehenden und gelegentlichen Dienstleistung, die bei einer Leistung im Rahmen einer öffentlichen Auftragsvergabe den Regelfall darstellt, ist eine behördliche Entscheidung nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich.

1.4.   Die österreichische Bundesregierung hat am 27. April 2006 beschlossen, die Verwaltungskosten für Unternehmen aus bundes- und EU-rechtlichen Informationsverpflichtungen bis 2010 bzw. 2012 um 25% zu senken. Im Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode wurde eine rasche Umsetzung der Initiative vereinbart und deren Fortführung im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode bestätigt. Am 28. November 2007 fixierte die Bundesregierung die ressortspezifischen Reduktionsziele und am 26. März 2008 beschloss die Bundesregierung eine Maßnahmenliste zur Erreichung des Reduktionszieles. Im Rahmen des österreichischen Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion für Unternehmen aus gesetzlichen Informationsverpflichtungen (SKM) wurden einzelne Bestimmungen des BVergG 2006 als (nicht unerhebliche) Kostenfaktoren für Unternehmer identifiziert. Dies betrifft etwa die Vorlage von Nachweisen für Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Eignungsprüfung oder die Antragsbedürftigkeit einzelner Verfahrensschritte. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden durch das aufwändige Nachweissystem belastet. Durch eine Neugestaltung im Bereich der Eignungsprüfung und der Einführung der so genannten „Eigenerklärung“ sowie durch einzelne Änderungen im Bereich der Einsichtnahme in Niederschriften sollen die Verwaltungslasten für Unternehmer gemäß den oben genannten Beschlüssen der Bundesregierung reduziert werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen (insbesondere Verwendung von Eigenerklärungen und Verlangen von Nachweisen nur von bestimmten Unternehmen) decken sich auch mit den Vorschlägen der sogenannten „Stoiber-Gruppe“ (High Level Group of Independent Stakeholders on Administrative Burdens) vom 8. Dezember 2008 zum Bereich des öffentlichen Auftragswesens.

1.5.   In einzelnen Bereichen soll der Grundsatz der elektronischen Übermittlung von Unterlagen (gegenüber der brieflichen Übermittlung bzw. der Übermittlung per Telefax) verstärkt zum Ausdruck gebracht werden. Das Bundesvergabeamt soll seine schriftlichen Erledigungen hinkünftig ausschließlich per Fax oder elektronisch zustellen.

1.6.   Durch eine Entscheidung der Kommission wurde in der Richtlinie 2004/18/EG die Liste der zentralen Beschaffungsstellen im Sinne des GPA (Government Procurement Agreement, WTO-Abkommen über das öffentliche Auftragswesen) an das mit den Vertragsparteien erzielte Verhandlungsergebnis angepasst. Im Sinne dieser Entscheidung und der Neubezeichnung der Bundesministerien im Zuge der letzten Novellierung des BMG ist in Anhang V auch die Liste der zentralen öffentlichen Auftraggeber entsprechend zu adaptieren.

1.7.   Einzelne Bestimmungen des BVergG 2006 sind an die Novellierung des Signaturgesetzes (SigG), BGBl. I Nr. 190/1999, durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 8/2008, und an die Novellierung des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. I Nr. 200/1982, durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 5/2008, anzupassen.

1.8.   Darüber hinaus soll die notwendige Novellierung zum Anlass genommen werden, einzelne legistische Bereinigungen vorzunehmen bzw. einzelnen Anregungen aus dem Bereich der Praxis Rechnung zu tragen.

2. Abstimmung mit den Ländern:

Im Hinblick darauf, dass aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage (vgl. Art. 14b B‑VG und die Erläuterungen in AB 1118 d.B. XXI. GP) eine Mitwirkung der Länder an der Erstellung von Entwürfen zum BVergG in Form der bereits im Jahre 2002 eingerichteten Bund-Länder-Arbeitsgruppe festgeschrieben ist, fanden auch bei der Erstellung des vorliegenden Entwurfes über Einladung des Bundeskanzleramtes mehrfach Gespräche und Konsultationen zwischen Vertretern des Bundes und der Länder statt.

3. Regelungstechnik:

Der vorliegende Entwurf fügt im Wege von Einzelnovellierungen die neuen Regelungen in das bestehende System des BVergG 2006 ein.

4. Finanzielle Auswirkungen:

Im Vergleich zum BVergG 2006 idF der Novelle BGBl. I Nr. 86/2007 ergeben sich hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen durch den vorliegenden Entwurf folgende Änderungen:

4.1.   Im Rahmen des Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion für Unternehmen aus gesetzlichen Informationsverpflichtungen (SKM) wurde die Vorlage von Eignungsnachweisen als erheblicher Kostenfaktor für Unternehmen identifiziert. Der Nachweis der Befugnis sowie der beruflichen Zuverlässigkeit verursacht gemäß einer 2007 durchgeführten Studie von Roland Berger im Auftrag des Bundeskanzleramtes demnach Verwaltungslasten in der Höhe von 9.337.671,99 Euro pro Jahr, der Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Verwaltungslasten in der Höhe von 1.616.253,11 Euro pro Jahr und der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit Verwaltungslasten in der Höhe von 11.948.287,52 Euro pro Jahr.

         Durch die nunmehr vorgeschlagene Regelung, wonach Unternehmer ihre Eignung in Hinkunft grundsätzlich auch durch die bloße Vorlage von Eigenerklärungen belegen können, werden diese Verwaltungslasten in erheblichem Ausmaß reduziert. Konkret stellen sich die finanziellen Auswirkungen nach Schätzungen des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst wie folgt dar. Den Berechnungen liegen dabei die bei der Basiserhebung des SKM-Projekts ermittelten Zahlenwerte sowie die Annahme zu Grunde, dass bei einem geschätzten Auftragswert von über 120 000 bzw. 80 000 Euro Eignungsnachweise nur mehr vom Zuschlagsempfänger bzw. allenfalls von den drei bestgereihten Bietern verlangt werden; bei einem geschätzten Auftragswert bis 120 000 bzw. 80 000 Euro allenfalls nur vom Zuschlagsempfänger. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Teilnehmerzahl von 5 Unternehmern an einem Vergabeverfahren kann daher eine Reduktion der betroffenen Unternehmen von zumindest 50% angenommen werden. Da der Auftraggeber sich nunmehr auch auf das Verlangen bestimmter Nachweise beschränken kann, wird auch eine Reduktion des Zeitaufwands um 20% pro Fall angenommen. Dies bedeutet eine Reduktion der betroffenen Verwaltungslasten um 13.741.327,72 Euro. Gleichzeitig ergeben sich durch die Einführung der Eigenerklärung Verwaltungslasten in der Höhe von 1.405.195 Euro.

         Insgesamt werden durch die Änderungen im Bereich der Eignungsnachweise daher die Verwaltungslasten für Unternehmen um 12.336.132,72 Euro reduziert.

         Die Basiserhebung für eine Verwaltungslastenreduktion ergab auch, dass durch das Antragserfordernis bei der Einsichtnahme in Niederschriften Kosten für Unternehmen in der Höhe von 271.730,98 Euro pro Jahr entstehen. Mit der vorliegenden Gesetzesänderung soll klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die jeweils vorgesehenen Einsichtnahmerechte keines formalisierten Antrags bedürfen. Die Informationsverpflichtung wird dadurch beseitigt und die Verwaltungslasten für Unternehmen werden daher um weitere 271.730,98 Euro pro Jahr reduziert.

         Insgesamt führen daher die vorgesehenen Änderungen bzw. die Beseitigung bestehender Informationsverpflichtungen zu einer Verminderung der Verwaltungslasten für Unternehmen um  12.607.863,70 Euro pro Jahr.

         Darüber hinaus werden durch die Änderungen im Bereich der Eignungsprüfung auch auf Seiten der Auftraggeber Transaktionskosten eingespart. Die Vorlage von Eignungsnachweisen zieht jedenfalls einen gewissen Prüfungsaufwand nach sich, der bei der Vorlage einer bloßen Eigenerklärung jedenfalls geringer ausfällt.

         Hinsichtlich der derzeit bestehenden Belastungen (Transaktionskosten) auf Seiten der Auftraggeber im Zusammenhang mit der Eignungsprüfung ist folgendes festzuhalten: Im März 2008 wurde eine Studie zur „Kostenmessung der Prozesse öffentlicher Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträge aus Sicht der Wirtschaft und der öffentlichen Auftraggeber“ für das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft vorgelegt. Die im Rahmen dieser Messung ermittelten volkswirtschaftlichen Gesamtkosten für die Verfahren der Vergabe öffentlicher Aufträge belaufen sich (für Deutschland) auf circa 19 Mrd. Euro jährlich. Diese Summe enthält alle prozessualen und laufenden Kosten für Unternehmen und öffentliche Auftraggeber im Rahmen der Durchführung von Vergaben oberhalb und unterhalb der EG-Schwellenwerte. Die in der Studie ausgewiesenen Kosten umfassen dabei nicht nur die Summe der reinen „Informationskosten“, die direkt und ausschließlich aus den gesetzlichen Vorgaben entstehen, sondern sie inkludieren auch den gesamten Vollzugsaufwand (interne Prozesskosten). Nicht in dieser Summe enthalten sind hingegen die Kosten für Nachprüfungsverfahren. Bei den angenommenen rund 2,4 Mio. Vergaben pro Jahr in Deutschland kostet damit ein Vergabeverfahren gemessen an den Gesamtkosten für alle Beteiligten in Deutschland im Durchschnitt 7.870 Euro (die Gesamtprozesskosten auf Auftraggeber- und Unternehmerseite für die Erstellung und Prüfung der Eignungsnachweise belaufen sich nach der Studie in Deutschland auf rund 1,45 Mrd. Euro pro Jahr). Eine derartige Studie existiert für Österreich nicht. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtslagen (insbesondere aber nicht nur im Vergabebereich) in Deutschland und Österreich und aufgrund unterschiedlicher interner Verwaltungsorganisationen und -abläufe (deren Kosten in der Studie ebenfalls berücksichtigt wurden), sind die Studienergebnisse nicht (auch nicht ansatzweise) für Österreich verwert- bzw. übertragbar. Da mangels (österreichischen) Datenmaterials auch keine seriösen Schätzungen für die derzeitige Situation in Österreich vorgenommen werden können, welche Belastungen auf Seiten des Auftraggebers derzeit aus der Prüfung der Eignung der Bewerber und Bieter resultieren (anders als auf Auftragnehmerseite bezogen auf die gesetzlichen Informationsverpflichtungen), können die – durch die vorgeschlagene Erleichterung eintretenden – Entlastungen auch nicht quantifiziert werden.

4.2.   Erwägungsgrund 13 der RL 2009/33/EG hält fest, dass der „Anschaffungspreis für saubere und energieeffiziente Fahrzeuge … über jenem herkömmlicher Fahrzeuge [liegt]. Bei der Schaffung einer ausreichenden Nachfrage nach solchen Fahrzeugen könnten Größenvorteile zu Kostensenkungen führen.“ Durch die Einführung einer Verpflichtung saubere und energieeffiziente Straßenfahrzeuge zu beschaffen, sind daher – zumindest in einer ersten Phase – Mehrkosten bei der Beschaffung von derartigen Straßenfahrzeugen grundsätzlich zu erwarten.

         Der Ministerrat hat jedoch im Zusammenhang mit dem Fuhrpark auf Bundesebene bereits am 11. Juli 2007 eine Zielquote für eine ökologische öffentliche Beschaffung von 20 vH (Beschaffung und Abrufe bei der BBG durch die Bundesministerien) beschlossen. Die Definition der angestrebten Zielquote von 20 vH besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen folgt dabei der gemeinschaftlichen Definition für abgasarme und verbrauchssparende leichte Nutzfahrzeuge bzw. umfasst sie auch Fahrzeuge mit alternativem Antrieb (Erdgas/Biogas, Superethanol, Biodiesel/Pflanzenöl, Wasserstoff- oder Brennstoffzellenantrieb, Vollhybridfahrzeuge sowie Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb; vgl. dazu das diesbezügliche Umweltleistungsblatt). Von der erwähnten Quote sind derzeit Fahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausgenommen. Bei Fahrzeugbeschaffungen bewertet die BBG die Angebote auf Basis des „Total Cost of Ownership-Ansatzes“, der verbrauchsarmen Fahrzeugen einen Bewertungsvorteil zuerkennt. Wesentliches ökologisches Bewertungskriterium ist derzeit der Kraftstoffverbrauch. Die CO2-Emissionswerte werden indirekt über die Kraftstoffkosten bewertet. Daneben berücksichtigt die BBG bei den Vergabeverfahren schon bisher weitere ökologische Kriterien wie die Biokraftstofftauglichkeit von Fahrzeugen und das Vorhandensein von Partikelfiltern bei Dieselfahrzeugen. Es ist nicht feststellbar, ob die Anwendung des gemeinschaftlichen (harmonisierten) Systems der Berücksichtigung von Energie- und Umweltauswirkungen im Vergleich zum bisher von der BBG bereits implementierten System der ökologischen Beschaffung von Fahrzeugen zu Mehrkosten führen wird.

         Aufgrund des bereits derzeit praktizierten Beschaffungsverhaltens auf Bundesebene sind aufgrund mangelnder Daten hinsichtlich des zu erwartenden Beschaffungsvolumens von Straßenfahrzeugen (auf Bundes- und Landesebene), des nicht prognostizierbaren Abrufverhaltens von Auftraggebern (insbesondere auf Landesebene) bei der BBG und der nicht vorhersehbaren Preisentwicklung von „sauberen und energieeffizienten“ Straßenfahrzeugen die zu erwartenden Mehrbelastungen nicht quantifizierbar.

4.3.   Auf Grund der neuen Kompetenzen des Bundesvergabeamtes (BVA) im Bereich der Feststellungsverfahren kann es zu einem Anstieg an Verfahren (Stand 2008: 161 Nachprüfungsverfahren, 136 Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und 6 Feststellungsverfahren; vgl. dazu den Siebenten Tätigkeitsbericht des BVA, abrufbar unter: http://www.bva.gv.at) und damit zu finanziellen Belastungen bzw. Mehreinnahmen kommen. Da mangels jedweder Anhaltspunkte a priori nicht abgeschätzt werden kann, inwieweit von den neuen Antragsmöglichkeiten Gebrauch gemacht wird bzw. inwieweit die Auftraggeber überhaupt zu derartigen Antragstellungen Anlass geben, können diese Mehraufwendungen nicht quantifiziert werden. Da die neuen Zuständigkeiten auf das Vorliegen elementarer Rechtsverstöße abstellen, ist allerdings davon auszugehen, dass die Verfahrenszahlen jedenfalls nicht übermäßig ansteigen werden.

4.4.   Aufgrund der gemeinschaftlichen Rechtsgrundlagen hat das BVA künftig in bestimmten Fallkonstellationen Geldbußen zu verhängen (vgl. dazu § 334 Abs. 8). Die vom BVA verhängten Geldbußen fließen dem Bund zu. Die daraus entstehenden Mehreinnahmen können aus heutiger Sicht nicht quantifiziert werden, da die Verhängung dieser Geldbußen teilweise von der Stellung eines Antrages abhängt bzw. davon abhängt, ob eine gänzliche Rückabwicklung nicht (mehr) möglich ist. Es ist weder absehbar, in welchem Ausmaß Auftraggeber bereit sein werden, diesen Antrag zu stellen, um die ex tunc Nichtigkeit von Verträgen abzuwenden, und inwieweit das BVA derartigen Anträgen im Einzelfall auf Grund des Vorliegens zwingender Gründe eines Allgemeininteresses stattgeben wird, noch ist absehbar, in welchen bzw. in wie vielen Fällen eine Geldbuße verhängt wird, weil eine gänzliche Rückabwicklung des Vertrages nicht (mehr) möglich ist.

5. Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Gesetzes ergibt sich aus Art. 14b Abs. 1 B‑VG.

6. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Gemäß Art. 14b Abs. 4 B‑VG bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der Länder.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis):

Aufgrund der vielfältigen Änderungen (Entfall von Unterabschnitten, Paragraphen, Änderungen von Überschriften) und der erforderlichen Bereinigung eines Redaktionsversehen in der Überschrift zu Anhang V im Zuge der BVergG-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 86, wird das Inhaltsverzeichnis gänzlich neu gefasst.

Zu Z 2 und 4 (§ 2 Z 29, neue Ziffernbezeichnungen des bisherigen § 2 Z 29 und 33 bis 49, Entfall des bisherigen § 2 Z 30, § 2 Z 47 (neu)), Z 12 (§ 43 Abs. 4, § 93 zweiter Satz, § 114 Abs. 3 und 4 erster Satz, § 115 Abs. 1, 2 und 4, § 121 Abs. 4 zweiter Satz sowie § 204 Abs. 4), Z 13 (§ 43 Abs. 4 und § 204 Abs. 4), Z 31 (Überschriften vor den §§ 114 und 262 sowie die §§ 134 Abs. 3 und 275), Z 32 (§ 114 Abs. 1 zweiter Satz), Z 33 (§ 114 Abs. 1 dritter Satz), Z 34 (§ 115 Abs. 3 erster Satz), Z 36 (§ 119 Abs. 1 erster und zweiter Satz und § 265 Abs. 1 erster und zweiter Satz) und Z 65 (§ 262 Abs. 1):

Die Änderung des Begriffes der sicheren elektronischen Signatur in qualifizierte elektronische Signatur durch die Novellierung des SigG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 8/2008 ist in den entsprechenden Bestimmungen des BVergG 2006 nachzuvollziehen. Dies erfordert auch eine Umreihung im (alphabetisch gereihten) Katalog der Begriffsbestimmungen des § 2. Zum Begriff der qualifizierten elektronischen Signatur siehe die Erläuterungen zur SigG-Novelle, BGBl. I Nr. 8/2008, RV 293 d.B. XXIII. GP 3 f.

Angesichts der Definition des vorgeschlagenen § 2 Z 29 ist die Anfügung eines Klammerausdrucks mit einem Verweis auf das SigG in den §§ 43 Abs. 4 und 204 Abs. 4 BVergG 2006 entbehrlich und soll entfallen.

Ein Zeitstempel ist eine elektronische Bescheinigung, dass bestimmte elektronische Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen sind. Die Verwendung eines qualifizierten Zeitstempels, d.h. eines Zeitstempels, der den Sicherheitsanforderungen des SigG und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen entspricht (vgl. § 2 Z 12 SigG), ist nicht erforderlich (wenngleich möglich). Ein Zeitstempeldienst kann daher auch vom Auftraggeber selbst auf seinem Server betrieben werden.

Zu Z 3 (§ 2 Z 33 neu):

Die Definition des Begriffs Straßenfahrzeug dient der Umsetzung von Art. 4 Z 3 in Verbindung mit Tabelle 3 des Anhanges der Richtlinie 2009/33/EG („clean car Richtlinie“). Letztere verweist auf die Kategorien M und N der Richtlinie 2007/46/EG. Gemäß Anhang II dieser Richtlinie fallen darunter folgende Fahrzeugtypen:

         Klasse M: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern.

         Klasse M1: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz.

         Klasse M2: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 5 Tonnen.

         Klasse M3: Für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz und einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 5 Tonnen.

         Klasse N: Für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern.

         Klasse N1: Für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 Tonnen.

         Klasse N2: Für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen bis zu 12 Tonnen.

         Klasse N3: Für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 12 Tonnen.

Siehe dazu ferner die Erläuterungen zu Z 24, Z 59b und Z 87.

Zu Z 4a (§ 2 Z 48 lit. b):

Durch die Neuformulierung des § 2 Z 48 (neu) lit. b wird – ohne inhaltliche Änderung der bisherigen Rechtslage – klargestellt, dass in beiden angeführten Konstellationen nach lit. b die zentrale Beschaffungsstelle als „Bevollmächtigter“ tätig wird. Das heißt, dass zentrale Beschaffungsstellen neben den in der lit. a genannten Konstellation (Vermittlermodell) auch in fremdem Namen und auf fremde Rechnung als vergebende Stelle für andere Auftraggeber Aufträge vergeben bzw. auch in fremdem Namen und auf fremde Rechnung als vergebende Stelle für andere Auftraggeber Rahmenvereinbarungen (über Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen) abschließen können (Vollmachtsmodell).

Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass die Tätigkeiten nach der lit. b insofern von den Tätigkeiten nach der lit. a abzugrenzen sind, als die zentrale Beschaffungsstelle im Rahmen der lit. b im Namen und auf Rechnung eines Dritten handelt, während sie im Rahmen der lit. a selbst Waren oder Dienstleistungen „erwirbt“, auch wenn dies insofern zweckgebunden ist, als sie dies für einen Auftraggeber (gemeint: mit dem Ziel des Weiterverkaufs an einen Auftraggeber) macht. In diesem Sinne normiert lit. a, dass „für Auftraggeber bestimmte“ Waren oder Dienstleistungen zuerst von der zentralen Beschaffungsstelle erworben werden, während in der Konstellation der lit. b die zentrale Beschaffungsstelle „für Auftraggeber“ (d.h. an Stelle der Auftraggeber) tätig wird.

Zu Z 4b und Z 81c (§§ 10 Z 2, 12 Abs. 1, 44 Abs. 1, 45, 72 Abs. 4, 125 Abs. 6, 179 Abs. 4 bis 6, 205 Abs. 1, 206, 268 Abs. 4, 291 Abs. 1, 292 Abs. 4, 293 Abs. 4, 297 Abs. 4 und Abs. 6 Z 1, 298, 299 Abs. 3, 301 Abs. 2, 309 Abs. 1, 311 und 336 (neu) Abs. 2):

Die durch die Bundesministeriengesetz-Novelle 2009 erfolgte Neubezeichnung von Bundesministerien wird im BVergG nachvollzogen.

