Vorblatt

Problem:

Lohn- und Sozialdumping ist eine sozialpolitisch unerwünschte Erscheinung, die nicht nur Arbeitnehmer/innen das ihnen zustehende Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung vorenthält, sondern auch einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen untergräbt. Gerade im Zuge der Öffnung des Arbeitsmarktes kann es zu einer Verstärkung dieses negativen Phänomens kommen.

Ziele:

‑       Maßnahmen zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping.

‑       Sicherung gleicher Arbeitsmarkt- und Lohnbedingungen für bestehende Arbeitsverhältnisse und Arbeitsverhältnisse von nach Auslaufen der Übergangsfristen zuwandernden Arbeitnehmer/innen.

‑       Sicherung eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen.

‑       Sicherstellung der vorgegebenen Abgaben und Sozialbeiträge.

Inhalt:

‑       Kontrolle des nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Mindestentgelts für nach Österreich überlassene oder entsandte Arbeitnehmer/innen durch das bei der Wiener Gebietskrankenkasse eingerichtete Dienstleistungszentrum.

‑       Schaffung eines Verwaltungsstraftatbestandes für die Fälle der Weigerung eines Unternehmens, an der Kontrolle im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken.

‑       Schaffung eines Verwaltungsstraftatbestandes bei Unterentlohnung.

‑       Anzeigen von Unterentlohnungen im Inlandsbereich durch den zuständigen Krankenversicherungsträger.

‑       Maßnahmen zur Sicherstellung des Verwaltungsstrafverfahrens und des Vollzugs einer Verwaltungsstrafe.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Da die Maßnahmen zur Verhinderung von Lohn- und Sozialdumping im Ergebnis gleiche Lohnbedingungen für Arbeitnehmer/innen sichern und zugleich einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen ermöglichen, sind positive Auswirkungen zu erwarten. Die Verdrängung österreichischer oder in Österreich ansässiger Arbeitnehmer/innen aus dem EWR-Raum durch neuzuströmende Arbeitssuchende nach der Öffnung des Arbeitsmarktes im Jahr 2011 wird durch die verstärkte Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Mindestentlohnung verhindert. Durch die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Unternehmen können alle auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren Ressourcen optimal genützt werden. Mittelfristig kann daher – neben höheren Beitrags- und Steuereinnahmen – durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt mit einem stabileren und durchschnittlich höheren Beschäftigungsniveau gerechnet werden.

Finanzielle Auswirkungen:

Siehe finanzielle Erläuterungen im Allgemeinen Teil der Erläuterungen.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es werden keine neuen oder zusätzlichen Verwaltungslasten für Unternehmen verursacht.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

In sozialer Hinsicht wird Arbeitnehmer/innen durch die verstärkte Kontrolle der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Mindestentlohnung der Weg zum Arbeits- und Sozialgericht häufig erspart und ein Abgleiten in Armut trotz Arbeit („working poor“) durch „Lohndumping“ verhindert.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf steht im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Das Regierungsprogramm der Bundesregierung für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht neben der Ausschöpfung der bestehenden Übergangsfristen für neue EU-Mitgliedstaaten die stufenweise Öffnung des Arbeitsmarktes für Fachkräfte und Arbeitnehmer/innen mit höherer Ausbildung nach Prüfung des Arbeitsmarktes vor.

Vor dem Hintergrund zusammen wachsender Arbeitsmärkte in Europa kommen Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping besondere Bedeutung zu. Derartige Maßnahmen sollen gemäß dem Regierungsprogramm und dem NAP für Integration vor dem Auslaufen der bestehenden Übergangsfristen für neue EU-Mitgliedstaaten wirksam werden und ein Unterlaufen kollektivvertraglich festgesetzter Löhne verhindern.

Auch die Sozialpartner haben im Maßnahmenpaket „Arbeitsmarkt – Zukunft 2010“ u.a. die gesetzliche Verankerung einer behördlichen Kontrolle der tatsächlichen Auszahlung der Mindestlöhne an Arbeitnehmer/innen bzw. die Pflicht zum Bereithalten von Lohnunterlagen am Beschäftigungsort bzw. an der Baustelle in deutscher Sprache vorgeschlagen.

