Entwurf

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 geändert wird (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2010 – VersRÄG 2010)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Versicherungsvertragsgesetz 1958, BGBl. Nr. 2/1959, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 95/2006, wird wie folgt geändert:

1. Der Kurztitel lautet:

„Versicherungsvertragsgesetz (VersVG)“.

2. Dem § 1 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht Anderes vorgesehen ist, können die Erklärungen des Versicherers und des Versicherungsnehmers in geschriebener Form (schriftlich ohne Erfordernis einer Unterschrift) erfolgen. Haben die Erklärungen schriftlich zu erfolgen, so ist § 886 ABGB bzw. § 4 SigG anzuwenden.“

3. § 3 Abs. 1 lautet:

„(1) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer eine von ihm unterzeichnete Urkunde über den Versicherungsvertrag (Versicherungsschein) auszuhändigen. Bei Übermittlung der Urkunde in Papier oder in einer elektronischen Datei genügt eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift. Wird die Urkunde in einer elektronischen Datei übermittelt, so muss es die Übermittlung auch ermöglichen, dass der Versicherungsnehmer die elektronische Datei dauerhaft speichern und laufend wiedergeben kann.“

4. In § 3 wird nach dem Abs. 1 folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Die Übermittlung in elektronischer Form bedarf der ausdrücklichen Zustimmung durch den Versicherungsnehmer, die auch die Übermittlungsart umfassen muss. Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden.“

5. § 3 Abs. 3 zweiter Satz lautet:

„Der Versicherer hat ihn bei Aushändigung des Versicherungsscheines bzw. bei dessen Übermittlung in elektronischer Form auf dieses Recht aufmerksam zu machen.“

6. In § 4 Abs. 1 dritter Satz wird nach dem Wort „Urkunde“ die Wendung „in Papier“ eingefügt.

7. In § 5 Abs. 1 wird das Wort „schriftlich“ durch die Wendung „in geschriebener Form“ ersetzt.

8. § 5 Abs. 2 lautet:

„(2) Diese Genehmigung ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheines oder dessen Übermittlung in elektronischer Form darauf hingewiesen hat, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monates nach Empfang des Versicherungsscheines in geschriebener Form widerspricht. Der Hinweis hat durch besondere Mitteilung in geschriebener Form oder durch einen auffälligen Vermerk im Versicherungsschein, der aus dem übrigen Inhalt des Versicherungsscheines hervorzuheben ist, zu geschehen; auf die einzelnen Abweichungen ist besonders aufmerksam zu machen.“

9. Nach dem § 5 wird folgender § 5a eingefügt:

„§ 5a. (1) Der Versicherer kann dem Versicherungsnehmer mit dessen ausdrücklicher Zustimmung die Versicherungsbedingungen und andere Informationen in elektronischer Form zur Verfügung stellen; dieser elektronischen Form kann sich auch der Versicherungsnehmer zur Übermittlung von Informationen an den Versicherer bedienen (Vereinbarung der elektronischen Kommunikation). Die Zustimmung des Versicherungsnehmers kann jederzeit widerrufen werden. Die elektronische Form muss es dem Versicherungsnehmer ermöglichen, die Versicherungsbedingungen und andere Informationen dauerhaft zu speichern und laufend wiederzugeben. Hat der Versicherungsnehmer die Versicherungsbedingungen sowie andere Informationen nur in elektronischer Form erhalten, so kann er jederzeit kostenfrei auch deren Ausfolgung in Papier oder in einer von ihm gewünschten anderen Form, die der Versicherer allgemein zur Auswahl stellt, verlangen. Das Recht des Versicherungsnehmers, seine Mitteilungen in Papier zu erstatten, bleibt unberührt. Die Informationspflichten nach §§ 9a, 18b und 75 VAG bleiben hiervon unberührt.