Zu Z 5 (§ 10 Z 14) und Z 48 (§ 175 Z 12):

Die Ausnahmebestimmung betreffend zentrale Beschaffungsstellen erfasst sowohl das „Großhändlermodell“ als auch das „Vollmachtsmodell“. Anders als die diesbezüglichen Richtlinienreglungen (Art. 11 der RL 2004/18/EG bzw. Art. 29 der RL 2004/17/EG) werden die beiden Fälle in den §§ 10 und 175 BVergG 2006 aus Gründen der Klarheit getrennt ausgewiesen. Aus der Definition des Art. 1 Abs. 10 der RL 2004/18/EG (bzw. Art. 1 Abs. 8 der RL 2004/17/EG) ergibt sich aber, dass ein Auftreten einer zentralen Beschaffungsstelle als Großhändler nur im Bereich der Liefer- oder Dienstleistungsaufträge erfolgen kann. § 10 Z 14 und § 175 Z 12 BVergG 2006 sind daher entsprechend anzupassen.

Zu Z 6 (§ 10 Z 17 lit. b):

In der deutschen Sprachfassung des Art. 61 der Richtlinie 2004/18/EG wird darauf Bezug genommen, dass die zusätzlichen Bauleistungen für die „Verbesserung“ des ursprünglichen Bauauftrages unbedingt erforderlich sind. Im Licht der anderen Sprachfassungen der Richtlinienbestimmung (vgl. dazu etwa englisch „completion“, französisch „perfectionnement“, italienisch „perfezionamento”, spanisch „perfeccionamiento”, niederländisch „vervolmaking”) ist der in der Richtlinie verwendete Begriff „Verbesserung“ im Sinne von „Vollendung“ zu verstehen. Zur Klarstellung erfolgt eine diesbezügliche Korrektur des Gesetzes.

Zu Z 7 (§ 12 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 4 Z 3, § 180 Abs. 1 und 2, § 214 Abs. 2 Z 3):

Die in den §§ 12 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 4 Z 3, 180 Abs. 1 und 2 sowie 214 Abs. 2 Z 3 angeführten Schwellenwerte sollen an die in der Verordnung (EG) Nr. 1422/2007 der Kommission vom 4. Dezember 2007 enthaltenen und somit bereits geltenden Schwellenwerte angeglichen werden.

Zu Z 8 (§ 18 Abs. 1 (neu)), Z 10 (§ 41 Abs. 1), Z 26 (§ 103 Abs. 4), Z 47 (§ 159 Abs. 1), Z 49 (§ 186) und Z 51 (§ 201 Abs. 1):

Auf Grund des Entfalls der §§ 78 und 235 BVergG 2006 sowie der damit in Zusammenhang stehenden Neufassung der §§ 70 und 231 sind die entsprechenden Verweise anzupassen.

Zu Z 8a (§ 18 Abs. 2) und Z 49a (§ 186 Abs. 2):

Gemäß Art. 78 der Richtlinie 2004/18/EG und Art. 69 der Richtlinie 2004/17/EG hat die Kommission die in den Richtlinien festgelegten Schwellenwerte alle zwei Jahre zu überprüfen und gegebenenfalls neu festzusetzen. Im Rahmen dieser Überprüfung prüft die Kommission, ob sich aufgrund von Wechselkursänderungen Änderungen hinsichtlich der Umrechnung der im GPA festgelegten und in Sonderziehungsrechten (SZR; es handelt sich dabei um eine künstliche Währungseinheit des IWF in dem der US-Dollar, der Euro, das britische Pfund und der Yen gewichtet vertreten sind) ausgedrückten Schwellenwerte auf Euro ergeben haben. Sofern dies der Fall ist, werden bestimmte Schwellenwerte der Richtlinien im Wege einer Verordnung der Kommission (vgl. dazu etwa Verordnung (EG) Nr. 1422/2007 vom 4.12.2007) an den neuen Umrechnungswert angepasst. Aufgrund der dabei zu beachtenden Vorgangsweise ergibt es sich, dass die neuen Werte erst kurz vor dem jeweiligen Jahresende im Amtsblatt publiziert werden können, die neuen Schwellenwerte jedoch bereits jeweils ab dem 1. Jänner des Folgejahres zu beachten sind (im Falle der Absenkung) bzw. beachtet werden können (im Falle der Anhebung). Durch die vorgeschlagenen Änderungen soll es ermöglicht werden, möglichst zeitnah zur Publikation der Verordnung auf Gemeinschaftsebene auch bestimmte Schwellenwerte des BVergG entsprechend anpassen zu können, ohne das in Art. 14b Abs. 5 B-VG vorgesehene Verfahren beachten zu müssen. Abs. 2 ermöglicht nur die Angleichung (im Sinne eines bloßen Nachvollzuges) bestimmter Schwellenwerte des BVergG an die von der Kommission neu festgesetzten Schwellenwerte.

Zu Z 9 (§ 20 Abs. 1), Z 15 (§ 46 Abs. 2), Z 16 (§ 53 Abs. 5), Z 30 (§ 112 Abs. 3 erster Satz), Z 39 (§ 129 Abs. 1 Z 11), Z 40 (§ 129 Abs. 2), Z 50 (§ 188 Abs. 1), Z 54 (§ 207 Abs. 2), Z 64 (§ 260 Abs. 3 erster Satz), Z 67 (§ 269 Abs. 1 Z 7) und Z 68 (§ 269 Abs. 3):

1.      Das BVergG 2006 verweist in seiner Stammfassung im Zusammenhang mit der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen von Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates (bzw. eines EWR-Vertragsstaates) in einigen Bestimmungen auf die §§ 373c ff GewO 1994 sowie die – jeweils auf das ZTG gestützte – EWR-Architektenverordnung und EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung (siehe die §§ 20 Abs. 1, 46 Abs. 2, 53 Abs. 5, 112 Abs. 3, 129 Abs. 1 Z 11, 188 Abs. 1, 207 Abs. 2, 260 Abs. 3 sowie 269 Abs. 1 Z 7). Als wesentlichste Vorschrift bestimmen die §§ 129 Abs. 1 Z 11 und 269 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006, dass das Angebot eines Bieters auszuscheiden ist, wenn im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung kein Bescheid über die Erteilung der Anerkennung bzw. über den Ausspruch der Gleichhaltung gemäß den §§ 373c, 373d und 373e GewO 1994 oder keine Bestätigung gemäß der EWR-Architektenverordnung oder der EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung vorliegt. Unter welchen Voraussetzungen bzw. von wem ein derartiger Bescheid beigebracht werden muss, richtet sich nach der GewO 1994 bzw. nach den genannten Verordnungen. Das BVergG 2006 enthält somit keine eigenständigen Regelungen, unter welchen Voraussetzungen ausländische Unternehmer in Österreich Dienstleistungen erbringen dürfen, sondern knüpft diesbezüglich an die jeweiligen berufsausübungsrechtlichen Vorschriften an.

2.      Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG (Berufsanerkennungsrichtlinie) wurden die §§ 373a ff GewO 1994 komplett umgestaltet und es entfiel die angesprochene Verordnungsermächtigung des ZTG. Die genannten Bestimmungen des BVergG 2006 sind daher anzupassen. Die vorgeschlagene Anpassung geht dabei von folgenden Überlegungen aus (wobei – als für das BVergG 2006 wesentlichste berufsausübungsrechtliche Vorschrift – die GewO 1994 als primärer Ausgangspunkt herangezogen wird):

2.1.   Durch die GewO-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 42, wurden die Voraussetzungen für die vorübergehende und gelegentliche Erbringung von Dienstleistungen einerseits und die Niederlassung in Österreich anderseits neu geregelt und differenzierter ausgestaltet.

2.2.   Eine bescheidmäßige Anerkennung oder Gleichhaltung ist in der Regel (ausgenommen sind in der Schweiz niedergelassene Unternehmer) nur mehr für eine Niederlassung erforderlich. Zur Abgrenzung zwischen Niederlassung und einer bloß vorübergehenden und gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen ist auf die einschlägige Judikatur des EuGH (vgl. dazu etwa Rs C-55/94, Gebhard) sowie auf die Erläuterungen zur GewO-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 42 (IA 549/A XXIII. GP iVm RV 283 d.B. XXIII. GP 26) zu verweisen. Die Erbringung einer Leistung im Rahmen einer öffentlichen Auftragsvergabe stellt aber im Regelfall eine bloß vorübergehende und gelegentliche Erbringung von Dienstleistungen dar (das in der Folge dargestellte Regime gilt auch für Unternehmen, die sich in Österreich niederlassen wollen und sich vor oder während des Verfahrens gemäß den §§ 373c ff GewO an einem Vergabeverfahren beteiligen wollen).

         Wie sich insbesondere dem vorgeschlagenen § 20 Abs. 1 entnehmen lässt, beziehen sich die anzupassenden Regelungen des BVergG 2006 nur auf Unternehmer, die in einem anderen EWR-Vertragsstaat oder der Schweiz – nicht hingegen in Österreich – ansässig sind, somit nur auf den Fall der vorübergehenden und gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen im Sinne der Berufsanerkennungsrichtlinie. Unternehmer, die in Österreich ansässig – somit niedergelassen – sind, müssen ohnehin über eine Befugnis nach den innerstaatlichen Vorschriften verfügen.

2.3.   Im Bereich der vorübergehenden und gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen trifft die GewO 1994 eine Unterscheidung danach, ob die Ausübung der Tätigkeit als derart sensibel anzusehen ist, dass dafür eine behördliche Entscheidung erforderlich ist (bestimmte reglementierte Gewerbe gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994), oder ob die Tätigkeit bei Vorliegen gesetzlich normierter Voraussetzungen ausgeübt werden darf (alle übrigen Gewerbe). Bei bestimmten Gewerben ist somit eine behördliche Entscheidung – die allerdings durch eine behördliche Untätigkeit substituiert werden kann – Voraussetzung für die Zulässigkeit der Dienstleistungserbringung. Darüber hinaus sieht die GewO 1994 vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Verbot der Ausübung der Tätigkeit erlassen werden kann.

2.4.   Für Tätigkeiten gemäß dem ZTG, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 9/2008 – ebenso wie etwa für Tätigkeiten nach dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, BGBl. I Nr. 58/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 10/2008 sowie für solche nach dem Bilanzbuchhaltergesetz, BGBl. I Nr. 161/2006, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 11/2008 – ist demgegenüber für die Erbringung von Dienstleistungen weder eine Anzeige noch eine behördliche Entscheidung, sondern lediglich die Erfüllung gesetzlicher Bedingungen Voraussetzung. Auch ein spezielles behördliches Verbot der Ausübung der Tätigkeit für den Fall der „Nichterfüllung“ der gesetzlichen Bedingungen ist in diesen Vorschriften nicht vorgesehen.

3.      Diese berufsausübungsrechtlichen Wertungsentscheidungen sollen im BVergG 2006 nachvollzogen werden. Für die wesentliche Frage, wann das Angebot eines Bieters im Zusammenhang mit der (Un)zulässigkeit der Ausübung von Tätigkeiten in Österreich ausgeschieden werden kann bzw. muss, wird daher folgendes Regime vorgeschlagen:

3.1.   Im BVergG 2006 wird nicht mehr explizit auf die Anerkennung, Gleichhaltung oder Bestätigung gemäß den §§ 373c bis 373e GewO 1994 bzw. auf die EWR-Architektenverordnung und die EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung abgestellt, sondern es wird eine allgemeine Formulierung gewählt. Wie das Gesetz klarstellt, muss sich das Erfordernis einer behördlichen Entscheidung auf die Berufsqualifikation beziehen, somit auf allenfalls erforderliche Verfahren zur Nachprüfung von Qualifikationsnachweisen.

3.2.   Ein Angebot ist auszuscheiden, wenn die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Dienstleistung von einer behördlichen Entscheidung bestimmten Inhalts abhängig ist und diese Entscheidung nicht vorliegt. Im – primär maßgeblichen – Anwendungsbereich der GewO 1994 ist dies bei bestimmten reglementierten Gewerben gemäß § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 der Fall, bei denen vom BMWA als zuständiger Behörde zu prüfen ist, ob auf Grund der mangelnden Berufsqualifikation des Dienstleistungserbringers aus der Tätigkeit eine schwerwiegende Beeinträchtigung von Gesundheit oder Sicherheit zu befürchten ist. Wurde seitens des Unternehmers keine Anzeige erstattet (ob die Dienstleistungsanzeige erstattet wurde, kann im gemäß § 373a Abs. 5 letzter Satz GewO eingerichteten Dienstleisterregister unter der Adresse http://dlr.bmwa.gv.at vom Auftraggeber abgefragt werden) und ist daher keine behördliche Entscheidung ergangen, ist das Angebot auszuscheiden. Hat der Unternehmer hingegen eine Anzeige erstattet und erfolgt innerhalb der Entscheidungsfrist keine behördliche Reaktion, ist die Ausübung der Tätigkeit auch ohne das Vorliegen einer entsprechenden behördlichen Entscheidung zulässig; diesfalls kommt ein Ausscheiden des Angebotes auf Grund einer fehlenden behördlichen Entscheidung nicht in Betracht. Durch den Begriff „erforderlich“ werden somit sowohl die Fälle ausgeklammert, in denen eine behördliche Entscheidung von vornherein nicht erforderlich ist, als auch die Fälle, in denen eine behördliche Entscheidung zwar grundsätzlich erforderlich wäre, im konkreten Fall aber auf Grund des Ablaufs der behördlichen Entscheidungsfrist eben nicht mehr ist.

3.3.   Dem Fall der fehlenden – für die Zulässigkeit einer Tätigkeit konstitutiven – behördlichen Entscheidung ist der Fall gleichzuhalten, in dem die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Dienstleistung vom Erwerb fehlender Kenntnisse und Fähigkeiten abhängig gemacht und dieser Erwerb nicht nachgewiesen wurde. Im Anwendungsbereich der GewO 1994 hat der BMWA dem Unternehmer die Ablegung einer Eignungsprüfung oder eines Anpassungslehrgangs aufzuerlegen, wenn eine Beeinträchtigung von Gesundheit oder Sicherheit auf Grund bestehender wesentlicher Unterschiede zwischen der beruflichen Qualifikation des Anzeigers und der in Österreich geforderten Ausbildung zu befürchten ist. Wurde eine Eignungsprüfung oder ein Anpassungslehrgang vorgeschrieben und wird der Nachweis des Erwerbs der fehlenden Kenntnisse nicht erbracht, ist das Angebot auszuscheiden.

3.4.   Schließlich ist ein Angebot auch dann auszuscheiden, wenn dem Unternehmer die Ausübung der Tätigkeit mangels Vorliegens der Voraussetzungen mittels behördlicher Entscheidung untersagt wurde. Im Anwendungsbereich der GewO 1994 kann dies durch ein Verbot gemäß § 373a Abs. 1 dritter Satz oder eine befristete Untersagung gemäß § 373a Abs. 1 vierter Satz erfolgen. Zu diesem Tatbestand ist darauf hinzuweisen, dass für den Auftraggeber keine – über die ohnehin bestehende Verpflichtung zur Überprüfung der vergaberechtlichen Eignung hinausgehende – Pflicht besteht, aktiv Nachforschungen anzustellen, ob ein derartiges Verbot erlassen worden ist. Zweckmäßiger Weise werden derartige Nachforschungen nur dann erfolgen, wenn bereits Anhaltspunkte für das Bestehen eines behördlichen Verbots bestehen.

3.5.   Wenn die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen „lediglich“ von der Erfüllung gesetzlich normierter Voraussetzungen und nicht von einer behördlichen Entscheidung abhängt, besteht keine Verpflichtung zum Ausscheiden des Angebotes gemäß dem vorgeschlagenen § 129 Abs. 1 Z 11. Demgemäß besteht für den Auftraggeber auch keine Verpflichtung, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen aus eigenem Antrieb zu überprüfen. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass auch die berufsausübungsrechtlichen Regelungen in diesen Fällen keine zwingende ex‑ante Prüfung vorsehen.

         Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang allerdings auf § 367 Z 54 GewO 1994, dem zufolge eine Verwaltungsübertretung begeht, wer – ohne sein Verhalten durch triftige Gründe rechtfertigen zu können – sich durch einen anderen eine Tätigkeit besorgen lässt oder einen anderen zu einer Tätigkeit veranlasst, obwohl er wissen musste, dass der andere durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z 1 begeht, oder dies nach seinem Beruf oder seiner Beschäftigung bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit wissen konnte. Da Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des § 373a Abs. 1 GewO 1994 gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 zu bestrafen sind, erstreckt sich § 367 Z 54 GewO 1994 auch auf den Fall, dass ein Auftraggeber einen Vertrag mit einem Unternehmer abschließt, von dem er wissen musste oder konnte, dass dieser nicht zur Ausübung der Tätigkeit in Österreich berechtigt ist, weil eine der Voraussetzungen des § 373a Abs. 1 GewO 1994 nicht vorliegt.

         Wenn ein Auftraggeber daher über Informationen verfügt, die nahelegen, dass ein Unternehmer nicht zur Ausübung der Tätigkeit in Österreich berechtigt ist, so hat er vom Unternehmer Aufklärung zu verlangen. (Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Auftraggeber weiß, dass die betreffende Tätigkeit im Niederlassungsstaat des Unternehmers nicht reglementiert ist, und er Anhaltspunkte dafür hat, dass der Unternehmer die Tätigkeit erst seit kurzem – jedenfalls noch keine zwei Jahre hindurch – ausübt.) Bleibt die Aufklärung aus oder kann der Unternehmer nicht nachvollziehbar darlegen, dass er die Voraussetzungen des § 373a Abs. 1 GewO 1994 erfüllt, dann kann der Auftraggeber den Unternehmer gemäß § 129 Abs. 2 ausscheiden. Letzteres wird durch die vorgeschlagene Ergänzung des § 129 Abs. 2 klargestellt.

         Festzuhalten bleibt aber, dass in vergaberechtlicher Hinsicht keine Prüfpflicht für den Auftraggeber besteht. Er muss somit nicht aktiv nachforschen, ob ein Unternehmer die Voraussetzungen des § 373a Abs. 1 GewO 1994 erfüllt. Umgekehrt besteht allerdings eine Verpflichtung des Unternehmers, allfällige Unklarheiten auszuräumen. Letztlich obliegt es der Verantwortung des Auftraggebers, einzuschätzen, ob er im Sinne des § 367 Z 54 GewO 1994 davon Kenntnis haben musste oder haben konnte, dass eine Ausübung der Tätigkeit durch den Unternehmer einen Verstoß gegen § 373a Abs. 1 GewO 1994 darstellen würde. In gewerberechtlicher Hinsicht besteht in diesem Fall die Pflicht zum Ausscheiden, da der Auftraggeber ansonsten eine Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z 54 GewO 1994 begehen würde.

4.      Unberührt von dieser Möglichkeit des Ausscheidens gemäß § 129 Abs. 2 BVergG 2006 bleibt ferner auch die Möglichkeit des Ausscheidens wegen fehlender technischer Leistungsfähigkeit, wenn der Auftraggeber einen Nachweis der beruflichen Befähigung verlangt hat und dieser nicht erbracht wird.

5.      Im vorgeschlagenen § 20 Abs. 1 wird nicht mehr auf die bescheidmäßige Anerkennung, Gleichhaltung oder Bestätigung gemäß den §§ 373c bis 373e GewO 1994 bzw. auf die EWR-Architektenverordnung und die EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung abgestellt, sondern es wird dem Bewerber bzw. Bieter lediglich in allgemeiner Form die Verpflichtung auferlegt, eine behördliche Entscheidung einzuholen, die für die Zulässigkeit der – vorübergehenden und gelegentlichen – Ausübung einer Tätigkeit in Österreich allenfalls Voraussetzung ist. Primärer Anwendungsfall dieser Bestimmung wird § 373a Abs. 5 Z 2 GewO 1994 sein, dem zufolge die Zulässigkeit der Ausübung bestimmter Tätigkeiten eine behördliche Entscheidung voraussetzt (die allerdings durch eine behördliche Untätigkeit substituiert werden kann).

6.      Das entsprechende Verfahren ist rechtzeitig – jedenfalls vor Ablauf der Angebotsfrist – einzuleiten. Anders als derzeit soll die verspätete Verfahrenseinleitung aber nicht mehr zum Ausscheiden des Angebotes führen (siehe den vorgeschlagenen § 129 Abs. 1 Z 11). Da die grundsätzliche Entscheidungsfrist gemäß der Berufanerkennungsrichtlinie einen Monat beträgt, kann – eine mehr als einmonatige Zuschlagsfrist vorausgesetzt – eine erforderliche behördliche Entscheidung auch noch dann innerhalb der Zuschlagsfrist erwirkt werden, wenn die Anzeige nach Ablauf der Angebotsfrist erstattet worden ist. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einleitung eines entsprechenden Verfahrens vor Ablauf der Angebotsfrist ist somit nicht mehr mit dem Ausscheiden des Angebotes sanktioniert.

         Allerdings ist die rechtzeitige Einleitung des Verfahrens gemäß dem vorgeschlagenen § 112 Abs. 3 insofern von Bedeutung, als nur ein Unternehmer, der eine entsprechende Anzeige vor Ablauf der Angebotsfrist erstattet hat, die Setzung einer Nachfrist gemäß dieser Bestimmung beantragen kann.

7.      Die Bekanntmachungspflichten des § 46 Abs. 2 und des § 53 Abs. 5 BVergG 2006 sind an die neue Fassung des § 20 Abs. 1 BVergG 2006 anzupassen.

8.      Die in den Punkten 2 bis dargestellten Änderungen sind durch entsprechende Anpassungen auch im Sektorenteil vorzunehmen.

Zu Z 9a (§ 38 Abs. 2 Z 3 und Z 5 neu), Z 9b (§ 38 Abs. 2 Z 4 neu), Z 30 (§ 112 Abs. 3 zweiter Satz) und Z 50a (§ 195 Z 10):

§ 38 Abs. 2 Z 3 übernimmt, wie schon die Erläuterungen zur Stammfassung ausführen (vgl. 1171 BlgNR XXII. GP, 50), einen Tatbestand für die Inanspruchnahme des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aus dem Sektorenbereich und dehnt diesen auch auf Dienstleistungen aus (zur sachlichen Rechtfertigung wird dazu auf die Existenz des Tatbestandes für Lieferleistungen hingewiesen). Im Zusammenhang mit der klarstellenden Neuformulierung des § 195 Z 10 wird auch § 38 Abs. 2 Z 3 neu formuliert, um ebenso wie § 195 Z 10 klarzustellen, dass dieser Tatbestand die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Unternehmer zulässt.