Entsprechend den Vorgaben des Regierungsprogramms soll die im AVRAG neu vorgesehene Kontrolle des Mindestentgelts nicht nur auf Entsendungen aus dem EWR-Raum beschränkt werden, sondern auch auf Entsendungen aus EWR-Drittstaaten und alle Fälle der grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung zur Anwendung kommen.

Die Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping soll aber nicht bei Entsendungen und grenzüberschreitenden Überlassungen enden, sondern auch für bereits in Österreich ansässige Arbeitnehmer/innen im gleichen Ausmaß erfolgen. Denn gerade auch Arbeitnehmer/innen mit niedrigem Qualifikationsniveau und/oder migrantischem Hintergrund, die schon längere Zeit in Österreich arbeiten, geraten durch neu zuwandernde Arbeitskräfte stark unter „Lohndruck“ und gerade diese Arbeitskräfte unternehmen aus Angst vor Verlust ihres Arbeitsplatzes erfahrungsgemäß nur selten rechtliche Schritte im Falle einer Unterentlohnung, noch werden Beratungen von Seiten der gesetzlichen oder freiwilligen Interessensvertretungen betreffend das ihnen zustehende Mindestentgelt in Anspruch genommen.

Die Normierung einer Verwaltungsstrafbestimmung bei einer Unterentlohnung hat nicht die Verhängung von Geldstrafen zum Ziel, sondern soll den in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer/innen jenes Mindestentgelt sicherstellen, das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zusteht. Der Verwaltungsstraftatbestand soll in diesem Sinne nicht Arbeitgeber/innen pönalisieren, sondern primär präventive Wirkung entfalten.

Zur Aufrechterhaltung der Lohnordnung in Österreich soll für die gesetzlichen Interessensvertretungen eine Verbandsklage auf Unterlassung der Unterentlohnung eingeführt werden.

Im Einzelnen beinhaltet der Entwurf folgende Maßnahmen:

‑       Kontrolle des nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Mindestentgelts für nach Österreich überlassene oder entsandte Arbeitnehmer/innen durch das bei der Wiener Gebietskrankenkasse eingerichtete Dienstleistungszentrum; Sachverhaltsermittlung durch die Organe der Abgabenbehörden.

‑       Betretungs-, Einsichts- und Befragungsrechte der zuständigen Organe der Abgabenbehörden für Ermittlungszwecke.

‑       Erfordernis der Bereithaltung von Unterlagen in deutscher Sprache bei Entsendungen und grenzüberschreitenden Überlassungen.

‑       Feststellung und Anzeige von Unterentlohnungen auch für dem ASVG unterliegende Arbeitnehmer/innen durch die zuständigen Träger der Krankenversicherung.

‑       Einführung eines Verwaltungsstrafverfahrens im Falle einer Unterentlohnung, bei Vereitelung der Kontrolle oder bei Nichtbereithalten der Unterlagen in deutscher Sprache.

‑       Parteistellung des Dienstleistungszentrums oder des Trägers der Krankenversicherung im Verwaltungsstrafverfahren.

‑       Untersagung der Dienstleistung von ausländischen Arbeitgeber/innen bei wiederholter Bestrafung wegen Unterentlohnung.

‑       Anordnung einer Sicherheitsleistung zur Sicherstellung der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens und des Vollzugs einer Geldstrafe.

‑       Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Verwaltungsstrafverfahren, in dem eine Unterentlohnung festgestellt wurde.

‑       Einführung einer Verbandsklage für die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen, konstruiert als Unterlassungsklage.

‑       Erweiterung des Katalogs an gerichtlichen Straftaten um den Straftatbestand „Sachwucher“, bei dessen Verwirklichung ein/e Antragsteller/in nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) seine/ihre Ansprüche gegenüber dem Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) verliert als auch dem IEF gegenüber regresspflichtig wird.

