E r l ä u t e r u n g e n

Allgemeiner Teil

Nach der geltenden Rechtslage erfolgt die Einschätzung des Grades der Behinderung sowohl im Bereich des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) als auch des Bundesbehindertengesetzes (BBG) durch ärztliche Sachverständige unter Zugrundelegung der gemäß §§ 7 und 9 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 erlassenen Richtsatzverordnung, BGBl. Nr. 150/1965.

Zweck der Richtsatzverordnung ist die Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit von Kriegsopfern, wobei im Gegensatz zur Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem BEinstG bzw. BBG nur jene Gesundheitsschädigungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung (Dienstbeschädigung) stehen, zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, dass die Richtsatzverordnung schon vor mehr als 40 Jahren in Kraft getreten ist und bei Weitem nicht mehr dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht bzw. die Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes nicht mehr adäquat abbildet.

Gemäß § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) ist der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen; der Bundesminister macht nunmehr von dieser Ermächtigung Gebrauch.

Ein entsprechender Verordnungsentwurf liegt vor; wie gesetzlich normiert wird der Bundesbehindertenbeirat dazu gehört. Die Einschätzungsverordnung soll – wie auch die vorliegenden Gesetzesänderungen – mit xx. xx. xxxx in Kraft treten.

Mit den gegenständlichen Gesetzesentwürfen soll festgelegt werden, dass bei Anträgen auf Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten bzw. auf Ausstellung von Behindertenpässen gemäß § 40ff des Bundesbehindertengesetzes, die ab dem xx. xx. xxxx beim Bundessozialamt eingebracht werden, die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der neuen Einschätzungsverordnung zu erfolgen hat. Um einen reibungslosen Übergang zur neuen Rechtslage zu gewährleisten, soll die Einschätzungsverordnung im Falle eines Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in Fällen, in welchen bereits rechtskräftig die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten festgestellt oder ein Behindertenpass ausgestellt wurde, innerhalb der ersten 3 Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes nicht zur Anwendung kommen. Gleiches soll bei Nachuntersuchungen gelten, sofern keine objektivierte Änderung des Gesundheitszustandes eingetreten ist.

Darüber hinaus werden Regelungen hinsichtlich jener Verfahren getroffen, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Einschätzungsverordnung noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind.

Da es durch die vorliegenden Novellen zu keinem Eingriff in bestehende Rechte kommen soll, sind entsprechende Wahrungsbestimmungen vorgesehen. Ein rechtskräftig festgestellter Grad der Behinderung soll demnach durch das In-Kraft-Treten der Einschätzungsverordnung  unverändert bleiben („Wer hat, behält“).

Weiters wurden redaktionelle Änderungen vorgenommen, die sich durch die Änderungen des Bundesministeriengesetzes ergeben haben.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch den vorliegenden Entwurf werden keine neuen Informationsverpflichtungen für Unternehmen begründet, eine Kostendarstellung anhand des Standardkostenmodells ist daher nicht erforderlich.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung gründet sich hinsichtlich des Behinderteneinstellungsgesetzes auf Art. I Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 27. September 1988, BGBl. Nr. 721, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 67/2008.

Hinsichtlich des Bundesbehindertengesetzes bilden Art. 10 Abs. 1 Z 6 („Zivilrechtswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 9 („Verkehrswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Sozialversicherungswesen) sowie Art. 17 B-VG die kompetenzrechtlichen Grundlagen.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 14 Abs. 2):

Mit dem vorliegenden Entwurf einer Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) soll festgelegt werden, dass künftig die Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen eines Antrages auf Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten unter Zugrundelegung der Bestimmungen der nach § 14 Abs. 3 erlassenen Einschätzungsverordnung, BGBl. II /Nr.xxxx/xxxx, vorzunehmen ist. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v. H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Zu Z 3 und 4 (§ 26 lit. b und § 26 Abs. 2):

Mit diesen Bestimmungen soll im Sinne der Rechtssicherheit den in der Bundesministeriengesetz-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 3/2009, vorgenommenen Änderungen Rechnung getragen werden. § 26 lit. b kann entfallen, da die Vollziehung des § 7b Abs. 2 nunmehr dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zukommt. Durch § 26 Abs. 2 wird der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend mit der Wahrnehmung der dem Bund nach Art. 15 Abs. 8 B-VG hinsichtlich der §§ 24a bis 24f zustehenden Rechte betraut.