Der bisherige § 38 Abs. 2 Z 4 erhält eine neue Ziffernbezeichnung, bleibt aber inhaltlich unverändert.

Der neue § 38 Abs. 2 Z 4 übernimmt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 2 Z 7 hinsichtlich des Geschäftspartners des öffentlichen Auftraggebers (Einstellung der Geschäftstätigkeit, Bezug vom Masseverwalter usw.; vgl. dazu auch § 195 Z 11) ist aber, im Gegensatz zu den zitierten Bestimmungen, auf Dienstleistungsaufträge anwendbar (für Lieferaufträge sieht § 29 Abs. 2 Z 7 eine entsprechende Regelung für den Ober- und Unterschwellenbereich vor). Die Formulierung weicht (diesbezüglich ohne inhaltliche Divergenz) insoweit von § 29 Abs. 2 Z 7 ab, als explizit klargestellt ist, dass dieser Tatbestand (ebenso wie auch die §§ § 29 Abs. 2 Z 7 und 195 Z 11) die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Unternehmer zulässt.

§ 195 Z 10 wird ohne inhaltliche Änderung neu formuliert, um klarzustellen, dass dieser Tatbestand (wie schon bisher) die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Unternehmer zulässt. § 195 Z 10 regelt den Fall des Kaufes zu einem besonders günstigen Preis aufgrund außerordentlicher Umstände („bargain purchase“, „Sonderangebot“, „Schnäppchen“, „Mezie“). Schon bisher war aufgrund der Formulierung der Tatbestandsvoraussetzungen („besonders günstige Gelegenheit“, „sehr kurzer Zeitraum“, „erheblich unter den marktüblichen Preisen“) klar, dass ein wirtschaftlicher Parallelwettbewerb unter diesen Voraussetzungen nicht stattfinden konnte und deshalb der Leistungsbezug von einem einzigen Unternehmer in einem Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung für zulässig erklärt wurde.

In weiterer Folge werden die entsprechenden Verweise auf § 38 Abs. 2 in den §§ 68 Abs. 2, 112 Abs. 3 zweiter Satz und 141 Abs. 2 angepasst.

Zu Z 11 (§ 43 Abs. 1 erster Satz), Z 14 (§ 43 Abs. 6), Z 46a (§ 155 Abs. 8); Z 52 (§ 204 Abs. 1 erster Satz), Z 53 (§ 204 Abs. 6) und Z 71a (§ 287 Abs. 8):

Derzeit stellt § 43 Abs. 1 erster Satz (bzw. § 204 Abs. 1 erster Satz) die briefliche Übermittlung, die Übermittlung per Telefax und die elektronische Übermittlung einander als gleichwertige Alternativen gegenüber. Da davon ausgegangen wird, dass nunmehr jeder Auftraggeber und jeder Bieter über eine E‑Mail-Adresse oder zumindest über eine Faxnummer verfügt, soll der Vorrang der Übermittlung von Unterlagen auf elektronischem Weg bzw. per Telefax gestärkt werden. Grundsätzlich sind sämtliche Unterlagen auf elektronischem Weg oder per Telefax zu übermitteln, außer das BVergG 2006 sieht anderes vor oder der Auftraggeber legt ausnahmsweise anderes fest. Erneut (siehe bereits die Erläuterungen zur RV 1171 d.B. XXII. GP 51) wird darauf hingewiesen, dass derartige Ausnahmen von der allgemeinen Regel einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen. Eine derartige Rechtfertigung bestünde etwa bei der Übermittlung von Mustern oder Modellen bzw. bei der Übermittlung großformatiger Pläne (insbesondere etwa in den Formaten A0 oder A1), insbesondere dann, wenn der Auftraggeber davon ausgeht oder ausgehen muss, dass diese Planformate nicht ohne beträchtliche Schwierigkeiten von den Unternehmern ausgedruckt werden können.

Ausdrücklich ist eine briefliche Übermittlung im BVergG 2006 hinsichtlich der Teilnahmeanträge (§§ 103 Abs. 2, 160 Abs. 3 und 252 Abs. 2) und der Angebotsabgabe vorgesehen. Hingewiesen wird weiters auf die Änderung des § 88 BVergG 2006 hinsichtlich der Übermittlung bzw. Bereithaltung der Ausschreibungsunterlagen.

Wenn die Übermittlung auf elektronischem Weg oder per Telefax als Grundsatz festgelegt wird, zieht dies Änderungsbedarf in anderen Regelungen nach sich:

1.      Aus systematischen Gründen ist es zweckmäßig, den Inhalt der Regelung des § 43 Abs. 6 zweiter Satz BVergG 2006 in § 43 Abs. 1 BVergG 2006 zu integrieren (für den Sektorenbereich analog in § 204 BVergG 2006). Der zweite Satz der §§ 43 Abs. 6 bzw. 204 Abs. 6 BVergG 2006 wird damit entbehrlich und kann entfallen.

2.      Weiters sind die speziellen Festlegungen (bisherige §§ 131 zweiter Satz, 140 Abs. 1 zweiter Satz, 272 zweiter Satz, 279 Abs. 1 zweiter Satz BVergG 2006) betreffend die Mitteilung der Zuschlags- bzw. der Widerrufsentscheidung entbehrlich. Die genannten Bestimmungen sollen daher aus diesem Anlass entfallen.

3.      Der Vorrang der Übermittlung der elektronischen Übermittlung von Unterlagen in Vergabeverfahren soll auch auf die Durchführung von Wettbewerben erstreckt werden. Die §§ 155 Abs. 8 und 287 Abs. 8 sind daher entsprechend anzupassen (vgl. für den Sektorenbereich auch § 236 neu).

4.      Eine briefliche Übermittlung ist in begründeten Ausnahmefällen unabhängig von einer speziellen gesetzlichen Grundlage oder einer diesbezüglichen Festlegung des Auftraggebers zulässig. Ein derartiger begründeter Ausnahmefall ist etwa dann gegeben, wenn eine nachweisliche Übermittlung der Zuschlagsentscheidung elektronisch oder mittels Telefax im Sinne der bisherigen §§ 131 dritter Satz bzw. 272 dritter Satz und 140 Abs. 1 dritter Satz bzw. 279 Abs. 1 dritter Satz BVergG 2006 betreffend die Mitteilung der Zuschlags- bzw. der Widerrufsentscheidung nicht möglich ist. Diese beiden Sätze können daher jeweils entfallen, ohne dass damit eine Änderung der Rechtslage verbunden ist.

Zu Z 15a, 18, 54a und 56 (§ 49 Abs. 2, § 55 Abs. 5, 210 Abs. 2 und § 219 Abs. 5):

Art. 2d Abs. 4 der RMRL sieht vor, dass der Auftraggeber bei Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung die Zuschlagsentscheidung freiwillig veröffentlichen kann. Da es sich nicht um die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung an bestimmte Unternehmer (in deren Eigenschaft als Teilnehmer an einem konkreten Vergabeverfahren), sondern um die allgemein zugängliche Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung handelt, werden die entsprechenden Regelungen systematisch in den Bekanntmachungsbestimmungen und nicht in den Bestimmungen über das Zuschlagsverfahren eingeordnet. Dies wird auch zum Anlass genommen die §§ 49 und 210 neu zu strukturieren. Deren bisheriger Regelungsinhalt findet sich, inhaltlich unverändert, in den jeweiligen Abs. 1 und 3.

Durch die vorgeschlagenen §§ 49 Abs. 2, 55 Abs. 5, 210 Abs. 2 und 219 Abs. 5 wird dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt, seine Zuschlagsentscheidung in einem Verfahren, das ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde, (freiwillig) bekannt zu machen. Die Bekanntgabe bzw. Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung ist - obwohl sie im vorliegenden Kontext freiwillig erfolgt – jedenfalls eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 lit. a (das Gesetz differenziert nicht, aus welcher Motivation die Bekanntgabe oder Bekanntmachung erfolgt). Je nach dem, ob es sich um ein Vergabeverfahren im Ober- oder im Unterschwellenbereich handelt, erfolgt dabei eine Bekanntgabe an die Kommission unter Verwendung des einschlägigen Standardformulars (die wiederum eine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften nach sich zieht) oder eine rein innerstaatliche Bekanntmachung. In Anlehnung an die Regelungen der §§ 55 Abs. 2 erster Satz bzw. 219 Abs. 2 erster Satz BVergG 2006 ist für den Unterschwellenbereich vorgeschrieben, dass die Bekanntmachung einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit zu gewährleisten hat (zum „angemessenen Grad von Öffentlichkeit“ vgl. die Erläuterungen zu den vorgeschlagenen §§ 55 Abs. 6 und 219 Abs. 6).

Die Bedeutung dieser Regelung ergibt sich aus dem vorgeschlagenen § 332 Abs. 7 der – in Umsetzung des Art. 2d Abs. 4 der RMRL – vorsieht, dass ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung dann nicht zulässig ist, wenn der Auftraggeber seine Zuschlagsentscheidung bekannt gemacht und vor der Zuschlagserteilung eine Stillhaltefrist abgewartet hat. Diese Möglichkeit bietet für den Auftraggeber den Vorteil, dass er mit der Einhaltung des genannten Verfahrens die Rechtsunsicherheit vermeidet, die aus einer allenfalls drohenden Nichtigkeit des Vertrages resultiert. Hinzuweisen ist darauf, dass die freiwillige Bekanntgabe bzw. Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung gemäß Art. 2d Abs. 4 der RMRL den Auftraggeber nicht von seiner Verpflichtung befreit, allfälligen Parteien des Vergabeverfahrens die Zuschlagsentscheidung nach Art. 2a der RMRL mitzuteilen. Die Präklusionswirkung des Art. 2d Abs. 4 der RMRL tritt somit nur in einer „externen“ Dimension (vis-a-vis den nicht oder nicht mehr am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmern) ein.

Art. 3a der RMRL sieht vor, dass die Bekanntmachung einer Zuschlagsentscheidung gemäß Art. 2d Abs. 4 bestimmte Mindestangaben enthalten muss. Für den Oberschwellenbereich sehen das die Standardformulare vor, für den Unterschwellenbereich sind die Mindestinhalte in den vorgeschlagenen §§ 55 Abs. 5 letzter Satz und 219 Abs. 5 letzter Satz BVergG festgelegt.

Zu Z 17 (§ 54 Abs. 6), Z 18 (§ 55 Abs. 5), Z 55 (§ 217 Abs. 7) und Z 56 (§ 219 Abs. 5):

Durch die vorgeschlagenen §§ 54 Abs. 6 sowie 55 Abs. 5 wird dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt, einen Auftrag, den er in einem Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben hat, (bzw. eine Rahmenvereinbarung, die er nach Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung abgeschlossen hat) nachträglich bekannt zu machen. Je nach dem, ob es sich um ein Verfahren im Ober- oder im Unterschwellenbereich handelt, erfolgt dabei eine Bekanntgabe an die Kommission (die wiederum eine Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften nach sich zieht) oder eine rein innerstaatliche Bekanntmachung. In Anlehnung an die Regelung des § 55 Abs. 2 erster Satz BVergG 2006 ist für den Unterschwellenbereich vorgeschrieben, dass die Bekanntmachung einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit zu gewährleisten hat. Zur Frage des angemessenen Grades an Transparenz ist auf die Erläuterungen zum Stammgesetz (1171 d.B. XXII. GP, 56), auf die (mit Nichtigkeitsklage bekämpfte) Auffassung der Kommission (vgl. dazu die Mitteilung zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien fallen, ABl Nr. C 179 vom 1.8.2006, S. 2) sowie auf die jüngste Judikatur des EuGH (vgl. dazu verb Rs C-147/06 und C-148/06, SECAP) zur Frage wann ein „grenzüberschreitendes Interesse“ vorliegt, hinzuweisen. Als Grundsatz lässt sich festhalten: je größer der Wert der gegenständlichen Leistung, je spezifischer der Leistungsgegenstand desto größer muss der Verbreitungsgrad des gewählten Mediums sein.

Die Bedeutung dieser Regelung ergibt sich aus dem vorgeschlagenen § 332 Abs. 3 der (in Umsetzung des Art. 2f Abs. 1 der RMRL) die Frist regelt, innerhalb derer ein Feststellungsantrag gemäß dem vorgeschlagenen § 331 Abs. 1 Z 2 einzubringen ist. Diese Frist kann von grundsätzlich sechs Monaten (ab Vertragsschluss) auf 30 Tage reduziert werden, wenn der Auftraggeber (unter anderem) eine ex‑post Bekanntmachung über die Auftragsvergabe veröffentlicht hat.

Die Möglichkeit, einen vergebenen Auftrag (bzw. eine abgeschlossene Rahmenvereinbarung) bekannt zu machen, ist somit Voraussetzung für die Fristverkürzung. Aus Gründen der Transparenz soll diese Möglichkeit zur freiwilligen Bekanntmachung im Gesetz explizit klargestellt werden. Aus systematischen Erwägungen soll dies im Zusammenhang mit der Bekanntgabe von vergebenen Aufträgen erfolgen. Eine Verpflichtung zur nachträglichen Bekanntmachung derart vergebener Aufträge wird dadurch nicht normiert. Wenn der Auftraggeber von der eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch macht, bleibt es für die Einbringung des Feststellungsantrags gemäß dem vorgeschlagenen § 331 Abs. 1 Z 2 bei der grundsätzlichen, sechsmonatigen Frist.

Ziel dieser Regelung ist es, potentiell an einem Auftrag interessierten Unternehmern die Möglichkeit einzuräumen, einen Feststellungsantrag gemäß § 331 Abs. 1 Z 2 zu stellen. Daher hat eine derartige ex‑post Bekanntmachung jedenfalls die wesentlichsten Elemente des vergebenen Auftrags wie Auftraggeber (vergebende Stelle), erfolgreicher Bieter, Auftragsgegenstand und Auftragswert zu enthalten, die einem Unternehmer die Einschätzung ermöglichen, ob er ein Interesse am Abschluss dieses Vertrages haben hätte können bzw. ob die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung rechtmäßig gewesen sein konnte. Dies soll in den betreffenden Bestimmungen jeweils ausdrücklich vorgesehen werden.

Entsprechende Anpassungen sind auch im Sektorenteil vorzunehmen, wobei jeweils auf die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb abzustellen ist.

Zu Z 19 (§ 70 samt Überschrift), Z 20 (§ 71 Einleitungssatz), Z 21 (§ 72 Abs. 1 erster Satz), Z 22 (Entfall des 3. Unterabschnitts des 2. Teiles, 3. Hauptstück, 5 Abschnitt), Z 25 (Entfall des § 102 Abs. 1 zweiter Satz), Z 25a (§ 103 Abs. 3), Z 57 (Entfall der Überschrift des 1. Unterabschnittes vor § 228), Z 58 (§ 231 samt Überschrift), Z 59 (Entfall des 2. Unterabschnittes des 3. Teils, 3. Hauptstück, 5. Abschnitt) und Z 61 (Entfall des § 250 Abs. 1 zweiter Satz):

Im Rahmen des Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion für Unternehmen aus gesetzlichen Informationsverpflichtungen (SKM) wurde die Vorlage von Nachweisen für Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit als erheblicher Kostenfaktor für Unternehmer identifiziert. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden durch das aufwändige Nachweissystem stark belastet.

Mit der Neufassung der §§ 70 und 231 können Unternehmer ihre Eignung in Hinkunft grundsätzlich auch durch die bloße Vorlage einer Eigenerklärung belegen; die Vorlage von Nachweisen soll damit – zumindest in einer ersten Phase - nicht mehr die Regel sein bzw. soll die Vorlage von Nachweisen lediglich jene Bieter betreffen, die auch tatsächlich für die Zuschlagserteilung in Betracht kommen. Zwingend ist die Vorlage von Nachweisen nur mehr bei größeren Aufträgen (ab 120 000/80 000 Euro bzw. – im Sektorenbereich – ab 250 000/150 000 Euro) und dies auch nur für den Zuschlagsempfänger. Damit soll einerseits der Grundsatz der Vergabe nur an befugte, zuverlässige und leistungsfähige Unternehmer beibehalten, anderseits aber das aufwändige Produzieren von Nachweisen möglichst hintan gehalten werden. Die Neuregelung ist von dem Grundsatz getragen, dass der Auftraggeber darüber bestimmt, welche Nachweise von welchen Unternehmen er vorgelegt bekommen möchte. Dies ermöglicht es dem Auftraggeber auf seine unterschiedlichen Informationsbedürfnisse hinsichtlich einzelner Bewerber oder Bieter individuell reagieren zu können. Sofern daher bei bestimmten Unternehmen kein Informationsbedürfnis des Auftraggebers besteht (etwa weil der Auftraggeber zu diesen ständige Geschäftsbeziehungen pflegt und deswegen die Nachweise beim Auftraggeber in der von ihm festgelegten Qualität bereits verfügbar sind), ist die Vorlage der Nachweise (außer im Fall des Zuschlagsempfängers gemäß Abs. 4) nicht erforderlich. Handelt es sich aber um ein dem Auftraggeber unbekanntes Unternehmen, so folgt bereits aus den allgemeinen Grundsätzen, dass sich der Auftraggeber nicht mit der bloßen Eigenerklärung begnügen darf.

Zu § 70 Abs. 1 und 2:

Wie bisher hat der Auftraggeber festzulegen, mit welchen Nachweisen Unternehmer ihre Eignung zu belegen haben. Anders als im geltenden § 70 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 soll nicht mehr darauf abgestellt werden, dass die Nachweise „verlangt“ werden (unter welchen Voraussetzungen ein Auftraggeber die Vorlage von Nachweisen tatsächlich „verlangen“ kann, bestimmt sich nach den neu vorgeschlagenen Abs. 3 und 4 des § 70 BVergG 2006). Es wird daher lediglich vorgesehen, dass der Auftraggeber die Nachweise „festzulegen“ hat. Von dieser Änderung abgesehen wird der Inhalt des geltenden § 70 Abs. 1 und 2 BVergG 2006 in den vorgeschlagenen Abs. 1 übernommen. Durch den Verweis auf die „Nachweise gemäß den §§ 71 bis 75“ im vorgeschlagenen § 70 Abs. 1 wird klargestellt, dass der Auftraggeber nicht mehr Nachweise festlegen darf, als er danach zulässiger Weise auch verlangen kann.

Diese „Festlegung“ bedeutet jedoch nicht, dass die Bewerber oder Bieter diese Nachweise auch tatsächlich sofort vorlegen müssen. Gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2 reicht es zumindest vorerst aus, wenn sie in einer „Eigenerklärung“ das Vorliegen der vom Auftraggeber geforderten Eignungsanforderungen bestätigen. Eine derartige Eigenerklärung muss sich gemäß dem Wortlaut des Abs. 2 konkret auf die vom Auftraggeber verlangten Eignungskriterien beziehen (arg. „die vom Auftraggeber verlangten Eignungskriterien … und die festgelegten Nachweise“). Die Eigenerklärung muss sich daher auf ein konkretes Vergabeverfahren eines bestimmten Auftraggebers beziehen. Eine in keiner Weise substantiierte Erklärung, „geeignet“ zu sein, ist als unzureichend anzusehen. Ausdrücklich festgehalten wird im zweiten Satz des vorgeschlagenen Abs. 2, dass der Unternehmer die Befugnisse, über die er konkret verfügt, anzugeben hat; die bloße Erklärung, „befugt“ zu sein, ist daher keinesfalls ausreichend. Schließlich muss der Bewerber oder Bieter in der Lage sein, die Nachweise im Laufe des Vergabeverfahrens ohne unnötigen Verzug vorzulegen, falls der Auftraggeber dies verlangt, und er muss eben dies in der Eigenerklärung bestätigen.

Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Regelungen für den Fall, dass sich eine Eigenerklärung nachträglich als unrichtig herausstellt. Hinzuweisen ist zum einen auf mögliche zivilrechtliche Konsequenzen sowie zum anderen darauf, dass eine falsche Eigenerklärung sowohl den Tatbestand des § 68 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 erfüllen kann als auch – nach den Umständen des Einzelfalles – als schwere berufliche Verfehlung im Sinne des § 68 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 angesehen werden kann. Stellt sich daher noch während eines laufenden Vergabeverfahrens heraus, dass die von einem Unternehmer vorgelegte Eigenerklärung (gänzlich oder teilweise) unrichtig ist, so führt dies zum Ausschluss des Unternehmers vom Vergabeverfahren, sofern aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses auf dessen Beteiligung ausnahmsweise nicht verzichtet werden kann (vgl. dazu § 68 Abs. 1 Z 5 oder 7 iVm § 68 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006). Stellt sich erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens heraus, dass die vom Zuschlagsempfänger vorgelegte Eigenerklärung (gänzlich oder teilweise) unrichtig war, so berechtigt dies den Auftraggeber zur Anfechtung des Vertrages gemäß § 871 ABGB, denn in diesem Fall hat der Unternehmer seine im BVergG normierten Aufklärungspflichten verletzt (vgl. dazu § 871 Abs. 2 ABGB). Stellt sich in diesem Zusammenhang etwa heraus, dass die Abwicklung des Auftrages einen Verstoß gegen § 373a Abs. 1 GewO 1994 darstellen würde, so besteht sogar eine Verpflichtung des Auftraggebers zur Anfechtung des Vertrages, da der Auftraggeber ansonsten eine Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z 54 GewO 1994 begehen würde.