‑       Anpassungen im ASVG.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützen sich die Änderungen auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG („Arbeitsrecht“ und „Sozialversicherungswesen“).

Finanzielle Erläuterungen:

Durch verstärkte Lohn- und Beitragsprüfungen sowie Kontrollen illegaler Arbeitnehmer/innenbeschäftigung ist erfahrungsgemäß mit zusätzlichen Einnahmen, Beiträgen und Strafgeldern zu rechnen. Dies gilt vor Allem für die notwendigen Anfangsinvestitionen des Dienstleistungszentrums, die dieses zur Erfüllung ihrer übertragenen Aufgaben zu tätigen hat. Dennoch verursachen die in diesem Vorhaben enthaltenen Aufgaben dem Bund zusätzliche Kosten. Hierzu müssen in der Untergliederung 21 zusätzliche Budgetmittel zur Verfügung gestellt werden. In weiterer Folge kann damit gerechnet werden, dass die Einnahmen aus den Verwaltungsstrafen den erforderlichen Aufwand decken werden.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 7b Abs. 4 Z 8 AVRAG):

Die Art der Tätigkeit und die Verwendung des/der Arbeitnehmers/in musste bisher in der Meldung nach § 7b Abs. 3 AVRAG nur dann enthalten sein, wenn es sich um Bauarbeiten handelt. Diese Einschränkung soll nun entfallen.

Zu Z 2 (§ 7b Abs. 5 AVRAG):

Auf Grund der VO (EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ist das bisherige Sozialversicherungsdokument E 101 durch das Dokument A 1 zu ersetzen.

Zu Z 3 (§§ 7d bis 7n AVRAG):

Die §§ 7d bis 7n enthalten eine Reihe von Maßnahmen, um Lohn- und Sozialdumping hintanzuhalten.

So verpflichtet § 7d den/die Arbeitgeber/in im Sinne des § 7, § 7a Abs. 1 oder des § 7b Abs. 1, die zur Ermittlung des dem /der Arbeitnehmer/in nach österreichischen Rechtsvorschriften zustehenden Mindestentgelts erforderlichen Unterlagen in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereit zu halten. Ist die Bereithaltung am Arbeits(Einsatz)ort etwa wegen der Beschaffung des Arbeits(Einsatz)ortes nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und auf Verlangen eines Organs der Abgabenbehörde nachweislich zu übermitteln. Diese Unterlagen sind für die Dauer der Beschäftigung in Österreich bereit zu stellen. Wurde ein/e Beauftragte/r nach § 7b Abs. 1 Z 4 bestellt, so trifft diese/n diese Verpflichtung, bei einer Überlassung iSd § 16a AÜG den/die Beschäftiger/in, wobei der/die Überlasser/in dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen bereit zu stellen hat. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung stellt eine Verwaltungsübertretung dar (siehe § 7h Abs. 2).

Als erforderliche Unterlagen kommen neben dem Arbeitsvertrag Arbeitszeitaufzeichnungen, Lohnaufzeichnungen oder Lohnzahlungsnachweise des/der Arbeitgebers/in (z.B. Banküberweisungsbelege) in Betracht.

Die Bereithaltung der Unterlagen in deutscher Sprache stellt nach dem Urteil des EuGH „Kommission gegen Deutschland“ (RS C‑490/04, Randnr. 63 ff) zwar eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, ist jedoch zulässig, da sie ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel, den sozialen Schutz der Arbeitnehmer/innen und die Gewährleistung dieses Schutzes verfolgt. Durch diese Verpflichtung soll es den Organen der Abgabenbehörden des Bundes ermöglicht werden, am Arbeits(Einsatz)ort die Ermittlungen durchzuführen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Entgeltbestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmer/innen zu gewährleisten. Solche Ermittlungen vor Ort würden in der Praxis übermäßig erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht, wenn diese Unterlagen nicht in Deutsch vorgelegt werden. Die Regelung des § 7d, die dem § 19 Abs. 2 deutsches Arbeitnehmer-Entsendegesetz (vormals § 2 Abs. 3 Arbeitnehmer-Entsendegesetz) nachgebildet wurde, ist auch zur Zielerreichung geeignet, wie der EuGH in seinem Urteil (RS C‑490/04) festgestellt hat.