(2) Erfolgt die elektronische Kommunikation durch den Versicherer über eine Website, auf der die Informationen der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt werden, so sind überdies folgende Anforderungen einzuhalten:

           1. Die Adresse der Website und die Stelle, an der die Versicherungsbedingungen auf dieser Website zu finden sind, müssen dem Kunden mitgeteilt werden, auf dessen Wunsch auf elektronischem Wege.

           2. Die jeweiligen Versicherungsbedingungen müssen während der gesamten Vertragslaufzeit unverändert auf dieser Website dauerhaft zur Abfrage bereitgestellt werden.

(3) Erfolgt die elektronische Kommunikation durch Übermittlung, so sind überdies folgende Anforderungen einzuhalten:

           1. Die Vereinbarung über die Übermittlung in elektronischer Form muss die Übermittlungsart sowie die Verpflichtung des Versicherungsnehmers und des Versicherers enthalten, Angaben über den Zugang zum Internet zu machen und eine Änderung dieser Daten bekannt zu geben.

           2. Die Übermittlung von Informationen an den Versicherungsnehmer ist nur zulässig, wenn dieser nachweislich über einen regelmäßigen Zugang zum Internet verfügt; dies gilt als nachgewiesen, wenn er bei seiner Zustimmung entsprechende Angaben gemacht hat und der Versicherer keinen Anhaltspunkt hat, dass dem Zugang ein Hindernis entgegenstehen könnte.

           3. Der Versicherer kann sich nicht das Recht vorbehalten, die Vereinbarung der elektronischen Kommunikation einseitig zu widerrufen.

           4. Die Vereinbarung muss auch Angaben darüber enthalten, ob und inwieweit die vereinbarte Übermittlungsart den Schutz von personenbezogenen Daten gewährleisten kann.“

10. In § 5b Abs. 2 wird nach der Z 1 folgende Z 1a eingefügt:

„1a. die Versicherungsbedingungen vor Abgabe seiner Vertragserklärung nur in elektronischer Form zur Verfügung gestellt erhalten hat,“

11.  In § 5b Abs. 3 wird nach dem Wort „ausgefolgt“ die Wortfolge „oder elektronisch übermittelt“ eingefügt.

12. In § 5b wird nach dem Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Ist der Versicherungsnehmer Verbraucher im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, so kann er ohne Vorliegen weiterer Voraussetzungen binnen zweier Wochen vom Vertrag zurücktreten.“

13. In § 5b lautet  Abs. 4:

„(4) Die Frist zum Rücktritt nach Abs. 2 und Abs. 3a beginnt erst zu laufen, wenn die in Abs. 2 Z 3 angeführten Mitteilungspflichten erfüllt worden sind, dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen zugegangen sind und er über sein Rücktrittsrecht belehrt worden ist.“  

14. In § 5b Abs. 5 wird das Wort „Schriftform“ durch die Wendung „geschriebenen Form“ ersetzt.

15. § 6 Abs. 5 lautet:

„(5) Der Versicherer kann aus einer fahrlässigen Verletzung einer vereinbarten Obliegenheit Rechte nur ableiten, wenn dem Versicherungsnehmer vorher die Versicherungsbedingungen zugegangen sind oder ihm eine andere Urkunde zugegangen ist, in der die Obliegenheit mitgeteilt wird.“

16. In § 8 Abs. 3 wird das Wort „schriftlich“ durch die Wortfolge „in geschriebener Form“ ersetzt.

17. In § 11a werden Abs. 2 Z 4 sowie die Abs. 3 bis 5 aufgehoben.  

18. Nach dem § 11a werden folgende §§ 11b bis 11d eingefügt:

„§ 11b. (1) Soweit eine ausdrückliche, den einzelnen Übermittlungsfall betreffende Zustimmung des Betroffenen gemäß § 11a Abs. 2 Z 3 nicht vorliegt, darf der Versicherer bei Versicherungsverhältnissen im Sinn des § 11a Abs. 1 zur Beurteilung und Erfüllung von Ansprüchen aus einem konkreten Versicherungsfall personenbezogene Gesundheitsdaten des Betroffenen durch Auskünfte von untersuchenden oder behandelnden Ärzten, Krankenanstalten oder sonstigen Einrichtungen der Krankenversorgung oder Gesundheitsvorsorge (Gesundheitsdienstleister) nur ermitteln, wenn der Betroffene