Der vorgeschlagene Abs. 2 verankert den Grundsatz, wonach Bewerber oder Bieter das Vorliegen der Eignung durch Eigenerklärungen belegen können. Es bleibt ihnen jedoch unbenommen, stattdessen die vom Auftraggeber festgelegten Nachweise vorzulegen oder auf eine Eintragung in einem Verzeichnis gemäß dem vorgeschlagenen § 70 Abs. 6 zu verweisen.

Zu § 70 Abs. 3 bis 5:

Abs. 3 und 4 enthalten die Voraussetzungen, unter denen der Auftraggeber die Vorlage von Nachweisen durch die Unternehmer verlangen kann und sich somit nicht mit der Eigenerklärung zufrieden geben muss bzw. darf.

Gemeinsam ist beiden Bestimmungen, dass der Auftraggeber sein Verlangen auf die Vorlage „bestimmter“ Nachweise beschränken kann. Es steht dem Auftraggeber – unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen – somit frei, nur einzelne Nachweise (etwa nur hinsichtlich einzelner Eignungsbestandteile wie der Zuverlässigkeit oder der technischen Leistungsfähigkeit bei ihm bekannten Unternehmen) oder alle festgelegten Nachweise (bei ihm unbekannten Unternehmen) zu verlangen.

Abs. 3 und 4 ist gemeinsam, dass eine Vorlage von Nachweisen nur von „bestimmten“ Bewerbern und Bietern verlangt werden kann. Dies bedeutet zum einen, dass das Informationsbedürfnis des Auftraggebers hinsichtlich der einzelnen Bewerber oder Bieter unterschiedlich sein kann (Unterschiede können etwa aus der Plausibilität der Eigenerklärung oder daraus resultieren, dass ein Auftraggeber die Eignung eines bestimmten Unternehmers aus Anlass eines anderen Vergabeverfahrens erst vor kurzem geprüft hat).

Zum anderen ergibt sich daraus aber, dass die Unternehmer, von denen die Vorlage der Nachweise verlangt wird, identifiziert sein müssen, da sie nur dann „bestimmt“ sind. Dies hat zur Folge, dass Nachweise grundsätzlich nicht mehr zwingend zu Beginn, sondern – je nach Verfahrensart – auch im späteren Verlauf des Verfahrens verlangt und vorgelegt werden können bzw müssen (nach Festlegung durch den Auftraggeber). Hierbei wird je nach Verfahrensart zu differenzieren sein:

1.      Beim offenen Verfahren ist es unzulässig, vorab bereits von allen Bietern die Vorlage von Nachweisen zu verlangen (da diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestimmt sind); der Auftraggeber kann vielmehr Nachweise in einem zweiten Schritt nur von bestimmten Bietern verlangen – sinnvoller Weise von denjenigen, die für die Zuschlagserteilung in Betracht kommen bzw. allenfalls überhaupt nur vom präsumtiven Zuschlagsempfänger (der Auftraggeber kann die Vorlage der Nachweise vor, aber auch erst nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung verlangen; im letzteren Fall mit dem Risiko, dass – falls der Unternehmer die geforderten Nachweise nicht beibringt – die Zuschlagsentscheidung und das Nachweisverfahren mit dem Zweitgereihten wiederholt werden müssen).

2.      Bei zweistufigen Verfahren hat der Auftraggeber verschiedene Möglichkeiten: er muss sich entscheiden, ob er von den Bewerbern in einem ersten Schritt lediglich die Vorlage jener Nachweise verlangt, die sich auf die Auswahlkriterien beziehen, oder ob er sich sofort alle ihm erforderlich erscheinenden Nachweise vorlegen lassen will, oder ob er die Vorlage der Nachweise erst vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe verlangt oder ob er  sich erst vor Zuschlagserteilung vom Zuschlagsempfänger alle festlegten Nachweise vorlegen lässt (auf das unter Punkt 1. dargestellte Risiko wird hingewiesen).

3.      Beim nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung kann der Auftraggeber bereits vor Aufforderung zur Angebotsabgabe die Vorlage der Nachweise verlangen (in diesem Fall sind die präsumtiven Bieter bereits bestimmt).

In Abs. 3 und 4 wird danach differenziert, ob es sich um Aufträge unter- oder oberhalb bestimmter Subschwellenwerte (80 000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen, 120 000 Euro bei Bauaufträgen) handelt.

1.      Unterhalb der genannten Subschwellenwerte kann die Vorlage von Nachweisen verlangt werden, wenn dies der Auftraggeber im Einzelfall für erforderlich erachtet. Als erforderlich kann eine Vorlage etwa dann angesehen werden, wenn es sich um sensible Leistungen handelt oder wenn es um die Vorlage der Nachweise vom präsumtiven Zuschlagsempfänger geht. Da auf die „Auffassung des Auftraggebers“ abgestellt wird, liegt es allein in seinem Ermessen, eine Erforderlichkeit festzustellen.

2.      Oberhalb der genannten Subschwellenwerte wird keine Erforderlichkeit im Einzelfall verlangt. Der Auftraggeber könnte daher intern generell festlegen, dass – allenfalls beschränkt auf Auftragsvergaben oberhalb bestimmter von ihm festgelegter Wertgrenzen – einzelne Nachweise von allen Bewerbern und Bietern – sobald diese bestimmt sind – verlangt werden. Hinsichtlich des Zuschlagsempfängers trifft der letzte Satz des vorgeschlagenen Abs. 4 insofern eine Sonderregelung, als von diesem vor Zuschlagserteilung (in welcher Phase dies erfolgt, entscheidet der Auftraggeber) die Vorlage der festgelegten Nachweise jedenfalls zu verlangen ist.

Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass der Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung gemäß § 69 von der vorgeschlagenen Neuregelung unberührt bleibt.

Abs. 5 entspricht inhaltlich dem bisherigen § 70 Abs. 3 BVergG 2006 und wird lediglich sprachlich an die Neuregelung angepasst. Hinzuweisen ist darauf, dass der Auftraggeber eine angemessene - somit auch eine durchaus kurze - Frist für die Vorlage bzw. Ergänzung der Nachweise festlegen kann (vgl. dazu den Wortlaut des Abs. 2 [„auf Aufforderung unverzüglich beibringen können“] und den systematischen Zusammenhang dieser Wortfolge mit Abs. 5 [„binnen einer angemessenen Frist“]). Aus einem systematischen Vergleich mit anderen Fristenregelungen des Gesetzes (vgl. etwa § 58, der für die Übermittlung zusätzlicher Unterlagen eine Frist von maximal sechs bzw. vier Tagen vorsieht) folgt, dass der Auftraggeber nicht gezwungen ist, längere Zeit zuzuwarten, bis der Unternehmer die geforderten Nachweise beischafft. Abhängig von der Art des durchgeführten Vergabeverfahrens ist somit auch eine sehr kurze Frist (etwa ein Tag) als angemessen anzusehen.

Die vorgeschlagene Neuregelung im Zusammenhang mit der Eigenerklärung sowie den Vorgaben für das Verlangen von Nachweisen bezieht sich nur auf das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Unternehmer. Die Regelungen beinhalten somit keine Schranken für Vergabekontrollbehörden, im Rahmen der Offizialmaxime diejenigen Ermittlungen durchzuführen, die sie für ihre Entscheidung – etwa im Zusammenhang mit der Antragslegitimation des Antragstellers – als erforderlich erachten.

Zu § 70 Abs. 6 und 7:

Wie bisher muss der Auftraggeber die Erbringung des Eignungsnachweises mittels Katasterdienst akzeptieren, sofern (und soweit) die vom Auftraggeber geforderten Nachweismittel beim Diensteanbieter verfügbar sind und der Auftraggeber auf diese Nachweise unmittelbar (zB etwa online) zugreifen kann. Es wird erneut darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der unmittelbaren Abrufbarkeit dann nicht besteht, wenn der Auftraggeber nicht Mitglied bzw. Kunde des Katasterdienstes ist.

Zusätzlich soll klargestellt werden, dass diese Verpflichtung des Auftraggebers nur dann gilt, wenn (und soweit) diese Nachweise in der vom Auftraggeber gewünschten Aktualität verfügbar sind. Dabei ist es nicht notwendig, dass der Diensteanbieter alle Nachweise tagesaktuell zum Abruf bereit hält; vielmehr reicht es aus, wenn die Nachweise auf Aufforderung des Auftraggebers binnen angemessener Frist aktualisiert werden (auch der vorgeschlagene § 70 Abs. 5 – der dem bisherigen § 70 Abs. 3 BVergG 2006 entspricht – stellt auf ein Vorlegen bzw. Vervollständigen von Nachweisen „binnen einer angemessenen Frist“ ab). Die Möglichkeit, eine Aktualisierung beim Katasterdienst zu erwirken, hindert den Auftraggeber nicht, aktuelle Nachweise unmittelbar beim Bieter anzufordern. Der Bieter kann allerdings seinerseits auf die Eintragung im Verzeichnis verweisen, soweit die dort vorhandenen Nachweise binnen angemessener Frist aktualisiert werden.

Der bisherige § 70 Abs. 5 BVergG 2006 wird in Abs. 7 übernommen, wobei klargestellt wird, dass die Abs. 2 bis 4 auch auf diesen Fall Anwendung finden.

Zu den §§ 71, 72 Abs. 1, 102 Abs. 1 und 103 Abs. 3 sowie zum Entfall des § 78:

Im Lichte der Neuregelung des § 70 (Grundsatz der Eigenerklärung, Eignungsnachweise können auch später im Verlauf des Vergabeverfahrens verlangt und vorgelegt werden) sollen diejenigen Regelungen, die davon sprechen, dass der Auftraggeber bestimmte Nachweise zu verlangen hat, angepasst werden. Die vorgeschlagene Neuregelung bringt gerade mit sich, dass eine Verpflichtung, die Vorlage der festgelegten Nachweise zu verlangen, nur mehr oberhalb der genannten Subschwellenwerte und nur mehr hinsichtlich des Zuschlagsempfängers besteht.

Aus diesem Grund soll in den §§ 71 und 72 Abs. 1 von „festlegen“ und nicht mehr von „verlangen“ gesprochen werden. Auch der geltende § 102 Abs. 1 zweiter Satz BVergG 2006 könnte im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen § 70 Anlass zu Missverständnissen geben und soll daher entfallen. § 103 Abs. 3 ist dahingehend anzupassen, dass der Unternehmer nicht jedenfalls die Bescheinigungen und Nachweise betreffend die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Subunternehmer zusammen mit dem Teilnahmeantrag vorlegen muss. Die Festlegung, wann diese Bescheinigungen und Nachweise vorzulegen sind, obliegt nach dem neuen System des § 70 nunmehr dem Auftraggeber. Im Übrigen wird § 103 Abs. 3 sprachlich und inhaltlich an § 76 angeglichen.

Soweit in anderen Bestimmungen – vgl. die §§ 74 Abs. 1 und 75 Abs. 1 – davon die Rede ist, dass der Auftraggeber bestimmte Nachweise verlangen „kann“, besteht kein Anpassungsbedarf. Allerdings sind für das Verlangen von Nachweisen nunmehr eben auch die Vorgaben des § 70 Abs. 3 und 4 zu beachten.

Der bisherige § 78 entfällt. Auf Grund der allgemeinen Regel in § 70, wonach grundsätzlich die Vorlage von Eigenerklärungen zum Beleg der Eignung ausreicht, sind spezielle Erleichterungen für den Unterschwellenbereich nicht mehr erforderlich.

Zu den entsprechenden Regelungen im Sektorenteil:

Entsprechende Anpassungen sind auch im Sektorenteil vorzunehmen, wobei auf Folgendes hinzuweisen ist: Bereits derzeit sieht § 231 Abs. 2 erster Satz BVergG 2006 vor, dass die vom Unternehmer geforderten Nachweise vom Sektorenauftraggeber festzulegen sind. Der Inhalt dieser Regelung wird in den vorgeschlagenen Abs. 1 erster Satz übernommen, da in diesem Absatz – entsprechend der Neuregelung des § 70 BVergG 2006 – nicht mehr von einem „Verlangen“, sondern von einem „Festlegen“ die Rede sein soll.

In Anlehnung an den geltenden § 235 BVergG 2006 sollen die Subschwellenwerte im Sektorenteil mit 250 00 Euro für Bauaufträge bzw. 150 000 Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge festgelegt werden.

Da der 5. Abschnitt des 3. Teils, 3. Hauptstück nur aus zwei Unterabschnitten besteht, von denen einer (nämlich der 2. Unterabschnitt) ersatzlos entfallen soll, ist die Unterteilung in Unterabschnitte überhaupt aufzuheben.

Zu Z 21a (§ 76) und Z 58a (§ 233):

Anders als im Sektorenbereich sieht die entsprechende Regelung des klassischen Bereiches bisher keinen Nachweis der Befugnis durch andere Unternehmer vor (vgl. dazu die §§ 76 und 233). Aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlagen (vgl. Art. 46 bis 48 der Richtlinie 2004/18/EG im Vergleich zu Art. 54 Abs. 6 der Richtlinie 2004/17/EG) ist diese Differenzierung trotz des unterschiedlichen Wortlauts der Regelungen nicht zwingend geboten und soll daher entfallen. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zur Stammfassung (1171 BlgNR XXII. GP, 65 und 118) verwiesen.

Der bisherige Abs. 2 entfällt, da gemäß § 2 Z 37 (neu) Arbeits- und Bietergemeinschaften als „Unternehmer“ im Sinne des Gesetzes gelten. Daraus folgt, dass unter den Voraussetzungen des Abs. 1 sich auch Bieter- und Arbeitsgemeinschaften auf die Kapazitäten ihrer Mitglieder oder anderer Unternehmer stützen können.

§ 233 wird, ohne inhaltliche Änderung, an die sprachliche Fassung der Parallelbestimmung des § 76 angepasst.

Zu Z 24 (§ 80 neu samt Überschrift), Z 59b (§ 237 neu samt Überschrift) und Z 87 (Anhang XIX):

Die §§ 80 und 237 setzen zusammen mit dem neuen Anhang XIX die wesentlichen Bestimmungen der Richtlinie 2009/33/EG um.

Abs. 1 legt die Verpflichtung der Auftraggeber fest, bei der Beschaffung (v.a. Kauf, Miete, Leasing) von Straßenfahrzeugen bestimmte, in den Z 1 bis 3 genannte, Energie- und Umweltauswirkungen verpflichtend zu berücksichtigen. Die Auftraggeber haben in den Ausschreibungsunterlagen festzulegen, in welcher Weise sie dieser Verpflichtung entsprechen wollen. Den Auftraggebern steht es – so sie dies wünschen - frei, zusätzliche Auswirkungen in den Beschaffungsprozess einfließen zu lassen (arg „zumindest“; vgl. dazu auch Art. 5 Abs. 2 letzter Unterabsatz der Richtlinie 2009/33/EG). Zur Definition der der Verpflichtung unterliegenden „Straßenfahrzeuge“ vgl. § 2 Z 33 neu.

Abs. 2 listet die Optionen auf, wie die Auftraggeber der Verpflichtung gemäß Abs. 1 entsprechen können. Die Auftraggeber können entweder die Energie- und Umweltauswirkungen im Wege der technischen Spezifikationen zur Beschreibung des Auftragsgegenstandes oder im Wege der Zuschlagskriterien in das Vergabeverfahren einfließen lassen. Im Zusammenhang mit den Zuschlagskriterien gibt es weitere Möglichkeiten der Berücksichtigung: Soll der Zuschlag auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden, so sind die Energie- und Umweltauswirkungen gemäß der Methode der Abs. 4 bis 7 zu monetarisieren. Der Angebotspreis ergibt sich dann aus der Summe der Anschaffungskosten und der monetarisierten Energie- und Umweltauswirkungen. Soll der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden, so können die Energie- und Umweltauswirkungen entweder als Zuschlagskriterien in einem Bewertungssystem (z.B. Zusatzpunkte für die Unterschreitung gewisser Emissionsniveaus) oder als monetarisierte Energie- und Umweltauswirkungen im Rahmen des (gewichteten) Preiskriteriums bzw. eines gesonderten (Preis)Kriteriums (z.B. „externe Energie- und Umweltkosten“) Berücksichtigung finden.

Abs. 3 normiert, dass bei der Festlegung von (ökologischen) technischen Spezifikationen gemäß Abs. 2 Z 1 die Vorschreibung des gesetzlich geltenden Niveaus (z.B. im Bereich der Abgasemissionen) nicht hinreicht. Bei zumindest einem Schadstoff gemäß Abs. 1 Z 2 und 3 (CO2, NOx, NMHC oder Partikel) muss zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens (vgl. dazu § 13 Abs. 3) ein unter dem gesetzlich festgelegten Emissionsniveau Grenzwert als technische Spezifikation festgelegt werden. Das Gesetz legt jedoch nicht fest, wie weit der gesetzlich festgelegte Emissionsgrenzwert unterschritten werden muss. Dies bleibt dem Auftraggeber überlassen, der eine entsprechende Festlegung in den Ausschreibungsunterlagen vorzunehmen hat. Es bleibt dem Auftraggeber auch unbenommen, für mehr als einen Schadstoff niedrigere Emissionswerte (als gesetzlich vorgeschrieben) festzulegen (arg. „zumindest“). Die Auftraggeber könnten daher beispielsweise bereits erlassene aber noch nicht verbindlich vorgeschriebene Euronormen als technische Spezifikationen vorsehen (z.B. statt der derzeit geltenden „Euro 5-Norm“ für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge die „Euro 6-Norm“, die 2014 in Kraft tritt).

Abs. 4 bis 7 enthalten in Verbindung mit Anhang XIX die auf Gemeinschaftsebene harmonisierte Methode zur Internalisierung der in Abs. 1 angeführten externen (Lebenszyklus)Kosten. Die Kommission hat ein einfach zu handhabendes Werkzeug („life time cost calculator“) zur Berechnung der Lebenszykluskosten im Internet (auch zum Herunterladen) zur Verfügung gestellt (abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transport/urban/vehicles/calculator_en.htm).

Zu Abs. 4 bis 6 ist festzuhalten, dass die jeweiligen Werte (für Kraftstoffverbrauch usw.) – bei Fehlen von genormten gemeinschaftlichen Testverfahren - gemäß Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2009/33/EG unter anderem auch „für die Behörde durchgeführten Prüfungen“ entnommen werden können. Als „Behörde“ im Sinne dieser Richtlinienbestimmung gilt, wie auch die Kommission auf Anfrage bestätigte, der jeweilige (Sektoren)Auftraggeber. Es handelt sich hierbei um eine Fehlübersetzung bzw. Ungenauigkeit der Richtlinie, die im Gesetz nicht nachvollzogen wird.

Nach Abs. 4 müssen als Kosten einer Energieeinheit der jeweils geringere Wert je Energieeinheit von Ottokraftstoff oder Dieselkraftstoff vor Steuern (wenn sie als Verkehrskraftstoff verwendet werden) bei der Berechnung herangezogen werden (die aktuellen Nettopreise für Eurosuper 95 und Diesel können unter der Adresse http://www.bmwfj.gv.at/BMWA/Service/Benzinpreismonitor/aktuelle_treibstoffpreise/default.htm abgerufen werden).

Gemäß Abs. 7 wird die Gesamtkilometerleistung eines Straßenfahrzeuges standardmäßig mit den aus Tabelle 3 des Anhanges XIX ersichtlichen Werten festgesetzt. Die Auftraggeber können jedoch in den Ausschreibungsunterlagen andere Werte für ein konkretes Vergabeverfahren festlegen. Möchte etwa ein Auftraggeber jedenfalls Dieselfahrzeuge (PKW) beschaffen, so könnte er die Gesamtkilometerleistung auch höher als 200 000 km festlegen. Umgekehrt könnte ein Auftraggeber, der seinen Fuhrpark regelmäßig nach 100 000 km erneuert, als Gesamtkilometerleistung auch diesen Wert festlegen.

Zu Z 24a (§ 83) und Z 60 (§ 240):

Aus Anlass der Ergänzung des  § 83 um die Möglichkeit der Weitergabe des gesamten Auftrages an verbundene Unternehmen werden § 83 bzw. § 240 BVergG 2006  jeweils in drei Absätze neu gegliedert.

Die Regelungen setzen Art. 25 der RL 2004/18/EG bzw. Art. 37 der RL 2004/17/EG um, treffen aber zusätzliche Regelungen im Zusammenhang mit Subunternehmerleistungen. Regelungen betreffend Subunternehmer finden sich darüber hinaus noch in § 103 Abs. 3 (Nachweis der Leistungsfähigkeit durch Subunternehmer im zweistufigen Verfahren) sowie in § 108 Abs. 1 Z 2 bzw. § 257 Abs. 1 Z 2 (Bekanntgabe der Subunternehmer im Angebot).

Die Möglichkeit, auf nationaler Ebene die Weitergabe des gesamten Auftrages als unzulässig vorzusehen, ergibt sich aus dem Erkenntnis des EuGH in der Rs C-314/01, Siemens und ARGE Telekom, in der der Gerichtshof sich ausschließlich auf die Situation bezog, dass „Teile“ der Leistung nicht weitergegeben werden durften. In diesem Sinne beziehen sich auch die zitierten Richtlinienbestimmungen nur auf den „Teil des Auftrags“, den der Bieter gegebenenfalls im Wege von Unteraufträgen an Dritte zu vergeben gedenkt. Da ein Unternehmer den Nachweis der Eignung jedenfalls dadurch erbringen kann, dass er die tatsächliche Verfügbarkeit von Kapazitäten eines leistungsfähigen Dritten nachweist (siehe dazu die §§ 76 und 233 sowie die Erläuterungen dazu), wäre eine Regelung, wonach die Erbringung des wesentlichen Leistungsteils durch den Auftragnehmer selbst zu erfolgen hat (vgl. dazu noch § 70 Abs. 1 BVergG 2002, BGBl. I Nr. 99), unzulässig. Im Zusammenhang mit Generalunternehmerkonstruktionen ist darauf hinzuweisen, dass der Generalunternehmer (GU) der Vertragspartner des Auftraggebers ist und der GU seine - gegebenenfalls fehlende - Befugnis nach Maßgabe der §§ 76 und 233 nachweisen kann bzw. muss.