Durch die §§ 7e und 7f soll die Kontrolle des den nach Österreich entsandten oder überlassenen Arbeitnehmer/innen, für die keine Sozialversicherungspflicht in Österreich besteht, zustehenden Mindestentgelts eingeführt werden. Diesen Arbeitnehmer/innen steht zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt zu, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmer/innen von vergleichbaren Arbeitgeber/innen gebührt (siehe § 7a Abs. 1 iVm § 7 und § 7b Abs. 1 Z 1). Für Arbeitnehmer/innen, die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in einem EWR-Mitgliedstaat nach Österreich überlassen werden, ergibt sich der Anspruch auf das Mindestentgelt aus § 10 Abs. 1 AÜG.

Für die Zwecke der Kontrolle wird im § 7f die Wiener Gebietskrankenkasse als Dienstleistungszentrum eingerichtet. Die Organe der Abgabenbehörden haben nach § 7e im Rahmen ihrer Tätigkeit die für die Kontrolle erforderlichen Ermittlungen vor Ort durchzuführen und die Ergebnisse der Ermittlungen dem Dienstleistungszentrum zu übermitteln. Stellt das Dienstleistungszentrum auf Grund der Erhebungen der Organe der Abgabenbehörden fest, dass nicht zumindest das niedrigste Grundgehalt geleistet wird, das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag einem/einer vergleichbaren Arbeitnehmer/in von einem/einer vergleichbaren Arbeitgeber/in zustehen würde, hat es Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Unter dem niedrigsten Grundgehalt ‑ Grundlohn für Arbeiter/innen – ist jenes Gehalt bzw. jener Lohn zu verstehen, der einem/einer durchschnittlichen Arbeitnehmer/in zusteht, nicht aber Sonderformen wie Lehrlingsentschädigungen oder Entgelt für Praktikant/inn/en. Eine Anzeige ist auch dann zu erstatten, wenn das Dienstleistungszentrum feststellt, dass eine erhebliche Unterentlohnung vorliegt. Eine erhebliche Unterentlohnung wird nicht erst dann vorliegen, wenn ein „auffallendes Missverhältnis“ (vgl. §§ 154, 155 StGB) gegeben ist.

Die in § 7f vorgesehene Kontrolle ausländischer Arbeitgeber/innen stellt zwar eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 49 EGV dar. Eine solche Beschränkung ist dann zulässig, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH gehört der soziale Schutz der Arbeitnehmer/innen zu solchen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses (vgl. etwa RS C‑369/96, Arblade, Randnr.  80), worunter auch Maßnahmen zu verstehen sind, die den Schutz der Arbeitnehmer/innen des Empfangsstaates gegen etwaiges Lohn- und Sozialdumping zum Ziel haben (vgl. etwa RS C‑438/05, Viking Line, Randnr. 78 und 79; RS C‑341/05, Laval, Randnr. 103 bis 105). Zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zählt nach der Rechtsprechung des EuGH weiters das Bemühen, Störungen auf dem Arbeitsmarkt des Empfangsstaates zu verhindern und der Schutz der im Empfangsstaat ansässigen Unternehmen gegen unlauteren Wettbewerb (vgl. RS C‑60/03, Wolff/Müller, Randnr. 35 und 41; RS C‑490/04, Kommission/Deutschland, Randnr. 70). Der EuGH stellt somit in der Folge fest, dass die Gemeinschaft nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale Zielsetzung hat. Im Mittelpunkt der Kontrolle steht der Schutz der in- und ausländischen Arbeitnehmer/innen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Beschränkung die Erreichung des verfolgten Ziels gewährleistet und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspricht. Beide Voraussetzungen sind gegeben.