1. den Gesundheitsdienstleister zur Direktverrechnung mit dem Versicherer beauftragt und hiefür der Übermittlung der in Abs. 2 angeführten Gesundheitsdaten ausdrücklich schriftlich zustimmt sowie

2. vor seiner Zustimmung nachweislich über die Wirksamkeitsvoraussetzungen des Auftrags zur Direktverrechnung sowie darüber informiert wurde, welche Gesundheitsdaten nach Abs. 2 vom Gesundheitsdienstleister jeweils an den Versicherer weitergegeben werden.

(2) In Anwendung des Abs. 1 dürfen nur folgende personenbezogene Gesundheitsdaten ermittelt werden:

1. nach Angabe des Betroffenen: Daten zu seiner Identität, Daten zum Versicherungsverhältnis und die Information, ob dem Versicherungsfall ein Unfall zugrunde liegt;

2. die Aufnahmediagnose (Daten zum Grund der stationären Aufnahme oder der ambulanten Behandlung) sowie andere diagnostische Befunde, der Operationsbericht und Auszüge aus dem Pflege- oder Behandlungsbericht, soweit daraus Art und Umfang der erbrachten Leistung sowie die Dauer des Aufenthaltes hervorgehen, der Entlassungsbrief und nach Entlassung einlangende Befunde;

3. zur Prüfung von Gründen für den Rücktritt vom konkreten Versicherungsvertrag sowie von Gründen für die Verweigerung der Deckung im konkreten Versicherungsfall auf konkrete Anfrage des Versicherers: die Angaben des Patienten zur Symptomatik und zu früheren Behandlungen, die mit der diagnostizierten Erkrankung in Zusammenhang stehen.

(3) Der Auftrag zur Direktverrechnung und die einmal erteilte Zustimmung zur Datenübermittlung können jederzeit widerrufen werden. Überdies kann auch die Übermittlung von Daten im Einzelfall untersagt werden.

§ 11c. (1) Soweit eine ausdrückliche, den einzelnen Übermittlungsfall betreffende Zustimmung des Betroffenen gemäß § 11a Abs. 2 Z 3 nicht vorliegt, darf der Versicherer personenbezogene Gesundheitsdaten für die in § 11a Abs. 1 genannten Zwecke nur an folgende Empfänger übermitteln:

           1. untersuchende oder behandelnde Ärzte, Krankenanstalten oder sonstige Einrichtungen der Krankenversorgung oder Gesundheitsvorsorge (Gesundheitsdienstleister) oder

           2. Sozialversicherungsträger, Rückversicherer oder Mitversicherer oder

           3. andere Versicherer, die bei Abwicklung von Ansprüchen aus einem Versicherungsfall mitwirken, oder

           4. vom Versicherer herangezogene befugte Sachverständige oder

           5. gewillkürte oder gesetzliche Vertreter des Betroffenen oder

           6. Gerichte, Staatsanwaltschaften, Verwaltungsbehörden, Schlichtungsstellen und sonstige Einrichtungen der Streitbeilegung und ihre Organe, einschließlich der von ihnen bestellten Sachverständigen.

(2) Der Versicherer hat auf Verlangen des Versicherungsnehmers oder jedes Versicherten Auskunft über und Einsicht in Gutachten zu geben, die auf Grund einer ärztlichen Untersuchung eines Versicherten erstattet worden sind, wenn die untersuchte Person der Auskunfterteilung oder Einsichtgewährung zustimmt.