Die Festlegung des Auftraggebers gemäß Abs. 2, ob der Bieter alle Subunternehmer bekannt zu geben hat oder nicht, erfolgt vor dem Hintergrund der Regelung des § 108 Abs. 1 Z 2 bzw. § 257 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006. Sogenannte „notwendige“ Subunternehmer, das sind jene Subunternehmer deren Leistungsfähigkeit für den Nachweis der Leistungsfähigkeit des Bieters erforderlich ist, müssen vom Bieter im Angebot jedenfalls angegeben werden. Subunternehmer, deren Leistungsfähigkeit für den Nachweis der Leistungsfähigkeit des Bieters nicht erforderlich ist, müssen im Angebot nur dann angeführt werden, wenn dies der Auftraggeber gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2 so festlegt. Der Subunternehmer muss jedenfalls über die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Eignung verfügen.

Zu Abs. 3 ist anzumerken, dass die Zulässigkeitsregel betreffend die Weitergabe von Teilen der Leistung hinsichtlich der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nur dann gilt, wenn der Unternehmer die Subunternehmer zur Darlegung seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit benötigt.

Zu Z 24b (§§ 88 und 89 samt Überschriften) und Z 59a (§ 235 neu Abs. 6 und 7):

Zu § 88:

Um den Grundsatz des elektronischen „Zur Verfügung Stellens“ der Ausschreibungsunterlagen verstärkt zum Ausdruck zu bringen, soll der bisherige § 88 Abs. 3 BVergG 2006 an den Beginn der Regelung betreffend die Bereithaltung bzw. Übermittlung der Ausschreibungsunterlagen gestellt werden (vorgeschlagener Abs. 1). Der bisherige § 88 Abs. 4 BVergG 2006 (vorgeschlagener Abs. 2) soll insofern angepasst werden, als klar zum Ausdruck gebracht werden soll, dass – wenn die Unterlagen nicht elektronisch zur Verfügung gestellt werden können – die Unterlagen entweder übermittelt werden können oder die Unternehmer vor Ort in die Unterlagen Einsicht zu nehmen haben.

Die Regelung des bisherigen § 88 Abs. 1 BVergG 2006 ist angesichts des Regelungsinhalts des § 58 Abs. 1 BVergG 2006 entbehrlich und soll daher entfallen. Angesichts des Wortlauts des vorgeschlagenen neuen Abs. 2 ist der geltende § 88 Abs. 2 BVergG 2006 ebenfalls entbehrlich und kann entfallen. Eine Änderung der Rechtslage tritt dadurch nicht ein. Der bisherige Abs. 5 wird dadurch zum neuen Abs. 3.

Zu § 89:

Das BVergG 2006 geht bislang vom Grundsatz aus, dass in offenen Verfahren ein Entgelt für Ausschreibungsunterlagen verlangt werden kann. Durch die vorgeschlagene Neuformulierung soll ein Anreiz geschaffen werden, die bestehenden elektronischen Möglichkeiten allgemein zu nutzen (insbesondere die Ausschreibungsunterlagen elektronisch zum Herunterladen von Websites zur Verfügung zu stellen). Begründete Ausnahmefälle, bei denen ein Entgelt vorgesehen werden kann, sind etwa Modelle, die einen Teil der Ausschreibungsunterlagen bilden, oder Pläne, die – obgleich elektronisch vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt – auf Wunsch eines Unternehmers ausgedruckt und diesem postalisch übermittelt werden. Durch den Klammerausdruck wird klargestellt, dass unter die Herstellungskosten auch die Vervielfältigungskosten zu subsumieren sind.

Zu § 235 (neu):

In Anlehnung an die §§ 88 und 89 soll auch im Sektorenbereich der Grundsatz der elektronischen Übermittlung bzw. des „zur Verfügung Stellens“ der Ausschreibungsunterlagen eingeführt werden.

Zu Z 27 (§ 103 Abs. 5 dritter Satz, § 154 Abs. 4 zweiter Satz, § 160 Abs. 5 zweiter Satz und § 286 Abs. 4 zweiter Satz), Z 35 (§ 118 Abs. 6 letzter Satz und § 121 Abs. 6 letzter Satz) und Z 38 (§ 128 Abs. 2 und 3):

Im Rahmen des Erhebungsprojekts Verwaltungskostenreduktion für Unternehmen aus gesetzlichen Informationsverpflichtungen wurde das Antragserfordernis bei der Einsichtnahme in Niederschriften als erheblicher Kostenfaktor für Unternehmen identifiziert. Durch den Entfall des Antragserfordernisses in den §§ 103 Abs. 5, 118 Abs. 6, 121 Abs. 6, 128 Abs. 2 und 3, 154 Abs. 4, 160 Abs. 5 und 286 Abs. 4 soll klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die jeweils vorgesehenen Einsichtnahmerechte keines formalisierten Antrages bedürfen. Damit entfallen die bisher bestehenden Verwaltungslasten für Unternehmer.

Zu Z 28 (§ 108 Abs. 1 Z 2) und Z 62 (§ 257 Abs. 1 Z 2):

Auf Grund der vorgeschlagenen Änderung des § 70 BVergG 2006 im Bereich des Verlangens von Eignungsnachweisen besteht in § 108 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 Anpassungsbedarf.

Da die Vorlage von Eignungsnachweisen durch die Abgabe einer Eigenerklärung ersetzt werden kann, sollen im ersten und im (neuen) dritten Satz der Bestimmung die Verweise auf die Vorlage von Bescheinigungen bzw. Nachweisen entfallen, da die Regelungen ansonsten Anlass zu Missverständnissen geben könnten. Die vorgeschlagene Möglichkeit, die Eignung durch Abgabe einer Eigenerklärung zu belegen, erstreckt sich auch auf den Fall, in dem sich der Bieter zum Nachweis seiner Eignung auf einen Subunternehmer stützt. Der Bieter muss daher allfällige – den Subunternehmer betreffende – Eignungsnachweise nicht gleich mit dem Angebot vorlegen; es ist vielmehr ausreichend, wenn er sie auf Aufforderung beibringen kann.

Entsprechende Anpassungen werden auch für den Sektorenteil (§ 257 Abs. 1 Z 2) vorgesehen.

Zu Z 29 (§ 108 Abs. 1 Z 7) und Z 63 (§ 257 Abs. 1 Z 6):

Auf Grund der vorgeschlagenen Änderung im Bereich des Verlangens von Eignungsnachweisen gemäß den §§ 70 und 231 besteht in § 108 Abs. 1 Z 7 und § 257 Abs. 1 Z 6 BVergG 2006 Anpassungsbedarf. Aus diesem Anlass sollen die Bestimmungen insofern vereinfacht werden, als pauschal auf die Aufzählung der dem Angebot beigeschlossenen sowie gesondert eingereichten Unterlagen abgestellt wird. Darunter sind jedenfalls auch allenfalls vorgelegte Nachweise der Befugnis, Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit zu verstehen. Gesondert eingereichte Unterlagen können wie bisher etwa Proben oder Muster sein.

Zu Z 37 (§ 123 samt Überschrift) und Z 66 (§ 267 samt Überschrift):

Da die geltenden §§ 123 und 267 BVergG 2006 im Zusammenhang mit den vorgeschlagenen §§ 70 und 231 Anlass zu Missverständnissen geben könnten, sollen sie neu gefasst werden.

Im vorgeschlagenen Abs. 1 soll in indikativer Form festgehalten werden, nach welchen Kriterien die Prüfung der Angebote erfolgt. Die bisherigen Abs. 2 und 3 der §§ 123 und 267 BVergG 2006 sollen zu einem neuen Abs. 2 zusammengezogen werden, demzufolge die Prüfung im Hinblick auf die fünf aufgezählten Aspekte nur bei den für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommenden Angeboten vorgenommen werden muss. Darüber hinaus wird die Z 2 um einen Verweis auf den vorgeschlagenen § 70 bzw. § 231 ergänzt.

Zu Z 41 (§§ 131 und 132) und Z 69 (§§ 272 und 273):

Zu § 131 allgemein:

Die in § 131 BVergG 2006 geregelten Voraussetzungen, unter denen die Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung unterbleiben kann, müssen in Umsetzung der Art. 2a und 2b der RMRL neu gefasst werden. (Gemäß Art. 2a haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass gegen eine Zuschlagsentscheidung innerhalb bestimmter Fristen ein wirksames Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden kann; Art. 2b sieht von dieser Stillhaltefrist bestimmte, taxative Ausnahmen vor.) Anlässlich dieser Änderung soll der Inhalt des bisherigen § 131 BVergG 2006 aus systematischen Erwägungen auf zwei Absätze aufgeteilt werden.

Zu § 131 Abs. 1:

Die Sätze eins und vier des bisherigen § 131 BVergG 2006 werden – inhaltlich weitgehend unverändert – in den vorgeschlagenen Abs. 1 des § 131 übernommen. Da sich die Entscheidung für einen Bieter – bis zu ihrer außenwirksamen Mitteilung – im internen Bereich des Auftraggebers abspielt und dieser den Zeitpunkt seiner Entscheidung – innerhalb der Zuschlagsfrist – frei wählen kann, ist das Erfordernis einer „unverzüglichen“ Bekanntgabe entbehrlich und entfällt daher.

Hinzuweisen ist darauf, dass ein Bieter dann als im Vergabeverfahren verblieben gilt, wenn sein Angebot nicht ausgeschieden wurde bzw. das Ausscheiden des Angebotes noch nicht bestandsfest geworden ist (Art. 2a Abs. 2 zweiter Unterabsatz der RMRLen spricht von einem „endgültigen“ Ausschluss). Dies ist der Fall, wenn das Ausscheiden des Angebotes von der zuständigen Vergabekontrollbehörde für rechtmäßig erkannt wurde oder wenn es keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann (vgl. dazu schon 1171 BlgNR XXII. GP, 85).

Da sich bereits aus dem vorgeschlagenen § 43 Abs. 1 erster Satz der Grundsatz der Übermittlung auf elektronischem Weg oder per Telefax ergibt, ist der bisherige § 131 Abs. 1 zweiter Satz entbehrlich und soll entfallen. Da ein begründeter Ausnahmefall im Sinne des vorgeschlagenen § 43 Abs. 1 jedenfalls auch dann vorliegt, wenn eine nachweisliche Übermittlung der Zuschlagsentscheidung elektronisch oder mittels Telefax nicht möglich ist, ist auch der dritte Satz des § 131 Abs. 1 BVergG 2006 entbehrlich und kann – ohne dass dies eine Änderung der Rechtslage nach sich zieht – entfallen (siehe dazu auch die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 43 Abs. 1).

Zu § 131 Abs. 2:

Im Vergleich zum geltenden § 131 letzter Satz BVergG 2006 werden die Voraussetzungen, unter denen eine Mitteilung der Zuschlagsentscheidung unterbleiben kann (Abs. 2 enthält für den Auftraggeber eine Option, von der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung abzusehen; arg. „Verpflichtung … besteht nicht, wenn“) und daher auch keine Stillhaltefrist einzuhalten ist, in Anlehnung an Art. 2b der RMRL im vorgeschlagenen Abs. 2 nunmehr neu geregelt:

1.      Gemäß der vorgeschlagenen Z 1 besteht keine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung, wenn der Zuschlag dem einzigen oder dem einzigen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter erteilt werden soll. Es macht somit keinen Unterschied, ob ein Vergabeverfahren überhaupt nur mit einem Teilnehmer durchgeführt wird oder ob nur ein Bieter im Vergabeverfahren verbleibt. Von der vorgeschlagenen Z 1 ist daher eine Reihe der Ziffern des geltenden § 131 letzter Satz BVergG 2006 erfasst, weshalb auf diese Bestimmungen nicht mehr ausdrücklich Bezug genommen werden muss. Konkret betrifft dies folgende Bestimmungen aus der Aufzählung des § 131 letzter Satz BVergG 2006:

                        – Z 1, da sich die Ausnahme ausdrücklich nur auf solche Verhandlungsverfahren bezieht, die mit einem Unternehmer durchgeführt werden;

                        – Z 2, soweit sie sich auf § 28 Abs. 2 Z 2, 4 und 5, § 29 Abs. 2 Z 2 und 5 sowie § 30 Abs. 2 Z 2, 4 und 5 BVergG 2006 bezieht, da in den genannten Bestimmungen ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass das Verhandlungsverfahren jeweils nur mit einem Unternehmer durchgeführt wird;

                        – Z 3, da darauf abgestellt wird, dass mit dem Gewinner des Wettbewerbs verhandelt wird;

                        – Z 4, soweit sie sich auf § 38 Abs. 2 Z 3 bezieht, da in der genannten Bestimmung darauf abgestellt wird, dass ein Verhandlungsverfahren nur mit einem Unternehmer durchgeführt wird;

                        – Z 5, da diesfalls nur ein Unternehmer Partei einer Rahmenvereinbarung ist;

                        – Z 6, da diesfalls nur ein Unternehmer zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert wurde;

                        – Z 7, da diesfalls nur ein Angebot eingelangt oder verblieben ist.

2.      Die vorgeschlagene Z 2 enthält diejenigen Ausnahmetatbestände des bisherigen § 131 letzter Satz BVergG 2006 (mit Ausnahme seiner Z 8), die nicht vollumfänglich durch die nunmehr vorgeschlagene Z 1 erfasst werden.

2.1.   Konkret betrifft dies folgende Bestimmungen aus der Aufzählung des § 131 letzter Satz BVergG 2006:

                        – Z 2, soweit sie sich auf § 28 Abs. 2 Z 3, § 29 Abs. 2 Z 3, 6 und 7 sowie § 30 Abs. 2 Z 3 BVergG 2006 bezieht, da Verhandlungsverfahren gemäß den genannten Bestimmungen auch mit mehreren Unternehmern durchgeführt werden können;

                        – Z 4, soweit sie sich auf § 38 Abs. 3 bezieht, da ein Verhandlungsverfahren gemäß dieser Bestimmung auch mit mehreren Unternehmern durchgeführt werden kann.

2.2.   Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass gemäß Art. 2b lit. a der RMRL von der Wahrung der Stillhaltefrist und damit von der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung immer dann abgesehen werden kann, wenn ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt werden kann. Die in der vorgeschlagenen Z 2 erfassten Fälle sind von dieser Ausnahmebestimmung erfasst und damit gemeinschaftsrechtlich zulässig.

3.      Die vorgeschlagene Z 3 sieht vor, dass eine Mitteilung der Zuschlagsentscheidung dann unterbleiben kann, wenn eine Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben werden soll. Anders als nach der bisherigen Z 8 des § 131 BVergG 2006 kommt es nicht mehr darauf an, ob die Leistung ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb vergeben wird. Dies ist auf Grund des Art. 2b lit. c erster Unterabsatz der RMRL gemeinschaftsrechtlich zulässig. Hinzuweisen ist allerdings auf die folgenden Unterabsätze dieser Bestimmung, denen zufolge dann, wenn von dieser Ausnahmebestimmung Gebrauch gemacht wird, eine Unwirksamkeit des derart abgeschlossenen Vertrages – bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen – vorzusehen ist. Der vorgeschlagene § 131 Abs. 2 Z 3 ist daher in Zusammenhang mit den neuen Feststellungskompetenzen des Bundesvergabeamtes gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 5 (in Verbindung mit Z 6 und 7) zu sehen.

         Abs. 2 Z 3 enthält für den Auftraggeber die Option, von der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung abzusehen, aber keine diesbezügliche Verpflichtung. Die Verweise auf die §§ 131 und 132 BVergG 2006 in den §§ 152 Abs. 6 Z 4 letzter Satz bzw. 158 Abs. 5 Z 2 letzter Satz BVergG 2006 sind insofern einschränkend zu sehen, als die bezogenen Bestimmungen für die Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung nur dann maßgeblich sind, wenn eine solche – auf freiwilliger Basis – erfolgt.

Zu § 132 allgemein:

Der geltende § 132 Abs. 1 erster Satz BVergG 2006 sieht vor, dass der Zuschlag bei sonstiger absoluter Nichtigkeit innerhalb der Stillhaltefrist nicht erteilt werden darf. Ebenso sieht der geltende § 132 Abs. 2 BVergG 2006 vor, dass ein unter Verstoß gegen die Pflicht zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erfolgter Zuschlag absolut nichtig ist. Schließlich bestimmt § 328 Abs. 5 Z 1 BVergG 2006, dass der Auftraggeber den Zuschlag nach einem Antrag auf einstweilige Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlags begehrt wird, bis zur Entscheidung über diesen Antrag bei sonstiger Nichtigkeit nicht erteilen darf.

Demgegenüber erfordert die RMRL keine ausnahmslose absolute Nichtigkeit, sondern spricht davon, dass ein Vertrag in (unter anderem) den drei genannten Fällen zwar grundsätzlich für unwirksam erklärt werden muss, aber an die Stelle der Unwirksamkeit auch die Verhängung so genannter „alternativer Sanktionen“ treten kann.

Dieser von der RMRL eingeräumte Gestaltungsspielraum soll vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage und auf Grund von Sachlichkeitserwägungen in differenzierter Form umgesetzt werden:

1.      Die Einhaltung der Stillhaltefrist gemäß dem vorgeschlagenen § 132 Abs. 1 sowie die Wahrung des Suspensiveffekts gemäß § 328 Abs. 5 Z 1 BVergG 2006 stellen Verpflichtungen dar, die ausnahmslos zu beachten sind. Es scheint zum einen wenig zweckmäßig, derartige Verstöße in einem gesonderten behördlichen Verfahren feststellen zu lassen und die rechtlichen Folgen – nämlich die Nichtigkeit des Vertrages – von einer entsprechenden behördlichen Feststellung abhängig zu machen. Zum anderen sind weder der Auftraggeber noch der Zuschlagsempfänger bei derartigen Verstößen in einem solchen Ausmaß schützenswert, dass die absolute Nichtigkeit als Rechtsfolge überschießend wäre. Schließlich wäre es aus der Sicht der nicht zum Zug gekommenen Bieter nur schwer verständlich, wieso sie bei einer unbestreitbaren Rechtsverletzung erst ein gesondertes Rechtsschutzverfahren einleiten müssen, um ihre rechtlichen Interessen zu wahren. Das Konzept der absoluten Nichtigkeit wird daher für den Fall der Missachtung der Stillhaltefrist (ebenso wie für den Fall der Missachtung des Suspensiveffekts) beibehalten (vorgeschlagener Abs. 1 erster Satz bzw. § 328 Abs. 5 Z 1 BVergG 2006).

2.      Anders stellt sich die Lage bei einer Verletzung der Pflicht zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung dar. Da von dieser Verpflichtung Ausnahmen bestehen, kann die Frage, ob die Mitteilung rechtmäßiger oder rechtswidriger Weise unterblieben ist, umstritten sein. Es scheint daher zweckmäßig, diese Frage in einem behördlichen Verfahren klären zu lassen und erst an eine diesbezügliche Feststellung die Rechtsfolge der „Vernichtung“ (bzw. der Aufhebung) anzuknüpfen (siehe dazu den vorgeschlagenen § 334). Durch den vorgeschlagenen § 132 wird daher für den Fall eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung vom Konzept der absoluten Nichtigkeit abgegangen. Dies ist gemeinschaftsrechtlich zulässig und begegnet auch innerstaatlich keinen Bedenken, da auch das Konzept der Aufhebung als Folge einer entsprechenden Feststellung einer Vergabekontrollbehörde den Vorgaben eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung trägt.

Zu § 132 Abs. 1:

Der vorgeschlagene § 132 Abs. 1 erster Satz sieht wie bisher vor, dass der Auftraggeber den Zuschlag bei sonstiger Nichtigkeit nicht innerhalb der Stillhaltefrist erteilen darf.

Die Länge der Stillhaltefrist wird nunmehr in Umsetzung des Art. 2a Abs. 2 der RMRL in den folgenden Sätzen neu geregelt:

1.      Bei einer Übermittlung der Zuschlagsentscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax – die innerstaatlich auf Grund des vorgeschlagenen § 43 Abs. 1 erster Satz den Regelfall darstellt – beträgt die Frist zehn Tage.

2.      Bei einer – innerstaatlich auf Grund des vorgeschlagenen § 43 Abs. 1 erster Satz nur ausnahmsweise möglichen – brieflichen Übermittlung beträgt die Frist 15 Tage.

3.      Im Fall einer freiwilligen Bekanntgabe bzw. Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung im Sinne der vorgeschlagenen §§ 49 Abs. 2 und 55 Abs. 5 beträgt die Frist zehn Tage.

4.      Wie schon derzeit vorgesehen verkürzt sich die Stillhaltefrist im Unterschwellenbereich auf sieben Tage.

Verglichen mit der derzeitigen Rechtslage ist die Regelfrist somit kürzer (zehn statt 14 Tage). Umgekehrt besteht für den Auftraggeber keine Möglichkeit mehr, auch im Oberschwellenbereich eine der – im bisherigen § 132 Abs. 1 BVergG 2006 vorgesehenen – Verkürzungsmöglichkeiten (auf sieben Tage) in Fällen der Dringlichkeit oder bei einer Auftragsvergabe auf Grund einer Rahmenvereinbarung, eines dynamischen Beschaffungssystems oder im Wege einer elektronischen Auktion heranzuziehen. Diese Verkürzungstatbestände müssen – mangels gemeinschaftsrechtlicher Grundlage – entfallen. Vor dem Hintergrund, dass eine Verkürzung auf sieben Tage nicht mehr möglich ist, scheint die generelle Verkürzung der Frist von 14 auf zehn Tage im Oberschwellenbereich angemessen; es wird davon ausgegangen, dass auch eine zehntägige Frist ausreichend ist, um einen Nachprüfungsantrag zu stellen.