Zu Z 5 und 6 (§ 27 Abs. 1 und 1a):

Das Übergangsrecht soll gewährleisten, dass durch die neuen Kriterien für die Einschätzung des Grades der Behinderung kein Eingriff in bereits erworbene Rechte erfolgt.

Ein zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bereits rechtskräftig festgestellter Grad der Behinderung soll demnach vom In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes unberührt bleiben. Dies gilt auch für den Fall einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung. Der bereits festgestellte Grad der Behinderung soll auch in diesen Fällen – bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand – unberührt bleiben.

Stellen Personen, die bereits dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehören oder einen Behindertenpass besitzen, etwa wegen einer Änderung des Gesundheitszustandes, innerhalb der ersten 3 Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung, so sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung weiterhin die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs.1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Wird ein Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf dieses Zeitraumes gestellt, so hat die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Verordnung gemäß § 14 Abs. 3 zu erfolgen. Gleiches gilt bei Nachuntersuchungen, sofern eine objektivierte Änderung des Gesundheitszustandes eingetreten ist. Auch in diesen Fällen sind Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v. H. außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Mit der vorliegenden Regelung wird auch auf den Gleichheitssatz Bedacht genommen. Der Verfassungsgerichtshof untersagt Normen, bei denen es zu einer plötzlichen Änderung der Rechtslage - ohne entsprechende Übergangsbestimmungen - kommt und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingegriffen wird. Die gegenständliche Regelung stellt sicher, dass behinderte Menschen nicht vor eine für sie unbeeinflussbare Situation gestellt werden. Im § 27 Abs. 1 soll weiters festgehalten werden, dass Verfahren auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten oder auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, unter Zugrundelegung der bis dahin geltenden Vorschriften zu Ende zu führen sind. Dies soll sowohl für Verfahren in erster Instanz beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen als auch für Verfahren in zweiter Instanz vor der Bundesberufungskommission gelten.

Zu Artikel 2 (Änderung des Bundesbehindertengesetzes)

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 2):

Die gegenständliche Novelle wird zum Anlass genommen, durch Übernahme des Behinderungsbegriffes des Behindertengleichstellungsgesetzes, eine bislang fehlende Legaldefinition des Begriffs „Behinderung“ zu verankern.

Zu Z 2 (§ 41 Abs. 1 zweiter und dritter Satz):

Nach dem vorliegenden Entwurf soll mit In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der nach § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes erlassenen Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. xxxx/xxxx, vorgenommen werden. In Sinne einer Einheitlichkeit der Regelung sollen Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v. H. außer Betracht gelassen werden, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Zu Z 4 (§ 55 Abs. 4 und 5):

Das Übergangsrecht soll gewährleisten, dass durch die neuen Kriterien für die Einschätzung des Grades der Behinderung kein Eingriff in bereits erworbene Rechte erfolgt.

Ein zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bereits rechtskräftig festgestellter Grad der Behinderung soll demnach vom In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes unberührt bleiben. Dies gilt auch für den Fall einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung. Der bereits festgestellte Grad der Behinderung soll – bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand – unberührt bleiben.

Stellen Personen, die bereits einen Behindertenpass besitzen oder dem Personenkreis der begünstigten Behinderten angehören, etwa wegen einer Änderung des Gesundheitszustandes, innerhalb der ersten 3 Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung, so sind für die Einschätzung des Grades der Behinderung weiterhin die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Wird ein Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf dieses Zeitraumes gestellt, so hat die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung zu erfolgen. Gleiches gilt bei Nachuntersuchungen, sofern eine objektivierte Änderung des Gesundheitszustandes eingetreten ist. Auch in diesen Fällen sind Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v. H. oder weniger außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Im § 55 Abs. 5 soll weiters festgehalten werden, dass Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses oder auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, unter Zugrundelegung der bis dahin geltenden Vorschriften zu Ende zu führen sind. Dies soll sowohl für Verfahren in erster Instanz beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen als auch für Verfahren in zweiter Instanz vor der Bundesberufungskommission gelten.