Da die Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping nicht bei Entsendungen und grenzüberschreitenden Überlassungen enden, sondern auch für bereits in Österreich ansässige Arbeitnehmer/innen im gleichen Ausmaß erfolgen soll, wird Folgendes vorgesehen: Stellt der zuständige Träger der Krankenversicherung entweder im Rahmen einer gesonderten Erhebung oder im Rahmen der Sozialversicherungsprüfung (§ 41a ASVG) eine Unterentlohnung iSd § 7g Abs. 1 fest, hat er eine Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Welcher Krankenversicherungsträger im Einzelfall zuständig ist, richtet sich nach den §§ 26 und 30 ASVG.

§ 7h Abs. 1 enthält eine Verwaltungsstrafbestimmung für die Vereitelung der nach § 7e vorgesehenen Betretungs-, Einsichts- und Befragungsrechte der Organe der Abgabenbehörden.

§ 7h Abs. 3 sieht eine Verwaltungsstrafe vor, wenn ein/e Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in nicht zumindest das Gesetz, nach Verordnung oder nach Kollektivvertrag zustehende niedrigste Grundgehalt(-lohn) leistet oder das dem/der Arbeitnehmer/in nach Gesetz, nach Verordnung oder nach Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt erheblich unterschreitet. Zu ahnden ist die Herbeiführung und die Aufrechterhaltung des unrechtmäßigen Zustandes. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat das Verwaltungsstrafverfahren ohne Verzug, längstens binnen zwei Wochen einzuleiten. Hat die Bezirksverwaltungsbehörde Zweifel am Vorliegen einer erheblichen Unterentlohnung, kann sie eine schriftliche Stellungnahme vom Unterausschuss des zuständigen Landesdirektoriums des Arbeitsmarktservice (siehe § 7i) einholen.

Vorgesehen ist des Weiteren eine von § 31 Abs. 2 VStG abweichende Verjährungsfrist: Während die Verjährungsfrist üblicherweise sechs Monate dauert, wird für eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 3 eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorgesehen. Die Verfolgung eines/einer Arbeitgebers/in ist demzufolge dann unzulässig, wenn gegen ihn/sie innerhalb der Verjährungsfrist von fünf Jahren keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

§ 7h Abs. 8 regelt, wer im jeweiligen Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung hat. Diesen Behörden fließen jeweils die Eingänge aus den Geldstrafen zu (§ 7h Abs. 9).

Entgegen § 27 Abs. 1 VStG ist bei Verwaltungsübertretungen, von denen nach Österreich entsandte oder überlassene Arbeitkräfte betroffen sind, jene Bezirksverwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Sprengel sich der Arbeits(Einsatz)ort dieser Arbeitskräfte befindet. In allen anderen Fällen richtet sich die Zuständigkeit nach dem Sitz des/der Arbeitgebers/in.

In Anlehnung an die §§ 51 Abs. 3 und 373a Abs. 1 GewO oder 30 AuslBG wird in § 7j die Untersagung der Dienstleistung geregelt. Arbeitgeber/innen mit Sitz im Inland droht bei schwer wiegendem Verstoß gegen die durch die jeweiligen arbeitsrechtlichen Rechtsvorschriften geschützten Interessen der Entzug der Gewerbeberechtigung (vgl. § 87 Abs. 1 Z 3 GewO).

Um die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens und den Vollzug einer Geldstrafe im Hinblick auf Arbeitgeber/innen ohne Sitz im Inland sicherzustellen, ist in § 7k die Möglichkeit einer Sicherheitsleistung vorgesehen. Wird der Betrag nicht geleistet, kann das Organ der Abgabenbehörde verwertbare Sachen, die den Anschein nach dem/der Betretenen gehören und deren Wert den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen sollen, als vorläufige Sicherheit beschlagnahmen. Die Einhebung einer Sicherheitsleistung wird nur in den Fällen zulässig sein, in denen der betreffende Mitgliedstaat das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, BGBl. III Nr. 65/2005 nicht ratifiziert bzw. diesem beigetreten ist und der betreffenden Mitgliedstaat den EU-Rahmenbeschlusses 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen nicht bereits in nationales Recht umgesetzt hat.