Während Art. 2a Abs. 2 der RMRL davon spricht, dass die Frist ab dem Tag gerechnet wird, der auf den Tag folgt, an dem die Zuschlagsentscheidung abgesendet wird, sieht der vorgeschlagene § 132 Abs. 1 vor, dass die Stillhaltefrist mit der Absendung (bzw. der erstmaligen Verfügbarkeit) der Zuschlagsentscheidung beginnt. Dass der Tag des fristauslösenden Ereignisses bei der Berechnung der (in Tagen zu berechnenden) Frist nicht mitgerechnet wird, ergibt sich innerstaatlich bereits aus § 56 Abs. 3 zweiter Satz BVergG 2006 und muss daher in diesem Zusammenhang nicht erneut normiert werden.

Wann von der Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung ausgegangen werden kann, ist unter Rückgriff auf die Definition des § 2 Z 48 BVergG 2006 zu beurteilen. Gemäß dieser Definition handelt es sich bei der Zuschlagsentscheidung um die an den Bieter abgegebene Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Dies stellt somit den Mindestinhalt einer Zuschlagsentscheidung im Sinne des BVergG dar. Sofern daher die im vorgeschlagenen § 131 Abs. 1 zweiter Satz enthaltenen weiteren Vorgaben (zB Gründe für die Ablehnung des Angebotes, Vorteile des erfolgreichen Angebotes) nicht (oder nicht ausreichend) in der Zuschlagsentscheidung enthalten sind, kann dies zur Anfechtbarkeit der (somit rechtswidrigen) Zuschlagsentscheidung führen, ändert aber nichts daran, dass eine Zuschlagsentscheidung an sich vorliegt, die auch den Beginn der Stillhaltefrist gemäß dem vorgeschlagenen § 132 Abs. 1 auslöst.

Zu § 132 Abs. 2:

Während Abs. 1 primär Fragen im Zusammenhang mit der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung regelt, betrifft Abs. 2 die Mitteilung der Zuschlagserteilung (somit des abgeschlossenen Vertrages). Durch den vorgeschlagenen Abs. 2 wird dem Auftraggeber die Möglichkeit eingeräumt, den im Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung (des Vertragsabschlusses) verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt wurde. Ob der Auftraggeber von der ihm durch Abs. 2 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht oder nicht, liegt in seinem freien Ermessen.

Die Bedeutung dieser Regelung ergibt sich aus dem vorgeschlagenen § 332 Abs. 3, der – in Umsetzung des Art. 2f Abs. 1 der RMRLen – die Frist regelt, innerhalb der ein Feststellungsantrag gemäß dem vorgeschlagenen § 331 Abs. 1 Z 2 bis 4 einzubringen ist. Diese Frist kann von grundsätzlich sechs Monaten (ab Vertragsschluss) auf 30 Tage reduziert werden, wenn der Auftraggeber (unter anderem) den verbliebenen Bietern mitteilt, wem der Zuschlag erteilt wurde.

Diese Möglichkeit, den im Vergabeverfahren zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung verbliebenen Bietern den Zuschlagsempfänger mitzuteilen, ist somit Voraussetzung für die Fristverkürzung und wird deshalb im Zusammenhang mit der Zuschlagserteilung ausdrücklich vorgesehen. Eine Verpflichtung zur Mitteilung des Zuschlagsempfängers wird dadurch nicht normiert. Da der Vertrag gemäß § 2 Z 50 (neu) der Schriftform bedarf, liegt es am Auftraggeber, den Zeitpunkt der Zuschlagserteilung auch entsprechend zu dokumentieren. Allfällige Unklarheiten im Zusammenhang mit der Bestimmung dieses Zeitpunktes gehen deshalb zu seinen Lasten. Wenn der Auftraggeber von der eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch macht, bleibt es für Feststellungsanträge gemäß dem vorgeschlagenen § 331 Abs. 1 Z 2 bis 4 bei der grundsätzlichen, sechsmonatigen Frist.

Art. 2f Abs. 1 lit. a zweiter Anstrich der RMRL sieht vor, dass eine entsprechende Mitteilung eine Zusammenfassung der einschlägigen Gründe gemäß Art. 41 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG enthält. Der Umsetzung dieser Vorgabe dient der vorgeschlagene Abs. 2 zweiter Satz.

Zu den §§ 272 und 273:

Entsprechende Anpassungen sind auch im Sektorenteil vorzunehmen, wobei auf Folgendes hinzuweisen ist:

1.      Derzeit enthält § 272 Z 1 bis 5 BVergG 2006 diejenigen Fälle, in denen keine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht. Die Z 2 bis 5 beziehen sich auf Verfahren, die jeweils nur (mehr) mit einem Teilnehmer durchgeführt werden; sie sind daher vom vorgeschlagenen § 272 Abs. 2 Z 1 erfasst. § 272 Z 1 BVergG 2006 verweist auf die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens gemäß § 195 Z 1, 3 bis 8, 10 und 11 BVergG 2006; von diesen betreffen die Z 3, 5, 6, 7, 10 und 11 jeweils Vergabeverfahren mit nur einem Teilnehmer und sind daher ebenfalls von der vorgeschlagenen Z 1 des § 272 Abs. 2 erfasst.

2.      Vergabeverfahren gemäß § 195 Z 1, 4 und 8 und  BVergG 2006 waren bereits bisher von der Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung ausgenommen und sollen es auch weiterhin sein (vorgeschlagene Z 2 des § 272 Abs. 2).

3.      Darüber hinaus soll auch bei einem Vergabeverfahren gemäß § 195 Z 9 (Leistungsvergabe auf Grund einer Rahmenvereinbarung) von der Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung abgesehen werden, was wiederum vor folgendem Hintergrund zu sehen ist: Im Sektorenbereich kann eine Auftragsvergabe auf Grund einer Rahmenvereinbarung in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb erfolgen. Da die neue Sektorenrechtsmittelrichtlinie (Richtlinie 92/13/EWG in der Fassung der Richtlinie 2007/66/EG [im Folgenden: Sektoren-RMRL]) in ihrem Art. 2b lit. a vorsieht, dass die Einhaltung einer Stillhaltefrist nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung nicht erforderlich ist, wenn nach der RL 2004/17/EG keine vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung erforderlich war, ist das Absehen von der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemeinschaftsrechtlich zulässig. Darüber hinaus gibt es im Sektorenbereich keine besondere Ausnahme für Leistungsvergaben auf Grund einer Rahmenvereinbarung (Art. 2b lit. c der Sektoren-RMRL erfasst lediglich Leistungsvergaben auf Grund eines dynamischen Beschaffungssystems). Da die Regelung für Sektorenauftraggeber aber nicht strenger ausgestaltet werden soll als für (klassische) öffentliche Auftraggeber, wird für Leistungsvergaben auf Grund einer Rahmenvereinbarung von der Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung abgesehen. In diesem Zusammenhang ist aber auf den vorgeschlagenen § 197 Abs. 3 hinzuweisen, der eine Stillhaltefrist für den Abschluss der Rahmenvereinbarung selbst vorsieht.

4.      Die vorgeschlagene Z 3 des § 272 Abs. 2 erfasst in Umsetzung des bereits erwähnten Art. 2b lit. c der Sektoren-RMRL nur Leistungsvergaben auf Grund eines dynamischen Beschaffungssystems.

Zu Z 42 (§ 140 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2 zweiter Satz sowie § 279 Abs. 1 erster Satz):

Zum vorgeschlagenen Entfall der Wortfolge „unverzüglich und“ in den genannten Bestimmungen siehe die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 131 Abs. 1.

Zu Z 43 (§ 140 Abs. 1 zweiter und dritter Satz sowie § 279 Abs. 1 zweiter und dritter Satz):

Zum vorgeschlagenen Entfall des jeweils zweiten und dritten Satzes der §§ 140 Abs. 1 und 279 Abs. 1 BVergG 2006 siehe die Erläuterungen zu den vorgeschlagenen §§ 43 Abs. 1 und 131 Abs. 1.

Zu Z 44 (§ 140 Abs. 3 und 4, Entfall des § 140 Abs. 5, neue Absatzbezeichnungen für die bisherigen Abs. 6 bis 10 des § 140) und Z 70 (§ 279 Abs. 3 und 4, Entfall des § 279 Abs. 5, neue Absatzbezeichnungen für die bisherigen Abs. 6 bis 10 des § 279):

Die Regelungen betreffend die Widerrufsentscheidung sollen in systematischer Hinsicht an die entsprechenden Regelungen betreffend die Zuschlagsentscheidung angepasst werden. Der vorgeschlagene Abs. 3 enthält daher die Ausnahme von der Verpflichtung zur Mitteilung der Widerrufsentscheidung und der vorgeschlagene Abs. 4 die Verpflichtung zur Einhaltung der Stillhaltefrist sowie deren Länge.

Anders als der geltende § 140 Abs. 5 BVergG 2006 stellt der vorgeschlagene § 140 Abs. 3 darauf ab, dass entweder kein Angebot eingelangt ist oder kein Bieter im Vergabeverfahren verblieben ist (siehe zum verbleibenden Bieter die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 131 Abs. 1). Der vorgeschlagene § 140 Abs. 3 erfasst somit jedenfalls den Inhalt des § 140 Abs. 5 BVergG 2006, geht aber noch darüber hinaus. Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Widerrufsentscheidung in Fällen, in denen zwar möglicherweise ein Angebot eingelangt ist, aber kein Bieter im Verfahren verblieben ist, ist überschießend und soll daher entfallen.

Der vorgeschlagene § 140 Abs. 4 sieht (wie bisher § 140 Abs. 3 erster Satz BVergG 2006) vor, dass der Widerruf nicht innerhalb einer Stillhaltefrist erklärt werden darf. Die Regelung der Länge der Stillhaltefrist findet sich im vorgeschlagenen dritten und vierten Satz des § 140 Abs. 4. Entsprechend den Vorgaben des Art. 2c der RMRL beträgt die Stillhaltefrist bei einer Übermittlung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax sowie bei einer Bekanntmachung zehn Tage, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg 15 Tage. Zum Fristbeginn wird auf die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 132 Abs. 1 verwiesen. Wie bei der Stillhaltefrist nach Mitteilung der Zuschlagsentscheidung verkürzt sich zwar die bisherige Regelfrist von 14 auf zehn Tage. Die Verkürzungsmöglichkeiten des geltenden § 140 Abs. 4 BVergG 2006 auf sieben Tage können – mangels gemeinschaftsrechtlicher Grundlage – abgesehen von der Fristverkürzung im Unterschwellenbereich aber nicht beibehalten werden.

Aus Anlass der Umstrukturierung des § 140 Abs. 3 bis 5 BVergG 2006 erhalten die bisherigen Abs. 6 bis 10 des § 140 neue Absatzbezeichnungen.

Entsprechende Anpassungen sind auch im Sektorenteil (§ 279) vorzusehen.

Zu Z 45 (§ 141 Abs. 1 und 2, § 142 Abs. 3) und Z 71 (§ 280 Abs. 1):

Aus Anlass der neuen Absatzbezeichnung für die bisherigen §§ 140 Abs. 10 und 279 Abs. 10 BVergG 2006 sind die Verweise in den genannten Bestimmungen anzupassen. Auf Grund der Neufassung des § 38 Abs. 2 Z 3 bis 5 ist der Verweis in § 141 Abs. 2 anzupassen.

Zu Z 46 (§ 151 Abs. 3 sechster und siebenter Satz) und Z 50b (§ 197 Abs. 3 zweiter Satz):

Aus Art. 41 Abs. 2 dritter Anstrich der VergabeRL 2004/18/EG bzw. Art. 49 Abs. 2 dritter Anstrich der VergabeRL 2004/17/EG ergibt sich, dass auch den nicht berücksichtigten Bietern bei Abschluss einer Rahmenvereinbarung die Merkmale und Vorteile des ausgewählten Angebotes (der ausgewählten Angebote) mitzuteilen sind. Die §§ 151 Abs. 3 und 197 Abs. 3 BVergG 2006 sind dementsprechend anzupassen. Da sich die Entscheidung mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll – bis zu ihrer außenwirksamen Mitteilung – im internen Bereich des Auftraggebers abspielt und dieser den Zeitpunkt seiner Entscheidung – innerhalb der Zuschlagsfrist – frei wählen kann, ist das Erfordernis einer „unverzüglichen“ Bekanntgabe bzw. die Festsetzung einer diesbezüglichen Frist entbehrlich und entfällt daher. Aus dem vorgeschlagenen § 43 Abs. 1 erster Satz und § 204 Abs. 1 erster Satz ergibt sich der Grundsatz der Übermittlung auf elektronischem Weg oder per Telefax.

Zu Z 46a (§ 151 Abs. 3 achter bis dreizehnter Satz) und Z 50b (§ 197 Abs. 3):

Die Entscheidung des Auftraggebers, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, stellt im System des BVergG zwar eine gesondert anfechtbare Entscheidung (vgl. dazu § 2 Z 16 lit. ii und jj) nicht aber eine Zuschlagsentscheidung dar. Letztere erfolgt erst im Zuge des Abrufes aus der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung. Aufgrund des neuen Rechtsmittelsystems (vgl. dazu die vorgeschlagenen §§ 131 Abs. 2 Z 3 und 272 Abs. 2 Z 2 samt diesbezüglicher Erläuterungen) besteht hinkünftig keine Verpflichtung mehr, die Zuschlagsentscheidung bei Leistungsabrufen aus einer Rahmenvereinbarung mitzuteilen. Damit die Effektivität des Rechtsschutzsystems im Zusammenhang mit Rahmenvereinbarungen nicht unterlaufen wird (z.B. durch Abschluss einer Rahmenvereinbarung und sofortigem Abruf der Leistungen bzw. eines Leistungsteiles) wird analog zu einer „regulären“ Auftragsvergabe ein Stillhaltesystem bereits beim Abschluss der Rahmenvereinbarung vorgesehen. Da der Abschluss der Rahmenvereinbarung keine Zuschlagsentscheidung darstellt (siehe dazu schon oben), sind die jeweiligen Bestimmungen über eine freiwillige Bekanntgabe bzw. Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung auch nur sinngemäß anwendbar. Im Übrigen wird auf die entsprechenden inhaltlichen Erläuterungen zu den vorgeschlagenen §§ 132 und 273 verwiesen.

Zu Z 46b (§ 155 Abs. 8) und Z 71a (§ 287 Abs. 8):

Durch die Ergänzung in Abs. 8 wird der Grundsatz der elektronischen Übermittlung bzw. des „zur Verfügung Stellens“ der Wettbewerbsunterlagen und sonstiger Unterlagen verankert.

Zu Z 48a (§ 175 Z 20):

Gemäß Art. 1 der Entscheidung 2008/585/EG der Kommission vom 7. Juli 2008 gilt die Richtlinie 2004/17/EG „nicht für Aufträge, die die Auftraggeber in die Lage versetzen sollen, in Österreich Strom zu erzeugen“ (zur Erfüllung der Freistellungsvoraussetzungen vgl. die Erwägungsgründe der Entscheidung). Obwohl Wettbewerbe in Art. 1 der Entscheidung nicht explizit genannt werden, gilt die Freistellung gleichwohl auch für diese (vgl. dazu Art. 62 Z 2 der Richtlinie 2004/17/EG und Erwägungsgrund 15 der Entscheidung). Obwohl die Ausnahmebestimmung grundsätzlich nicht erforderlich ist (vgl. § 179, der die Freistellung ex lege anordnet), soll sie aus Transparenzgründen in das Gesetz selbst aufgenommen werden. Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Freistellungsentscheidung der Kommission bei einer entscheidenden Änderung der Rechts- oder Sachlage zurückgenommen werden könnte. Die Freistellung von den Verpflichtungen der Richtlinie und des BVergG bezieht sich auf die Vergabe von Aufträgen und die Durchführung von Wettbewerben, die es dem Auftraggeber ermöglichen sollen, Strom zu erzeugen. Die Freistellung erfasst sohin etwa Aufträge zur Anschaffung von Turbinen zur Stromerzeugung, den Bau von Kraftwerken, Staudämmen usw. Die Freistellung erfasst auch nur die Vergabe von Aufträgen und die Durchführung von Wettbewerben zur Stromerzeugung „in Österreich“. Sollten daher Auftraggeber auch außerhalb Österreichs im Bereich der Stromerzeugung tätig sein, so kann dies weiterhin eine relevante Tätigkeit im Sinne der Sektorenrichtlinie darstellen und die Befolgung der Richtlinienbestimmungen (bzw. der nationalen Vorschriften zu ihrer Umsetzung) auslösen.

Zu Z 48c, Z 48d und Z 84 (§ 178 Abs. 2 bis 4, § 349 Abs. 1 Z 4):

Bisher mussten die gemäß § 178 Abs. 1 freigestellten Sektorenauftraggeber alle Angaben betreffend die von ihnen vergebenen Aufträge dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit bekannt geben, welcher die Informationen im Wege der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU an die Kommission weiterleitete. Durch die vorgeschlagene Bekanntgabe der Angaben über vergebene Aufträge direkt an die Kommission soll der damit verbundene Verwaltungsaufwand reduziert werden.

Zu Z 71c (§ 302 Abs. 1):

Nach den Ausführungen des Gesetzgebers (vgl. dazu 294 BlgNR XXIII. GP, 11f) enthält das AVG keine Ermächtigung zur Erlassung einer Verordnung über die Amtsstunden einer Behörde. Ob solche Regelungen erlassen werden können, richtet sich nicht nach dem AVG, sondern ausschließlich nach anderen (organisations- bzw. dienstrechtlichen) Vorschriften; § 13 Abs. 5 AVG verpflichtet lediglich dazu, den Inhalt der einschlägigen Regelungen in der darin vorgesehenen Weise öffentlich bekanntzumachen („kundzumachen“). In diesem Sinn wird die Organisationsvorschrift betreffend das Bundesvergabeamt dahingehend ergänzt, dass der Vorsitzende des Bundesvergabeamtes die Amtsstunden festzusetzen hat. Der Festlegung der Amtsstunden kommt insofern große Bedeutung zu, als sich daraus Konsequenzen insbesondere für außerhalb der Amtsstunden eingelangte Anbringen knüpfen (vgl. dazu ausführlich 294 BlgNR XXIII. GP, 10f). Besonders ist im Zusammenhang mit dem Außerkrafttreten des § 13 Abs. 5 letzter Satz AVG (mit Ablauf des 31.Dezember 2010; vgl. § 82 Abs. 16 AVG idF BGBl I Nr. 5/2008) auf Folgendes hinzuweisen: Langt außerhalb der festgelegten Amtsstunden ein Antrag beim Bundesvergabeamt ein, so gilt der Antrag noch am selben Tag (und damit gegebenenfalls rechtzeitig) als eingebracht, falls das Bundesvergabeamt seine Bereitschaft zur Entgegennahme auch außerhalb der Amtsstunden (etwa durch den Betrieb des Faxgerätes oder des Servers) zum Ausdruck gebracht hat. Umgekehrt gelten Anbringen auch dann, wenn sie bereits im Verfügungsbereich des Bundesvergabeamtes gelangt sind (weil das Bundesvergabeamt seine Empfangsgeräte – wie Fax oder Server – auch außerhalb der Amtsstunden empfangsbereit hält), erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt), wenn das Bundesvergabeamt dies durch eine entsprechende Erklärung zum Ausdruck gebracht hat. Für die behördliche Entscheidungsfrist (vgl. dazu insbesondere § 328 Abs. 5 wonach das Bundesvergabeamt betroffene Auftraggeber unverzüglich vom Einlangen bestimmter Anträge auf einstweilige Verfügung zu verständigen hat und diese Verständigung in weiterer Folge eine aufschiebende Wirkung auslöst) folgt daraus, dass das Bundesvergabeamt entweder seine Empfangsgeräte außerhalb der Amtsstunden abschalten muss oder in seiner Amtsstundenregelung klar zum Ausdruck bringen muss, dass Anbringen außerhalb der Amtsstunden erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten, anderenfalls aus der „unverzüglichen“ Verständigungspflicht des Bundesvergabeamtes gemäß § 328 Abs. 5 eine Verpflichtung zur Einrichtung eines Journaldienstes für den Zeitraum außerhalb der Amtsstunden erwachsen würde.

Zu Z 72 (§ 306 Abs. 2):

Durch die Neufassung des Abs. 2 soll ein Redaktionsversehen der BVergG Novelle 2007 beseitigt werden.

Zu Z 73 (§ 312 Abs. 3 und 4):

Die Feststellungskompetenzen des Bundesvergabeamtes nach Zuschlagserteilung bzw. nach Widerruf sind an den neuen Art. 2d der RMRL anzupassen.

Die Z 1 und 2 des vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 entsprechen inhaltlich weitgehend der geltenden Regelung des § 312 Abs. 3 Z 1 und 2 BVergG 2006.

Die Z 3 bis 5 des vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 enthalten die gemäß Art. 2d Abs. 1 lit. a bis c der RMRLen vorzusehenden Kompetenzen der Vergabekontrollbehörde. Gemäß diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben müssen folgende Fälle grundsätzlich eine Unwirksamkeit des Vertrages nach sich ziehen:

1.      Unzulässige Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung: Dies wird durch den vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 umgesetzt. Durch den Wortlaut wird u.a. auch die Fallkonstellation des bisherigen § 312 Abs. 3 Z 3 lit. b erfasst (offenkundig unzulässige Zuschlagserteilung direkt an einen Unternehmer, ohne dass andere Unternehmer an diesem Vergabeverfahren beteiligt waren; vgl. dazu auch die bisherigen §§ 132 Abs. 3 bzw. 273 Abs. 3).

2.      Verstoß gegen Art. 2a Abs. 2 der RMRLen: Die genannten Bestimmungen sehen vor, dass der Auftraggeber im Anschluss an die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung eine Stillhaltefrist einzuhalten hat, in der der Zuschlag nicht erteilt werden darf. Aus Gründen der Klarheit werden die materiell darin zum Ausdruck kommenden Verstöße (Unterbleiben der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung, wodurch überhaupt keine Stillhaltefrist ausgelöst wird, sowie Missachtung der Stillhaltefrist) getrennt ausgewiesen.