§ 11d. Gemäß §§ 11a und 11b erhobene Gesundheitsdaten unterliegen dem besonderen Geheimnisschutz des § 108a VAG mit der Maßgabe, dass das Vorliegen eines berechtigten privaten Interesses an der Weitergabe außerhalb der Fälle der §§ 11a und 11c ausgeschlossen ist. Derartige Daten sind umgehend zu löschen, sobald sie nicht mehr für einen rechtlich zulässigen Zweck aufbewahrt werden; dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit Gesundheitsdaten, die in Vorbereitung eines nicht zustande gekommenen Versicherungsvertrags erhoben wurden.“

19. § 12 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Ist ein Anspruch des Versicherungsnehmers beim Versicherer angemeldet worden, so ist die Verjährung bis zum Einlangen einer in geschriebener Form übermittelten Entscheidung des Versicherers gehemmt, die zumindest mit der Anführung einer der Ablehnung derzeit zugrunde gelegten Tatsache und gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmung begründet ist.“

20. In § 16 Abs. 1 wird das Wort „schriftlich“ durch die Wendung „in geschriebener Form“ ersetzt.

21. § 18 lautet:

§ 18. Hatte der Versicherungsnehmer die Gefahrenumstände anhand von vom Versicherer in geschriebener Form gestellter Fragen anzuzeigen, so kann der Versicherer wegen unterbliebener Anzeige eines Umstandes, nach dem nicht ausdrücklich und genau umschrieben gefragt worden ist, nur im Falle arglistiger Verschweigung zurücktreten.“

22. § 34a zweiter Satz lautet:

„Jedoch kann für die dem Versicherungsnehmer obliegenden Anzeigen die geschriebene Form oder die Schriftform ausbedungen werden.“  

23. § 35 zweiter Satz lautet:

„Er ist zur Zahlung nur gegen Übermittlung des Versicherungsscheines verpflichtet, es sei denn, dass die Ausstellung eines Versicherungsscheines ausgeschlossen ist.“

24. In § 37 wird das Wort „schriftlich“ durch die Wendung „in geschriebener Form“ ersetzt.

25. § 43 Abs. 2 Z 3 wird der Begriff „auszuhändigen“ durch die Wortfolge „zu übermitteln“ ersetzt.

26. In § 72 wird das Wort „Schriftform“ durch die Wendung „Schriftform oder geschriebene Form“ ersetzt.

27. § 75 Abs. 1 zweiter Satz lautet:

„Die Übermittlung des Versicherungsscheines hat in Papierform zu erfolgen und kann nur vom Versicherungsnehmer verlangt werden.“

28. In § 158l Abs. 2 wird das Wort „schriftlich“ durch die Wortfolge „in geschriebener Form“ ersetzt.

29. In § 158n Abs. 1 wird das Wort „schriftlich“ durch die Wortfolge „in geschriebener Form“ ersetzt.

30. In § 164 Abs. 1 wird das Wort „Schriftform“ durch die Wortfolge „geschriebenen Form“ ersetzt.

31. In § 165a wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Ist der Versicherungsnehmer Verbraucher im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, so beginnt die Frist zum Rücktritt nach Abs. 1 und 2 erst dann zu laufen, wenn er auch über dieses Rücktrittsrecht belehrt worden ist.“

32. In § 178 Abs. 1 wird das Wort „Schriftform“ durch die Wortfolge „geschriebene Form“ ersetzt.

33. § 178c Abs. 1 erster Satz lautet:

„Sagt der Versicherer allgemein zu, bestimmte medizinische Leistungen zur Gänze zu vergüten (Kostendeckungszusage), so endet die Wirksamkeit dieser Zusage nicht vor ihrem Widerruf in geschriebener Form.“

34. § 191c wird folgender Abs. 11 angefügt:

„(11) Der Kurztitel sowie die § 1, §§ 3 bis 5, § 5a, § 5b, § 6, § 8, § 11a, §§ 11b bis 11d, § 12, § 16, § 18, § 34a, § 35, § 37, § 43, § 72, § 75, § 158l, § 158n, § 164, § 165a, § 178 und § 178c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. xxx/2010 treten mit 1. Oktober 2010 in Kraft. Diese Bestimmungen sind auf Vereinbarungen anzuwenden, die nach diesem Zeitpunkt geschlossen werden.“