Die beim Dienstleistungszentrum eingerichtete Evidenz verwaltungsbehördlicher Strafverfahren gemäß § 7h Abs. 3 soll als Auskunftsstelle über rechtskräftige Entscheidungen für Bezirksverwaltungsbehörden oder für Träger der Krankenversicherung dienen (siehe § 7l). Diese Auskünfte sind vor allem hinsichtlich der Beantragung eines konkreten Strafausmaßes, der konkreten Strafbemessung oder der Untersagung der Dienstleistung erforderlich.

§ 7m sieht nach Vorbild des § 20 Abs. 1 StGB die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils vor. Mit dieser Bestimmung soll die Effizienz der getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Lohndumpings verbessert werden.

Voraussetzung für die Abschöpfung der Bereicherung ist, dass der/die Arbeitgeber/in durch das Vorenthalten des dem/der Arbeitnehmer/in zustehenden Bruttolohns, der Nichtentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge und gesetzlicher lohnabhängiger Abgaben und Beiträge Vermögensvorteile erlangt hat. Diese Bestimmung knüpft – unabhängig vom Verschulden – an die Begehung der nach § 7h Abs. 3 mit Verwaltungsstrafe bedrohten Tathandlung an.

Die Abschöpfung erfolgt dadurch, dass der/die Arbeitgeber/in zur Zahlung der Differenz zwischen dem dem/der Arbeitnehmer/in zustehenden Bruttolohn und die daraus resultierenden Sozialversicherungsbeiträge und lohnabhängiger Abgaben und dem tatsächlich geleisteten Lohn, der entrichteten Sozialversicherungsbeiträge und der entrichteten lohnabhängigen Abgaben zu verurteilen ist.

Die Abschöpfung erfolgt nur dann, wenn durch die Nichterfüllung des arbeitsrechtlichen Anspruchs die Bereicherung des/der Arbeitgebers/in nicht beseitigt wird (§ 7m Abs. 2). Durch andere rechtliche Maßnahmen beseitigt wird die Bereicherung etwa im Fall eines prätorischen Vergleichs.

§ 7m Abs. 3 ist § 31a Abs. 3 StGB nachgebildet, § 7m Abs. 4 § 57 Abs. 4 StGB.

Gemäß § 7m Abs. 5 haben das Dienstleistungszentrum bzw. der zuständige Krankenversicherungsträger im Abschöpfungsverfahren Parteistellung. Ihnen fließen die Eingänge aus den Geldstrafen zu.

§ 7n sieht die Möglichkeit einer Verbandsklage durch die Interessenvertretung der Arbeitgeber/innen und der Arbeitnehmer/innen vor. Eine solche ist auf Unterlassung der Unterentlohnung gerichtet.

§ 19 Abs. 1 Z 27 enthält das In-Kraft-Treten.

Zu Art. 2 (Änderung des ASGG):

Im § 50 Abs. 1 Z 8 wird die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte für die Verbandsklage nach § 7n AVRAG begründet.

Zu Art. 3 (Änderung des IESG):

Das IESG sieht in § 1 Abs. 3 Z 1a einen Anspruchsausschluss vor, wenn der/die Anspruchsberechtigte im Zusammenhang mit der Insolvenz wegen einer in § 11 Abs. 3 IESG aufgezählten gerichtlichen Straftat verurteilt wird. Weiters ist bei Verurteilung wegen einer der in § 11 Abs. 3 IESG aufgezählten gerichtlichen Straftaten ein Rückgriff des Insolvenzentgeltfonds auf das Vermögen der Verurteilten vorgesehen. Die aufgezählten Straftatbestände, wie beispielsweise Schwerer Betrug (§ 147 StGB), Gewerbsmäßiger Betrug (§ 148 StGB), Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen nach ASVG (§ 153c StGB) oder Betrügerische Krida (§ 156 StGB) sollen um den gerichtlichen Straftatbestand „Sachwucher“ (§ 155 StGB), der Lohnwucher mit einschließt, erweitert werden.

Zu Art. 4 (Änderung des ASVG):

Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden Anpassungen an das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz vorgenommen.