         Die Unwirksamkeit als Folge des erstgenannten Verstoßes (Unterbleiben der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung) wird durch den vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 4 umgesetzt. Zur Frage, wann von einer Zuschlagserteilung ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung auszugehen ist, ist erneut auf die Definition des § 2 Z 48 BVergG 2006 zu verweisen, wonach es sich bei der Zuschlagsentscheidung um die an den Bieter abgegebene Absichtserklärung handelt, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll (vgl. dazu weiter die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 132 Abs. 1). Wenn daher die im vorgeschlagenen § 131 Abs. 1 zweiter Satz enthaltenen Vorgaben in der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung nicht (oder nicht ausreichend) enthalten sind, kann dies zur Anfechtbarkeit der (rechtswidrigen) Zuschlagsentscheidung führen, begründet aber keinen Anwendungsfall des vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 4.

         Die Missachtung der Stillhaltefrist hat wie bisher die absolute Nichtigkeit zur Folge (vorgeschlagene §§ 132 Abs. 1 erster Satz, 273 Abs. 1 erster Satz sowie – analog - 151 Abs. 3 und 197 Abs. 3); eine entsprechende Feststellungskompetenz der Vergabekontrollbehörde muss daher nicht vorgesehen werden.

3.      Verstoß gegen Art. 2 Abs. 3 der RMRLen: Die genannten Bestimmungen sehen vor, dass der Auftraggeber nach einem Antrag auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung den Vertrag so lange nicht abschließen darf, bis die Nachprüfungsstelle ihre Entscheidung (in der Hauptsache oder über eine vorläufige Maßnahme) getroffen hat. Da die Missachtung des Suspensiveffekts (eines Antrags auf einstweilige Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlags begehrt wird) wie bisher die Nichtigkeit zur Folge hat (vgl. § 328 Abs. 5 Z 1 BVergG 2006), muss eine entsprechende Feststellungskompetenz der Vergabekontrollbehörde nicht vorgesehen werden.

4.      Da durch die vorgeschlagenen §§ 131 Abs. 2 Z 3 sowie 272 Abs. 2 Z 2 und 3 die Ausnahmebestimmung des Art. 2b lit. c erster Unterabsatz der RMRLen in Anspruch genommen wird, sind in Entsprechung der weiteren Unterabsätze dieser Bestimmung Regelungen über die Unwirksamkeit eines derart abgeschlossenen Vertrages vorzusehen: Dies erfolgt durch den vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 5.

Der Anwendungsbereich der Nichtigkeit als Folge eines Feststellungsbescheids der Vergabekontrollbehörde wird somit im Ergebnis erweitert.

Das BVergG 2006 kennt derzeit noch keine Kompetenz einer Vergabekontrollbehörde, Verträge für nichtig zu erklären, vielmehr knüpft § 132 Abs. 3 BVergG 2006 (sowie § 273 Abs. 3 BVergG 2006) an einen – näher determinierten – feststellenden Bescheid einer Vergabekontrollbehörde die Konsequenz der ex lege Nichtigkeit. Auf Grund der Neuerungen durch die RMRL sind im Zusammenhang mit der Unwirksamkeit von Verträgen weitere Befugnisse vorzusehen. So muss nicht nur über die Unwirksamkeit selbst sondern auch über den Zeitpunkt ihres Eintretens abgesprochen werden. Weiters besteht nach der RMRL die Möglichkeit – trotz des Vorliegens eines (im Regelfall) die Unwirksamkeit des Vertrages nach sich ziehenden Verstoßes – von der Unwirksamkeit abzusehen und stattdessen so genannte „alternative Sanktionen“ zu verhängen.

Aus diesem Grund scheint es nicht sinnvoll, das Konzept der ex lege Nichtigkeit innerstaatlich beizubehalten. Da es ebenso wenig zweckmäßig ist, die dargelegten Befugnisse auf verschiedene Behörden aufzuteilen, soll dem Bundesvergabeamt unmittelbar die Kompetenz eingeräumt werden, Verträge unter bestimmten Voraussetzungen für nichtig zu erklären sowie – wenn von der Nichtigerklärung abgesehen wird – Sanktionen zu verhängen (siehe die vorgeschlagenen Z 6 und 7 des § 312 Abs. 3).

Die vorgeschlagenen Z 6 und 7 des § 312 Abs. 3 enthalten Kompetenzen, die nicht selbständig, sondern nur in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 ausgeübt werden können. Die näheren Regelungen hinsichtlich der Ausübung dieser neu einzuräumenden Kompetenzen finden sich im vorgeschlagenen § 334 Abs. 2 bis 9.

Wenn dem Bundesvergabeamt unmittelbar die Kompetenz eingeräumt wird, Verträge bei Vorliegen bestimmter Verstöße ex tunc für nichtig zu erklären, dann soll es gleichermaßen die Kompetenz haben, einen Widerruf für unwirksam zu erklären; dies dann, wenn es festgestellt hat, dass der Widerruf rechtswidriger Weise ohne Mitteilung oder Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung erklärt worden ist. Die näheren Vorgaben für die Ausübung dieser Kompetenz finden sich im vorgeschlagenen § 335 neu.

Zu Z 74 (§ 315):

Die zustellrechtliche Sonderregelung des § 315 Abs. 1 BVergG 2006 soll insofern ergänzt werden, als das Bundesvergabeamt Erledigungen auch an eine elektronische Adresse zu übermitteln hat, die dem Bundesvergabeamt gegenüber bekannt gegeben wurde. Dies kann in der Ausschreibung, im Nachprüfungsantrag, im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung oder im Feststellungsantrag erfolgt sein. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Verpflichtung des § 43 Abs. 6 erster Satz bzw. § 204 Abs. 6 erster Satz BVergG 2006, wonach Auftraggeber zwingend eine Faxnummer oder eine elektronische Adresse bekannt zu geben haben.

Zu Z 74a und Z 74b (§ 318 Abs. 1 Z 1 und 2):

Das bisherige System der Gebührenfestsetzung warf in der Praxis diverse Probleme auf. In Folge dessen sollen nunmehr die Gebührensätze nicht mehr im Gesetz selbst festgelegt, sondern durch die Bundesregierung mit Verordnung festgesetzt werden. Die Determinanten für die Höhe der Gebühren sind in der neuen Z 1 in demonstrativer Weise (arg. „insbesondere“) aufgezählt: Auftragsgegenstand, Verfahrensart, Verfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich. Die (erstmalig festzusetzende) Gebührenhöhe sollte sich an den bisherigen Sätzen (vgl. dazu BGBl. II 2007/366) orientieren, da diese (auf der Basis der erwähnten Parameter) schon bisher vom Gesetzgeber als sachlich gerechtfertigt und angemessen erachtet wurden. Nach dem Wortlaut der Z 1 sollen die Gebühren nicht die durch das Bundesvergabeamt entstehenden Kosten zur Gänze abdecken, sondern die Gebühren sind so festzusetzen, dass ein ausgewogenes Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes mit dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen erzielt wird.

Zu Z 74c (§ 318 Abs. 1 Z 7):

§ 318 Abs. 1 Z 7 sieht derzeit eine Reduktion der Gebührenschuld bei Antragsrückziehung in Bezug auf die „festgesetzte Gebühr“, d.h. die Gebühr nach Abs 1 Z 1 oder 2, vor. In den Fällen der Z 5 führt dies dazu, dass die Reduktion im Vergleich zur geschuldeten Gebühr weitaus geringer als die genannten Prozentsätze ausfällt oder unter Umständen gar keine Reduktion stattfindet. Durch die Ergänzung wird das Regime der Z 7 auch auf die Fälle der wiederholten Antragstellung (und den dadurch gemäß Z 5 reduzierten Gebührensätzen) erstreckt.

Zu Z 75 (§ 321):

Die Regelung der Fristen für Nachprüfungsanträge ist an den neuen Art. 2c der RMRLen anzupassen.

In Anlehnung an den durch die RMRLen eingeräumten Spielraum soll die Regelfrist von 14 auf zehn Tage reduziert werden. Nur wenn die angefochtene Entscheidung weder auf elektronischem Weg oder mittels Telefax übermittelt noch veröffentlicht worden ist, verlängert sich die Frist auf 15 Tage.

Umgekehrt kann die bislang für einzelne Fälle (zB beschleunigtes Verfahren wegen Dringlichkeit, Durchführung einer elektronischen Auktion) vorgesehene Fristverkürzung auf sieben Tage auch im Oberschwellenbereich – mangels gemeinschaftsrechtlicher Grundlage – nicht beibehalten werden. Es wird davon ausgegangen, dass eine zehntägige Frist ausreichend ist, um einen Nachprüfungsantrag auszuformulieren.

Zur Fristberechnung bzw. zum Beginn des Fristenlaufs siehe die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 132 (bzw. § 273).

Die Verkürzung der Frist im Unterschwellenbereich auf sieben Tage soll ebenso beibehalten werden wie die Regelung betreffend die Direktvergabe (da die Wahl der Verfahrensart Direktvergabe weder mitgeteilt noch bekannt gemacht wird, beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt wurde oder erlangt werden hätte können).

Neu geregelt wird auch der Sonderfall der Bekämpfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen sowie der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages, wobei von Folgendem auszugehen ist:

Die gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Mindestfristen dürfen nicht unterschritten werden, weshalb vorgesehen wird, dass entsprechende Nachprüfungsanträge über die in den Abs. 1 und 2 bestimmten Fristen hinaus eingebracht werden können.

Wenn die Mindestfrist von zehn Tagen nicht unterschritten werden darf, ist eine Beibehaltung des bisherigen § 321 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 aber überflüssig. Da bei einer Angebotsfrist von weniger als 15 Tagen der Antrag spätestens drei Tage vor Ablauf der Angebotsfrist einzubringen ist, so wäre nur im Fall einer 14-tägigen Angebotsfrist eine Verlängerung der Antragsfrist um einen Tag – von zehn auf elf – denkbar; diese Konsequenz rechtfertigt eine Beibehaltung der genannten Bestimmung aber nicht. Vorgesehen wird daher, dass ein Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlagen bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist eingebracht werden kann. Da die Mindestfrist von zehn Tagen nicht unterschritten werden darf, kommt diese Ausweitung erst dann in Betracht, sofern „diese Frist“ – gemeint sind damit die im ersten Halbsatz angeführten Fristen, nämlich die Angebotsfrist, die Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten bzw. die Teilnahmefrist – zumindest 18 Tage beträgt. Beträgt die Regelantragsfrist auf Grund einer Übermittlung auf brieflichem Weg 15 Tage, kommt eine Ausweitung erst bei einer Angebotsfrist bzw. einer Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten bzw. einer Teilnahmefrist von zumindest 23 Tagen in Betracht.

Wenn die im vorgeschlagenen Abs. 4 normierten Bedingungen nicht erfüllt werden (also etwa die Angebotsfrist nur 17 Tage oder weniger beträgt) dann kommt es zu keiner Fristverlängerung, maßgeblich sind dann allein die Antragsfristen gemäß den vorgeschlagenen Abs. 1 und 2.

Die Regelung des vorgeschlagenen § 321 Abs. 4 (anders als dessen Abs. 1) normiert keine Frist im Sinne des AVG sondern legt lediglich einen Endzeitpunkt fest, bis zu dem eine bestimmte Verfahrenshandlung spätestens gesetzt werden muss (vgl. die diesbezügliche Diskussion in der Lehre bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 32 Rz 1). Damit sind insbesondere die Regelungen des § 33 AVG auf diese Bestimmung nicht anzuwenden. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung des bisherigen § 321 Abs. 2 letzter Satz BVergG 2006 aber überflüssig. Grundsätzlich gilt daher, dass das Bundesvergabeamt gemäß § 13 Abs. 5 AVG nur während der Amtsstunden verpflichtet ist, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten. Zur Frage, wann außerhalb der Amtsstunden einlangende Anbringen als eingebracht gelten, siehe die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 302 Abs. 1 letzter Satz.

Zu Z 76 (§ 322 Abs. 1 Z 2 und § 332 Abs. 1 Z 2) und Z 77 (§ 328 Abs. 2 Z 1):

Ungeachtet dessen, dass Auftraggeber gemäß § 43 Abs. 6 erster Satz bzw. § 204 Abs. 6 erster Satz BVergG 2006 ohnehin eine Faxnummer bzw. eine elektronische Adresse bekannt zu geben haben, an die das Bundesvergabeamt gemäß dem vorgeschlagenen § 315 Abs. 1 erster Satz schriftliche Erledigungen übermitteln kann, soll die Bezeichnung des Auftraggebers in einem Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag bzw. einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung um die Bezeichnung des Antragstellers einschließlich der Faxnummer oder der elektronischen Adresse des Auftraggebers und des Antragstellers ergänzt werden. Damit wird insbesondere eine vereinfachte elektronische Übermittlung von Erledigungen (auch im Fall eines allfälligen Verstoßes gegen die Verpflichtung des § 43 Abs. 6 erster Satz bzw. § 204 Abs. 6 erster Satz BVergG 2006) ermöglicht.

Zu Z 77a (§ 330 Abs. 3):

Durch die Umstellung auf Werktage soll vor dem Hintergrund des § 13 Abs. 5 letzter Satz AVG (dieser tritt gemäß § 82 Abs. 16 BGBl. I  2008/5 mit Ablauf des 31. Dezember 2010 außer Kraft) dem Bundesvergabeamt ausreichend Zeit zur Bearbeitung des Antrages eingeräumt werden.

Zu Z 78 (§ 331 Abs. 1):

Auf Grund der neuen Feststellungskompetenzen des Bundesvergabeamtes sind die Regelungen betreffend die Einleitung eines Feststellungsverfahrens anzupassen:

1.      Der vorgeschlagene § 331 Abs. 1 Z 1 entspricht inhaltlich dem geltenden § 331 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006.

2.      Der vorgeschlagene § 331 Abs. 1 Z 2 entspricht inhaltlich weitgehend dem geltenden § 331 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006.

3.      Die neu vorgeschlagene Z 3 des § 331 Abs. 1 resultiert aus der in Art. 2d Abs. 1 lit. b der RMRL grundgelegten neuen Kompetenz des Bundesvergabeamtes (umgesetzt durch den vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 4).

4.      Die neu vorgeschlagene Z 4 des § 331 Abs. 1 resultiert aus der in Art. 2d Abs. 1 lit. c der RMRL grundgelegten neuen Kompetenz des Bundesvergabeamtes (umgesetzt durch den vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 5).

5.      Die vorgeschlagene Z 5 des § 331 Abs. 1 entspricht inhaltlich dem geltenden § 331 Abs. 1 Z 3 BVergG 2006.

Angesichts der vorgeschlagenen Neufassung des § 132 bzw. § 273 kann der bisherige § 331 Abs. 1 Z 4 BVergG 2006 entfallen.

Da in der Praxis ein Bedürfnis danach bestehen kann, Anträge etwa gemäß den vorgeschlagenen Z 3 oder 4 mit einem Antrag gemäß der vorgeschlagenen Z 1 zu verbinden, es aber nicht gerechtfertigt scheint, in diesen Fällen eine zweifache Gebühr einzuheben, soll durch den vorgeschlagenen zweiten Satz des § 331 Abs. 1 klargestellt werden, dass im Fall einer „Antragskumulierung“ ein Antrag gestellt werden kann, in dem mehrere Feststellungen begehrt werden, für den aber – da es sich eben nur um einen Antrag handelt – auch nur eine Gebühr zu entrichten ist.

Aus systematischen Erwägungen ist es zweckmäßig, auch die im vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 2 grundgelegte Möglichkeit der Antragstellung durch den Auftraggeber (Antrag auf Feststellung, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte) in diese Bestimmung aufzunehmen (vorgeschlagener dritter Satz).

Zu Z 79 (§ 332 Abs. 2 und 3) und Z 80 (§ 332 Abs. 7):

Die neuen Kompetenzen des Bundesvergabeamtes erfordern auch eine Änderung der Regelungen über die Fristen für die Einleitung eines Feststellungsverfahrens sowie über die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines solchen Antrags. Hinsichtlich der Unbedenklichkeit der Fristen ist auf das Erkenntnis des VfGH vom 5.Dezember 2008, G 113/08-11 zu verweisen.

Der vorgeschlagene § 332 Abs. 2 entspricht inhaltlich weitgehend dem geltenden § 332 Abs. 2 BVergG 2006. Die Bezugnahme auf die Feststellung der rechtswidrigen Wahl des Vergabeverfahrens entfällt. Stattdessen sieht der vorgeschlagene § 331 Abs. 1 Z 2 die Bekämpfung der rechtswidrigen Wahl eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb vor.

Der vorgeschlagene § 332 Abs. 3 erster Satz setzt die Grundregel des Art. 2f Abs. 1 lit. b der RMRLen um, wonach ein auf die Nichtigkeit des Vertrages gerichteter Antrag binnen sechs Monaten, „gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Vertrag geschlossen wurde“, einzubringen ist.

Davon abweichend enthält der vorgeschlagene § 332 Abs. 3 zweiter Satz zwei Möglichkeiten einer Fristverkürzung auf 30 Tage (wie dies ist auf Grund des Art. 2f Abs. 1 lit. a der RMRLen gemeinschaftsrechtlich zulässig ist):

1.      Wenn es sich beim Antragsteller um einen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter handelt, dann kommt es zu einer Fristverkürzung, wenn der Auftraggeber diesem gemäß dem vorgeschlagenen § 132 Abs. 2 (bzw. § 273 Abs. 2) mitgeteilt hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt wurde.

2.      Im Fall der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung hat zusätzlich eine Bekanntmachung gemäß dem vorgeschlagenen § 54 Abs. 6 oder dem vorgeschlagenen § 55 Abs. 5 (bzw. der entsprechenden Sektorenregelung) zu erfolgen. (Bei einem Antrag gemäß dem vorgeschlagenen § 331 Abs. 1 Z 3 oder 4 [Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung bzw. Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung bei Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems] ist eine Bekanntmachung nicht vorgesehen und daher auch für eine Fristverkürzung nicht Voraussetzung.) Wenn es sich um einen Antrag gemäß dem vorgeschlagenen § 331 Abs. 1 Z 2 (Rechtswidrigkeit der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung) handelt und kein Bieter im Vergabeverfahren verblieben ist, ist für eine Fristverkürzung allein die Bekanntmachung gemäß dem vorgeschlagenen § 54 Abs. 6 oder dem vorgeschlagenen § 55 Abs. 5 (bzw. der entsprechenden Sektorenregelung) ausreichend.

         Wenn der Auftraggeber im Fall der Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sicher gehen will, dass es zu einer Verkürzung der grundsätzlich sechsmonatigen Frist auf 30 Tage kommt, dann muss er jedenfalls eine Bekanntmachung gemäß dem vorgeschlagenen § 54 Abs. 6 oder dem vorgeschlagenen § 55 Abs. 5 (bzw. der entsprechenden Sektorenregelung) vornehmen und zusätzlich den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern (sofern es solche gibt) mitteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt worden ist.

3.      Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass der Fall eines Antrags gemäß dem vorgeschlagenen § 331 Abs. 1 Z 3 verbunden mit der Tatsache, dass kein Bieter im Vergabeverfahren verblieben ist, nicht eintreten kann, da bei einem Fehlen weiterer verbleibender Bieter die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung nicht rechtswidrig sein kann.

Durch den vorgeschlagenen § 332 Abs. 7 wird Art. 2d Abs. 4 der RMRLen umgesetzt (siehe dazu ausführlich die Erläuterungen zu den vorgeschlagenen §§ 49 Abs. 2, 55 Abs. 5, 210 Abs. 2 und 219 Abs. 5).

Zu Z 81 (§ 334 samt Überschrift):

Auf Grund der erweiterten Zuständigkeiten der Vergabekontrollbehörden im Zusammenhang mit der Nichtigkeit von Verträgen ist § 334 neu zu gestalten.

Der Inhalt des geltenden § 334 BVergG 2006 wird im vorgeschlagenen § 334 Abs. 1 übernommen. Die folgenden Absätze enthalten Regelungen betreffend die Nichtigerklärung von Verträgen bzw. den Umfang der Aufhebung des Vertrages, das Absehen von der Nichtigerklärung und die Verhängung von Geldbußen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die Regelungen betreffend die Nichtigkeit von Verträgen für den Oberschwellen- und den Unterschwellenbereich getrennt geregelt. Die Regelungen betreffend die Geldbuße finden sich (für beide Bereiche) in den Abs. 8 und 9.

Für den Oberschwellenbereich wird folgendes Regelungsregime vorgeschlagen: Aus dem vorgeschlagenen Abs. 2 ergibt sich, dass im Oberschwellenbereich eine Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 grundsätzlich zur Nichtigerklärung des Vertrages durch das Bundesvergabeamt führt, wobei der Vertrag für absolut nichtig – somit ex tunc nichtig – zu erklären ist. Eines besonderen Antrags auf Nichtigerklärung durch den Antragsteller im Feststellungsverfahren bedarf es hierzu nicht.

Durch den vorgeschlagenen Abs. 3 wird Art. 2d Abs. 3 der RMRLen umgesetzt. Soweit zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten, ist von der Nichtigerklärung abzusehen.

Zusätzlich wird dafür aber auch noch ein diesbezüglicher Antrag des Auftraggebers verlangt. Art. 2d Abs. 3 sowie Art. 2e Abs. 1 der RMRLen sehen zwar vor, dass trotz Vorliegens eines die Unwirksamkeit nach sich ziehenden Verstoßes die vertraglichen Wirkungen bei zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses aufrechterhalten werden können, in diesem Fall sind allerdings so genannte „alternative Sanktionen“ zu verhängen. Da ein Antragsteller in einem Verfahren nach dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 kein Interesse daran haben kann, dass von der Nichtigerklärung abgesehen wird, es aber Konstellationen geben kann, in denen auch ein Auftraggeber eher die ex tunc Nichtigerklärung des Vertrages in Kauf nehmen wird als die Verhängung von Sanktionen, soll eine Verhängung von Sanktionen nur dann in Betracht kommen, wenn der Auftraggeber beantragt, von einer Nichtigerklärung abzusehen. Dabei kann der Auftraggeber auch primär beantragen, von der ex tunc Nichtigerklärung gänzlich abzusehen, und subsidiär beantragen, den Vertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt aufzuheben. Das Bundesvergabeamt ist an diesen Antrag nicht gebunden; es hat somit auch bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags (aber bei Fehlen der zwingenden Gründe eines Allgemeininteresses) den Vertrag ex tunc für nichtig erklären. Umgekehrt kann das Bundesvergabeamt aber – eine Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 vorausgesetzt – ohne einen entsprechenden Antrag nicht von der Nichtigerklärung absehen. Durch diese Antragsbedürftigkeit wird letztlich vermieden, dass das Bundesvergabeamt auch dann prüfen muss, ob von der Nichtigkeit abgesehen werden soll, wenn keine der Parteien dies begehrt. Es obliegt somit dem Auftraggeber, dafür zu sorgen, dass Interessen an der Aufrechterhaltung des Vertrages in die Entscheidung des Bundesvergabeamtes einfließen können.

Im zweiten Satz des vorgeschlagenen § 334 Abs. 3 wird weiters ausgeführt, dass wirtschaftliche Interessen an der Wirksamkeit des Vertrages nur dann als zwingende Gründe gelten dürfen, wenn die Unwirksamkeit in Ausnahmesituationen unverhältnismäßige Folgen hätte. Wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag dürfen jedoch keinesfalls als zwingende Gründe eines Allgemeininteresses gelten. Als derartige wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertrag werden in der diesbezüglichen Richtlinienregelung des Art. 2d Abs. 2 dritter Unterabsatz der RMRLen unter anderem die durch die Verzögerung bei der Ausführung des Vertrages verursachten Kosten genannt, die durch die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens verursachten Kosten, die durch den Wechsel des Wirtschaftsteilnehmers, der den Vertrag ausführt, verursachten Kosten sowie die Kosten, die durch rechtliche Verpflichtungen auf Grund der Unwirksamkeit verursacht werden. Derartige Kosten können es somit unter keinen Umständen rechtfertigen, von der Unwirksamkeit des Vertrages abzusehen.

Der vorgeschlagene § 334 Abs. 3 regelt somit die Konsequenzen einer Feststellung, dass rechtswidriger Weise ein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt oder der Zuschlag rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt worden ist oder eine Leistungsvergabe auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems mit einem materiell-rechtlichen Verstoß verbunden war, in gleicher Weise.

Der vorgeschlagene Abs. 4 regelt den Fall, dass der Vertrag bereits in Vollzug gesetzt wurde. Hier sind verschiedene Konstellationen denkbar: ist die Leistung zur Gänze noch vorhanden und in natura rückstellbar (zB die gelieferten Computer befinden sich noch in der Originalverpackung in einem Lager des Auftraggebers), so hat das Bundesvergabeamt gemäß der Grundregel des Abs. 2 den Vertrag (bei Vorliegen einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5) ex tunc für nichtig zu erklären. Kann die Leistung zur Gänze oder (bei teilbaren Leistungen) ein Leistungsteil nicht mehr rückgestellt werden (etwa weil die Leistung bereits ganz oder teilweise konsumiert oder gebraucht wurde) oder kann die Leistung oder ein Leistungsteil nur mehr wertvermindert rückgestellt werden (weil die Leistung/der Leistungsteil „nicht mehr neu ist“; zB die gelieferten Computer wurden ausgepackt und Software installiert) so hat das Bundesvergabeamt – bei Vorliegen einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 – den Vertrag nur teilweise und zwar hinsichtlich des noch ausständigen oder des noch (ohne Wertminderung) rückstellbaren Leistungsteiles aufzuheben. Der Vertrag bleibt somit hinsichtlich des bereits konsumierten oder nicht rückstellbaren Leistungsteils bestehen (samt den diesbezüglichen vertraglichen Rechten). Aus der Formulierung des Gesetzes („auszusprechen, dass der Vertrag soweit aufgehoben wird“) folgt, dass hinsichtlich des nicht aufgehobenen Vertragesteiles ein Rückabwicklungsanspruch entsteht.

Für den Unterschwellenbereich wird folgendes Regelungsregime vorgeschlagen: Eingangs ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichthof in seiner Judikatur zum vergaberechtlichen Rechtsschutz im Unterschwellenbereich (zuletzt VfSlg. 17.867/2006) ausführt, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Regelungen bestünden, die bei Verfahren unterhalb bestimmter Wertgrenzen Verfahrensvereinfachungen und Verfahrensbeschleunigungen vorsehen oder denkbare Rechtszüge beschränken. Vor diesem Hintergrund soll das Konzept der Nichtigkeit von Verträgen als Folge bestimmter Verstöße zwischen Ober- und Unterschwellenbereich differenziert ausgestaltet werden.

Der vorgeschlagene Abs. 5 sieht daher für den Unterschwellenbereich als Grundregel vor, dass eine Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 nur dann zur ex tunc Nichtigerklärung des Vertrages durch das Bundesvergabeamt führt, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers aufgrund des Gesetzes „offenkundig unzulässig“ war. Abs. 5 beschränkt daher das Nichtigkeitsregime des Unterschwellenbereiches auf die gravierendsten Verstöße gegen das BVergG (und die Richtlinien), wobei zusätzlich diese Verstöße als „offenkundig“ zu qualifizieren sind. War hingegen die Vorgangsweise des Auftraggebers nicht offenkundig unzulässig, so kommt das gesamte Regime der Abs. 5 bis 7 (und in weiterer Folge auch nicht die Abs. 8 und 9) von vornherein nicht zur Anwendung. Zum Konzept der Offenkundigkeit wird wiederum (vgl. schon 1171 BlgNR XXII. GP, 87) auf die einschlägige Rechtsprechung verwiesen: Der Begriff „offenkundig“ ist im Sinne der Judikatur des EuGH zur Staatshaftung (vgl. Rs C‑224/01: „Bei der Entscheidung darüber, ob der Verstoß hinreichend qualifiziert ist, muss das zuständige nationale Gericht … prüfen, ob dieser Verstoß offenkundig ist.“) und der Judikatur des VwGH auszulegen (vgl. VwGH 27.4.1993, 90/04/0265: „Offenkundig … ist eine Tatsache dann, wenn sie entweder allgemein bekannt (notorisch) oder der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch „bei der Behörde notorisch“ („amtsbekannt“) geworden ist.“; mit Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.1.1986, 85/02/0210). Offenkundig bedeutet somit, dass der Rechtsverstoß evident (gleichsam „ins Auge springend“) ist und nicht erst auf Grund von Erhebungen, komplexen rechtlichen Abwägungen bzw. Beurteilungen, Sachverständigengutachten usw. feststeht. Als Beispiel für derartige offenkundige Rechtsverstöße ist die Direktvergabe hoch standardisierter Leistungen oberhalb der entsprechenden Schwellenwerte zu nennen. Kein „offenkundiger“ Rechtsverstoß liegt daher dann vor, wenn der Auftraggeber über das Vorliegen eines Tatbestandes, der die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Bieter rechtfertigt, einem entschuldbaren Irrtum unterlegen ist (etwa hinsichtlich des Vorliegens von Ausschließlichkeitsrechten gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 oder im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der technischen Kompatibilität/Inkompatibilität gemäß § 29 Abs. 2 Z 5).

Gemäß Abs. 6 hat das Bundesvergabeamt bei Vorliegen einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 – selbst wenn die Vorgangsweise offenkundig unzulässig war – die vertraglichen Wirkungen bei zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses aufrechtzuerhalten, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Abs. 6 trifft somit eine zu Abs. 3 analoge Regelung für den Unterschwellenbereich (mit der Ausnahme, dass Abs. 6 neben einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 auch die Feststellung voraussetzt, dass die Vorgangsweise offenkundig unzulässig war). In diesem Sinn ist auf die entsprechenden Ausführungen zu Abs. 3 zu verweisen.

Abs. 7 trifft eine zu Abs. 4 analoge Regelung für den Unterschwellenbereich (mit der Ausnahme, dass Abs. 7 neben einer Feststellung gemäß dem vorgeschlagenen § 312 Abs. 3 Z 3 bis 5 auch die Feststellung voraussetzt, dass die Vorgangsweise offenkundig unzulässig war). In diesem Sinn ist auf die entsprechenden Ausführungen zu Abs. 5 zu verweisen.

Gemäß Art. 2d Abs. 2 der RMRLen richten sich die Folgen der Unwirksamkeit des Vertrages nach einzelstaatlichem Recht. Es kann somit vorgesehen werden, dass alle vertraglichen Verpflichtungen rückwirkend aufgehoben werden oder dass die Wirkung der Aufhebung auf die Verpflichtungen beschränkt ist, die noch zu erfüllen sind. Wenn die Nichtigkeit aber nicht rückwirkend (ex tunc) eintritt, dann haben so genannte „alternative Sanktionen“ im Sinne des Art. 2e Abs. 2 der RMRLen Anwendung zu finden.

Art. 2e Abs. 2 der RMRLen nennt die Verkürzung der Laufzeit des Vertrages als eine mögliche alternative Sanktion. Dies ist jedoch, wie auch die Kommission bestätigte, insofern verfehlt, als die Verkürzung der Laufzeit ohnehin nur in Betracht kommt, wenn der Vertrag nicht ex tunc vernichtet wird. Als alleinige „Sanktion“ kommt somit die Laufzeitverkürzung nicht in Betracht. Vor diesem Hintergrund sieht der vorgeschlagene Abs. 8 Geldbußen (als „Sanktionen“) für den Fall vor, dass – unter den Voraussetzungen und abweichend von den Grundregeln der vorgeschlagenen Abs. 2 und 5 das Bundesvergabeamt gemäß den zitierten Bestimmungen den Vertrag zumindest teilweise bestehen hat lassen.

Während in Bezug auf den Oberschwellenbereich sich die Regelung des Abs. 8 vor dem Hintergrund der gemeinschaftlichen Rechtslage als notwendig erweist, ergibt sich ein, durch die Anwendungsvoraussetzungen des Abs. 5 ohnehin auf die gravierendsten Verstöße eingeschränktes, Regelungsbedürfnis im Unterschwellenbereich durch das Sachlichkeitsgebot. So ist es sachlich nicht zu rechtfertigen, dass in den Fällen, in denen Vergabeverfahren offenkundig rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurden, der Zuschlag offenkundig rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde oder die Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems offenkundig rechtswidrig war und in denen darüber hinaus die Leistung nicht mehr vollständig oder ohne Wertverminderung rückgestellt werden kann, ein Auftraggeber lediglich damit „sanktioniert“ wird, dass der Vertrag nur teilweise weiterbesteht.

Der vorgeschlagene § 334 Abs. 8 enthält die Grundlage für die Verhängung von Geldbußen. Hinzuweisen ist darauf, dass es sich bei der Verhängung einer Geldbuße („alternative Sanktion“)  gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 8 nicht um eine Verwaltungsstrafe handelt und dass das diesbezügliche Verfahren somit kein Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung darstellt. Die darin vorgeschlagene neuartige Sanktion stellt vielmehr – vergleichbar etwa mit den Geldbußen gemäß § 29 Kartellgesetz 2005, BGBl. I Nr. 61 – ein neues Sanktionssystem dar, das zu bestehenden Strafrechtssystemen hinzutritt (vgl. zum kartellrechtlichen Geldbußensystem etwa Zeder, Die österreichischen Kartellbußen am Maßstab des Kriminalrechts, JBl 2007, 477 [491], Petsche/Tautscher in Petsche/Urlesberger/Vartian (Hrsg), KartG 2005 [2007] § 29 KartG Rz 6 f; vgl. auch die Entscheidung des OGH vom 12.9.2007, 16 Ok 4/07, wonach kartellrechtliche Geldbußen Mittel des staatlichen Zwangs sind, um die kartellrechtlich vorgesehene Wirtschaftsordnung durchzusetzen, und somit nicht Kriminalunrecht, sondern die Verletzung von Wettbewerbsvorschriften pönalisiert wird).

Zu bedenken ist dafür insbesondere, dass die Geldbuße gegenüber der primären Sanktion der Unwirksamkeit des Vertrages subsidiär ist und dass das Ziel dieser primären Sanktion nicht in einem Strafcharakter zu sehen ist, sondern in der Wiederherstellung des – durch einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht gestörten – Wettbewerbs. Es handelt sich somit primär um eine Maßnahme zum Schutz des lauteren Wettbewerbs. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass zwar für die Frage der Höhe der Geldbuße Aspekte wie die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers oder bestimmte Erschwerungs- und Milderungsgründe einzubeziehen sind (siehe zu diesen gleich unten), dass es aber zu keiner dahingehenden Verschuldensprüfung kommt, ob die Verhängung der Geldbuße auf Grund fehlenden Verschuldens überhaupt unterbleiben kann (auch das Gemeinschaftsrecht sieht zwingend die Verhängung einer alternativen Sanktion vor, unabhängig davon, ob im konkreten Fall ein Verschulden eines Beteiligten vorliegt oder nicht). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in bestimmten Fällen die Verhängung der Geldbuße antragsbedürftig ist; das Bundesvergabeamt kann gemäß Abs. 3 und 6 überhaupt nur dann eine solche Sanktion verhängen, wenn der Auftraggeber beantragt, von der Nichtigerklärung des Vertrages zur Gänze (oder zumindest teilweise) abzusehen. Die Regelung weist somit Züge einer Wahlmöglichkeit desjenigen auf, über den die Sanktion verhängt werden soll, was ebenfalls der Annahme des Vorliegens einer Verwaltungsstrafe entgegensteht (siehe dazu auch Köhler, Art 129a B‑VG, in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, 1. Lfg. [1999] Rz 32). Die Verstöße gegen die genannten vergaberechtlichen Vorschriften werden somit durch die Normierung der Verhängung einer Geldbuße nicht zu Verwaltungsübertretungen.

Allgemein wird festgehalten, dass der grundsätzliche Maßstab für die Höhe der Geldbuße die in Abs. 8 genannten Kriterien (wirksam, verhältnismäßig und abschreckend) sind. Diese Vorgaben sind insbesondere bei der Bemessung der Höhe einer Geldbuße zu beachten.

Zum Begriff der Auftragssumme wird auf die Definition des § 2 Z 26 lit. a BVergG 2006 verwiesen, wonach der Angebotspreis (Auftragssumme) die Summe aus Gesamtpreis und Umsatzsteuer ist.

Gemäß dem vorgeschlagenen § 334 Abs. 9 hat das Bundesvergabeamt für die Verhängung einer Sanktion die Schwere des Verstoßes bzw. die Vorgangsweise des Auftraggebers und insbesondere zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß der Vertrag aufrechterhalten wird. Die verhängte Sanktion muss daher entsprechend schärfer ausfallen, wenn ein qualifizierter Verstoß des Auftraggebers vorliegt bzw. seine Vorgangsweise offenkundig unzulässig war. Der ebenfalls bezogene § 5 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG), BGBl. I Nr. 151/2005, nennt in seinem Abs. 2 als Erschwerungsgründe das Ausmaß der Schädigung bzw. der Gefährdung, das Ausmaß des erlangten Vorteils sowie das Ausmaß, in dem gesetzwidriges Verhalten der Mitarbeiter geduldet wurde. In Betracht zu ziehende Milderungsgründe gemäß § 5 Abs. 3 VbVG sind zB bereits vor der Tat gesetzte Vorkehrungen zur Verhinderung solcher Taten (Z 1) oder Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten (Z 5).

Zu Z 81a (§ 335 neu):

Auf Grund der erweiterten Zuständigkeiten der Vergabekontrollbehörden im Zusammenhang mit der Unwirksamerklärung des Widerrufs werden die diesbezüglichen Kompetenzen des Bundesvergabeamtes in einem eigenen Paragraphen neu gefasst.

Der vorgeschlagene § 335 enthält die Kompetenz des Bundesvergabeamtes, den Widerruf bei Vorliegen eines bestimmten Verstoßes für unwirksam zu erklären. Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller dies beantragt hat und dass im Rahmen einer Interessenabwägung das Bundesvergabeamt zum Schluss kommt, dass das Interesse der Bieter an der Fortführung des Verfahrens das Interesse des Auftraggebers an der Beendigung des Verfahrens überwiegt.

Zu Z 81a (Entfall von § 337 samt Überschrift):

Das in der Richtlinie 92/13/EWG vorgesehene Schlichtungsverfahren stieß bei den Unternehmern nie auf echtes Interesse. Dies war zum einen darauf zurückzuführen, dass dieses Verfahren allein keine verbindlichen vorläufigen Maßnahmen ermöglichte, um einen rechtswidrigen Vertragsabschluss rechtzeitig verhindern zu können, und zum anderen darauf, dass es nur schwer mit der Einhaltung der besonders kurzen Fristen für Verfahren zur Verhängung vorläufiger Maßnahmen und Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen zu vereinbaren war. Außerdem war die potenzielle Wirksamkeit des Schlichtungsverfahrens zusätzlich durch Schwierigkeiten beim Erstellen einer vollständigen, hinreichend langen Liste unabhängiger Schlichter für jeden Mitgliedstaat, die jederzeit zur Verfügung stehen und Schlichtungsanträge sehr kurzfristig bearbeiten können, beeinträchtigt worden. Deshalb wurde das Schlichtungsverfahren durch die RMRL 2007/66/EG abgeschafft. In diesem Sinn entfällt auch die einschlägige Regelung des Gesetzes.

Zu Z 81c (§ 336 neu Abs. 3):

Art. 2 Z 5 der RMRL 2007/66/EG gleicht die Frist für eine Stellungnahme im Rahmen des „Korrekturmechanismus“ im Sektorenbereich an die Frist im klassischen Bereich an (bisher 30 Tage, nunmehr 21 Tage). Aus diesem Grund entfällt die Sonderregelung für den Sektorenbereich.

Zu Z 82 (§ 341 Abs. 2 erster Satz):

Die Bestimmung ist an die geänderten Feststellungskompetenzen des Bundesvergabeamtes anzupassen.

Zu Z 85a (Anhang V samt Überschrift):

Durch die Entscheidung der Kommission vom 9. Dezember 2008 wurden die Anhänge der Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG im Hinblick auf ihre Verzeichnisse der Auftraggeber geändert. Dies betraf auch Anhang IV der Richtlinie 2004/18/EG in dem die „zentralen Regierungsbehörden“ aufgelistet werden. Diese entsprechen den „zentralen öffentlichen Auftraggebern“ des Anhanges V des Gesetzes.

Durch die Entscheidung der Kommission wurden jedoch nicht nur die veralteten Bezeichnungen der Bundesministerien geändert, sondern es wurden auch das „Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen“ und die „Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge“ (heute: „Bundesanstalt für Verkehr“) aus der Liste entfernt. Die Neufassung des Anhanges wurde durch Verhandlungen mit den anderen Vertragsparteien des GPA ermöglicht und war, neben der Aktualisierung der Bezeichnungen, auch von der Intention getragen, bestehende Unklarheiten zu bereinigen. Letzteres bezieht sich auf eine Klarstellung im Zusammenhang mit der Reichweite des Begriffes „zentrale Regierungsbehörden“ („zentrale öffentliche Auftraggeber“): Durch die Aufzählung der österreichischen Bundesministerien ohne Nennung einzelner nachgeordneter Dienststellen wird nunmehr klargestellt, dass nicht nur die Bundesministerien selbst, sondern auch alle ihnen nachgeordneten Dienststellen als „zentrale Regierungsbehörden“ im Sinne der Richtlinie RL 2004/18/EG bzw. als „zentrale öffentliche Auftraggeber“ im Sinne des BVergG 2006 anzusehen sind. Dies bedeutet, dass nicht nur die Zentralstellen selbst, sondern auch alle einem Bundesministerium unterstellten (nachgeordneten) – und Teile der Organisationseinheit „Bundesministerium“ bildenden – Dienststellen die Regelungen für „zentrale öffentliche Auftraggeber“ zu beachten haben.

Nach Publikation der Entscheidung der EK wurde die Bezeichnung der Bundesministerien durch die BMG-Novelle 2009, BGBl I Nr. 13, erneut geändert. In diesem Zusammenhang ist auf Fußnote 1 zu Anhang IV der Richtlinie 2004/18/EG hinzuweisen. In dieser Fußnote wird festgehalten, dass die Liste der zentralen Regierungsbehörden keinen Vollständigkeitsanspruch erhebt (die Nennung im Anhang entfaltet aber Indizwirkung; vgl. GA Mazak in seinen SA vom 16.12.2008, Rs C-300/07, Oymanns, Rz 30) und für den Fall, dass auf innerstaatlicher Ebene Berichtigungen oder Änderungen vorgenommen werden, die geänderten bzw. neuen Stellen in deren Nachfolge treten. Daraus folgt, dass die Bundesministerien mit neuer Ressortzuständigkeit und ihre nachgeordneten Dienststellen automatisch an die Stelle der im Anhang IV der Richtlinie 2004/18/EG idF der Entscheidung der Kommission ausgewiesenen „zentralen Regierungsbehörden“ treten, ohne dass hierfür ein neuerlicher Rechtsakt notwendig wäre. Gleiches gilt innerstaatlich bereits auf Grund § 16a BMG 1986 für die „zentralen öffentlichen Auftraggeber“ gemäß Anhang V BVergG 2006.

Im Sinne der obigen Ausführungen wird daher Anhang V inhaltlich neu gefasst und es werden darüber hinaus die Bundesministerien mit ihrer aktuellen Bezeichnung ausgewiesen.

Zu Z 86 (Anhang XV lit. A Z 3):

Die Bestimmung enthält noch Verweise auf die §§ 373c ff GewO 1994 sowie die EWR-Architektenverordnung und die EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung und soll daher – entsprechend dem Vorbild des vorgeschlagenen § 46 Abs. 2 – umformuliert werden.